Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierg. e. Sachbearbeiters in der Druckindustrie
Leitsatz (amtlich)
- Soweit in den Gehaltsgruppen des GTV Tätigkeitsbeispiele bezeichnet werden, sehen die Tarifvertragsparteien der Druckindustrie die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale als erfüllt an.
- Sachbearbeiter der Druckindustrie können nur in die Gehaltsgruppen G 4 und G 5 GTV eingruppiert werden, da ihre Tätigkeit nur dort als Richtbeispiel genannt ist.
- Den Begriff des “Sachbearbeiters” verwenden die Tarifvertragsparteien der Druckindustrie branchenbezogen.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Druckindustrie; Gehaltstarifvertrag für die Angestellten der Druckindustrie in Baden-Württemberg vom 22. April 1982 (GTV) § 6 Gehaltsgruppen G 4, G 5 und G 6
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 31.07.1984; Aktenzeichen 13 Sa 40/84) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 23.11.1983; Aktenzeichen 2 Ca 804/82) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 31. Juli 1984 – 13 Sa 40/84 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger, der der Industriegewerkschaft Druck und Papier als Mitglied angehört, steht seit 1. April 1971 in den Diensten der Beklagten, die Mitglied im Verband der Druckindustrie in Baden-Württemberg e.V. ist. Der Kläger ist gelernter Buchdrukkermeister und seit 1971 bei der Beklagten als Sachbearbeiter und Kalkulator beschäftigt. Seit 1975 ist er Sachbearbeiter in der Verkaufsgruppe Verlagsaufträge (Eigenaufträge). Diese Gruppe besteht aus einem Leiter der Gruppe, dem Kläger und einer Sekretärin.
Der Kläger betreut als Sachbearbeiter in der Verkaufsgruppe Verlagsaufträge verschiedene Druckerzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, eigene Verlagsproduktionen der Beklagten, Bücher, Taschenbuchreihen, Verlagsprospekte und Formulare sowie hauseigenen Druckbedarf. Er ist hierbei zuständig für die Abwicklung der Druckaufträge von deren Eingang bis zur Auslieferung der Ware. Nach Eingang des Auftrages kontrolliert er die Auftragsunterlagen auf Vollständigkeit und Fehler. Sodann registriert er den Auftrag und erstellt Arbeitsanweisungen für die weitere Durchführung des Auftrags. Er unterrichtet die Abteilung “technische Disposition” und “Einkauf” über den Auftrag, wozu auch eine Mitteilung über den zu erwartenden Materialbedarf (Druckpapier) und die Druckkapazität gehört. Terminwünsche von Kunden gibt er an die technische Abteilung und die Disposition weiter. Auftretende Schwierigkeiten bei der Auftragsabwicklung (ungenaue Angaben des Kunden, Reklamationen usw.) werden vom Kläger geklärt. Er überwacht ferner die Einhaltung der vereinbarten Termine bei der Herstellung von Druckerzeugnissen. Außerdem ist der Kläger zuständig für die Weitergabe von Auftragsleistungen an Sublieferanten. Die dafür notwendigen Gespräche und Verhandlungen führt er unter Beachtung der bei der Beklagten bestehenden Richtlinien für Preise und Auftragsvergabe.
Nach dem bis zum 31. März 1982 geltenden Tarifvertrag über Gehälter und Ausbildungsvergütungen für kaufmännische und technische Angestellte in der Druckindustrie in Baden-Württemberg vom 6. Mai 1980 (GTV a. F.) erhielt der Kläger ein Gehalt nach Gehaltsgruppe T 3. Aufgrund der Neufassung des Gehaltstarifvertrages vom 22. April 1982 (GTV n. F.), der zum 1. April 1982 in Kraft getreten ist und eine einheitliche Gehaltsgruppeneinteilung für technische und kaufmännische Angestellte enthält, wurde der Kläger in die Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F. eingruppiert.
Von 22 bei der Beklagten beschäftigten und bis 31. März 1982 nach Gehaltsgruppe T 3 GTV a. F. vergüteten Arbeitnehmern sind 18 mit Wirkung vom 1. April 1982 nach Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. höhergruppiert worden. Der Kläger, der dem Betriebsrat angehört, zwei weitere Betriebsratsmitglieder und ein anderer Mitarbeiter wurden demgegenüber in die Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F. eingruppiert.
Der Unterschiedsbetrag zwischen den Gehaltsgruppen G 5 und G 6 GTV n. F. betrug 1982 monatlich 135,-- DM. Das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld gemäß § 17 Abs. 2 des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Druckindustrie in Baden-Württemberg vom 1. April 1980 (MTV) sowie die tarifliche Jahresleistung gemäß § 11 MTV sind für Angestellte der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. um 97,80 DM bzw. 439,-- DM höher als für Angestellte der Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F.
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Zahlung einer Restvergütung in Höhe von 1080,-- DM brutto für die Zeit vom 1. April bis 30. November 1982 sowie restliches Urlaubsgeld und restliche Jahresleistung in Höhe von 97,80 DM und 439,-- DM brutto. Hierzu hat er vorgetragen, er erfülle die tariflichen Merkmale der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. Entgegen der Aufassung der Beklagten komme es für die tarifliche Bewertung der auszuübenden Tätigkeit nicht auf die in den Gehaltsgruppen genannten Richtbeispiele an, sondern maßgeblich seien die jeweils genannten Qualifikationsmerkmale und Arbeitsanforderungen. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 GTV n. F., der den Qualifikationsmerkmalen und Arbeitsanforderungen gegenüber den Richtbeispielen den Vorzug einräume. Darüber hinaus entspreche die Gehaltsgruppe T 3 GTV a. F., aus der der Kläger vergütet worden sei, der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F., wie ein Vergleich der Gruppenmerkmale zeige. Es entspreche auch nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien, mit der Neufassung des GTV eine Verschlechterung des Tarifgefüges zu bewerkstelligen. Komme es danach auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale an, erfülle er die Qualifikationsanforderungen der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. Denn er habe die Meisterprüfung” abgelegt und damit die Befähigung zur Organisation des Betriebsablaufs nachgewiesen. Außerdem könne er auf eine langjährige Erfahrung in seiner Tätigkeit zurückblicken. Innerhalb seines Aufgabengebietes sei er vollkommen selbständig tätig. So stimme er die Termine zwischen Kunden, Arbeitsvorbereitung und Disposition ab und erledige die insoweit anfallende Korrespondenz. Lediglich bei größeren Angelegenheiten sei eine Rücksprache mit dem Gruppenleiter erforderlich. Fachlich sei der Kläger niemandem unterstellt, sondern erteile selbst Anweisungen an Schreibkräfte. Das Klagebegehren sei auch nach § 78 BetrVG gerechtfertigt. Denn der Kläger sowie zwei weitere Betriebsratsmitglieder seien bei der Einstufung in die Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F. benachteiligt worden, weil alle anderen Beschäftigten von der Gehaltsgruppe T 3 GTV a. F. in die Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. übergeleitet worden seien.
Der Kläger hat demgemäß beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Gehalt für die Monate April bis November 1982 in Höhe von 1080,-- DM brutto nebst 4 v.H. Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- dem Kläger zusätzlich Urlaubsgeld in Höhe von 97,80 DM brutto nebst 4 v.H. Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag zu zahlen,
- dem Kläger tarifliche Jahresgratifikation in Höhe von 439,-- DM brutto nebst 4 v.H. aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Kläger erfülle nicht die Merkmale der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F., denn er werde als Sachbearbeiter beschäftigt und unterfalle als solcher der Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F., da in den Richtbeispielen dieser Gehaltsgruppe der Sachbearbeiter genannt sei. Auf die Erfüllung der Qualifikationsmerkmale und Arbeitsanforderungen der Gehaltsgruppen G 5 oder G 6 GTV n. F. komme es danach nicht mehr an. Das Tätigkeitsbeispiel des Sachbearbeiters werde in den Gehaltsgruppen G 5 und G 4 GTV n. F. genannt. Damit werde zwingend vorgegeben, daß Sachbearbeiter entweder der Gehaltsgruppe G 4 oder der Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F. unterfielen, womit die Möglichkeit einer Eingruppierung in andere Gehaltsgruppen ausscheide. Der Kläger erfülle darüber hinaus auch nicht die Qualifikationsmerkmale und Arbeitsanforderungen der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. Als Buchdruckermeister mit langjährigen praktischen Erfahrungen als Druckereikraft und mehr als 12-jähriger Tätigkeit als Auftragssachbearbeiter erfülle er die in Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F. vorausgesetzten Fachkenntnisse und Berufserfahrung. Im Rahmen seines Aufgabengebietes sei er mit Arbeiten betraut, die Eigenverantwortlichkeit erforderten. Er treffe Sachentscheidungen und teile sich die ihm übertragenen Arbeiten selbst ein. Lediglich unter Termindruck setze der Vorgesetzte Prioritäten. Entscheidungsbefugnisse im Hinblick auf die Produktion und deren Ablauf sowie die Preisgestaltung habe der Kläger aber nicht. Zur Ausführung der in seinem Aufgabengebiet anfallenden Schreibarbeiten könne der Kläger – in Absprache mit dem Gruppenleiter – der Schreibkraft der Arbeitsgruppe Verlag fachliche Anweisungen erteilen. Eine weitergehende Weisungsbefugnis habe der Kläger nicht. Damit erfülle er nicht die Anforderungen der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F., die selbständige Entscheidungsbefugnisse oder einen größeren Verantwortungsbereich voraussetzten. Gegenüber anderen Mitarbeitern sei der Kläger nicht benachteiligt, da alle vom Kläger genannten Arbeitnehmer entsprechend ihrer Tätigkeit eingruppiert seien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung von DM 1080,-- brutto Restvergütung sowie weiteres Urlaubsgeld und Jahresgratifikation für 1982 verlangen. Denn er ist nicht in die Gehaltsgruppe G 6 des Gehaltstarifvertrages für die Angestellten der Druckindustrie in Baden-Württemberg vom 22. April 1982 (GTV n. F.) eingruppiert, sondern wird zutreffend nach Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F. vergütet.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit die Tarifverträge für die Angestellten der Druckindustrie in Baden-Württemberg mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Danach ist für die Eingruppierung des Klägers von § 10 des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Druckindustrie in Baden-Württemberg vom 1. April 1980 (MTV) auszugehen, in dem es heißt:
- Die Angestellten werden in die Gehaltsgruppen des Gehaltstarifvertrages eingruppiert.
- Für die Eingruppierung in eine Gehaltsgruppe ist die vom Angestellten ausgeübte Tätigkeit und nicht die Berufsbezeichnung maßgebend. Die Eingruppierung richtet sich allein nach den Tätigkeitsmerkmalen der Gehaltsgruppen.
- Angestellte mit Tätigkeiten, die nicht in den Gehaltsgruppen erwähnt sind, werden in diejenige Gruppe eingruppiert, die ihrem Aufgabenkreis am nächsten kommt.
- Übt ein Angestellter Tätigkeiten aus, die in verschiedenen Gehaltsgruppen gekennzeichnet sind, so erfolgt seine Eingruppierung in die Gruppe, die der überwiegenden Tätigkeit des Angestellten entspricht.
Die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit, die für seine Eingruppierung maßgebend ist, ist die Tätigkeit eines Sachbearbeiters. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger Sachbearbeiter in der Verkaufsgruppe Verlagsaufträge (Eigenaufträge). Dies entspricht damit seinem Arbeitsvertrag und auch dem Zwischenzeugnis der Beklagten vom 7. April 1981, auf das sich der Kläger vor dem Arbeitsgericht berufen hat, und in dem er ausdrücklich als “Sachbearbeiter” bezeichnet ist.
Als Sachbearbeiter kann der Kläger nicht in die Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. eingruppiert werden. Denn durch die Richtbeispiele im GTV n. F. ist klargestellt, daß ein Sachbearbeiter nur nach den Gehaltsgruppen G 4 oder G 5 GTV n. F. eingruppiert werden kann. Die Gehaltsgruppen sehen drei verschiedene Merkmale für die Eingruppierung vor, nämlich erstens die Qualifikationsmerkmale (z. B. in Gehaltsgruppe G 6: “Neben abgeschlossener Berufsausbildung oder dieser gleichzusetzender Tätigkeit, die Befähigung zur Organisation des Betriebsablaufes oder entsprechende Qualifikationen”), zweitens Arbeitsanforderungen (z. B. in Gehaltsgruppe G 6: “Arbeiten nach allgemeinen Richtlinien, die selbständige Entscheidungsbefugnis erfordern oder einen größeren Verantwortungsbereich umfassen”) und drittens Richtbeispiele (z. B. in den Gehaltsgruppen G 4 und G 5: “Sachbearbeiter”, in Gehaltsgruppe 6: “Programmierer”). Hierzu bestimmt § 6 Abs. 1 GTV n. F.:
Die Eingruppierung in die Gehaltsgruppen richtet sich nach der ausgeübten Tätigkeit unter Einbeziehung der Qualifikationsmerkmale und der Arbeitsanforderungen sowie gegebenenfalls der Richtbeispiele.
Diese Vorschrift ist in Verbindung mit § 10 MTV dahin auszulegen, daß die Erfordernisse einer Gehaltsgruppe dann als erfüllt anzusehen sind, wenn Arbeitnehmer einem dieser Gehaltsgruppe zugeordneten Richtbeispiel entsprechende Tätigkeiten überwiegend auszuüben haben. Aus dem Wort “gegebenenfalls” folgt, daß die Richtbeispiele für die Eingruppierung maßgeblich sind, wenn sie erfüllt sind. Diese Auslegung entspricht auch der ständigen Senatsrechtsprechung zur Bedeutung von Tätigkeitsbeispielen in tariflichen Eingruppierungsregelungen. Wenn allgemein gefaßten Tätigkeitsmerkmalen – hier: die Qualifikationsmerkmale und Arbeitsanforderungen im GTV n. F. – in einer bestimmten Vergütungsgruppe konkrete Beispiele beigefügt sind, sind nach der Senatsrechtsprechung die Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit auszuüben hat. Durch Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien nämlich grundsätzlich verbindlich fest, daß diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppe entsprechen. Sie bringen mit Tätigkeitsbeispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck, daß die dort angeführten Tätigkeiten vorangestellte allgemeine Tätigkeitsmerkmale erfüllen. Dies entspricht auch den bei der Tarifauslegung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Praktikabilität, denen die Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen im allgemeinen gerecht werden wollen (BAG 45, 121, 125 f. = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung m. w. N.). Die vorliegenden tariflichen Regelungen enthalten keine Anhaltspunkte dafür, daß die Tarifvertragsparteien den Richtbeispielen eine andere Bedeutung zumessen wollen, als es dem zuvor gekennzeichneten Wesen eines Beispiels allgemein entspricht.
Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale muß allerdings dann zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können, oder wenn dasselbe Tätigkeitsbeispiel in mehreren Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppen auftaucht und damit als Kriterium für eine bestimmte Beschäftigungsgruppe ausscheidet. Ferner sind die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für die Eingruppierung dann maßgeblich, wenn es um eine Tätigkeit geht, die in den tariflichen Tätigkeitsbeispielen nicht aufgeführt ist; aber auch hier entspricht es regelmäßig dem Willen der Tarifvertragsparteien, bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen in allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen die Tätigkeitsbeispiele als Richtlinie für die Bewertung mit zu berücksichtigen, wie es im vorliegenden Fall durch den Begriff “Richtbeispiele” besonders deutlich von den Tarifvertragsparteien hervorgehoben ist (BAG 45, 121, 126 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung m. w. N.).
Vorliegend taucht der Begriff des Sachbearbeiters in zwei Gehaltsgruppen (G 4 und G 5) auf, so daß die Zuordnung eines Sachbearbeiters zur Gehaltsgruppe G 4 oder G 5 nur nach den Qualifikationsmerkmalen und Arbeitsanforderungen möglich ist. Gleichzeitig bedeutet aber die Erwähnung des Sachbearbeiters als Richtbeispiel in den Vergütungsgruppen G 4 und G 5 GTV n. F., daß eine Eingruppierung des Sachbearbeiters außerhalb dieser Vergütungsgruppen nicht in Betracht kommt (vgl. BAG Urteil vom 29. April 1981 – 4 AZR 1007/78 –, AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk). Hätten die Tarifvertragsparteien Sachbearbeitern auch die Eingruppierung nach Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. ermöglichen wollen, hätten sie dies durch die Erwähnung des Sachbearbeiters als weiteres Richtbeispiel der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. zum Ausdruck gebracht. Dann wäre im Einzelfall nach den Qualifikationsmerkmalen und Arbeitsanforderungen sowie den weiteren Richtbeispielen zu prüfen, ob ein Sachbearbeiter nach Gehaltsgruppe G 4, G 5 oder G 6 GTV n. F. einzugruppieren ist. Wenn die Tarifvertragsparteien dagegen den Sachbearbeiter nur als Richtbeispiel der Vergütungsgruppen G 4 und G 5 GTV n. F. erwähnen, haben sie damit abschließend geregelt, daß ein Sachbearbeiter entweder in die Gehaltsgruppe G 4 oder in die Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F. eingruppiert ist.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Begriff des Sachbearbeiters i. S. des GTV n. F. nicht so unbestimmt, daß er von den Tätigkeiten der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. ohne Rückgriff auf die Qualifikationsmerkmale und Arbeitsanforderungen der Gehaltsgruppen G 5 und G 6 GTV n. F. nicht abgegrenzt werden könnte. Es ist dem Kläger einzuräumen, daß der Begriff des Sachbearbeiters nach dem allgemeinen Sprachgebrauch einen sehr unbestimmten Inhalt hat, wenn darunter ein Angestellter verstanden wird, “der ein bestimmtes Sachgebiet bearbeitet” (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Band 5, 1983, S. 453) und unter einem Sachgebiet ein Themenbereich, “dem etwas zugeordnet wird” (Brockhaus/Wahrig, aaO, S. 459). Wenn aber Tarifvertragsparteien in einem Tarifvertrag den Begriff des Sachbearbeiters bei Eingruppierungsregelungen verwenden, wollen sie damit – ebenso wie mit allen sonstigen Eingruppierungsvorschriften – den besonderen Verhältnissen ihrer Branche Rechnung tragen (vgl. die Urteile des Senats BAG 44, 323, 334 = AP Nr. 82 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und vom 18. Februar 1981 – 4 AZR 993/78 – AP Nr. 3 zu §§ 22, 23 BAT Sparkassenangestellte mit weiteren Nachweisen).
Der Begriff des Sachbearbeiters i. S. des GTV n. F. ist damit branchenbezogen und bezeichnet den Sachbearbeiter im Druck- und Verlagswesen. Hierbei gehen die Tarifvertragsparteien durch die Normierung des entsprechenden Richtbeispiels davon aus, daß es einen solchen Sachbearbeiter in der Praxis auch tatsächlich gibt. Demgemäß erfassen sie mit dem Richtbeispiel des Sachbearbeiters jedenfalls die entsprechenden Angestellten der Druckindustrie, die nach ihrem Arbeitsvertrag als Sachbearbeiter beschäftigt sind. Dies trifft auf den Kläger zu. Die Parteien haben ihn auch in den Vorinstanzen übereinstimmend als Sachbearbeiter angesehen und daran nie Zweifel geäußert. Die vom Kläger tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben lassen sich auch ohne weiteres als Sachbearbeitertätigkeit qualifizieren. Er hat ein abgeschlossenes Sachgebiet mit einer gewissen Selbständigkeit zu bearbeiten. Er ist zuständig für die Abwicklung von Druckaufträgen von deren Eingang bis zur Auslieferung der Ware und hat hierbei Arbeitsanweisungen zu erstellen und die Auftragsabwicklung bis zur Auslieferung der Ware zu überwachen. Ist der Kläger aber nach seinem Arbeitsvertrag als Sachbearbeiter beschäftigt, kommt eine höhere Eingruppierung als nach Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F. aus den ausgeführten Gründen nicht in Betracht. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger die Qualifikationsmerkmale und Arbeitsanforderungen der Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. erfüllt, was das Landesarbeitsgericht geprüft und verneint hat.
Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt seine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe G 5 GTV n. F. auch nicht gegen § 78 Satz 2 BetrVG. Nach dieser Gesetzesvorschrift dürfen zwar Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden. Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, daß ihn die Beklagte insoweit benachteiligt hat. Er ist tarifgerecht eingruppiert. Eine Benachteiligung des Klägers gegenüber Arbeitskollegen durch die Beklagte käme daher nur in Betracht, wenn die Beklagte etwa andere Sachbearbeiter übertariflich nach Gehaltsgruppe G 6 GTV n. F. vergütete, den Kläger aber hiervon ausgenommen hätte. Das hat der Kläger aber nicht behauptet. Er hat den Vortrag der Beklagten, sämtliche Angestellten seien entsprechend den tariflichen Bestimmungen eingruppiert worden, nicht bestritten.
Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Dr. Feller, Dr. Etzel, Dr. Freitag, Wehner, Dr. Apfel
Fundstellen
Haufe-Index 872432 |
RdA 1986, 271 |