Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsstellung einer Lehrbeauftragten
Leitsatz (redaktionell)
Hinweise des Senats: Vgl. – 5 AZR 26/89
Normenkette
BGB § 611; ArbGG § 2
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 30.09.1988; Aktenzeichen 5 Sa 393/88) |
ArbG Münster (Urteil vom 20.01.1988; Aktenzeichen 3 Ca 1334/87) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. September 1988 – 5 Sa 393/88 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen durch den der Klägerin nebenberuflich erteilten Unterrichtsauftrag am Studienkolleg für ausländische Studenten der Universität M. ein Arbeitsverhältnis oder ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis begründet worden ist.
Das Studienkolleg bereitet ausländische Studenten, deren Hochschulzugangsberechtigung dem deutschen Abitur nicht entspricht, in zwei Semestern auf eine sogenannte Feststellungsprüfung vor. Aus der Prüfungsnote des Feststellungsverfahrens und der Note des ausländischen Abschlußzeugnisses wird eine Gesamtnote gebildet, die dann für das Hochschulzugangsverfahren ausschlaggebend ist.
Der Rektor der … Universität hat der Klägerin mit folgendem Schreiben vom 30. Juli 1985 einen nebenamtlichen Unterrichtsauftrag erteilt:
„Auf Antrag des Leiters des Studienkollegs für ausländische Studenten erteile loh Ihnen jederzeit widerruflich für die Zeit vom 1.8.1985 bis 31.7.1986 einen nebenamtlichen Unterrichtsauftrag für das Fach „Mathematik” im Umfang von 6 Wochenstunden. Als Vergütung für den nebenamtlichen Unterricht bewillige ich 31,80 DM je Einzelstunde.
…
Zur Erfassung der geleisteten Unterrichtsstunden bitte ich, eine Nachweisung unter Verwendung des anliegenden Formblattes zu führen. Diese wollen Sie mir nach Beendigung der Unterrichtstätigkeit bitte über den Leiter des Studienkollegs vorlegen.
Ich bitte, jede längere Unterbrechung des Unterrichts infolge Krankheit, Ortsabwesenheit und dgl. sofort anzuzeigen, sofern die ausgefallenen Stunden nicht nachgeholt werden.
Lehrleistungen werden nur bis zu dem im Auftrag festgesetzten Stundenumfang vergütet.”
Der Rektor hat der Klägerin mit einem gleichlautenden Schreiben vom 23. Mai 1986 erneut einen Unterrichtsauftrag für die Zeit vom 1. August 1986 bis zum 31. Juli 1987 erteilt. Er hat jedoch eine unbefristete Weiterbeschäftigung darüber hinaus abgelehnt.
Die Klägerin ist außerdem als Lehrerin am Privatgymnasium S. im Umfang von 12 Wochenstunden tätig. Sie ist der Auffassung, das beklagte Land habe mit ihr über ihre Unterrichtstätigkeit am Studienkolleg einen Arbeitsvertrag abgeschlossen, und sie sei auf dieser Grundlage weiterzubeschäftigen. Sie meint, ihre Unterrichtstätigkeit unterscheide sich nicht von der eines Gymnasiallehrers, denn sie vermittele Schulwissen nach vorgegebenen Lehrplänen und müsse sich an die Richtlinien für die gymnasiale Oberstufe halten. Die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses sei unwirksam, weil es an einem sachlichen Grund dafür fehle, denn sie erfülle mit ihrer Unterrichtstätigkeit eine Daueraufgabe.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht kraft Befristung am 31. Juli 1987 geendet hat;
- das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin über den 31. Juli 1987 hinaus zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hält die Klage für unzulässig, denn nach seiner Auffassung sei die Klägerin als Lehrbeauftragte in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis beschäftigt worden. Die Teilnehmer am Studienkolleg seien als Studenten eingeschrieben und erhielten einen Studentenausweis. Wenn sie auch noch kein Fachstudium aufnehmen könnten, so seien sie doch auf andere Weise in die Hochschule eingegliedert.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des beklagten Landes die Klage abgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit der Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil die Klägerin nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum beklagten Land gestanden hat.
I. Die Vorinstanz hat die Klage zutreffend als unzulässig und nicht als unbegründet abgewiesen, weil der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2 ArbGG nicht gegeben ist. Mach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 15, 292, 296 = AP Nr. 26 zu § 2 ArbGG 1953 Zuständigkeitsprüfung; BAGE 19, 355, 361 = AP Nr. 30 zu § 2 ArbGG 1953 Zuständigkeitsprüfung) ist jedoch durch Sachurteil und nicht durch Prozeßurteil zu entscheiden, wenn der Klageanspruch mit der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte steht und fällt. Um eine solche Fallgestaltung handelt es sich hier aber nicht, weil der von der Klägerin verfolgte Anspruch auf unbefristete Weiterbeschäftigung nicht allein vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses abhängig ist, sondern auch nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften beurteilt werden kann.
II. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und nicht in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land gestanden hat. Die Schreiben der Universität M. des beklagten Landes vom 30. Juli 1985 und vom 23. Mai 1986 enthalten keine Hinweise auf Vertragsbeziehungen oder privatrechtliche Begriffe. Das beklagte Land hat die im öffentlichen Dienst übliche Form von Verträgen mit Unterschrift beiderseits auf einer Urkunde nicht gewählt. Demgegenüber handelt es sich bei der Erteilung des Unterrichtsauftrags um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt, der nicht der Zustimmung der Klägerin bedarf. Die Universität M. des beklagten Landes hat die Beschäftigungsbedingungen im Rahmen allgemeiner Dienstanweisungen einseitig festgelegt und die Höhe der Vergütung nicht ausgehandelt, sondern nach allgemeinen Richtlinien der Verwaltung bemessen. Allein diese Gesichtspunkte sprechen schon für den öffentlich-rechtlichen Charakter des Beschäftigungsverhältnisses.
III. Das Landesarbeitsgericht hat die Klägerin zutreffend als Lehrbeauftragte angesehen. Wenn man davon ausgeht, verbietet sich der Abschluß eines Arbeitsvertrages schon kraft Gesetzes, denn Lehrbeauftragte können nur in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eigener Art. und nicht in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt werden (§ 56 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (WissHG) vom 20. November 1979).
Demgegenüber ist die Klägerin der Auffassung, sie sei keine Lehrbeauftragte, sondern allenfalls Lehrkraft für besondere Aufgaben, weil sie in Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Hochschulreife nur Schulwissen vermittelt habe und nicht wie ein Lehrbeauftragter das Lehrangebot der Universität durch selbständige Lehraufgaben ergänzt habe. Die Klägerin hat jedoch nicht nur die Tätigkeit einer Lehrkraft für besondere Aufgaben ausgeübt, denn nach § 55 WissHG obliegt diesem Personenkreis „überwiegend die Vermittlung praktischer Fertigkeiten und Kenntnisse, die nicht die Einstellungsvoraussetzungen für Professoren erfordert”. Außerdem können ihnen „darüber hinaus andere Dienstleistungen übertragen werden”. Den Lehrkräften für besondere Aufgaben ist es danach vorbehalten, berufspraktische Kenntnisse zu verschaffen und nicht – wie hier – theoretisches Wissen als Grundlage für ein Studium zu vermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, daß den Teilnehmern am Studienkolleg als Studienbewerbern noch vor der Feststellungsprüfung die Rechtsstellung von Studenten verliehen werden kann (§ 68 Abs. 2 WissHG) und sie in den Universitätsbetrieb eingegliedert sind. Der Gesetzgeber läßt damit erkennen, daß er das am Studienkolleg vermittelte Wissen nicht lediglich als die Vermittlung berufspraktischer Kenntnisse ansieht, sondern einem – wenn auch noch nicht fachgebundenen – Studium gleichstellt.
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Olderog, Dr. Kukies, Halberstadt
Fundstellen