Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber hat bei seiner Entscheidung, ob er kraft seines Direktionsrechts die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nur vorübergehend vornimmt, entsprechend § 315 BGB billiges Ermessen walten lassen. Der Senat hat diese Rechtsprechungsänderung und die Grundsätze für die Ermessensprüfung bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT in der Entscheidung in der Sache – 4 AZR 174/01 – ausführlich begründet.
Normenkette
BAT §§ 24, 23, 22; BGB § 315
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. Mai 2001 – 18 Sa 12/01 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin ab dem 1. August 2000 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b BAT, hilfsweise nach VergGr. V c BAT hat. Dabei geht es darum, ob das beklagte Land der Klägerin eine höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zuweisen durfte oder ob sie der Klägerin auf Dauer zusteht.
Die am 9. Dezember 1955 geborene Klägerin, die über eine Berufsausbildung als Arzthelferin verfügt, trat am 8. August 1979 als Verwaltungsangestellte beim Versorgungsamt D, bei dem ca. 320 Bedienstete beschäftigt sind, in die Dienste des beklagten Landes. In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 19. November 1979 ist ua. die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vereinbart. Seit Oktober 1981 erhielt die anfangs nach VergGr. VIII bezahlte Klägerin Vergütung nach VergGr. VII BAT/BL. Seit dem 1. Januar 1991 wird sie nach VergGr. VI b (Fallgr. 2) BAT/BL vergütet.
Die Klägerin arbeitete zunächst in der Registratur und im Bürodienst. In der Zeit von Mai 1994 bis Mai 1996 nahm sie mit Erfolg an einer Fortbildungsmaßnahme teil, die inhaltlich auf einen künftigen Einsatz in Tätigkeiten des mittleren Dienstes abgestellt war. Anschließend wurde die Klägerin in die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes eingearbeitet.
Durch Verfügung vom 23. Juli 1997 – überschrieben mit: „Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gem. § 24 Abs. 1 BAT” – übertrug das beklagte Land der Klägerin „mit Wirkung ab 1.08.1997 unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs die den Merkmalen der Vergütungsgruppe V c – Fallgruppe 1 a – des Teils I der Anlage 1 a zum BAT entsprechende Tätigkeit einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 – Schwerbehindertenrecht – vorübergehend gemäß § 24 Abs. 1 BAT bis zur endgültigen Besetzung des Sachbearbeiterdienstpostens, längstens jedoch bis zum 31.03.1998”. Die Übertragung wurde verlängert durch Verfügung vom 19. März 1998 bis 31. August 1998, durch Verfügung vom 21. August 1998 bis zum 31. Dezember 1998 und durch Verfügung vom 9. Dezember 1998 bis zum 30. Juni 1999. Nach dem Vortrag des beklagten Landes war Grund für die vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit die Freihaltung einer Stelle für die sich seinerzeit in Ausbildung befindliche Regierungsassistentenanwärterin V, die ihre Ausbildung am 1. August 1999 abgeschlossen habe.
Mit Schreiben vom 30. Juni 1999 übertrug das beklagte Land der Klägerin weiterhin – längstens jedoch bis zum 30. September 1999 – die höherwertigen Aufgaben einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 – Schwerbehindertenrecht –. Diese Übertragung wurde mit Schreiben vom 30. September 1999 bis zum 31. Dezember 1999 verlängert. Nach dem Vortrag des beklagten Landes war die Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 1999 bis zum 31. Dezember 1999 als Vertreterin der Regierungsamtsinspektorin K tätig, die wiederum die Angestellte Ka als Sachbearbeiterin des gehobenen Dienstes vertreten habe, die zum Landesversorgungsamt abgeordnet gewesen sei.
Wie sich aus dem Antrag an den Personalrat vom 30. September 1999 ergibt, wurden beim Versorgungsamt D im Zeitraum vom 30. September bis zum 31. Dezember 1999 insgesamt 14 Angestellte – einschließlich der Klägerin – mit der vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten betraut.
Ab 1. Januar 2000 waren der Klägerin durch Schreiben des beklagten Landes vom 22. Dezember 1999 für die Dauer der Ausbildung der Regierungsassistentenanwärterin T – längstens jedoch bis zum 31. Juli 2000 – weiter die Aufgaben einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in Abteilung 3 – Schwerbehindertenrecht – übertragen.
In der Zeit vom 1. September 1997 bis zum 31. Juli 2000 erhielt die Klägerin eine persönliche Zulage nach § 24 Abs. 3 BAT. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, daß die von ihr in diesem Zeitraum auszuübenden Tätigkeiten den Anforderungen der VergGr. V c Fallgr. 1 a BAT/BL entsprechen.
Seit dem 1. August 2000 wurde die Klägerin zunächst in der Registratur eingesetzt und erhielt nicht mehr die Zulage nach § 24 Abs. 3 BAT. Nach Obsiegen in erster Instanz durch das Urteil des Arbeitsgerichts vom 26. Oktober 2000 wird die Klägerin seit dem 6. November 2000 wieder als Sachbearbeiterin in Abteilung 3 (Schwerbehindertenrecht) beschäftigt.
Mit ihrer Klage erhebt die Klägerin Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. V b BAT, hilfsweise nach VergGr. V c BAT ab 1. August 2000. Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, die vorübergehende Übertragung der Aufgaben einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes sei sachlich nicht gerechtfertigt gewesen und deshalb rechtsmißbräuchlich. Beim Versorgungsamt D habe ein ständiger Vertretungsbedarf bestanden. Deswegen habe eine Art „Ringsystem” existiert, in dem die gehaltsmäßig tiefer eingestuften Mitarbeiter die Mitarbeiter des mittleren Dienstes verträten, die nicht auf ihnen zugewiesenen Positionen eingesetzt würden, sondern Mitarbeiter des höheren Dienstes verträten, so daß das beklagte Land dadurch rechtswidrig die tarifgerechte Bezahlung umgehe. Eine tatsächliche Vertretung sei in keinem Fall durchgeführt worden, sondern habe lediglich auf dem Papier gestanden. Nach der Liste des Personalrats habe sie in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Juli 2000 nicht die Regierungsassistentenanwärterin T vertreten, sondern die Angestellte O. Da ein sachlicher Grund für die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nicht vorgelegen habe, sei sie so zu behandeln, als ob ihr ab 1. August 1997 die höherwertigen Tätigkeiten auf Dauer übertragen worden seien. Ab 1. August 2000 habe sie damit einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V b (Fallgr. 1 c) BAT/BL, da sie sich in Tätigkeiten der VergGr. V c Fallgr. 1 a BAT/BL drei Jahre bewährt habe.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, sie seit dem 1. August 2000 nach VergGr. V b BAT/BL zu vergüten,
hilfsweise festzustellen,
daß das beklagte Land verpflichtet ist, sie ab dem 1. August 2000 nach der VergGr. V c BAT/BL zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat geltend gemacht, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die geforderte Vergütung. Für die vorübergehenden Übertragungen liege jeweils ein sachlicher Grund für den nur vorübergehenden Einsatz vor. Die erstmalige vorübergehende Übertragung der Tätigkeit einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes sei auf Grund der mit Verfügung des Landesversorgungsamtes NRW vom 2. Juli 1997 bekanntgegebenen Weisung möglich geworden. Der sachliche Grund für den vorübergehenden bzw. vertretungsweisen Einsatz der Klägerin als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes sei die Ausbildung der Regierungsassistentenanwärterin V gewesen. Dieser sachliche Grund sei mit Bestehen der Laufbahnprüfung der Regierungsassistentenanwärterin V ab 1. August 1999 weggefallen. Dies sei für das beklagte Land bereits im Juni 1999 erkennbar gewesen, da mit dem Bestehen der Prüfung der Regierungsassistentenanwärterin V zu rechnen gewesen sei. Die weitere Übertragung sei durch die vertretungsweise Übertragung der höherwertigen Tätigkeit in dem Einsatz der Regierungsamtsinspektorin K als Sachbearbeiterin des gehobenen Dienstes für die Zeit der Abordnung der Angestellten Ka gerechtfertigt. Ab dem 1. Januar 2000 bis zum 31. Juli 2000 habe sich ein weiterer sachlicher Grund für eine weitere Gewährung der persönlichen Zulage an die Klägerin durch die Ausbildung der Regierungsassistentenanwärterin T ergeben. Daraus werde deutlich, daß keinesfalls eine ständige Vertretung vorgelegen habe, sondern vielmehr ein jeweils nachweisbarer sachlicher Grund Basis für die vorübergehende bzw. vertretungsweise Übertragung von höherwertigen Tätigkeiten an die Klägerin gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage nach dem Hauptantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes unter Neufassung des Tenors – Fortfall der Fallgruppenfeststellung – zurückgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt das beklagte Land die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist begründet.
Der als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässigen Klage kann mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung nicht stattgegeben werden. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
1. Auf das Arbeitsverhältnis ist auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) anzuwenden.
2. Danach setzt die von der Klägerin erstrebte Eingruppierung voraus, daß bei ihr zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die jeweils für sich genommen die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals der von ihr für sich in Anspruch genommenen VergGr. V b, hilfsweise VergGr. V c BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei kommt es auf die von der Klägerin nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit an (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT).
Die der Klägerin übertragene Sachbearbeitertätigkeit entspricht den Anforderungen der VergGr. V c Fallgr. 1 a des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT. Diese Bewertung ist zwischen den Parteien ebensowenig umstritten wie die Bewährung der Klägerin in dieser Tätigkeit, die nach dreijähriger Dauer zur Vergütung nach VergGr. V b BAT (Fallgr. 1 c) führt. Dies war entsprechend den Grundsätzen zur Überprüfung einer Eingruppierung bei korrigierender Rückgruppierung (vgl. BAG 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340 ff., 356 f.) zugrunde zu legen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat – zusammengefaßt – angenommen, die Tätigkeit als Rentenbearbeiterin bzw. als Sachbearbeiterin sei von der Klägerin nicht nur vorübergehend auszuüben gewesen, sondern auf Dauer (vgl. § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT), weil für die Zeit ab dem 1. August 1997 kein sachlicher Grund dafür vorgelegen habe, der Klägerin diese Tätigkeit, in der sie sich seit dem vorgenannten Zeitpunkt bewährt habe, nur vorübergehend zu übertragen. Dies hält der Revision nicht stand.
a) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, das beklagte Land habe der Klägerin die Tätigkeit als Rentenbearbeiterin bzw. als Sachbearbeiterin ausdrücklich nicht auf Dauer, sondern jeweils nur vorübergehend bzw. zur Vertretung übertragen. Etwas anderes behauptet auch die Klägerin nicht, die die Übertragungen selbst nicht beanstandet.
b) Bei seiner rechtlichen Prüfung, ob es rechtens war, diese höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen, ist das Landesarbeitsgericht – auch – von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen. Danach galt eine vorübergehend übertragene Tätigkeit als auf Dauer übertragen, wenn die Gestaltungsmöglichkeit des § 24 BAT rechtsmißbräuchlich verwendet worden sei. Rechtsmißbrauch lag nach dieser Rechtsprechung vor, wenn die vorübergehende Übertragung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei (5. Juli 1967 – 4 AZR 162/66 – und 11. Oktober 1967 – 4 AZR 448/66 – AP TVG § 1 Tarifverträge: BAVAV Nrn. 10, 11; 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1; 5. September 1973 – 4 AZR 549/72 – AP BAT § 24 Nr. 2). Fehle es an einer sachlichen Rechtfertigung, sei der Angestellte vom Beginn der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an so zu behandeln, als sei ihm diese auf Dauer zugewiesen (10. Februar 1988 – 4 AZR 585/87 – AP BAT § 24 Nr. 15 mwN; 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90 – BAGE 67, 59; 26. März 1997 – 4 AZR 604/95 – ZTR 1997, 413). Es bestehe aber hinsichtlich der tatsächlichen Rechtfertigung ein verhältnismäßig großer Beurteilungsspielraum sowohl des Arbeitgebers als auch der Tatsacheninstanz (15. Februar 1984 – 4 AZR 595/82 – AP BAT § 24 Nr. 8).
c) Diese Rechtsprechung zur Rechtsmißbrauchskontrolle bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für einen vorübergehenden Zeitraum hat der Senat nach nochmaliger Prüfung in mehreren Entscheidungen vom 17. April 2002 aufgegeben. Vielmehr muß der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung, ob er kraft seines Direktionsrechts die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nur vorübergehend vornimmt, entsprechend § 315 BGB billiges Ermessen walten lassen. Der Senat hat diese Rechtsprechungsänderung und die Grundsätze für die Ermessensprüfung bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT in der Entscheidung in der Sache – 4 AZR 174/01 – (zur Veröffentlichung vorgesehen [zVv.]) ausführlich begründet. Darauf nimmt er Bezug.
Danach ist bei der „vorübergehenden Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit” nach § 24 BAT zu unterscheiden zwischen einer Übertragung nach § 24 Abs. 1 BAT und der „vertretungsweisen” Übertragung der Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT. Letztere bildet einen speziell geregelten Sonderfall der vorübergehenden (interimistischen) Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit.
aa) Um eine Vertretung iSv. § 24 Abs. 2 BAT handelt es sich nur dann, wenn der eigentliche Arbeitsplatzinhaber vorübergehend die ihm dauernd übertragene Tätigkeit nicht wahrnimmt (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand März 2002 § 24 Rn. 53). Ist die Stelle, auf der der Angestellte – vorübergehend – beschäftigt wird, noch nicht besetzt, weil sie zB für einen Beamten freigehalten wird, liegt kein Vertretungsfall, sondern eine vorübergehend auszuübende Tätigkeit iSd. § 24 Abs. 1 BAT vor (Senat 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1). Daher ist vom Arbeitgeber kein Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Angestellten, der vorübergehend eingesetzt worden ist, und der nach dem Zugang vom Beamtenanwärter zu erbringenden Tätigkeit darzulegen. Zu prüfen ist die Zuordnung des vorübergehenden Einsatzes des Angestellten zu der freizuhaltenden Stelle im Zeitpunkt der Übertragung. Hierzu hat der Arbeitgeber vorzutragen. Die Zuordnung des vorübergehenden Einsatzes des Angestellten zu der freizuhaltenden Stelle zum Zeitpunkt der Übertragungsverfügung ist zB dann nicht schlüssig dargelegt, wenn der Arbeitgeber die vorübergehenden Übertragungen auf mehrere vollbeschäftigte Angestellte für dieselbe Zeit mit dem Freihalten der Stelle für denselben zugehenden Beamtenanwärter begründet.
Die generelle Entscheidung des beklagten Landes, bestimmte Stellen nur mit Beamten zu besetzen und sie daher bis zum Zugang von Beamtenanwärtern freizuhalten, ist grundsätzlich hinzunehmen. Für eine solche Organisationsentscheidung kann es plausible Gründe geben wie zB die leichtere Versetzbarkeit von Beamten im Vergleich zu Angestellten, die häufig gegebene vielseitigere Einsetzbarkeit von Beamten, zB auf Grund einer breiteren Ausbildung, oder auch die Verfügbarkeit von Beamten im Falle eines Streiks. Diese Entscheidung schränkt letztlich die Ermessensentscheidung der einzelnen Versorgungsämter bei der Disposition über die Stellen ein. Es muß aber nachvollziehbar dargelegt sein, daß eine solche Entscheidung getroffen worden ist. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß im Einzelfall die Organisationsentscheidung rechtsmißbräuchlich ist. Dafür muß der Angestellte Gründe vortragen. Wird der vorübergehende Einsatz des Angestellten auf einer für einen zugehenden Beamtenanwärter freizuhaltenden Stelle nicht mit einer generellen Organisationsentscheidung begründet, ist zu prüfen, ob die Einzelentscheidung, die Stelle nur mit einem Beamten dauerhaft zu besetzen, billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entspricht. Der Arbeitgeber muß also seine Interessen offenlegen, die Stelle für einen Beamten freihalten zu wollen. Diese sind gegenüber dem Interesse des Angestellten, die ihm nur vorübergehend übertragene Tätigkeit dauerhaft auszuüben, abzuwägen. Wird dieselbe höherwertige Tätigkeit nochmals nur vorübergehend auf denselben Angestellten wegen Freihaltung der Stelle für denselben oder für einen anderen Beamten übertragen, so steigen die Anforderungen an die Gründe dafür, daß auch diese Übertragung vorübergehend vorgenommen wurde. Denn die tatsächliche Beschäftigung des Angestellten mit der höherwertigen Tätigkeit auf der freigehaltenen Beamtenstelle kann erweisen, daß die Interessen des Arbeitgebers auch bei der dauerhaften Ausübung der Tätigkeit durch den Angestellten gewahrt sind, insbesondere wenn dieser die Tätigkeit über einen langen Zeitraum, also über die gesamte oder nahezu die gesamte Dauer der Ausbildung des zugehenden Beamten, ausgeübt hat. Bei dieser Sachlage bedarf die erneute vorübergehende Übertragung derselben höherwertigen Tätigkeit zwecks Freihaltung der Stelle für einen später zugehenden Beamten der näheren Begründung durch den Arbeitgeber.
bb) Die Billigkeit einer vertretungsweisen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT folgt schon aus dem Übertragungsgrund: Denn nach Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers auf seinen Arbeitsplatz besteht kein Bedürfnis für die Beschäftigung des Vertreters auf diesem Arbeitsplatz. Die vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für die Zeit der Verhinderung des Vertreters entspricht daher regelmäßig billigem Ermessen (Senat 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – [zVv.]).
d) Nach diesen Grundsätzen kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht festgestellt werden, ob die Übertragungsanordnungen des beklagten Landes vom 23. Juli 1997 und die dieser nachfolgenden Anordnungen einschließlich derjenigen vom 22. Dezember 1999 billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entsprechen.
Ist bei auch nur einer dieser mehreren interimistischen Übertragungen billiges Ermessen hinsichtlich dessen, daß die Übertragung nicht auf Dauer erfolgte, nicht gewahrt, so kann dies zur Folge haben, daß diese Übertragung kraft richterlicher Entscheidung entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB als auf Dauer erfolgt anzusehen ist. Ob die zeitlich nachfolgenden interimistischen Übertragungen derselben oder einer gleichermaßen höherwertigen Tätigkeit ihrerseits billigem Ermessen entsprechen, ist rechtlich unerheblich, wenn die vorherige Übertragung als auf Dauer erfolgt anzusehen ist. Dieser Rechtsauffassung hat sich das beklagte Land in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich angeschlossen.
aa) Bei der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis zum 31. Dezember 1999 handelt es sich um eine Vertretungstätigkeit der Klägerin iSv. § 24 Abs. 2 BAT. Nach dem Vortrag des beklagten Landes vertrat die Klägerin die Regierungsamtsinspektorin K, die ihrerseits die zum Landesversorgungsamt abgeordnete Angestellte Ka als Sachbearbeiterin des gehobenen Dienstes vertrat. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht darauf an, ob die Angestellte Ka beim Landesversorgungsamt Daueraufgaben ausgeübt hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, kann die vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit auf sie billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entsprechen, etwa weil sie damit einverstanden ist oder diese höherwertige Tätigkeit überhaupt nicht auf Dauer ausüben will. Es kommt vielmehr allein darauf an, ob die Klägerin – was von ihr bestritten worden ist – tatsächlich die der Regierungsamtsinspektorin K auf Dauer übertragene Tätigkeit ausgeübt hat. War dies der Fall, bestand kein Bedürfnis des beklagten Landes dafür, der Klägerin die höherwertige Tätigkeit dieser Beamtin auf Dauer zu übertragen.
bb) Die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit vorübergehend für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 30. Juni 1999 sowie für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Juli 2000 erfolgte jeweils wegen der Freihaltung der Stelle für zugehende Beamtenanwärter nach Abschluß ihrer Ausbildung. Im erstgenannten Zeitraum war dies nach der Darstellung des beklagten Landes die Regierungsassistentenanwärterin V, im letztgenannten die Regierungsassistentenanwärterin T. Hier ist einmal jeweils vom Landesarbeitsgericht die von der Klägerin bestrittene Zuordnung ihres vorübergehenden Einsatzes zu der freizuhaltenden Stelle zum Zeitpunkt der Übertragungsanordnung zu prüfen. Weiter hat das Landesarbeitsgericht zu prüfen, ob es billigem Ermessen entspricht, der Klägerin die höherwertige Tätigkeit durch die Anordnung vom 23. Juli 1997 zunächst nur „längstens” bis zum 31. März 1998, zu übertragen, obgleich die Ausbildung der Regierungsassistentenanwärterin V erst am „1. August 1999” – so das beklagte Land – endete. Gleiches gilt für die diesbezüglichen Verlängerungsanordnungen – Übertragung der höherwertigen Tätigkeit bis zum 31. August 1998, dann bis zum 31. Dezember 1998 und schließlich bis zum 30. Juni 1999 –, die sämtlich die Ausbildungsdauer der Regierungsassistentenanwärterin V nicht ausschöpften. Es bedarf der näheren Darlegung der Gründe durch das beklagte Land, weshalb es billigem Ermessen entspricht, so zu verfahren. Bei den Wiederholungsfällen steigen die Anforderungen an die Gründe dafür, daß auch diese Übertragungen nur vorübergehend vorgenommen wurden. In gleicher Weise ist die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit auf vorübergehend wegen Freihaltung der Stelle für die Regierungsassistentenanwärterin T zu prüfen. Entspricht die vom beklagten Land angeordnete Dauer ihrer Übertragung nicht billigem Ermessen, hat das Landesarbeitsgericht zu entscheiden (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB), ob billiges Ermessen eine längere vorübergehende Übertragung der Tätigkeit gebot oder gar deren Übertragung auf Dauer.
Unterschriften
Bott, Friedrich, Wolter, Pflügner-Wax, Weßelkock
Fundstellen