Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber hat bei seiner Entscheidung, ob er kraft seines Direktionsrechts die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nur vorübergehend vornimmt, entsprechend § 315 BGB billiges Ermessen walten lassen. Der Senat hat diese Rechtsprechungsänderung und die Grundsätze für die Ermessensprüfung bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT in der Entscheidung in der Sache – 4 AZR 174/01 – ausführlich begründet.
Normenkette
BAT §§ 24, 23, 22; BGB § 315
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. Mai 2001 – 18 Sa 1681/00 – aufgehoben, soweit es der Berufung der Klägerin stattgegeben hat.
2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin ab dem 1. August 2000 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V c BAT hat. Dabei geht es darum, ob das beklagte Land der Klägerin eine höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zuweisen durfte oder ob sie der Klägerin auf Dauer zusteht.
Die am 15. August 1964 geborene Klägerin, die von ihrem Ehemann getrennt lebt und zwei schulpflichtigen Söhnen unterhaltspflichtig ist, trat nach dem Abschluß der Hauptschule 1980 als Auszubildende im Ausbildungsberuf „Verwaltungsfachangestellte” in die Dienste des beklagten Landes beim Versorgungsamt M, bei dem rund 200 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Nach erfolgreicher Abschlußprüfung ist die Klägerin dort seit dem 13. Oktober 1983 als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 13. Oktober 1983 zugrunde, in dessen § 2 vereinbart ist, daß sich das Arbeitsverhältnis ua. nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung bestimmt. Nach dessen § 4 war die Klägerin „in der Vergütungsgruppe VIII, Fallgr. 1 a der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT)”.
Ab 21. September 1987 war die seit dem 13. Oktober 1986 in der VergGr. VII BAT/BL eingruppierte Klägerin der Erziehungsgeldkasse zur Einarbeitung in die Aufgaben einer Bearbeiterin zugeteilt. Nach Beendigung dieser Einarbeitung wurde ihr die „Tätigkeit eines Bearbeiters in der Erziehungsgeldkasse” durch Verfügung vom 15. Oktober 1987 vorübergehend jederzeit widerruflich, zunächst befristet bis zum 31. Dezember 1987 übertragen. Diese vorübergehende Übertragung wurde durch Verfügung vom 8. Dezember 1987 bis zum 31. Dezember 1988 und durch Verfügung vom 30. Dezember 1988 bis zum 31. Dezember 1989 verlängert. Die letzte Übertragung widerrief das beklagte Land durch Verfügung vom 9. Mai 1989 mit Wirkung vom 20. Mai 1989 aus dienstlichen Erfordernissen.
In der Zeit von Februar 1989 bis November 1994 befand sich die Klägerin im Mutterschutz und im Erziehungsurlaub, in dem sie von September 1989 bis Dezember 1989 und von März 1990 bis Februar 1992 als Teilzeitkraft eingesetzt wurde. Am 24. Oktober 1994 vereinbarten die Parteien die Weiterbeschäftigung der Klägerin ab 2. November 1994 als nicht vollbeschäftigte Angestellte mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten.
Nachdem die Klägerin von November 1994 bis zum 11. Juli 1995 als Zuarbeiterin im Bereich der Sondergesetze eingesetzt war – dies ist eine Tätigkeit des einfachen Dienstes –, wies das beklagte Land sie durch Verfügung vom 10. Juli 1995 ab 12. Juli 1995 der Erziehungsgeldkasse zur Dienstleistung zu. In dieser Verfügung ist ua. ausgeführt, die Klägerin werde dort „zunächst unter Aufsicht und Anleitung ohne vergütungsrechtliche Folgen in die den Merkmalen der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a des Teils I der Anlage 1 a zum BAT entsprechende Tätigkeit einer Bearbeiterin eingearbeitet”. Ab 16. Oktober 1995 übte die Klägerin die Tätigkeit einer Bearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse aus. Diese war ihr durch Verfügung des Versorgungsamtes M vom 13. Oktober 1995 zunächst befristet längstens bis zum 31. Dezember 1995 übertragen. Diese vorübergehende Übertragung wurde durch die Verfügung vom 4. Dezember 1995 bis zum 31. Dezember 1996 und durch Verfügung vom 7. Oktober 1996 bis zum 31. Dezember 1997 verlängert. In den Verlängerungsverfügungen ist als Grund für die vorübergehende Übertragung die Pilotierung der Auskunfts- und Beratungsstellen mit Rücksicht auf die umfassende Automationseinführung angegeben. Nachdem die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 12. Juli 1998 mit Tätigkeiten der VergGr. VII BAT beschäftigt worden war, wurde ihr durch Verfügung vom 9. Juli 1998 mit Wirkung vom 13. Juli 1998 „vorübergehend die den Merkmalen der Vergütungsgruppe V c – Fallgruppe 1 a – des Teils I der Anlage 1 a zum BAT entsprechende Tätigkeit einer Bearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3” (Schwerbehindertengesetz) des Versorgungsamtes M übertragen. In der Verfügung ist weiter ausgeführt, der vorübergehende Einsatz sei „bis zum Zugang des Regierungsassistentenanwärters D befristet – längstens bis zum 31.07.1999”. Mit Schreiben vom 14. Juli 1998 teilte das Versorgungsamt M der Klägerin mit, sie sei nach sechsjähriger Bewährung in VergGr. VII seit dem 13. August 1998 in VergGr. VI b (Fallgr. 1 b) BAT eingruppiert. Nach einem vorübergehenden Einsatz in der Registratur, in der die Klägerin mit Tätigkeiten des einfachen Dienstes nach VergGr. VII/VI b BAT beschäftigt war, übertrug das beklagte Land ihr durch Verfügung vom 15. September 1999 erneut die höherwertige Tätigkeit einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3/Gruppe 3 des Versorgungsamtes M, und zwar für die Dauer der anderweitigen Verwendung der Regierungsamtsinspektorin G – längstens bis zum 31. Dezember 1999. Danach war die Klägerin bis zum 19. Januar 2000 mit Tätigkeiten des einfachen Dienstes (VergGr. VII/VI b BAT) beschäftigt. Durch Verfügung vom 20. Januar 2000 wurde ihr mit sofortiger Wirkung wiederum die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 des Versorgungsamtes M, vertretungsweise „für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung der Regierungshauptsekretärin T – längstens bis zum 31.07.00” übertragen.
Die Parteien stimmen darin überein, daß die Sachbearbeitertätigkeiten der Klägerin in Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) und in der Erziehungsgeldkasse den Anforderungen der VergGr. V c Fallgr. 1 a BAT/BL entsprochen haben.
Seit dem 1. August 2000 arbeitet die Klägerin als Assistenzkraft in der Registratur mit Vergütung nach VergGr. VI b BAT. Seitdem erhält sie keine persönliche Zulage nach § 24 BAT, die sie zuletzt mit Ausnahme der Zeiten vom 1. Januar 1998 bis 12. Juli 1998, 1. August 1999 bis 14. September 1999 und 1. Januar 2000 bis 19. Januar 2000 erhalten hatte.
Nachdem die Klägerin gegenüber dem beklagten Land mit Schreiben vom 1. Dezember 1999 vergeblich geltend gemacht hatte, ihr stehe „ab sofort” Vergütung nach VergGr. V c BAT zu, erstrebt sie mit ihrer Klage die Feststellung des Anspruchs auf Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe für die Zeit ab 1. August 2000.
Die Klägerin hat vorgetragen, das beklagte Land habe die Vorschrift des § 24 BAT funktionswidrig verwandt. Für die vorübergehenden Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten habe ein sachlicher Grund nicht bestanden. Bei dem Versorgungsamt Münster bestehe ständiger Vertretungsbedarf. So seien ständig zehn Mitarbeiter mit der vorübergehenden Erledigung höherwertiger Tätigkeiten beschäftigt. Da ein Rechtsmißbrauch vorliege, habe sie Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V c BAT gem. § 22 BAT.
Die Klägerin hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, sie ab dem 1. August 2000 gem. VergGr. V c BAT zu vergüten und die Differenzbeträge zwischen der VergGr. V c BAT und der ihr jeweils gezahlten Vergütung mit jeweils 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Fälligkeit zu verzinsen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V c BAT/BL. Die vorgenommenen jeweiligen Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten seien sowohl bezüglich der Übertragung als auch bezüglich der Dauer sachlich gerechtfertigt. Ein weiterer Vertretungsbedarf über den 31. Juli 2000 bestehe nicht, da drei Inspektorenanwärter dem Versorgungsamt M zugewiesen worden seien.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage nach dem vorstehend wiedergegebenen Antrag stattgegeben. Mit seiner Revision erstrebt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist begründet.
Der als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässigen Klage kann mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung nicht stattgegeben werden. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
1. Auf das Arbeitsverhältnis ist auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) anzuwenden.
2. Danach setzt die von der Klägerin erstrebte Eingruppierung voraus, daß bei ihr zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die jeweils für sich genommen die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals der von ihr für sich in Anspruch genommenen VergGr. V c BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei kommt es auf die von der Klägerin nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit an (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT).
Die der Klägerin übertragene Sachbearbeitertätigkeit entspricht den Anforderungen der VergGr. V c Fallgr. 1 a des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT. Diese Bewertung ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Dies war entsprechend den Grundsätzen zur Überprüfung einer Eingruppierung bei korrigierender Rückgruppierung (vgl. BAG 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340 ff., 356 f.) zugrunde zu legen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat – zusammengefaßt – angenommen, die Tätigkeit als Bearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse bzw. als Sachbearbeiterin in der Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) sei von der Klägerin nicht nur vorübergehend auszuüben gewesen, weil sowohl für die Zeiten vom 15. Oktober 1987 bis zum 20. Mai 1989 und vom 16. Oktober 1995 bis zum 31. Dezember 1997 in der Erziehungsgeldkasse als auch diejenigen vom 13. Juli 1998 bis 31. Juli 1999 und vom 15. September 1999 bis zum 31. Dezember 1999 in der Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) kein sachlicher Grund dafür vorgelegen habe, der Klägerin diese Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen. Dies hält der Revision nicht stand.
a) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, das beklagte Land habe der Klägerin die Tätigkeit als Bearbeiterin bzw. als Sachbearbeiterin ausdrücklich nicht auf Dauer, sondern jeweils nur vorübergehend bzw. zur Vertretung übertragen. Etwas anderes behauptet auch die Klägerin nicht, die die Übertragungen selbst nicht beanstandet.
b) Bei seiner rechtlichen Prüfung, ob es rechtens war, diese höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen, ist das Landesarbeitsgericht – auch – von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen. Danach galt eine vorübergehend übertragene Tätigkeit als auf Dauer übertragen, wenn die Gestaltungsmöglichkeit des § 24 BAT rechtsmißbräuchlich verwendet worden sei. Rechtsmißbrauch lag nach dieser Rechtsprechung vor, wenn die vorübergehende Übertragung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei (5. Juli 1967 – 4 AZR 162/66 – und 11. Oktober 1967 – 4 AZR 448/66 – AP TVG § 1 Tarifverträge: BAVAV Nrn. 10, 11; 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1; 5. September 1973 – 4 AZR 549/72 – AP BAT § 24 Nr. 2). Fehle es an einer sachlichen Rechtfertigung, sei der Angestellte vom Beginn der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an so zu behandeln, als sei ihm diese auf Dauer zugewiesen (10. Februar 1988 – 4 AZR 585/87 – AP BAT § 24 Nr. 15 mwN; 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90 – BAGE 67, 59; 26. März 1997 – 4 AZR 604/95 – ZTR 1997, 413). Es bestehe aber hinsichtlich der tatsächlichen Rechtfertigung ein verhältnismäßig großer Beurteilungsspielraum sowohl des Arbeitgebers als auch der Tatsacheninstanz (15. Februar 1984 – 4 AZR 595/82 – AP BAT § 24 Nr. 8).
c) Diese Rechtsprechung zur Rechtsmißbrauchskontrolle bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für einen vorübergehenden Zeitraum hat der Senat nach nochmaliger Prüfung in mehreren Entscheidungen vom 17. April 2002 aufgegeben. Vielmehr muß der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung, ob er kraft seines Direktionsrechts die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nur vorübergehend vornimmt, entsprechend § 315 BGB billiges Ermessen walten lassen. Der Senat hat diese Rechtsprechungsänderung und die Grundsätze für die Ermessensprüfung bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT in der Entscheidung in der Sache – 4 AZR 174/01 – (zur Veröffentlichung vorgesehen [zVv.]) ausführlich begründet. Darauf nimmt er Bezug.
Danach ist bei der „vorübergehenden Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit” nach § 24 BAT zu unterscheiden zwischen einer Übertragung nach § 24 Abs. 1 BAT und der „vertretungsweisen” Übertragung der Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT. Letztere bildet einen speziell geregelten Sonderfall der vorübergehenden (interimistischen) Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit.
aa) Um eine Vertretung iSv. § 24 Abs. 2 BAT handelt es sich nur dann, wenn der eigentliche Arbeitsplatzinhaber vorübergehend die ihm dauernd übertragene Tätigkeit nicht wahrnimmt (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand März 2002 § 24 Rn. 53). Ist die Stelle, auf der der Angestellte – vorübergehend – beschäftigt wird, noch nicht besetzt, weil sie zB für einen Beamten freigehalten wird, liegt kein Vertretungsfall, sondern eine vorübergehend auszuübende Tätigkeit iSd. § 24 Abs. 1 BAT vor (Senat 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1). Daher ist vom Arbeitgeber kein Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Angestellten, der vorübergehend eingesetzt worden ist, und der nach dem Zugang vom Beamtenanwärter zu erbringenden Tätigkeit darzulegen. Zu prüfen ist die Zuordnung des vorübergehenden Einsatzes des Angestellten zu der freizuhaltenden Stelle im Zeitpunkt der Übertragung. Hierzu hat der Arbeitgeber vorzutragen. Die Zuordnung des vorübergehenden Einsatzes des Angestellten zu der freizuhaltenden Stelle zum Zeitpunkt der Übertragungsverfügung ist zB dann nicht schlüssig dargelegt, wenn der Arbeitgeber die vorübergehenden Übertragungen auf mehrere vollbeschäftigte Angestellte für dieselbe Zeit mit dem Freihalten der Stelle für denselben zugehenden Beamtenanwärter begründet.
Die generelle Entscheidung des beklagten Landes, bestimmte Stellen nur mit Beamten zu besetzen und sie daher bis zum Zugang von Beamtenanwärtern freizuhalten, ist grundsätzlich hinzunehmen. Für eine solche Organisationsentscheidung kann es plausible Gründe geben wie zB die leichtere Versetzbarkeit von Beamten im Vergleich zu Angestellten, die häufig gegebene vielseitigere Einsetzbarkeit von Beamten, zB auf Grund einer breiteren Ausbildung, oder auch die Verfügbarkeit von Beamten im Falle eines Streiks. Diese Entscheidung schränkt letztlich die Ermessensentscheidung der einzelnen Versorgungsämter bei der Disposition über die Stellen ein. Es muß aber nachvollziehbar dargelegt sein, daß eine solche Entscheidung getroffen worden ist. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß im Einzelfall die Organisationsentscheidung rechtsmißbräuchlich ist. Dafür muß der Angestellte Gründe vortragen. Wird der vorübergehende Einsatz des Angestellten auf einer für einen zugehenden Beamtenanwärter freizuhaltenden Stelle nicht mit einer generellen Organisationsentscheidung begründet, ist zu prüfen, ob die Einzelentscheidung, die Stelle nur mit einem Beamten dauerhaft zu besetzen, billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entspricht. Der Arbeitgeber muß also seine Interessen offenlegen, die Stelle für einen Beamten freihalten zu wollen. Diese sind gegenüber dem Interesse des Angestellten, die ihm nur vorübergehend übertragene Tätigkeit dauerhaft auszuüben, abzuwägen. Wird dieselbe höherwertige Tätigkeit nochmals nur vorübergehend auf denselben Angestellten wegen Freihaltung der Stelle für denselben oder für einen anderen Beamten übertragen, so steigen die Anforderungen an die Gründe dafür, daß auch diese Übertragung vorübergehend vorgenommen wurde. Denn die tatsächliche Beschäftigung des Angestellten mit der höherwertigen Tätigkeit auf der freigehaltenen Beamtenstelle kann erweisen, daß die Interessen des Arbeitgebers auch bei der dauerhaften Ausübung der Tätigkeit durch den Angestellten gewahrt sind, insbesondere wenn dieser die Tätigkeit über einen langen Zeitraum, also über die gesamte oder nahezu die gesamte Dauer der Ausbildung des zugehenden Beamten, ausgeübt hat. Bei dieser Sachlage bedarf die erneute vorübergehende Übertragung derselben höherwertigen Tätigkeit zwecks Freihaltung der Stelle für einen später zugehenden Beamten der näheren Begründung durch den Arbeitgeber.
bb) Die Billigkeit einer vertretungsweisen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT folgt schon aus dem Übertragungsgrund: Denn nach Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers auf seinen Arbeitsplatz besteht kein Bedürfnis für die Beschäftigung des Vertreters auf diesem Arbeitsplatz. Die vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für die Zeit der Verhinderung des Vertreters entspricht daher regelmäßig billigem Ermessen (Senat 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – zVv.).
d) Hat der Angestellte jedoch im Anschluß an die Ausübung der – ihm auf Dauer übertragen geltenden – höherwertigen Tätigkeit längere Zeit mit seinem Einverständnis wieder eine Tätigkeit ausgeübt, die für ihn erkennbar seiner vormaligen niedrigeren Eingruppierung entspricht und ist auch danach vergütet worden, beinhaltet dies, wenn deren Übertragung nicht zeitlich begrenzt war, die konkludente Änderung seines Arbeitsvertrages dahin, daß die seiner Eingruppierung entsprechende Tätigkeit nunmehr wieder die von ihm auf Dauer auszuübende ist.
e) Nach diesen Grundsätzen kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht festgestellt werden, ob die Übertragungsanordnung des beklagten Landes vom 9. Juli 1998 – vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit ab 13. Juli 1998 mit Rücksicht auf den Zugang des Regierungsassistentenanwärters D – billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entspricht.
Die Ausübung der höherwertigen Tätigkeit der VergGr. V c BAT vor dem 1. Januar 1998 hingegen vermag die von der Klägerin erstrebte Eingruppierung ebensowenig zu begründen wie diejenige nach dem 31. Juli 1999.
aa) Es kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, daß die Übertragung der höherwertigen Tätigkeiten für einen vorübergehenden Zeitraum in der Zeit vom 15. Oktober 1987 bis zum 20. Mai 1989 und vom 16. Oktober 1995 bis zum 31. Dezember 1997 jeweils nicht billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entsprach. Denn ein dadurch begründeter Anspruch der Klägerin auf Beschäftigung mit Tätigkeiten der VergGr. V c BAT und Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe ist durch ihre mit ihrem Einvernehmen erfolgte Ausübung mit einer Tätigkeit der VergGr. VII BAT ab 1. Januar 1998 beseitigt worden. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Übt der Angestellte mit seinem Einverständnis über einen längeren Zeitraum eine ihm vom Arbeitgeber übertragene tariflich niedriger bewertete und entsprechend bezahlte Tätigkeit aus, rechtfertigt dies regelmäßig die Wertung der konklundeten Änderung des Arbeitsvertrages. Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Das beklagte Land hat der Klägerin ab 1. Januar 1998 eine Tätigkeit der VergGr. VII BAT übertragen und sie entsprechend bezahlt. Diese Tätigkeit hat die Klägerin sechseinhalb Monate vorbehaltlos ausgeübt. Sie hat insbesondere auch erkannt, daß es sich bei der Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 12. Juli 1998 nicht um eine Tätigkeit der VergGr. V c BAT gehandelt hat. Denn sie hat in ihrem Geltendmachungsschreiben vom 1. Dezember 1999 selbst ausgeführt, sie sei zwischenzeitlich mit geringerwertiger Tätigkeit beschäftigt gewesen, und dort die Zeit vor dem 13. Juli 1998 genannt.
bb) Die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit ab dem 13. Juli 1998 hingegen könnte die Eingruppierung der Klägerin in VergGr. V c BAT, deren Feststellung die Klägerin erstrebt, begründen. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts reichen nicht aus zu bewerten, ob die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit vorübergehend „bis zum Zugang des Regierungsassistentenanwärters D – längstens bis zum 31.07.1999 –” billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entspricht. Der diesbezügliche Vortrag des beklagten Landes beschränkt sich auf die pauschale Behauptung der Freihaltung der Stelle für den genannten Beamtenanwärter. Dies reicht nicht aus. Zum einen hat das Land für den Zeitpunkt der Anordnung – den 9. Juli 1998 – die Zuordnung zu der freigehaltenen Stelle näher darzulegen. Dazu gehört die Darlegung, auf Grund welcher Entscheidung die Stelle dem Regierungsassistentenanwärter D für die Zeit nach Abschluß seiner Ausbildung zugewiesen bzw. für ihn vorgesehen worden ist. In diesem Zusammenhang sind auch der Beginn sowie das voraussichtliche Ende der Ausbildung des genannten Beamtenanwärters darzulegen. Weiter hat das beklagte Land im einzelnen deutlich zu machen, inwiefern es billigem Ermessen entspricht, der Klägerin ein weiteres Mal die höherwertige Tätigkeit der VergGr. V c BAT nur vorübergehend zu übertragen, nachdem ihr bereits zuvor sechs Mal Tätigkeiten dieser Vergütungsgruppe jeweils nur vorübergehend übertragen worden waren.
Entspricht die erneute Übertragung der höherwertigen Tätigkeit vom 9. Juli 1998 nicht billigem Ermessen iSv. § 315 BGB, ist die Klägerin ab Beginn des streitigen Anspruchszeitraums – ab 1. August 2000 – in der VergGr. V c BAT eingruppiert. Die nachfolgende kurzfristige Ausübung von Tätigkeiten des einfachen Dienstes in der Zeit vom 1. August 1999 bis zum 14. September 1999 und vom 1. Januar 2000 bis zum 19. Januar 2000 können nicht als konkludente Vertragsänderung zu ihren Lasten gewertet werden. Dies käme nur bei Hinzutreten weiterer Umstände in Betracht, die auf einen entsprechenden Vertragswillen schließen ließen. Solche Umstände sind nicht festgestellt.
cc) Hingegen vermag die höherwertige Tätigkeit der Klägerin als Vertreterin der Regierungsamtsinspektorin G in der Zeit vom 15. September 1999 bis 31. Dezember 1999 den Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. V c BAT nicht zu begründen. Denn die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit auf den Angestellten zur Vertretung (§ 24 Abs. 2 BAT) entspricht billigem Ermessen iSv. § 315 BGB. Die Umsetzung der vertretenen Beamtin für einen vorübergehenden Zeitraum, die ihre Rechtsgrundlage in der sog. Gehorsamspflicht des Beamten nach § 58 Satz 2 LBG NW hat, ist nicht darauf zu prüfen, ob sie hinsichtlich ihrer Dauer pflichtgemäßem Ermessen des beklagten Landes entspricht. Einen diesbezüglichen Ermessensfehler zu beanstanden, ist Sache des umgesetzten Beamten, nicht diejenige des ihn vertretenden Angestellten.
dd) Die höherwertige Tätigkeit der Klägerin zur teilweisen Vertretung der Regierungshauptsekretärin T in der Zeit vom 20. Januar 2000 bis zum 31. Juli 2000 vermag den Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. V c BAT ebenfalls nicht zu begründen, wie das Landesarbeitsgericht mit Recht und von der Klägerin in der Revisionsinstanz auch nicht beanstandet, erkannt hat.
Unterschriften
Bott, Friedrich, Wolter, Pflügner-Wax, Weßelkock
Fundstellen