Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Arzthelferin in der Röntgenabteilung
Leitsatz (redaktionell)
Eingruppierung einer Arzthelferin in der Tätigkeit einer medizinisch-technischen Assistentin
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 16.11.1990; Aktenzeichen 18 (4) Sa 1466/88) |
ArbG Paderborn (Urteil vom 07.07.1988; Aktenzeichen 1 Ca 297/88) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. November 1990 – 18 (4) Sa 1466/88 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin wurde in der Zeit von 1978 bis 1980 zur Arzthelferin im St. Josefs-Hospital in P. ausgebildet und war dort anschließend bis zum 31. März 1982 als Arzthelferin in der radiologischen Abteilung tätig. Seit dem 1. April 1982 arbeitet sie in der radiologischen Abteilung des St. Petri-Hospitals in W., dessen Träger der beklagte Verband ist.
Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) sowohl kraft beiderseitiger Tarifbindung als auch kraft Vereinbarung (§ 2 des Arbeitsvertrages vom 5. Februar 1982) Anwendung. Bei ihrer Einstellung wurde die Klägerin in die VergGr. VIII (Fallgruppe 13) BAT eingruppiert und dementsprechend vergütet. Seit dem 1. Juli 1983 erhält sie aufgrund Bewährungsaufstiegs unter entsprechender Eingruppierung eine Vergütung nach VergGr. VII (Fallgruppe 10) der Anlage 1 a Teil II D zum BAT.
Mit Schreiben vom 29. November 1985 begehrte die Klägerin ihre Eingruppierung in die VergGr. VI b BAT mit der Begründung, sie erfülle die Tätigkeitsmerkmale der Fallgruppe 28 dieser Vergütungsgruppe. Dies lehnte der beklagte Verband mit Schreiben vom 27. Februar 1986 ab. Mit Schreiben vom 10. März 1988 beantragte die Klägerin daraufhin erneut ihre Höhergruppierung und meinte zusätzlich, sie sei spätestens ab 1. Juli 1987 im Wege des Bewahrungsaufstieges aus der VergGr. VII in die VergGr. VI b (Fallgruppe 3) höherzugruppieren. Der Beklagte lehnte auch diese Höhergruppierung mit Schreiben vom 16. März 1988 ab.
Die Klägerin hat folgende Einzelaufgaben:
„1. |
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Knochenübersichtsaufnahmen |
74,00 % |
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Hand, Handgelenk, Unterarm, Schultergelenk, Schulterblatt, Schlüsselbein, Sternum, Rippen, Oberschenkel, Kniegelenk, Unterschenkel, Patella, Sprunggelenk, Fuß, Halswirbelsäule (HWS), Brustwirbelsäule (BWS), Lendenwirbelsäule (LWS), Schädel, Kreuzbein, Hüftgelenk, Nasennebenhöhlen (NNH), Thorax, Becken, Abdomen (Bauchraum) |
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2. |
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Sonstige röntgenologische Untersuchungsverfahren |
zus. 20,25 % |
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a) |
MDP (Magen-Darm-Passage) |
4,00 % |
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b) |
Colon (Dickdarmuntersuchungen) |
2,50 % |
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c) |
Phlebographie (röntgenologische Darstellung venöser Gefäße) |
2,50 % |
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d) |
i.V. Pyelogramm (röntgenologische Darstellung des Nierenhohlsystems) |
0,75 % |
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e) |
i.V. Galle (röntgenologische Darstellung der Galle) |
0,50 % |
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f) |
Angiographie (röntgenologische Gefäßdarstellung) |
3,25 % |
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g) |
Retrogramm (rückfließende Untersuchung der Ausscheidungsorgane) und Urogramm (Untersuchung der Harnwege) |
0,25 % |
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h) |
Tomographien (Schichtaufnahmen) |
2,00 % |
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i) |
Mammographien (Darstellung der weiblichen Brustorgane) und Galaktrographie (Mammographie des Milchgangsystems) |
3,75 % |
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j) |
Desophagus (Endoskopie der Speiseröhre) |
0,25 % |
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k) |
Sonstige Untersuchungen |
0,50 % |
3. |
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Archivierung, Schreib- und Aufräumarbeiten |
5,75 %.” |
Grundlage dieser Aufstellungen sind die von der Klägerin für den Zeitraum 1. September 1987 bis 4. Dezember 1987 vorgenommenen Arbeitsaufzeichnungen, die von dem Beklagten nicht bestritten worden sind.
Mit der am 14. April 1988 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach der VergGr. VI b BAT weiter. Sie hat hierzu vorgetragen, sie erfülle die Voraussetzungen der Fallgruppe 28 der VergGr. VI b BAT, da sie als sonstige Angestellte im Sinne der tariflichen Vorschrift mit gleichwertigen Fähigkeiten und entsprechenden Tätigkeiten wie eine medizinisch-technische Gehilfin anzusehen sei. Sie habe sich weitergebildet durch Fachzeitschriften und habe einen Strahlenschutzlehrgang besucht. Sie sei stets auf radiologischen Abteilungen eingesetzt worden und übe entsprechende Tätigkeiten einer medizinisch-technischen Gehilfin aus. Ihre Tätigkeiten seien nach dem Schwierigkeitsgrad wie folgt einzuteilen:
einfache Knochenübersichtsaufnahmen (z.B. Hand, Unterarm, Schlüsselbein, Rippen, Oberschenkel, Unterschenkel, Fuß)
ca. 50 %
schwierige Knochenübersichtsaufnahmen (z.B. Schädel, Gelenke, HWS, BWS, LWS, Tomographien)
ca. 24 %
sonstige röntgenologische Untersuchungsverfahren
ca. 21 %
Archivierung, Schreib- und Aufräumarbeiten
ca. 5 %
Die Klägerin hat weiter die Auffassung vertreten, sie erfülle auch die Voraussetzungen der Fallgruppe 3 der VergGr. VI b BAT, weil sie wegen der schwierigen Aufgaben in der radiologischen Abteilung richtigerweise nicht in die VergGr. VII Fallgruppe 10, sondern von Anfang an in die VergGr. VII Fallgruppe 9 eingruppiert gewesen sei und sich hierin vier Jahre lang bewährt habe. Das tarifliche Merkmal der Schwierigkeit sei in der VergGr. VII Fallgruppe 9 nur beispielhaft umschrieben. Es handele sich bei den dort angeführten Tätigkeiten lediglich um Beispiele, die von ihr zu verrichtenden Tätigkeiten hätten mindestens den gleichen Schwierigkeitsgrad wie die dort genannten Beispiele und seien deshalb ebenfalls hierunter zu fassen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß der beklagte Verband verpflichtet ist, ihr ab 1. Juli 1985 eine Vergütung nach der VergGr. VI b BAT zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe schon nicht dargelegt, daß sie die Merkmale der angestrebten Vergütungsgruppe erfülle. Insbesondere führe die Klägerin nicht überwiegend schwierige röntgenologische Untersuchungsverfahren durch. Auch sei sie keine medizinisch-technische Gehilfin. Ebenso verfüge sie nicht über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen. Im übrigen beinhalte die Fallgruppe 9 der VergGr. VII BAT keine Tätigkeitsmerkmale für Arzthelferinnen, die überwiegend Tätigkeiten im radiologischen Bereich ausübten. Schließlich sei die Klageforderung zumindest teilweise verjährt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter mit der Maßgabe, daß sie die höhere Vergütung hilfsweise ab 1. Juli 1987 beansprucht. Der beklagte Verband beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. VI b BAT.
I. Bei der von der Klägerin erhobenen Klage handelt es sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, die unbedenklich zulässig ist (BAGE 51, 59, 65; 282, 287; 356, 360 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
II.1.a) Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifbindung und arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die die Anforderung eines Tätigkeitsmerkmals der von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen VergGr. VI b BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Hierbei ist bei dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen. Darunter ist eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (BAGE 51, 59, 65; 282, 287; 356, 360 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
b) Von diesem Rechtsbegriff geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Eine klare und abschließende Bildung von Arbeitsvorgängen nimmt das Landesarbeitsgericht allerdings nicht vor. Das Landesarbeitsgericht führt insoweit lediglich aus, jedes von der Klägerin auszuführende röntgenologische Untersuchungsverfahren sei als ein einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen. Das jeweilige Arbeitsergebnis bestehe darin, die für die erste Diagnose notwendige Röntgenaufnahme nach einem bestimmten Verfahren herzustellen. Eine Zusammenfassung aller Untersuchungsverfahren zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang scheide aus, da die einzelnen Untersuchungsverfahren unterschiedliche Anforderungen stellten, die einer einheitlichen tariflichen Bewertung entgegenstanden. Allerdings könnten aus Gründen der Praktikabilität eine Anzahl gleicher Arbeitsvorgänge zusammengefaßt werden. Die Zusammenfassung der einfachen Knochenübersichtsaufnahmenverfahren einerseits und der schwierigen Knochenübersichtsaufnahmenverfahren andererseits, wie sie die Klägerin vorgenommen habe, sei deshalb nicht zu beanstanden.
c) Obwohl es damit an einer abschließenden Bildung von Arbeitsvorgängen durch das Landesarbeitsgericht fehlt, bedarf es allein deshalb nicht der Zurückverweisung des Rechtsstreits. Angesichts des von den Tarifvertragsparteien vorgegebenen, feststehenden Rechtsbegriffs des Arbeitsvorgangs hat nämlich der Senat in allen Eingruppierungsprozessen die rechtliche Möglichkeit, die Arbeitsvorgänge eines Angestellten selbst zu bestimmen, soweit die dazu erforderlichen Tatsachenfeststellungen durch die Vorinstanzen getroffen worden sind (vgl. Senatsentscheidungen vom 20. Juni 1990 – 4 AZR 91/90 – AP Nr. 150 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 2. Dezember 1987 – 4 AZR 431/87 – AP Nr. 141 zu §§ 22, 23 BAT 1975; und zuletzt Urteil vom 14. August 1991 – 4 AZR 593/90 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, jeweils mit weiteren Nachweisen).
2. Auf der Grundlage der von den Vorinstanzen getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist von insgesamt zwei Arbeitsvorgängen der Klägerin auszugehen. Die Klägerin arbeitet in der Röntgenabteilung eines Krankenhauses und hat dort die anfallenden Röntgenaufnahmen zu erstellen, um eine ärztliche Diagnose zu ermöglichen oder abzusichern. Die gesamte Tätigkeit der Klägerin kann aber nicht zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden, weil in der tariflichen Bewertung die Tarifvertragsparteien die Tätigkeit einer „Röntgenassistentin” in verschiedenen Tarifgruppen zusammengefaßt haben; sie unterscheiden zwischen einfachen und schwierigen Röntgentätigkeiten. Es kann deshalb nur zwischen einfachen und schwierigen Röntgenuntersuchungen unterschieden werden.
Die darüber hinaus anfallenden „sonstigen röntgenologischen Untersuchungsverfahren” sind je nach Schwierigkeitsgrad den beiden angeführten Arbeitsvorgängen zuzurechnen. Die Archivierungs-, Schreib- und Aufräumarbeiten sind als typische Zusammenhangstätigkeiten anzusehen und den übrigen beiden Arbeitsvorgängen mangels anderweitiger Anhaltspunkte anteilmäßig zuzurechnen; damit nehmen die einfachen Röntgenuntersuchungen jedenfalls den überwiegenden Teil der Arbeitszeit der Klägerin in Anspruch.
3. Die Klägerin stützt ihre Klage in erster Linie auf das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VI b Fallgruppe 28. Dieses hat folgenden Wortlaut:
28. Medizinisch-technische Gehilfinnen mit staatlicher Prüfung nach zweisemestriger Ausbildung und mit entsprechender Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfang schwierige Aufgaben im Sinne der Fallgruppe 26 erfüllen, soweit diese nicht den medizinisch-technischen Assistentinnen vorbehalten sind, und sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, nach vierjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit (darunter hierzu Protokollnotiz Nr. 12)
Die Protokollnotiz Nr. 12 hat folgenden Wortlaut:
Der Umfang der schwierigen Aufgaben bzw. der Tätigkeiten ist nicht mehr unerheblich, wenn er etwa 1/4 der gesamten Tätigkeit ausmacht.
Die in Bezug genommene Fallgruppe 26 hat folgenden Wortlaut:
Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfange schwierige Aufgaben erfüllen (schwierige Aufgaben sind z.B. der Diagnostik vorausgehende technische Arbeiten bei überwiegend selbständiger Verfahrenswahl auf histologischem, mikrobiologischem, serologischem und quantitativ klinisch-chemischem Gebiet; ferner schwierige röntgenologische Untersuchungsverfahren insbes. zur röntgenologischen Funktionsdiagnostik, meßtechnische Aufgaben und Hilfeleistung bei der Verwendung von radioaktiven Stoffen sowie schwierige medizinische fotografische Verfahren)
a) Da die Klägerin jedenfalls keine medizinisch-technische Gehilfin mit staatlicher Prüfung ist, kommt für sie die 1. Alternative der Fallgruppe 28 von vornherein nicht in Betracht. Dabei ist es nicht entscheidend, daß die Klägerin möglicherweise die Tätigkeiten einer medizinisch-technischen Gehilfin ausübt. Für Arzthelferinnen mit Tätigkeiten einer medizinisch-technischem Gehilfin kommt vielmehr nur die zweite Alternative der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VI b Fallgruppe 28 für „sonstige Angestellte” mit gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen sowie einer entsprechenden Tätigkeit in Betracht (BAG Urteil vom 11. März 1987 – 4 AZR 385/86 – AP Nr. 135 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Tarifvertragsparteien fordern mit der Formulierung „gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen” zwar nicht ein Wissen und Können, wie es durch die Fachausbildung als medizinisch-technische Gehilfin vermittelt wird, wohl aber eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechend umfangreichen Wissensgebietes, wobei freilich Fachkenntnisse auf einen eng begrenzten Teil der Ausbildung zur medizinisch-technischen Gehilfin nicht ausreichen. Darüber hinaus wird mit einer „entsprechenden Tätigkeit” eine Tätigkeit verlangt, die den Zuschnitt der einer medizinisch-technischen Gehilfin hat, wobei aus der auszuübenden Tätigkeit Rückschlüsse auf Fähigkeiten und Erfahrungen der Angestellten möglich sind (BAG, a.a.O., m.w.N.).
b) Nach § 1 Abs. 3 der Ersten Verordnung über die Berufstätigkeit und die Ausbildung medizinisch-technischer Gehilfinnen und medizinisch-technischer Assistentinnen (Erste MGAV) vom 17. Februar 1940 (RGBl. I S. 271 ff.) umfaßt die Tätigkeit einer medizinisch-technischen Gehilfin folgende Aufgaben:
- „Hilfeleistungen bei ärztlichen Verrichtungen
- Hilfeleistungen bei Anwendung von Röntgenstrahlen zur Untersuchung von Menschen
- Hilfeleistungen bei der Anwendung von Röntgenstrahlen zur Behandlung von Menschen unter ausschließlicher Verantwortung in Anwesenheit eines Facharztes für Röntgenologie und Strahlenkunde
- Hilfeleistungen bei der Anwendung sonstiger elektrischer und anderer physikalischer Untersuchungs- und Behandlungsarten an Menschen sowie bei Vornahme von klinisch-chemischen Untersuchungen mit Ausnahme der im § 12 Abs. 3 Nr. 3–6 bezeichneten Verrichtungen
- Mikroskopische Untersuchungen menschlicher Körperflüssigkeiten oder menschlicher Ausscheidungen zur Feststellung von Krankheiten oder Leiden unter Leitung oder Aufsicht eines Arztes.”
Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang jedoch nicht substantiiert vorgetragen, daß sie über die einem medizinisch-technischen Gehilfen entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen verfüge. Sie hat nämlich lediglich behauptet, sich die gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen durch ihre Ausbildung und ihre jetzige Berufstätigkeit angeeignet zu haben. Aus ihrem übrigen unstreitigen Vortrag ergibt sich jedoch, daß sich ihre Berufstätigkeit ausschließlich auf die Röntgendiagnostik beschränkt hat. Es mag zwar sein, daß diese Tätigkeit, wie die Revision meint, ein zentrales Teilgebiet der Tätigkeit einer medizinisch-technischen Gehilfin ist, doch weist die Revision selber zutreffend darauf hin, daß diese darüber hinaus auch Hilfeleistung bei der Anwendung sonstiger elektrischer und anderer physikalischer Untersuchungs- und Behandlungsarten an Menschen sowie bei Vornahme von klinisch-chemischen Untersuchungen sowie mikroskopische Untersuchungen menschlicher Körperflüssigkeiten oder menschlicher Ausscheidungen zur Feststellung von Krankheiten oder Leiden unter Aufsicht eines Arzt zu erbringen haben (§ 1 Abs. 3 Ziff. 4 und 5 Erste MGAV). Die Klägerin wird dementsprechend nur in einem Teilbereich, nämlich der Röntgendiagnostik, tätig und hat auch nur in diesem Teilgebiet Kenntnisse und Erfahrungen sammeln können. Alle anderen oder diesen gleichwertige Tätigkeiten fehlen.
c) Damit erfüllt die Klägerin nicht die subjektiven Voraussetzungen einer „sonstigen Angestellten” im Sinne der Fallgruppe 26 der VergGr. VI b BAT, so daß das Landesarbeitsgericht zu Recht es dahingestellt gelassen hat, ob die Klägerin einer medizinisch-technischen Gehilfin entsprechende Tätigkeiten ausübt.
4. Die Klägerin erfüllt auch nicht die Voraussetzungen der VergGr. VI b BAT Fallgruppe 3.
a) Nach dieser Vergütungsgruppe sind zu vergüten „Arzthelferinnen mit Abschlußprüfung in einer Tätigkeit der VergGr. VII Fallgruppe 9 nach vierjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit”. In die Vergütungsgruppe sind eingruppiert „Arzthelferinnen mit Abschlußprüfung und schwierigen Aufgaben (schwierige Aufgaben sind z.B. Patientenabrechnungen im stationären und ambulanten Bereich, Durchführung von Elektrokardiogrammen mit allen Ableitungen, Einfärben von zytologischen Präparaten und gleich schwierigen Einfärbungen”.
b) Die Klägerin erfüllt, weil sie als Arzthelferin ausgebildet und geprüft worden ist, die subjektiven Voraussetzungen der vorgenannten Vergütungs- bzw. Fallgruppen. Die objektiven Erfordernisse bestehen darin, daß die Arzthelferin zur Erfüllung der Anforderungen der Vergütungsgruppe VII BAT Fallgruppe 9 und VergGr. VI b BAT Fallgruppe 3 auch die in der erstgenannten Vergütungsgruppe genannten Tätigkeiten, wie z.B. die Durchführung von Elektrokardiogrammen oder Patientenabrechnungen ausführen muß. Wie sich aus der ausdrücklich als beispielhaft aufgeführten Aufzählung ergibt, ist es nicht notwendig, daß es sich bei den Tätigkeiten der Klägerin um solche handelt, die ausdrücklich in der Tarifnorm genannt sind. Es muß sich jedoch um Tätigkeiten handeln, die den in der Tarifnorm ausdrücklich aufgeführten vergleichbar sind und insbesondere bei ihrer Ausführung einen gleichwertigen Schwierigkeitsgrad erfordern. Die Klägerin hat insoweit die Auffassung vertreten, der Umgang mit Röntgenapparaten sei als vergleichbare schwierige Aufgabe mit der Durchführung von Elektrokardiogrammen anzusehen. Dem ist zuzustimmen. Denn wie sich aus der nachfolgenden Tarifpraxis ergibt, sehen die Tarifvertragsparteien selbst auch die folgenden Tätigkeiten als schwierige Aufgaben in diesem Sinne an:
„Abnahme der psycho-pathometrischen Testbatterie, wie z.B. Wiener Determiniationsgerät, mostosiche Leistungsserie nach Schoppe
Pauli Testgerät und Flimmerverschmelzungsfrequenz
Durchführung von Sehtests unter Benutzung von Rodenstock-Testgeräten.”
(vgl. Schreiben der TdL vom 25. Januar 1980 -3-03-02-04/154/80-H/2- und Gruppenausschuß VkA vom 11. Oktober 1985 und 6/86 Mitgliederversammlung der TdL vom 23./24. April 1986, zitiert nach Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT Teil II BL Anm. 210 c S. 400 e)
Dies liegt auch deshalb nahe, weil die Durchführung von Elektrokardiogrammen und die Bedienung von Röntgenapparaten gleichermaßen die Bedienung von elektrischen Geräten zur Voraussetzung haben.
c) Voraussetzung für eine Eingruppierung der Klägerin in die VergGr. VII BAT Fallgruppe 9 ist jedoch weiterhin, daß die schwierigen Arbeitsvorgänge mehr als 50 % der Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausmachen (§ 22 BAT). Die Tarifvertragsparteien haben insoweit daran festgehalten, daß die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe erfolgt, deren Tätigkeitsmerkmale mit Arbeitsvorgängen belegt sind, die zeitlich mindestens zur Hälfte die Anforderungen dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Eine Absenkung dieses Prozentsatzes für Arzthelferinnen ist in der VergGr. VII BAT Fallgruppe 9 nicht vorgesehen. Gleichgültig wie man die Arbeitsvorgänge der Tätigkeit der Klägerin schneidet, füllen die einfachen Arbeiten jedoch schon nach ihrem eigenen Vortrag mehr als 50 % ihrer Arbeitszeit aus. Dem steht, entgegen der Auffassung der Revision, nicht entgegen, daß für die Klägerin die Röntgentätigkeit überwiegt. Denn wenn die Tarifvertragsparteien nur schwierige röntgenologische Untersuchungen der VergGr. VII zuweisen, dann gilt dies auch dann, wenn diese Untersuchungen von Arzthelferinnen ausgeführt werden.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Dr. Etzel, Schneider, Koerner, Müller-Tessmann
Fundstellen