Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Zustimmung formfrei (auch konkludent); Bindung des Rechtsnachfolgers; Duldung; Vereinbarungsfrage konnte offen bleiben; Verdinglichung eines Sondernutzungsrechts
Normenkette
§ 10 Abs. 1 WEG, § 15 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
1. Haben die Wohnungseigentümer (hier: einer aus zwei Wohnungen bestehenden Anlage) dem Ausbau eines im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachgeschosses zu Wohnzwecken zugestimmt, ist der Rechtsnachfolger eines Eigentümers an die Zustimmung zu der darin liegenden baulichen Veränderung gebunden ("die Nutzung zu Wohnzwecken ist die sinnvolle und beabsichtigte Folge eines solchen Ausbaues zu Wohnzwecken"), sofern der Ausbau im Zeitpunkt der Rechtsnachfolge zumindest teilweise bereits vorgenommen war. Eine solche bauliche Veränderung muss ebenso wie eine rechtmäßige bauliche Veränderung von Rechtsnachfolgern geduldet werden.
Was die Zustimmung nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG betrifft, ist diese an keine Form gebunden und kann auch stillschweigend (konkludent) erklärt werden. Die bloße Duldung einer baulichen Veränderung seitens eines zustimmungsverpflichteten Eigentümers ist allerdings grundsätzlich einer Zustimmung nicht gleichzustellen.
2. Ist der Ausbau eines Dachgeschosses zu Wohnzwecken als bauliche Veränderung aufgrund der Zustimmung der nachteilig betroffenen Eigentümer rechtmäßig, müssen Rechtsnachfolger eines Eigentümers auch eine solche Veränderung und damit die Nutzung zu Wohnzwecken dulden. Auf die Frage, ob damit eine Vereinbarung über die Nutzung im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 15 Abs. 1 WEG vorliegt, kommt es dann nicht an.
3. Richtig ist in diesem Zusammenhang, dass ein auf schuldrechtlicher Vereinbarung der Eigentümer beruhendes Sondernutzungsrecht nur insoweit verdinglicht wird, als es durch Eintragung im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums gegenüber einem Sondernachfolger wirkt (vgl. § 10 Abs. 2 WEG, BGHZ 73, 145/148; BayObLGZ 97, 282). Vorliegend bestand kein verdinglichtes Sondernutzungsrecht an der Dachgeschossräumlichkeit. Eine Vereinbarung der Eigentümer über ihr Verhältnis untereinander im Sinne von § 10 Abs. 1 S. 2 WEG bedarf allerdings keiner besonderen Form, sie kann auch durch konkludentes Verhalten zustande kommen, sodass im vorliegenden Fall auch eine Übereinkunft der Eigentümer genügen könnte.
Vorliegend könnte der Rechtsvorgänger des Antragstellers bei der Baumaßnahme mitgewirkt bzw. der entsprechenden Nutzung des Dachbodens zugestimmt haben. Was den geltend gemachten Beseitigungs- und Räumungsanspruch betrifft, kommt es somit auf das Zustandekommen und ggf. den Inhalt der Vereinbarungen an, die von Antragsgegnerseite mit dem Rechtsvorgänger des Antragstellers getroffen worden sein sollen.
4. Zum Zweck insoweit weiterer Ermittlungen musste der Streit daher an das Landgericht zurückverwiesen werden. Dabei ist bei etwaigem neuerlichen Ergebnis fehlender bindender Zustimmung des Rechtsvorgängers auch noch zu prüfen, ob bei bestehendem Mitgebrauchsrecht des Antragstellers der geltend gemachte Räumungsanspruch in vollem Umfang abgedeckt wird.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 05.02.1998, 2Z BR 110/97= BayObLGZ, 1998, Nr. 8)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer