Leitsatz (amtlich)
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote müssen auch bei Arbeitnehmern mit Spitzenverdiensten eine Karenzentschädigung vorsehen, um Verbindlichkeit beanspruchen zu können. Die Verdienstgrenze für sog. „Hochbesoldete” i.S. des § 75 b Satz 2 HGB, die unjustiziabel geworden ist, läßt sich nicht im Wege der verfassungskonformen Auslegung neu bestimmen (Ergänzung von BAG 22, 215 = AP Nr. 10 zu § 75 b HGB).
Normenkette
HGB § 75 b S. 2, § 74 Abs. 2; RVO § 1255 Abs. 2, § 1385 Abs. 2; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 3
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Urteil vom 01.11.1974; Aktenzeichen 3 Sa 150/73) |
ArbG Hamburg (Teilurteil vom 29.08.1973; Aktenzeichen 13 Ca 127/71) |
Tenor
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 1. November 1974 – 3 Sa 150/73 – insoweit aufgehoben, als es der Zahlungsklage stattgegeben hat.
Insoweit wird die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29. August 1973 – 13 Ca 127/71 – zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin betreibt einen Wäschedienst mit Hilfe mehrerer Niederlassungen. Der Beklagte war bei ihr seit September 1958 als kaufmännischer Angestellter beschäftigt, und zwar seit 21. September 1966 als Verkaufsleiter der Niederlassung West. Seine Jahresbezüge betrugen 1967 33.732,21 DM, 1968 40.175,54 DM, 1969 44.803,57 DM und 1970 52.577,– DM. Am 20. Februar 1970 schlossen die Parteien einen 5-Jahres-Vertrag. Danach sollte das Arbeitsverhältnis frühestens am 30. September 1975 enden. Für den Fall seines vorzeitigen Ausscheidens ohne wichtigen Grund verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 30.000,– DM (Ziff. 8 a des Vertrages). In Ziff. 8 b des Vertrages vereinbarten die Parteien folgendes Wettbewerbsverbot:
„Herr W. verpflichtet sich, für die Dauer von 2 Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Stellung in einem mit der Firma B. konkurrierenden Unternehmen, gleich auf welchem Gebiet, anzunehmen und zwar weder in abhängiger noch unabhängiger Tätigkeit, sowie nicht als selbständiger Unternehmer. Dabei ist es gleichgültig, in welchem rechtlichen Gewand die Tätigkeit von Herrn W. selbst oder von Dritten auf seine Initiative oder Anleitung oder Weisung oder Kosten ausgeführt wird. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung zahlt Herr W. an die Firma B 30.000,– DM (dreißigtausend).”
Am 9. Februar 1971 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos mit der Begründung, die Klägerin habe die Schwerpunkte ihrer unternehmerischen Tätigkeit so verändert, daß er nicht mehr im Rahmen seiner Fähigkeiten beschäftigt werden könne und sowohl für seine Einkünfte als auch für seine berufliche Entwicklung Nachteile befürchten müsse. Der Beklagte übernahm eine Tätigkeit bei einer direkten Konkurrentin der Klägerin, der Firma „W.” Daraufhin sprach die Klägerin ihrerseits am 2. August 1972 eine fristlose Kündigung aus, die der Beklagte nicht angegriffen hat.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin ursprünglich vier Klageansprüche verfolgt: Sie hat die Feststellung begehrt, daß die fristlose Kündigung des Beklagten unwirksam sei, sie hat 30.000,– DM Vertragsstrafe wegen des Vertragsbruchs verlangt und weitere 30.000,– DM wegen der Wettbewerbstätigkeit des Beklagten gefordert; schließlich hat sie eine Stufenklage mit dem Ziel erhoben, zunächst Auskunft über den Verdienst des Beklagten bei der Firma W. bis zum 31. Juli 1972 zu erhalten, um dann auf der Grundlage dieser Auskunft eine Zahlungsklage beziffern zu können.
Durch ein erstes Teilurteil vom 19. November 1971 hat das Arbeitsgericht dem Feststellungsantrag und dem Zahlungsantrag in Höhe von 30.000,– DM mit der Begründung entsprochen, die fristlose Kündigung des Beklagten sei unberechtigt gewesen und die Vertragsstrafe in Höhe von 30.000,– DM wegen eines Vertragsbruchs des Beklagten fällig geworden. Dieses Urteil ist inzwischen rechtskräftig. Im Streit sind nur noch die Ansprüche der Klägerin, die diese aus der Wettbewerbstätigkeit des Beklagten herleitet.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagte habe bis zu ihrer fristlosen Kündigung am 2. August 1972 gegen das Verbot des § 60 HGB verstoßen und in ihrem Handelszweig für eigene Rechnung Geschäfte gemacht. Die dafür bezogene Vergütung müsse der Beklagte nach § 61 Abs. 1 HGB herausgeben. In der Zeit nach dem 2. August 1972 habe der Beklagte gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen, so daß eine zweite Vertragsstrafe in Höhe von 30.000,– DM fällig geworden sei. Das Wettbewerbsverbot enthalte zwar keine Zusage einer Karenzentschädigung, das sei jedoch unschädlich. Der Beklagte sei ein „Hochbesoldeter” im Sinne des § 75 b HGB. Soweit diese Vorschrift zu unbestimmt gefaßt und daher in der bisherigen Form verfassungswidrig sei, könne sie verfassungskonform ausgelegt werden. Als „Hochbesoldeter” müsse gelten, wer mehr als das Doppelte der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsbemessungsgrenze verdiene. Die Voraussetzung sei im Falle des Beklagten erfüllt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu geben über die Bezüge, die er bei der Firma „W.” bis zum 31. Juli 1972 bezogen hat,
sowie den Beklagten zu verurteilen, den sich daraus ergebenden Betrag an die Klägerin zu zahlen;
- den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 30.000,– zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht: Etwa gegebene Ansprüche der Klägerin nach den §§ 60, 61 HGB seien verjährt; deshalb schulde er auch keine Auskunft über die bei der Firma W. erzielten Bezüge. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im Anstellungsvertrag vom 20. Februar 1970 sei unwirksam, weil ihm die Klägerin keine Karenzentschädigung zugesagt habe. Die Ausnahmevorschrift des § 75 b HGB sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfassungswidrig (BAG 22, 215 = AP Nr. 10 zu § 75 b HGB) und könne auch nicht mit Hilfe einer verfassungskonformen Auslegung aufrechterhalten werden. Die Unterscheidung von normal- und hochverdienen den Angestellten sei willkürlich und verstoße deshalb gegen Art, 3 GG. Im übrigen sei die Vertragsstrafe auch überhöht und müsse nach § 343 BGB auf einen angemessenen Betrag herabgesetzt werden.
Das Arbeitsgericht hat mit einem zweiten Teilurteil der Auskunftsklage für den Zeitraum vom 4. Mai bis 31. Juli 1972 stattgegeben, im übrigen aber die Auskunftsklage und die Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil in beiden Punkten abgeändert. Es hat die Auskunftsklage in vollem Umfange abgewiesen, hingegen der Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe entsprochen.
Der Beklagte wehrt sich mit seiner Revision weiterhin gegen den Vertragsstrafenanspruch, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
In der Revisionsinstanz geht es nur noch um den Vertragsstrafenanspruch der Klägerin aufgrund des Wettbewerbs des Beklagten nach dem 2. August 1972. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist dieser Anspruch unbegründet. Das Wettbewerbsverbot in Ziff. 8 b des Arbeitsvertrages der Parteien ist unverbindlich, weil die Klägerin dem Beklagten keine Karenzentschädigung zugesagt hat (§ 74 Abs. 2 HGB). Die Ausnahmeregelung für sogenannte „Hochbesoldete” in § 75 b HGB hat ihre Gültigkeit verloren.
1. Der Senat hat in einer Grundsatzentscheidung vom 5. Dezember 1969 (BAG 22, 215 [223 ff.] = AP Nr. 10 zu § 75 b HGB [zu C III 1 der Gründe]) erkannt, daß § 75 b Satz 2 HGB – jedenfalls in der bis dahin allgemein vertretenen Auslegung – verfassungswidrig ist. Diese Vorschrift widerspricht dem Verfassungsgebot der Gesetzesklarheit, weil die maßgebende Verdienstgrenze in einer komplizierten Berechnung ermittelt werden muß, die sich dem Gesetz nicht entnehmen läßt und zu Ergebnissen führt, die mit den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht vereinbar sind. An dieser Auffassung hat der Senat in der folgenden Zeit ständig festgehalten (AP Nr. 11 zu § 75 b HGB [zu II 1 der Gründe]; BAG 24, 235 [240] = AP Nr. 12 zu § 75 b HGB [zu A I 2 der Gründe]). Sie hat auch im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (Diederichsen, Anm. zu AR-Blattei „Wettbewerbsverbot: Entscheidung 63”; Dorndorf, AuR 1971, 218 ff.; Gumpert, BB 1969, 313 und 1970, 309; Reyer, BlStSozArb 1969, 381 ff.; Waechter, DB 1969, 1105 ff.). Soweit Kritik erhoben wurde, vermag sie den Senat nicht zu überzeugen.
Beitzke (SAE 1969, 104 [106]) und Meilicke, (DB 1970, 396 [397]) haben eingewandt, im Arbeitsrecht sei es keine Seltenheit, daß gesetzliche Regelungen nur in Verbindung mit Kommentaren für die Praxis verständlich würden, insbesondere wegen der Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe. Dieser Einwand verkennt die Besonderheit des § 75 b HGB. Eine Gesetzgebung, die ohne ergänzende Auslegung und konkretisierungsbedürftige Generalklauseln auskommt, ist nicht erreichbar. Der Gesetzgeber kann die Vielfalt denkbarer Fallgestaltungen nicht vorhersehen und überläßt es deshalb häufig der Rechtsprechung, die erstrebte Fallgerechtigkeit zu verwirklichen. Dadurch bedingte Unklarheiten nimmt der Gesetzgeber mehr oder weniger bewußt in Kauf, und zwar in der Erwartung, daß sie wenigstens nach und nach beseitigt werden können. Im Gegensatz dazu sollte die Wertgrenze des § 75 b Satz 2 HGB gerade keinen Raum für fallbezogene Ergänzungen und Korrekturen lassen. Es sollte eine scharfe Grenze gezogen werden. Dieses Ziel ist unerreichbar geworden, wie der Senat in seiner Grundsatzentscheidung näher ausgeführt hat. Auch eine am Fall orientierte Rechtsprechung könnte nicht zu einer Ersatzlösung führen, weil es an einer Generalklausel fehlt, die den erforderlichen Wertmaßstab anbietet.
2. a) Der Senat hat allerdings in seiner Grundsatzentscheidung vom 5. Dezember 1969 (BAG 22, 215 [226 f.] = AP Nr. 10 zu § 75 b HGB [zu C III 2 der Gründe]) offengelassen, ob die Regelung des § 75 b Satz 2 HGB durch verfassungskonforme Auslegung mit einer anders zu bestimmenden Verdienstgrenze aufrechterhalten werden kann. Er hat zur Diskussion gestellt, daß möglicherweise das Vierfache der allgemeinen Bemessungsgrundlage im Sinne des § 1255 Abs. 2 RVO bzw. das Doppelte der Beitragsbemessungsgrenze im Sinne des § 1385 Abs. 2 RVO eine leicht feststellbare und praktikable Verdienstgrenze böten, die wenigstens dem nahekäme, was der Gesetzgeber im Jahre 1914 bei der Einführung der Verdienstgrenze des § 75 b Satz 2 HGB wollte. Diese Frage ist im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich, weil der Verdienst des Beklagten unstreitig während des ganzen Arbeitsverhältnisses ständig die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze des § 1385 Abs. 2 RVO um mehr als das Doppelte überstiegen hat.
Bei näherer Prüfung hält der Senat den erwogenen Lösungsweg für nicht gangbar. Er ist auch im Schrifttum auf erhebliche Bedenken gestoßen, soweit die Diskussionsanregung des Senats überhaupt aufgegriffen wurde. Beitzke, (Anm. AP Nr. 10 zu § 75 b HGB [zu III 5 der Anm.]), Gumpert, (BB 1970, 309 [zu 2]) und Kraft, (SAE 1971, 7 ff. [zu III 1 b der Anm.]) haben übereinstimmend eingewandt, mit Hilfe der Beitragsbemessungsgrenze sei nur eine geringfügige aber keine wesentliche Vereinfachung und Klärung des Berechnungsverfahrens zu erreichen und außerdem sei die auf diesem Wege ermittelte Wertgrenze nicht vom Gesetz gedeckt. Den zweiten Gesichtspunkt hält der Senat für entscheidend.
b) Schon in seinem Urteil vom 5. Dezember 1969 hat der Senat darauf hingewiesen (zu G III 2 b der Gründe), daß die erwogene Abgrenzung der Hochbesoldeten auf der Grundlage der Beitragsgemessungsgrenze nicht genau den Vorstellungen entspricht, die der Gesetzgeber des Jahres 1914 mit § 75 b Satz 2 HGB verfolgte. Er wollte die Vergütungsgrenze für die sogenannten Hochbesoldeten bei mehr als dem Vierfachen der Durchschnittseinkommen von Handlungsgehilfen ziehen. Diese Grenze sollte nach der Zweiten Verordnung zur Neuregelung der im Handelsgesetzbuch sowie in der Gewerbeordnung vorgesehenen Gehaltsgrenzen vom 23. Oktober 1923 (RGBl. I, 990) mit Hilfe der „Reichsindexziffer für die Lebenshaltungskosten” der Kaufkraftentwicklung möglichst schnell angepaßt werden.
Demgegenüber ergibt sich die allgemeine Bemessungsgrundlage des § 1255 Abs. 2 RVO und damit auch die Beitragsbemessungsgrenze aus dem Durchschnitt aller Versicherungspflichtigen Einkommen des 3-jährigen Zeitraumes vor dem Kalenderjahr, das der Berechnung vorausgegangen ist. Das bedeutet, daß bei der jährlichen Festsetzung durch die Bundesregierung Verdienstdaten zu berücksichtigen sind, die bis zu vier Jahren vor dem Zeitpunkt der Festsetzung liegen. Wegen der seit langem anhaltenden inflatorischen Entwicklung bedeutet dies, daß der ermittelte Durchschnittssatz geringer ist, als der Durchschnitt aller Verdienste z. Z. der Festsetzung.
Eine weitere Abweichung ergibt sich daraus, daß bei der Festsetzung der allgemeinen Bemessungsgrundlage auch die Verdienste der Versicherungspflichtigen Arbeiter berücksichtigt werden. Dadurch wird das Ziel beeinträchtigt, eine bestimmte Angestelltengruppe von der Verdiensthöhe ausgehend abzugrenzen. Auch diese Abweichung wirkt sich bei der derzeitigen Lohn- und Gehaltsstruktur im Sinne einer Verringerung der zu ermittelnden Verdienstgrenze aus. Es würden deshalb mehr Angestellte von der Ausnahmevorschrift des § 75 b Satz 2 HGB erfaßt, als der historische Gesetzgeber wollte.
c) Der Senat hält sich nicht für berechtigt, an die Stelle der unjustiziabel gewordenen Wertgrenze des § 75 b Satz 2 HGB eine andere zu setzen, die mit den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht übereinstimmt und für die nicht mehr spricht, als daß sie justiziabel wäre. Eine solche Festsetzung wäre ein reiner Akt der Rechtspolitik, weil ihr Inhalt nicht von Wertentscheidungen des geltenden Rechts bestimmt würde, sondern von dem eher zufälligen Kriterium abhinge, inwieweit Durchschnittsverdienste in allgemein zugänglicher Weise publiziert oder gesetzlich geregelt werden. An keiner anderen Stelle hat der Gesetzgeber versucht, die höchste Angestelltengruppe mit Hilfe einer Verdienstgrenze zu bestimmen.
Dem kann man nicht entgegenhalten, jede verfassungskonforme Auslegung bedeute eine Korrektur des historischen Gesetzgebers. Verfassungskonforme Auslegung ist eine von Verfassungsnormen geleitete Korrektur, bei der dem Gesetzgeber lediglich unterstellt wird, daß er gewollt habe, was ihm die Verfassung gebietet. Scheitert jedoch eine gesetzliche Regelung an dem Verfassungsgebot der Bestimmtheit, so ist damit über den Inhalt einer Verfassungskonformen Regelung nichts ausgesagt. Eine inhaltliche Korrektur ist nicht gerechtfertigt.
d) Damit erweist sich, daß § 75 b Satz 2 HGB schon wegen seiner Unbestimmtheit insgesamt verfassungswidrig ist und auch nicht teilweise im Wege der verfassungskonformen Auslegung aufrechterhalten werden kann. Aus diesem Grunde erübrigt es sich, auf die Frage einzugehen, ob auch Art. 3 GG oder Art. 12 Abs. 1 GG eine Schlechterstellung der sogenannten Hochbesoldeten hinsichtlich der Karenzentschädigung in vertraglichen Wettbewerbsklauseln verbieten.
3. Demgegenüber kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, sie habe bei Abschluß des 5-Jahres-Vertrages am 20. Februar 1970 auf die Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes ohne Karenzentschädigung vertrauen dürfen, die gegenteilige Auffassung des Senats könne noch nicht in ihrem Fall oder allenfalls mit Wirkung für die Zukunft Geltung beanspruchen.
Bei Abschluß des Vertrages hatte der Senat sein Grundsatzurteil vom 5. Dezember 1969 bereits verkündet. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, daß das Urteil erst im Frühjahr 1970 allgemein bekannt wurde, blieb bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses ausreichend Zeit, dem Beklagten eine Karenzentschädigung anzubieten und die Wettbewerbsklausel auf diese Weise der neuen Rechtslage anzupassen. Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß für die erforderliche Anpassung eine Frist bis zum 31. Dezember 1970 ausreicht (BAG 24, 235 [242–244] = AP Nr. 12 zu § 75 b HGB [zu A I 4 der Gründe]; AP Nr. 33 zu § 74 HGB [zu III 3 b. der Gründe]). Diese Frist hat die Klägerin ungenutzt verstreichen lassen.
Eine besondere Anpassungsfrist kommt nicht etwa deshalb in Betracht, weil der Senat die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung zur Diskussion gestellt hat, bei der die Wettbewerbsklausel im vorliegenden Fall ihre Verbindlichkeit bewahrt hätte. Der Senat hat von Anfang an keinen Zweifel darüber gelassen, daß gegen diesen Lösungsweg Einwände erhoben werden können, die der wissenschaftlichen Diskussion bedürfen. Die Praxis konnte nicht darauf vertrauen, daß sich dieser Lösungsweg als gangbar erweisen werde. Gerade das ist u.a. kritisiert worden (Kraft, SAE 1971, 7 [8 lke.Sp.]), wobei übersehen wurde, daß der Senat eine wissenschaftliche Diskussion anregen, jedoch ersichtlich noch keine praktischen Lösungsvorschläge machen wollte.
Unterschriften
gez.: Dr. Thomas, Dr. Dieterich, Wendel, Dr. Bermel, Röglin
Fundstellen
Haufe-Index 1436679 |
BAGE, 284 |
NJW 1976, 342 |
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