Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Schulhausmeisters
Leitsatz (redaktionell)
Von tarifgerechter Eingruppierung in VergGr. VI b Fallgruppe 1 BAT/VKA (Schulhausmeister) abhängige Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote I zur Fallgruppe 1 der VergGr. VI b des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT/VKA – Schulhausmeister – vom 31. Oktober 1991 in Kraft mit Wirkung vom 1. November 1991, vgl. im übrigen BAG Urteil vom 12. Juni 1996 – 4 AZR 1055/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 23.08.1994; Aktenzeichen 9 Sa 71/94) |
ArbG Darmstadt (Urteil vom 28.09.1993; Aktenzeichen 3 Ca 199/93) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 23. August 1994 – 9 Sa 71/94 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf eine Vergütungsgruppenzulage zur Grundvergütung der VergGr. VI b BAT/VKA hat. Außerdem begehrt der Kläger die Feststellung der Verzinsung monatlicher Nettodifferenzbeträge.
Der am 6. Mai 1937 geborene Kläger ist ausgebildeter Klempner und Installateur. Seit dem 16. Februar 1970 ist der Kläger bei der Beklagten als Schulhausmeister im Angestelltenverhältnis am M.-Gymnasium beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages und den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), die Beklagte ist Mitglied des Hessischen Arbeitgeberverbandes der Gemeinden und Kommunal verbände, der seinerseits Mitglied in der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist. Das M.-Gymnasium, an dem der Kläger beschäftigt ist, hat 66 Unterrichtsräume. Neben dem Kläger ist an dieser Schule seit dem 21. Mai 1991 der Schulhausmeister M. N. tätig, Kläger des unter dem Aktenzeichen – 4 AZR 1057/94 – anhängigen Verfahrens. Keinem der beiden Hausmeister sind bestimmte Räume der Schule ausdrücklich zur Betreuung übertragen. Beide Hausmeister sind für alle Räume gemeinsam zuständig. Beide Hausmeister vertreten sich bei Abwesenheit gegenseitig. Der Personalrat hat verlangt, den Hausmeistern mitzuteilen, für welche Räume sie jeweils verantwortlich sind. Das hat die Beklagte als unpraktikabel abgelehnt. Der Kläger wird von der Beklagten seit dem 1. November 1991 nach VergGr. VI b BAT vergütet.
Am 1. November 1991 trat der am 31. Oktober 1991 geschlossene Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Schulhausmeister) in Kraft. Mit Schreiben vom 19. Juni 1992, bei der Beklagten am 23. Juni 1992 eingegangen, machte der Kläger die Zulage nach Fußnote I zur VergGr. VI b BAT erfolglos geltend, wobei die über sechsjährige Bewährung des Klägers in der auszuübenden Tätigkeit als Voraussetzung für die Zulage zwischen den Parteien nicht streitig ist.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen der VergGr. VI b Fallgruppe 1 des obengenannten Tarifvertrages vom 31. Oktober 1991, da er als Schulhausmeister 66 Unterrichtsräume verantwortlich betreue. Dem stehe nicht entgegen, daß in seiner Schule ein weiterer Hausmeister eingesetzt sei, der mitverantwortlich sei. Die Tarifvertragsparteien würden auch den Begriff der Alleinverantwortlichkeit kennen, der aber im Tarifvertrag nicht zugrunde gelegt worden sei. Eine verantwortliche Betreuung von Unterrichtsräumen sei gegeben, wenn seine Tätigkeit keiner Nachprüfung oder Kontrolle unterliege, wenn er davon ausgehen müsse und wisse, daß es hinsichtlich des Arbeitsergebnisses nur auf seine Arbeitsleistung ankomme. Die ihm auf Dauer übertragene Tätigkeit sei eindeutig die verantwortliche Betreuung aller Unterrichtsräume der Schule, an der er arbeite. Eine Einschränkung oder Beschränkung des Aufgabenbereichs sei nicht vorgenommen worden, obwohl dies praktisch möglich sei. Es sei Sache der Beklagten, die Arbeit der Schulhausmeister zu organisieren. Je nach Wahl der Organisationsform ergäben sich tarifvertragliche Konsequenzen, die die Beklagte nicht mit dem Hinweis auf mögliche Praktikabilitätsprobleme unterlaufen könne. Wenn die Beklagte die Verantwortungsbereiche nicht abgrenze, trage er die Verantwortung für den Gesamtbereich. Die Beklagte ziehe daraus auch einen Vorteil, da sie sich wegen der Betreuung aller Unterrichtsräume sowohl an ihn als auch an den anderen Hausmeister halten könne, was die ordnungsgemäße Erledigung der Hausmeisteraufgaben angehe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- festzustellen, daß die beklagte Stadt verpflichtet ist, dem Kläger rückwirkend ab 1. November 1991 eine monatliche Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 5 % der Grundvergütung der Stufe 4 der VergGr. VI b BAT/VKA zu zahlen;
- festzustellen, daß die beklagte Stadt verpflichtet ist, den monatlichen Nettobetrag mit 4 % zu verzinsen und zwar jeweils ab dem 16. des Fälligkeitsmonats.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, eine verantwortliche Betreuung der Unterrichtsräume liege nur dann vor, wenn ein Schulhausmeister für bestimmte Räume allein zuständig sei, nicht aber wenn zwei Hausmeister sämtliche Räume der Schule gemeinsam betreuen, wie hier.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter mit der Maßgabe, daß die monatlichen „Nettodifferenzbeträge” erst seit Rechtshängigkeit (21. April 1993) mit 4 % zu verzinsen sind. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 5 % der Grundvergütung der Stufe 4 nach Fußnote I zu VergGr. VI b Fallgruppe 1 der Vergütungsgruppen für Schulhausmeister des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Schulhausmeister) ab 1. November 1991 und damit auch keinen Anspruch auf Verzinsung von Nettobeträgen.
I. Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 256 ZPO zulässig. Insbesondere mit Rücksicht auf die rechnerischen Schwierigkeiten, die mit der Bezifferung eines Zahlungsantrages für mehrjährige Anspruchszeiträume verbunden sind, hat der Senat Klagen auf Feststellung von Ansprüchen auf Zulagen als zulässig angesehen (BAGE 24, 300 = AP Nr. 1 zu § 26 BBesG; BAGE 24, 452 = AP Nr. 2 zu § 24 BAT; Senatsurteil vom 16. Juli 1975 – 4 AZR 433/74 – AP Nr. 1 zu § 28 BMT-G III; Senatsurteil vom 23. November 1994 – 4 AZR 883/93 – AP Nr. 1 zu § 37 MTB II, zu I der Gründe); daran ist festzuhalten. Der Feststellungsantrag zu 2 ist dahingehend auszulegen, daß der Kläger nur die 4 % Verzinsung der monatlich fälligen Nettobeträge aus der Vergütungsgruppenzulage der VergGr. VI b BAT/VKA verlangt. Der Feststellungsantrag ist auch insoweit zulässig, als er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (z.B. Senatsurteil vom 21. Januar 1970 – 4 AZR 106/69 – BAGE 22, 247, 249 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).
II. Die Klage ist nicht begründet. Der Anspruch auf die begehrte Zulage setzt voraus, daß der Kläger nach dem Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Schulhausmeister) vom 31. Oktober 1991 die Voraussetzungen der VergGr. VI b Fallgruppe 1 erfüllt. Das ist nicht der Fall.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung nach § 3 Abs. 1 TVG der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die Anlage 1 a hierzu in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung sowie der Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Schulhausmeister) vom 31. Oktober 1991 Anwendung. Dies folgt daraus, daß der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, an die der Senat gebunden ist (§ 561 Abs. 2 ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG), Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) ist und die Beklagte Mitglied des Hessischen Arbeitgeberverbandes der Gemeinden und Kommunalverbände, der seinerseits Mitglied in der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist. Im übrigen gelten diese tariflichen Normen auch aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme in § 2 des Arbeitsvertrages.
2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit u.a. davon ab, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihm in Anspruch genommenen VergGr. VI b des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Schulhausmeister) vom 31. Oktober 1991 entsprechen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT/VKA).
a) Damit ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ständige Rechtsprechung des Senats). Dabei ist es zwar rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. Urteil des Senats vom 30. Januar 1985 – 4 AZR 184/83 – AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil des Senats vom 23. Februar 1983 – 4 AZR 222/80 – BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (vgl. Urteil des Senats vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 – AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil des Senats vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
b) Von diesem Rechtsbegriff ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat – von der Revision nicht angegriffen – die gesamte vom Kläger als Schulhausmeister auszuübende Tätigkeit zu Recht als einen einzigen Arbeitsvorgang angesehen.
3. Für die Eingruppierung des Klägers sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Schulhausmeister) vom 31. Oktober 1991 maßgebend. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:
§ 1
Änderung der Anlage 1 a zum BAT
Die zuletzt durch den Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte in Versorgungsbetrieben) vom 25. April 1991 geänderte Anlage 1 a zum BAT wird wie folgt geändert:
1. Nachstehende Tätigkeitsmerkmale werden eingefügt:
In Vergütungsgruppe IX:
Ferner, wenn sie als Angestellte beschäftigt sind (§ 1 Abs. 2):
Schulhausmeister, soweit nicht anderweitig eingruppiert.
(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 und 3)
In Vergütungsgruppe VIII:
Ferner, wenn sie als Angestellte beschäftigt sind (§ 1 Abs. 2):
Schulhausmeister, denen die verantwortliche Betreuung von mindestens 16 Unterrichtsräumen übertragen ist.
(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 bis 3)
Schulhausmeister der Vergütungsgruppe IX nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IX und IX a.
(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 und 3)
In Vergütungsgruppe VII:
Schulhausmeister, denen die verantwortliche Betreuung von mindestens 56 Unterrichtsräumen übertragen ist.
(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 bis 3)
Schulhausmeister, denen die verantwortliche Betreuung von mindestens 34 Unterrichtsräumen übertragen ist.
(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 bis 3)
Schulhausmeister, denen die verantwortliche Betreuung von mindestens 16 Unterrichtsräumen übertragen ist, nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1
(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 bis 3)
In Vergütungsgruppe VI b:
Schulhausmeister, denen die verantwortliche Betreuung von mindestens 65 Unterrichtsräumen übertragen ist. I)
(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 bis 3)
Schulhausmeister, denen die verantwortliche Betreuung von mindestens 56 Unterrichtsräumen übertragen ist,
nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1.
(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 bis 3)
…
I) Diese Angestellten erhalten nach sechsjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe eine monatliche Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 5 v. H. der Grundvergütung der Stufe 4 der Vergütungsgruppe VI b. Bei der Berechnung sich ergebende Bruchteile eines Pfennigs unter 0,5 sind abzurunden, Bruchteile von 0,5 und mehr sind aufzurunden. Die Vergütungsgruppenzulage gilt bei der Berechnung des Sterbegeldes (§ 41) und des Übergangsgeldes (§ 63) als Bestandteil der Grundvergütung.
2. Nachstehende Protokollerklärungen werden eingefügt:
Protokollerklärungen:
- Schulhausmeister sind Hausmeister in Schulen außer Akademien, Kunsthochschulen, Musikhochschulen, Musikschulen und verwaltungseigenen Schulen.
Unterrichtsräume sind Klassenräume, Fachräume, Turnhallen, Gymnastikräume, Therapieräume, Testräume und die Aula. Als Unterrichtsräume gelten auch Lehrschwimmbecken.
Mehrfachturnhallen werden entsprechend mehrfach gezählt (z.B. eine Dreifachturnhalle dreifach).
…
§ 3
Übergangsvorschriften
Für Angestellte, die am 31. Oktober 1991 in einem Arbeitsverhältnis stehen, das am 1. November 1991 zu demselben Arbeitgeber fortbesteht, gilt für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:
- Erhält der Angestellte am 31. Oktober 1991 Vergütung (§ 26 BAT) aus einer höheren Vergütungsgruppe als aus der Vergütungsgruppe, in der er nach diesem Tarifvertrag eingruppiert ist, wird diese Vergütung durch das Inkrafttreten dieses Tarifvertrages nicht berührt.
- Hängt die Eingruppierung oder der Anspruch auf eine Vergütungsgruppenzulage nach diesem Tarifvertrag von der Zeit einer Bewährung in einer bestimmten Vergütungs- und Fallgruppe ab, wird die vor dem 1. November 1991 zurückgelegte Zeit so berücksichtigt, wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn dieser Tarifvertrag bereits seit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses gegolten hätte. Dabei sind auch Zeiten einer Tätigkeit als Schulhausmeister im Arbeitsverhältnis entsprechend zu berücksichtigen.
4. Der Kläger erfüllt nicht alle Voraussetzungen des § 1 Ziffer 1 d) der VergGr. VI b Fallgruppe 1 des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT (Schulhausmeister) vom 31. Oktober 1991. Der Kläger ist zwar Schulhausmeister. Ihm ist auch die Betreuung von 66 Unterrichtsräumen übertragen.
Dem Kläger ist aber nicht die „verantwortliche Betreuung” dieser Räume übertragen, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat.
a) Was die Tarifvertragsparteien mit „verantwortliche Betreuung” gemeint haben, ist durch Auslegung zu ermitteln.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages, über die hier zwischen den Parteien Streit besteht, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Soweit der Tarifwortlaut nicht eindeutig ist, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z.B. Senatsurteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – BAGE 73, 364 = AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung).
b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Begriff „verantwortliche Betreuung” als alleinverantwortliche Betreuung verstanden.
aa) Aus dem Tarifwortlaut kann für die Bedeutung nichts Eindeutiges entnommen werden. „Verantwortliche Betreuung” kann nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sowohl „alleinverantwortliche” Betreuung (BAG Urteil vom 1. Juni 1960 – 4 AZR 348/58 – AP Nr. 65 zu § 3 TOA) als auch „mitverantwortliche” Betreuung (Senatsurteil vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 485/84 – BAGE 51, 59 und Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 642/84 – BAGE 51, 282 = AP Nr. 115, 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975) sein. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Verantwortung die mit einer bestimmten Stellung oder Aufgabe verbundene Verantwortung, d.h. die Verpflichtung, der jeweiligen Stellung oder Aufgabe entsprechend dafür zu sorgen, daß innerhalb eines bestimmten Rahmens oder Lebensbereiches alles einen guten, sachgerechten und geordneten Verlauf nimmt. In diesem allgemeinen Sinne ist unter Verantwortung im Sinne des Tarifmerkmals die Verpflichtung des Angestellten zu verstehen, allein dafür einstehen zu müssen, daß in dem ihm übertragenen Dienst- oder Arbeitsbereich die dort zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (vgl. auch Senatsurteil vom 29. Januar 1986, a.a.O., unter 10 e der Gründe zur Auslegung des Tätigkeitsmerkmals „erhebliche Heraushebung durch das Maß der Verantwortung” nach VergGr. II a Fallgruppe 8 BAT).
bb) Entgegen der Auffassung der Revision sprechen der tarifliche Gesamtzusammenhang und der Sinn und Zweck der tariflichen Regelung für eine Auslegung im Sinne einer alleinverantwortlichen Betreuung und nicht für eine mitverantwortliche, gemeinschaftliche Betreuung der Unterrichtsräume.
Denn Schulhausmeister sind nach § 1 des Tarifvertrages in die unterschiedlichen VergGr. IX, VIII, VII und VI b BAT eingruppiert. Das entscheidende Differenzierungskriterium, das die Tarifvertragsparteien für die Höhe der Eingruppierung gewählt haben, ist jeweils die verantwortliche Betreuung einer bestimmten Zahl von Unterrichtsräumen. Mit der Abhängigkeit der Höhe der Eingruppierung von der steigenden Zahl der Unterrichtsräume wollten die Tarifvertragsparteien dem Umstand Rechnung tragen, daß mit erhöhter Zahl der Unterrichtsräume sowohl die Arbeitsbelastung als auch die Verantwortung des Schulhausmeisters wachsen. Wertungsfaktoren sind somit die Arbeitsmenge des Hausmeisters und damit verbunden die Anforderungen an seine Konzentration (Überblick und Zuverlässigkeit) (vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 20. Oktober 1994 – 5 Sa 881/94 – EzBAT §§ 22, 23 BAT Nr. 1 a I. Hausmeister VergGr. VI b). Diese können eindeutig nur dann bewertet werden, wenn der Hausmeister alleinverantwortlich tätig ist. Wenn nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die alleinverantwortliche Betreuung von 65 Unterrichtsräumen und die damit verbundene Verantwortung und Belastung die Eingruppierung in der VergGr. VI b rechtfertigen, dann kann bei der Betreuung der gleichen Anzahl von Unterrichtsräumen durch zwei Hausmeister nicht von der gleichen Verantwortlichkeit und Belastung ausgegangen werden. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, Alleinverantwortung und Mitverantwortung tariflich gleichzustellen. Wenn es ausreichen würde, daß für dieselben Räume mehrere Hausmeister gemeinsam verantwortlich wären, wäre keine Verantwortlichkeit mehr festzumachen, weil bei etwaigen Versäumnissen bei der Betreuung der Unterrichtsräume die Gefahr bestünde, daß jeder Schulhausmeister versucht sein könnte, die Verantwortung für etwaige Versäumnisse auf den anderen abzuschieben. Denn der Arbeitgeber hätte im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung um Schadenersatz ein konkretes Fehlverhalten eines bestimmten Hausmeisters darzulegen und ggf. zu beweisen. Bei einer nur mitverantwortlichen Betreuung haftet ein Hausmeister bei einem Fehlverhalten oder Versäumnis eines Kollegen gerade nicht automatisch mit, sondern nur, wenn ihm gegebenenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung nachgewiesen werden kann.
Dem steht nicht der Umstand entgegen, daß die Beklagte nach Ansicht des Klägers bewußt auf die Verteilung einer bestimmten Anzahl von Unterrichtsräumen auf jeweils einen Hausmeister verzichtet hat, um stets zwei Ansprechpartner für sämtliche Unterrichtsräume zu haben. Der Kläger hat weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus dem Tarifvertrag einen Anspruch auf alleinverantwortliche Betreuung einer bestimmten Anzahl von Unterrichtsräumen. Die Beklagte entscheidet vielmehr selbst, wie sie ihren Hausmeisterdienst an einer Schule organisiert. Aber selbst wenn die Beklagte eine nahezu gleichmäßige Aufteilung der Schulräume vorgenommen hätte, um das Arbeitsvolumen gerecht zu verteilen, würde die vom Kläger begehrte Vergütungsgruppenzulage zur Grundvergütung der VergGr. VI b an der dann nicht erreichten Zahl von 65 Unterrichtsräumen scheitern.
Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Beklagte die von ihr gewählte Organisation des Hausmeisterdienstes – gemeinsame Betreuung sämtlicher 66 Unterrichtsräume durch zwei Hausmeister – nur zur Umgehung und Einsparung einer tarifgerechten Vergütung des Klägers vorgenommen hat. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, daß bei der gemeinsamen Betreuung einer Schule mit 66 Unterrichtsräumen durch mehrere Hausmeister wegen dieser Organisationsform keiner der Hausmeister jemals in der VergGr. VI b BAT/VKA eingruppiert ist. Allerdings sind zwei Schulhausmeister, die 66 Unterrichtsräume parallel betreuen, auch nicht so mit Arbeit und Verantwortung belastet wie ein einziger Schulhausmeister, zumal diese die Möglichkeit haben, intern die 1991 setzt daher die alleinige Verantwortung des Hausmeisters voraus; die Mitverantwortung zusammen mit einem anderen Hausmeister reicht nicht aus (vgl. auch Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 26. Oktober 1994 – 5 Sa 881/94 – EzBAT §§ 22, 23 BAT Nr. 1 a I. Hausmeister VergGr. VI b; Urteil des LAG Niedersachsen vom 3. Mai 1994 – 13 Sa 1787/93 E – EzBAT §§ 22, 23 BAT Nr. 1 I. Hausmeister VergGr. VII; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, Teil II VKA, Schulhausmeister, Erl., Anm. 3 S. 796 f.; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT, III, Schulhausmeister, Erl. Rz 6.; Hofmann, Das Tarifrecht im öffentlichen Dienst, Eingruppierung von A–Z, zu H 175 VII S. 21 ff.).
5. Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der Vergütungsgruppenzulage; mithin entfällt auch ein Anspruch auf Verzinsung der monatlichen Nettodifferenzbeträge.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Bott, Friedrich, Brocksiepe, Hecker
Fundstellen