Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzung. Tätigkeit einer Hausdame. Eingruppierung. Hausdame. Verwaltungsangestellte/Hausservice. Versetzungsklausel. AGB-Kontrolle. Verwirkung
Orientierungssatz
Der arbeitsvertragliche Vorbehalt, dem Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens eine andere, seiner Ausbildung und beruflichen Entwicklung oder vorherigen Tätigkeit entsprechende Tätigkeit zu übertragen, soweit dies mit einem Wohnungswechsel nicht verbunden ist, hält der AGB-Kontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB stand.
Normenkette
BGB §§ 242, 307 Abs. 1; GewO § 106 S. 1; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen 9 Sa 787/06) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 11.10.2006; Aktenzeichen 17 Ca 2313/06) |
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. November 2007 – 9 Sa 787/06 – aufgehoben, soweit es über die Wirksamkeit der Versetzung der Klägerin vom 19. Oktober 2005 (Klageantrag zu 3) und über die Kosten entschieden hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
3. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung und über eine Versetzung der Klägerin.
Die Beklagte betreibt ein großes Fachkrankenhaus (Herzzentrum). Die im Jahre 1965 geborene Klägerin ist Facharbeiterin für Textilwaren. Sie arbeitet seit 1998 bei der Beklagten als “Verwaltungsangestellte”. Im Arbeitsvertrag vom 28./30. Mai 1998 heißt es unter I 3:
“Die Gesellschaft behält sich vor, ohne daß es einer Kündigung bedarf, der Arbeitnehmerin innerhalb des Unternehmens eine andere, ihrer Ausbildung und beruflichen Entwicklung oder vorherigen Tätigkeit entsprechende Tätigkeit zu übertragen, soweit dies mit einem Wohnungswechsel nicht verbunden ist.”
Nach X 3 des Vertrags sollten ergänzend die Vorschriften der einschlägigen jeweils für das Unternehmen geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gelten. Mit einem Nachtrag vom 26. Juli/4. August 2004 zum Anstellungsvertrag wurde die Dienstbezeichnung der Klägerin von “Verwaltungsangestellte” in “Verwaltungsangestellte/Hausservice” geändert und als direkter Vorgesetzter der Geschäftsführer oder ein schriftlich zu benennender Mitarbeiter bestimmt. Die Klägerin war zuletzt in Vergütungsgruppe VII des Eingruppierungstarifvertrags der Beklagten idF vom 17. April 2000 (ETV 2000) eingruppiert und bezog hiernach ein Monatsgehalt von 1.743,79 Euro brutto.
Seit dem Beginn ihrer Tätigkeit nahm die Klägerin insbesondere folgende Aufgaben wahr: Kontrolle der Reinigungsleistungen von Fremdfirmen, Verwaltungsaufgaben zur Vermietung der 46 Gästeappartements (Rechnungslegung und -kontrolle), Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit dem Girovend-Abrechnungssystem, Ausgabe von Gästekarten und Verwaltungsaufgaben bei der Schlüsselausgabe und -entgegennahme für Umkleidespinde. Ihr stand ein eigenes Büro zur Verfügung.
In der Zeit vom 30. Mai bis zum 31. Oktober 2005 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Während dieser Zeit übertrug die Beklagte die bislang von der Klägerin wahrgenommenen Aufgaben auf die Mitarbeiter der Rezeption. Mit Schreiben vom 30. Juni 2005 teilte sie dies der Klägerin mit und bot ihr einen Arbeitsplatz in Vollzeit als Mitarbeiterin der Rezeption im Tag- und Nachtdienst an. Am 12. Oktober 2005 beantragte sie die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung der Klägerin in die Abteilung Rezeption ab dem 17. Oktober 2005. Der Betriebsrat stimmte am 17. Oktober 2005 der Versetzung zu.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, diese werde ab sofort in dem Bereich Hausservice der Abteilung Patientenverwaltung zugeordnet. Damit einher gehe die räumliche Einordnung ihres Arbeitsplatzes in den Bereich Rezeption und die Übernahme der an der Rezeption üblichen Aufgaben. Ihr neuer direkter Vorgesetzter sei Herr Z…, Leiter der Patientenverwaltung. Die bisherigen vertraglichen Vereinbarungen bestünden unverändert fort.
Am 1. November 2005 nahm die Klägerin ihre Arbeit wieder auf. Sie wurde an der Rezeption im Schichtdienst beschäftigt.
Am 1. Dezember 2005 trat der von der Beklagten mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossene Eingruppierungstarifvertrag vom 1. Juni 2005 (ETV 2005) in Kraft. Dieser Tarifvertrag enthält ua. folgende Tätigkeitsmerkmale:
“Beschäftigte mit Tätigkeiten, die eine fachliche Einarbeitung erfordern
Vergütungsgruppe 3
Im ersten Jahr der Berufserfahrung als:
– Pförtner
– Fahrer mit Personenbeförderungsschein
– Wirtschafterin ohne staatliche Prüfung
– Hausdameassistentin
– Rezeptionsangestellte ohne Ausbildung zur Hotelfachfrau
– Schreibkraft”
Diese Tätigkeiten werden nach einem Jahr Berufserfahrung in die Vergütungsgruppe 4 und nach drei Jahren Berufserfahrung in die Vergütungsgruppe 5 eingestuft.
“Beschäftigte mit Tätigkeiten, die mindestens eine einjährige Berufsausbildung erfordern
Vergütungsgruppe 4
Im ersten Jahr der Berufserfahrung als:
– Arbeiter im anerkannten Anlernberuf
– Krankenpflegehelfer
– Hauswirtschafterin
– Medizinisch-technische Gehilfin
– Verwaltungsangestellte mit sonstigen Tätigkeiten”
Diese Tätigkeiten werden nach einem Jahr Berufserfahrung in die Vergütungsgruppe 5 und nach drei Jahren Berufserfahrung in die Vergütungsgruppe 6 eingestuft.
“Beschäftigte mit einer Ausbildung von mindestens dreijähriger Dauer, denen entsprechende Aufgaben übertragen wurden
Vergütungsgruppe 5
Im ersten Jahr der Berufserfahrung als:
– Facharbeiter
– Arzthelferin
– Rezeptionsangestellte mit Ausbildung zur Hotelfachfrau
– Laboranten
– Sekretärin
– Verwaltungsangestellte im Finanz- u. Rechnungswesen, Personalwesen, in der Therapieplanung, der Patientenverwaltung und der Materialwirtschaft
– Verwaltungsangestellte mit Tätigkeiten, die mindestens zu 1/5 selbständige Leistungen erfordern (erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. ihres Aufgabenbereiches)
– Medizinische Dokumentationsassistentin in entsprechender Tätigkeit”
Diese Tätigkeiten werden nach einem Jahr Berufserfahrung in die Vergütungsgruppe 6 und nach drei Jahren Berufserfahrung in die Vergütungsgruppe 7 eingestuft.
“Medizinisch-technische und Therapeutische Assistenzberufe mit mindestens dreijähriger Ausbildung/Angestellte in der Verwaltung mit umfassender Fachkenntnis, soweit nicht höher eingruppiert
Vergütungsgruppe 6
In einer Tätigkeit als:
– Leitung der Rezeption
Im ersten Jahr der Berufserfahrung als:
– Facharbeiter, die am Bereitschaftsdienst der Klinik teilnehmen
– Diätassistentin
– Hausdame
– Fachhauswirtschafterin
– Med. techn. Assistentin und Pharmazeutisch techn. Assistentin (MTA, MTLA, MTRA, PTA)
– Verwaltungsangestellte mit gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen und überwiegend selbständiger Leistung
Protokollnotiz:
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung, bei der der Arbeitnehmer beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Arbeitnehmers muß aber so gestaltet sein, daß er nur bei Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)”
Die auf die Jahre der Berufserfahrung abstellenden Tätigkeiten werden nach einem Jahr Berufserfahrung in die Vergütungsgruppe 7 und nach drei Jahren Berufserfahrung in die Vergütungsgruppe 8 eingestuft.
Seit dem 1. Dezember 2005 zahlte die Beklagte die Vergütung der Klägerin auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 5 des ETV 2005. Hiernach ergab sich unter Einbeziehung einer Ausgleichszulage von 73,00 Euro weiterhin der Betrag von 1.743,79 Euro. Die Beklagte gewährte die Ausgleichszulage freiwillig, um nach Inkrafttreten der neuen Vergütungstarifverträge ab dem 1. Dezember 2005 ein Absinken der monatlichen Bruttovergütung der Klägerin zu verhindern.
Mit ihrer im Mai 2006 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Versetzung an die Rezeption und fordert Vergütung nach der Vergütungsgruppe 8 als “Hausdame mit dreijähriger Berufserfahrung”. Sie hat die Auffassung vertreten, mit der Versetzung an die Rezeption habe ihr die Beklagte eine minderwertige Tätigkeit übertragen und damit das Direktionsrecht überschritten. Ihr stehe ab Dezember 2005 monatlich eine um 237,00 Euro brutto höhere Vergütung zu. Die Eingruppierung in Vergütungsgruppe 8 setze keine dreijährige Berufsausbildung voraus. Die vertraglich vereinbarte und bis Mai 2005 ausgeübte Tätigkeit habe die Merkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllt.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.896,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 237,00 Euro nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen,
2. die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin ab August 2006 Vergütung nach Vergütungsgruppe 8 (Hausdame nach dreijähriger Berufserfahrung) des Eingruppierungstarifvertrags der Beklagten vom 1. Juni 2005 jeweils nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die Differenz zu der gezahlten Vergütung ab dem Ersten des Folgemonats zu zahlen,
3. festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 19. Oktober 2005 vorgenommene Versetzung der Klägerin an die Rezeption unwirksam ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin habe zu keiner Zeit die Tätigkeitsmerkmale einer Hausdame erfüllt. Durch den Einsatz der Klägerin an der Rezeption habe sich nichts Wesentliches am Inhalt ihrer Arbeit geändert. Sie sei weiter als Verwaltungsangestellte im Hausservice tätig.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist hinsichtlich der von der Klägerin begehrten Vergütung und Eingruppierung unbegründet, hinsichtlich der Versetzung begründet. In diesem Umfang führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
I. Der Klageantrag zu 2 ist zulässig. Er ist nicht auf eine unbezifferte Leistung für die Zeit ab August 2006 bzw. für die Zukunft gerichtet (vgl. zur Unzulässigkeit einer solchen Klage BAG 9. April 2008 – 4 AZR 104/07 –, Rn. 27 ff.). Vielmehr geht es der Klägerin, die sich seit 2006 in Elternzeit befindet, um die Feststellung, dass sie in die Vergütungsgruppe 8 des Eingruppierungstarifvertrags der Beklagten eingruppiert ist. Das ergibt sich aus ihrer Antragsbegründung, die allein auf die Eingruppierung abstellt. Die Eingruppierungsfeststellungsklage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO auch in der Privatwirtschaft zulässig (vgl. nur BAG 14. November 2007 – 4 AZR 945/06 – Rn. 13, NZA-RR 2008, 358).
II. Die Klageanträge zu 1 und 2 sind nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 8 des ETV 2005.
1. Die von der Klägerin geltend gemachte Eingruppierung als Hausdame nach dreijähriger Berufserfahrung ist nicht gerechtfertigt. Zwar findet der Tarifvertrag kraft der arbeitsvertraglichen Bezugnahme Anwendung. Die Klägerin ist aber keine “Hausdame” iSv. § 1 ETV 2005.
a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Manteltarifvertrags der Beklagten in der Fassung des Tarifvertrags vom 1. Juni 2005 (MTV) sind Arbeitnehmer nach den von ihnen überwiegend auszuübenden Tätigkeiten und, soweit dies in den Vergütungsgruppen des Tarifvertrags über die Eingruppierung der Arbeitnehmer vorausgesetzt wird, ihrer Berufsausbildung entsprechend einzugruppieren. Umfasst das Arbeitsgebiet des Arbeitnehmers mehrere Tätigkeiten, die verschiedenen Vergütungsgruppen zugeordnet sind, so ist er gem. § 3 Abs. 3 MTV “entsprechend seiner überwiegenden Tätigkeit (mehr als 50 %) einzustufen”. Grundsätzlich ist die überwiegende Tätigkeit nach ihrem Anteil an der Arbeitszeit des Arbeitnehmers zu bestimmen (vgl. BAG 13. November 1991 – 4 AZR 131/91 – zu II der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Brauereien Nr. 3). Die auszuübende Tätigkeit iSv. § 3 Abs. 1 MTV ist die geschuldete Tätigkeit.
b) Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch hat eine Hausdame eine Leitungsfunktion inne. Sie leitet einen Haushalt oder die Reinigungskräfte eines Hotels oder einer ähnlichen Einrichtung. Hausdamen arbeiten in der Regel im Hotel und Gaststättengewerbe. Sie teilen die einzelnen Fachkräfte ein, überwachen die Arbeitsdurchführungen und erstellen Dienst- und Urlaubspläne. Je nach Hotelgröße arbeiten sie auch praktisch mit. Außerdem sorgen sie dafür, dass die Sonderwünsche der Gäste erfüllt werden und stellen eine gepflegte Atmosphäre sicher. Dazu gehört zum Beispiel die Verschönerung der Hotelräume mit Blumen und anderen Dekorationsgegenständen.
c) Die vertraglich geschuldete Tätigkeit der Klägerin erfüllt nicht das Tätigkeitsmerkmal Hausdame. Die Klägerin war als “Verwaltungsangestellte/Hausservice” zu beschäftigen. Dieser Begriff ist angesichts der wiederholten arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf Tarifregelungen, insbesondere auch auf die Vergütungsgruppen, gegen andere Tätigkeitsbezeichnungen in den Tarifverträgen, zB Hausdame, Pförtner, Rezeptionistin, Pflegekraft, abzugrenzen. Die Tätigkeiten einer Verwaltungsangestellten/Hausservice umfassen nicht die Einteilung und Anleitung sowie Überwachung anderer Mitarbeiter. Die Nennung der Vergütungsgruppe VII des ETV 2000 ist kein Indiz dafür, dass der Klägerin eine Leitungsfunktion übertragen wurde. Diese Vergütungsgruppe enthält keine Berufsbilder mit einer Leitungsfunktion, die der einer Hausdame entsprechen. Eine Vergütung nach Vergütungsgruppe VII kam nur in Betracht, wenn die Hausdame durch ausdrückliche Anordnung als solche bestellt war (Fallgruppe 10).
Was die Parteien unter einer “Verwaltungsangestellten/Hausservice” verstanden haben, muss weiter unter Berücksichtigung der seinerzeit ausgeübten Beschäftigung beurteilt werden. Offenbar wollten die Parteien mit dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 26. Juli/4. August 2004 der tatsächlichen Arbeitsleistung der Klägerin Rechnung tragen; die Beschäftigung sollte sich im Jahr 2004 nicht ändern und hat sich auch nicht geändert. Die Verwaltungsaufgaben zur Vermietung der Appartements, im Zusammenhang mit dem Girovend-Abrechnungssystem, bei der Schlüsselausgabe und -entgegennahme für Umkleidespinde sowie hinsichtlich der Kontrolle der Reinigungsleistungen von Fremdfirmen entsprachen denen einer Verwaltungsangestellten mit besonderem Bezug auf den Hausservice. Eine Leitungs- und Überwachungstätigkeit als Vorgesetzte von Fachkräften oder eine Verantwortung für die gepflegte Atmosphäre des Hauses war damit nicht verbunden. Insbesondere setzt die Einteilung und Anleitung von Arbeitskräften des eigenen Arbeitgebers, wie sie von einer Hausdame zu erwarten sind, Kompetenzen der Personalführung und -organisation voraus. Damit ist eine weitergehende Verantwortung gegenüber der bloßen Abnahme von Leistungen einer Fremdfirma verbunden, denn deren vorgesetzte Mitarbeiter nehmen die Aufgaben der Personalführung und -organisation wahr. Die Abnahme und Kontrolle der Reinigungsleistungen erfordert lediglich Kenntnisse über Reinigungsstandards. Die Klägerin hatte bestimmte Verwaltungs- und Abrechnungstätigkeiten nach festen Regeln zu erledigen. Wegen der damit verbundenen vielfältigen Kontakte mit Patienten und Angehörigen kam ihr zwar eine Mitverantwortung für die Atmosphäre des Hauses zu. Eine Eigeninitiative und Kreativität wie bei einer Hausdame wurde aber nicht verlangt.
Die Vereinbarungen der Parteien belegen, dass sie eine Eingruppierung für richtig hielten, die keine Leitungsfunktion voraussetzte. Im Arbeitsvertrag und im Nachtrag vom 16./20. April 1999 legten sie die Vergütungsgruppe IXb für “Verwaltungsangestellte mit typischen Tätigkeiten in der Materialwirtschaft” zugrunde. Im Nachtrag vom 30. Juni/4. Juli 2000 nannten sie die Vergütungsgruppe VIII, die für Verwaltungsangestellte der Vergütungsgruppe IXb nach einjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit vorgesehen war. Im Nachtrag vom 18./24. Oktober 2001 wurde die Vergütungsgruppe VII genannt, die “Verwaltungsangestellte mit gründlichen Fachkenntnissen” erfasste.
d) Die seit dem 1. Dezember 2005 zugewiesene Tätigkeit erfüllt ebenfalls nicht das Tätigkeitsmerkmal Hausdame. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin seitdem weiterhin die Gästeappartements betreut und andere Aufgaben im Bereich der Rezeption wahrgenommen. Die Betreuung der Gästeappartements und Aufgaben an der Rezeption entsprechen mangels einer Leitungstätigkeit und einer entsprechenden Verantwortung nicht dem Tätigkeitsbild einer Hausdame.
2. Eine Eingruppierung als Verwaltungsangestellte mit gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen und überwiegend selbständiger Leistung nach dreijähriger Berufserfahrung kommt nicht in Betracht. Die Klägerin hat sich jedenfalls auf “vielseitige Fachkenntnisse” und eine “überwiegend selbständige Leistung” als Verwaltungsangestellte nicht berufen und die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgetragen. Ebenso hat sie sich nicht auf eine “umfassende Fachkenntnis” im Sinne des allgemeinen Eingruppierungsmerkmals berufen und hierfür nichts vorgetragen. Sie kann nach ihrem Arbeitsvertrag einschließlich der Änderungsverträge entsprechende Tätigkeiten nicht beanspruchen. Allenfalls könnte der Vertragsregelung vom 26. Juli/4. August 2004 entnommen werden, die Parteien hätten ein Einvernehmen herstellen wollen, dass die Klägerin künftig als Verwaltungsangestellte mit “gründlichen Fachkenntnissen” vergütet werden solle. Das reicht aber für eine Überleitung in Vergütungsgruppe 8 des ETV 2005, die weitere Voraussetzungen enthält, nicht aus. Die Klägerin hat die Vergütung in Höhe der Vergütungsgruppe VII des ETV 2000 weiterhin bezogen.
3. Die Wirksamkeit der Versetzung ist für die Entscheidung über die zutreffende Vergütung ohne Bedeutung. Die Klägerin kann nur die Vergütung verlangen, die ihr vertraglich zusteht. Sie hat nicht schlüssig vorgetragen, dass diese Vergütung höher ist als die bisher gezahlte Vergütung.
III. Der Klageantrag zu 3 ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. BAG 26. September 2002 – 6 AZR 523/00 – zu I 1 der Gründe, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 73 = EzA ZPO § 256 Nr. 67; 30. August 1995 – 1 AZR 47/95 – zu I der Gründe mwN, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Ob die Versetzung vom 19. Oktober 2005 rechtswirksam ist, kann nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend entschieden werden (§§ 562, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Zuweisung der Tätigkeit an der Rezeption sei wirksam. Sie entspreche der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsaufgabe als “Verwaltungsangestellte/Hausservice”. Teilbereiche ihrer Tätigkeit würden von der Klägerin nach wie vor ausgeübt. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermessensausübung seien von der Klägerin nicht angeführt worden.
2. Diese Begründung berücksichtigt nicht, dass die Klägerin nach dem Schreiben vom 19. Oktober 2005 alle an der Rezeption üblichen Aufgaben zu übernehmen hatte. Solche Angestellte sind nicht “Verwaltungsangestellte”, jedenfalls nicht “Verwaltungsangestellte/Hausservice”, sondern Rezeptionisten oder Mitarbeiter an der Rezeption. Es liegt nahe, dass die Arbeitsvertragsparteien den entsprechenden Sprachgebrauch der seinerzeit geltenden Tarifverträge übernommen haben. Die gegenteilige Auffassung des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts ist nicht ausreichend begründet. Zwar trifft die Auffassung des Arbeitsgerichts zu, die Klägerin schulde jede Verwaltungstätigkeit im Hausservicebereich, die der ihr zustehenden Vergütungsgruppe entspreche. Diese Tätigkeit muss sie gegebenenfalls auch “an der Rezeption” ausüben. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigen aber nicht die Annahme, die Klägerin übe an der Rezeption weiterhin solche Verwaltungstätigkeiten in einem nennenswerten Umfang aus.
3. Die Beklagte hat sich zwar die Zuweisung anderer Aufgaben in I 3 des Arbeitsvertrags wirksam vorbehalten. Diese von der Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung ist nicht gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Beklagte hat sich weder die einseitige Änderung der vertraglichen Tätigkeit unter Umgehung von § 2 KSchG (vgl. BAG 9. Mai 2006 – 9 AZR 424/05 – Rn. 20, BAGE 118, 184, 188) noch das Recht zur Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit vorbehalten (vgl. BAG 9. Mai 2006 – 9 AZR 424/05 – Rn. 23, BAGE 118, 184, 189). Die Klausel schließt die Abwägung der beiderseitigen Interessen im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens iSv. § 106 GewO nicht aus (vgl. BAG 11. April 2006 – 9 AZR 557/05 – Rn. 35, BAGE 118, 22, 30). Sie erweckt auch nicht den Eindruck, die Kontrolle billigen Ermessens sei ausgeschlossen (vgl. BAG 13. März 2007 – 9 AZR 433/06 – AP BGB § 307 Nr. 26).
Die Zuweisung einer Tätigkeit an der Rezeption, die die Beklagte selbst mit Vergütungsgruppe 5 des ETV 2005 bewertet, ist aber keine der “Ausbildung und beruflichen Entwicklung oder vorherigen Tätigkeit” der Klägerin “entsprechende Tätigkeit” im Sinne der Versetzungsklausel. Die Klägerin wird vielmehr geringerwertig beschäftigt. So hatte der ETV 2000 Rezeptionisten – anders als zum Beispiel Verwaltungsangestellten mit typischen Tätigkeiten in der Materialwirtschaft – den Aufstieg in die Vergütungsgruppe VIII nicht allein aufgrund einer Bewährung ermöglicht. Die Beklagte hat die geringere Wertigkeit bestätigt, indem sie der Klägerin eine Ausgleichszulage gewährt.
4. Das Landesarbeitsgericht wird ggf. die Einhaltung des billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO neu prüfen müssen. Die wesentlichen Umstände des Falles sind abzuwägen und die beiderseitigen Interessen angemessen zu berücksichtigen (BAG 16. Oktober 2007 – 9 AZR 144/07 – Rn. 54, AP GewO § 106 Nr. 2; 14. August 2007 – 9 AZR 18/07 – Rn. 47, AP ATG § 6 Nr. 2 = EzA ATG § 6 Nr. 2). Die Klägerin hat sich auf die geänderten Arbeitszeiten (Schichtdienst an sieben Wochentagen und 24 Stunden am Tag statt einer festliegenden Arbeitszeit von Montag bis Freitag) und die verschlechterten Arbeitsumstände (Arbeitsplatz an der Rezeption bei ständiger Ansprechbarkeit für Patienten und Besucher statt eines eigenen Büros) berufen.
5. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob und ggf. wie die Klägerin auf die Aufforderung der Beklagten vom 30. Juni 2005, sich zu äußern, und auf die Versetzung vom 19. Oktober 2005 reagiert hat. In Betracht kommt eine Verwirkung des Rechts, die Rechtswirksamkeit der Versetzung geltend zu machen, § 242 BGB (vgl. BAG 12. Dezember 2006 – 9 AZR 747/06 – Rn. 17 ff., EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1). Ein Recht ist verwirkt, wenn der Inhaber mit der Geltendmachung längere Zeit abwartet, sich infolge des Zeitablaufs für den Anspruchsgegner ein Vertrauenstatbestand bildet, mit der Geltendmachung des Rechts nicht mehr rechnen zu müssen, und ihm deshalb eine Einlassung auf die Geltendmachung des Rechts nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. Senat 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 – mwN, BAGE 115, 372, 379; BAG 14. Februar 2007 – 10 AZR 35/06 – Rn. 20, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 2). Der erforderliche Zeitablauf kann um so kürzer sein, je gravierender die Umstände im Verhalten des Berechtigten sind, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung als unzumutbar anzusehen. Für die Erfüllung des Umstandsmoments kommt es darauf an, wie das Verhalten des Gläubigers vom Schuldner aufgefasst werden darf. Im Streitfall ist zu entscheiden, ob die widerspruchslose Ausführung der Arbeit unter geänderten Bedingungen ein unmissverständliches Zeichen dafür war, die Klägerin werde die Entscheidung der Beklagten hinnehmen und nicht mehr angreifen. Hierfür kann das Gewicht zwischenzeitlicher Dispositionen der Beklagten eine Rolle spielen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Laux, Buschmann, Ilgenfritz-Donné
Fundstellen
Haufe-Index 2128233 |
DB 2009, 850 |
JR 2009, 484 |
AP, 0 |
NZA-RR 2009, 527 |
SPA 2009, 7 |