Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrigierende Rückgruppierung. MTArb. Einreihung eines Schichtführers in der Technikzentrale eines Universitätsklinikums. Einreihungsgrundlagen nach dem TV Lohngruppen-O-TdL. Darlegungs- und Beweislast bei korrigierender Rückgruppierung über mehrere Vergütungsgruppen bei Aufbaufallgruppen. Heraushebung aus den Normalanforderungen eines Berufs
Leitsatz (amtlich)
Bestimmt sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers nach Aufbaufallgruppen, ist bei dessen korrigierender Rückgruppierung über mehrere Vergütungsgruppen die Prüfung der Rückgruppierung für alle Vergütungsgruppen oberhalb der nunmehr vom Arbeitgeber als zutreffend angesehenen erforderlich.
Orientierungssatz
- Der TV Lohngruppen-O-TdL stellt in § 2 Abs. 1 für die Einreihung des Arbeiters nach dem MTArb-O – anders als der BAT für die Eingruppierung des Angestellten – nicht auf Arbeitsvorgänge ab.
- Dies steht der Zusammenfassung von Einzeltätigkeiten zu einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit oder mehreren jeweils eine Einheit bildenden Teiltätigkeiten für deren jeweils einheitliche tarifliche Bewertung nicht entgegen. Dafür gelten vergleichbare Regeln und Kriterien wie bei der Bestimmung des Arbeitsvorgangs, lediglich die anzuwendenden Maßstäbe sind weniger streng.
- Bestimmt sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers nach Aufbaufallgruppen, ist bei dessen korrigierender Rückgruppierung über mehrere Vergütungsgruppen die Prüfung der Rückgruppierung für alle Vergütungsgruppen oberhalb der nunmehr vom Arbeitgeber als zutreffend angesehenen erforderlich.
- Fordert ein Einreihungsmerkmal die Verrichtung von Tätigkeiten, die höhere Anforderungen stellen als die der Berufsausbildung entsprechenden Tätigkeiten, bedarf es zur Schlüssigkeit der Klage auf Zahlung der dem Heraushebungsmerkmal entsprechenden Vergütung zunächst der Darlegung der Ausbildungsinhalte des Berufs.
- Maßgebend sind dafür die Ausbildungsinhalte des Berufs im streitigen Anspruchszeitraum.
- Bezogen darauf ist vom Arbeiter die Erfüllung der herausgehobenen Anforderungen der Aufbaufallgruppe bzw. bei dessen korrigierender Rückgruppierung vom Arbeitgeber deren Nichterfüllung darzulegen.
- Die Darlegung der Voraussetzungen für die korrigierende Rückgruppierung durch den Arbeitgeber ist entbehrlich, wenn die von ihm korrigierte Eingruppierung bereits nach dem Vorbringen des Klägers fehlerhaft war.
Normenkette
Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) vom 6. Dezember 1995 §§ 21, 22; Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis der Länder zum
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 24.06.2004; Aktenzeichen 7 (3) Sa 564/03 E) |
ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 21.05.2003; Aktenzeichen 3 Ca 4398/02 E) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. Juni 2004 – 7 (3) Sa 564/03 E – aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 21. Mai 2003 – 3 Ca 4398/02 E – stattgegeben hat.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Entlohnung des Klägers.
Der am 4. Dezember 1953 geborene Kläger verfügt über eine zweieinhalbjährige am 13. Juli 1973 mit Erfolg abgeschlossene Facharbeiterausbildung im VEB Z… im Ausbildungsberuf “Instandhaltungsmechaniker” mit der Spezialisierung “Techn. Ausrüstungen des Industriezweiges”. Seit dem 26. April 1977 war er auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 25. April 1977 beim Klinikum K… als Anlagenschlosser beschäftigt. Durch Überleitungsvertrag vom 12. Juni 1979 wurde er im Zusammenhang “mit dem Rechtsträgerwechsel des Klinikums K… zur M-Universität H… – Bereich Medizin – … ab 1. Januar 1979 als Kesselwärter in Verwaltungsdirektion – Abt. Technik – Bereich K… übernommen”. Das Arbeitsverhältnis ging mit dem Beitritt der DDR auf das Land Sachsen-Anhalt über. Seit der Umwandlung des Klinikums in eine Anstalt öffentlichen Rechts durch das Hochschulmedizingesetz des Landes Sachsen-Anhalt zum 1. Januar 2006 ist die Beklagte Arbeitgeberin des Klägers. Bis zu diesem Zeitpunkt bestimmte sich das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb-O). Zudem haben der Kläger und das Land Sachsen-Anhalt (nachfolgend: Rechtsvorgängerin der Beklagten) dessen Anwendung sowie diejenige der ihn ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge vereinbart.
Mit Einführung des MTL II wurde der Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten ab 1. Juli 1991 in die Lohngr. 5 Fallgr. 6.10 “Kesselwärter (Heizer)” eingereiht. Seit der Modernisierung der Heizungsanlage etwa 1993/1994 ist der Kläger in der Technikzentrale des Klinikums K… beschäftigt. Mit Wirkung vom 14. Juli 1995 erfolgte kraft Bewährungsaufstiegs “entsprechend den tariflichen Vorschriften” seine “Neueingruppierung in die Lohngruppe 6 MTArb-O”.
In der Zeit vom 1. April 1997 bis zum 30. September 1998 waren dem Kläger “kommissarisch befristet” die Aufgaben des Schichtführers mit befristeter Gewährung des Lohnes nach Lohngr. 7 ab 1. Oktober 1997 übertragen. Mit Schreiben vom 25. September 1998 wurde dem Kläger die Tätigkeit als Schichtführer in der Technikzentrale mit Wirkung vom 1. Oktober 1998 auf Dauer übertragen. In diesem Schreiben ist ua. ausgeführt, entsprechend den tariflichen Vorschriften erfolge seine Neueingruppierung in die Lohngr. 7 MTArb-O. Dies ist auch in Ziff. 4 des “abgeänderten Arbeitsvertrages” vom 25. September 1998 bestimmt.
Zu den Arbeitsaufgaben des Klägers gehört die Betreuung des Uniklinikums K…, der Klinikgebäude M… und der Wohnblöcke Ki in H…. Die von ihm zu betreuenden Anlagen bestehen aus drei Lachgaszentralen, fünf Druckluftanlagen, drei Vakuumanlagen, vier Lagern medizinischer Gase, drei Kälteanlagen, zwei Technikzentralen, ca. 1.200 Brandmeldern, ca. 2.500 Brandschutzklappen, fünf Einbruchmeldeanlagen, 69 Aufzügen, 24 Fernwärmeanlagen, elf Gaskesseln, acht Ölkesseln, 139 Lüftungsanlagen, zwölf Notstromanlagen, drei Sauerstofftanks und einem Stickstofftank. Die Kontrolle dieser Anlagen erfolgt über die Gebäudetechnik mit Ausnahme der Brandmeldetechnik. Die Gebäudeleittechnik ist mit der Software “Insight” (Firma S) und “Desigo-Insight” (Firma S) ausgestattet. Die Brandmeldeanlage wird über zwei EDV-Systeme der Firma Sp überwacht. Für diese Tätigkeiten beschäftigt die Beklagte neben dem Kläger zwei weitere Schichtführer. Den Schichtführern sind in ihrer Schicht jeweils drei Arbeiter und zwei Zivildienstleistende unterstellt.
Die die “Arbeitsstelle” des Klägers betreffende Tätigkeitsdarstellung vom 25. März 1997 hat – auszugsweise – folgenden Inhalt:
“3. Aufgaben der Stelleninhaberin / des Stelleninhabers:
Aufgabenbezeichnung und Kurzbeschreibung der Aufgaben: |
– |
Kontrolle, Überwachung und Regelung aller technischer Versorgungsanlagen der Medizinischen Fakultät |
– |
Überwachung und Bedienung der computergestützten Gebäudeleittechnik der Fakultät |
– |
Betreuung der Brandmeldeanlagen |
– |
Einsatz der bereitschaftsdiensthabenden Mitarbeiter anderer Abteilungen |
– |
Koordinierung der Havariebeseitigungen |
– |
Koordinierung der Reparaturmeldungen bzw. Störungsbeseitigungsaufträge |
…
5. Beschreibung der Tätigkeiten, die eine Bildung von Arbeitsvorgängen und deren tarifliche Bewertung ermöglicht:
Lfd.Nr. |
Aufgabe |
Auszuführende Tätigkeiten |
Anteil an der gesamten Arbeitszeit in % |
01. |
Bedienen |
– |
Bedienung der Regelungstechnik zur optimalen Fahrweise der technischen Anlagen im UKK |
10 % |
– |
Bedienung der computergestützten Gebäudeleittechnik zur Ermittlung von technischen Unregelmäßigkeiten bzw. Störausfällen |
– |
Bedienung der Brandmeldeanlage zur Freischaltung von Melderstrecken (Sanierung) |
– |
Eingriff in die Klimatechnische Regelungsstrecken zur Anpassung an die jeweiligen vorgegebenen Bedingungen im OP-Bereich |
– |
Kontrolle und Optimierung der Parameter sowie der technischen Anlagen zur Sauerstoffversorgung der OP und Intensivstationsbereiche sowie der zentralen Druckluftversorgung (Med. Druckluft) |
02. |
Kontrolle |
– |
Kontrolle der technischen Anlagen auf ihre Funktionsfähigkeit durch Vorortsbegehung im Klinikum K… bzw. im innerstädtischen Bereich sowie der außenliegenden Liegenschaften |
10 % |
– |
Kontrolle der Mitarbeiter auf ordnungsgemäße Durchführung der ihnen übertragenen Arbeitsaufträge im Schichtbereich |
03. |
Störungsbeseitigung |
– |
Beseitigung/Organisation der Störungsbeseitigung |
40 % |
– |
Bagatellstörungen durch Schichtpersonal |
– |
Organisation des technischen Bereitschaftsdienstes in Abstimmung mit den bereitschaftsdiensthabenden Leiter |
– |
Organisation der notwendigen Maßnahmen in Abstimmung mit den Kliniken und Institutsbereichen zur Havariebeseitigung. |
– |
Ist qualifiziert im Störungsfall die Netzersatzanlagen (Dieselaggregate) zu starten um den Krankenhausbetrieb aufrechtzuerhalten. |
– |
Analysiert die Störungen und organisiert die sachgerechte Abarbeitung. |
04. |
Organisation |
– |
Beauftragt die in der Schicht tätigen Mitarbeiter zur Abarbeitung von Störungen, Havarien. |
40 % |
– |
Organisiert die fachgerechte Zuordnung von Störungs- und Reparaturmeldungen durch die Mitarbeiter. |
– |
Erreicht durch Verteilung der anstehenden Arbeitsaufgaben innerhalb der Schichtbesetzung, daß die technischen Anlagen und Systeme der Med. Fakultät ordnungsgemäß funktionieren und steuert die technischen Prozesse. |
– |
Organisiert im Rahmen der Störungsmeldung die reibungslose Zusammenarbeit unterschiedlicher Gewerke außerhalb der Dienstzeit und an Sonn- und Feiertagen. |
– |
Ist verantwortlich für die Arbeitsorganisation innerhalb der Schicht. |
– |
Leitet die Mitarbeiter hinsichtlich der effektiven Anlagenfahrweise unter besonderer Berücksichtigung der Energieeinsparung an, für den optimalen Einsatz der Energieerzeugung und Umformeranlagen.” |
Unter Bezugnahme auf den Prüfbericht des staatlichen Rechnungsprüfungsamtes vom 4. Dezember 2001 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 21. Mai 2002 mit, dass “aufgrund fehlender tariflicher Voraussetzungen … in Ihrem Fall eine tarifwidrige Eingruppierung und damit eine zu hohe Einreihung vorgenommen worden” sei. Seine “tarifgerechte Einreihung” sei diejenige in “Lohngruppe 5a Nr. 5”. Diesbezüglich trafen der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten am 27. Mai 2002 mit Wirkung vom 1. Juni 2002 eine schriftliche “Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag”, deren Ziff. 4 – soweit hier von Interesse – lautet:
“Aufgrund der auszuübenden Tätigkeit erfolgt die korrigierende Eingruppierung entsprechend der tariflichen Vorschriften (§ 21 MTArb-O) und unter Berücksichtigung bereits zurückgelegter Bewährungs- und Tätigkeitszeiten in die Lohngruppe 5a MTArb-O. Gleichzeitig erfolgt die Besitzstandswahrung in Form der Zahlung einer übertariflichen (abbaubaren) persönlichen Zulage (Differenzbetrag zwischen Lohngruppe 7 und Lohngruppe 5a) gemäß Schnellbrief des MF vom 12.10.1998. Für die Eingruppierung findet nur die vom Personaldezernat des Arbeitgebers (Klinikum der Medizinischen Fakultät der MUniversität) bestätigte Tätigkeitsdarstellung Berücksichtigung. …”
Der Kläger hat diese Änderungsvereinbarung, der der Personalrat nicht zugestimmt hat, “unter Vorbehalt der rechtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit der tariflichen Herabgruppierung” unterzeichnet. Er wird seitdem entsprechend Ziff. 4 dieser Änderungsvereinbarung vergütet.
Der Kläger hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf Fortzahlung des Lohnes nach Lohngr. 7 über den 31. Mai 2002 hinaus in Anspruch genommen. Nach der rechtskräftigen Abweisung der Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Lohn nach der vorgenannten Lohngruppe durch das Landesarbeitsgericht streiten die Parteien noch darum, ob der Kläger ab 1. Juni 2002 Anspruch auf Lohn nach Lohngr. 6 hat. Dazu trägt der Kläger vor, seine Tätigkeit entspreche den Anforderungen dieser Lohngruppe. Denn als Schichtführer verrichte er hochwertige Arbeiten iSd. Lohngr. 5 Nr. 1. Diese Tätigkeit stelle an das Überlegungsvermögen und das fachliche Geschick des Arbeiters Anforderungen, die über das Maß dessen hinausgingen, was von einem Arbeiter der Lohngr. 4 Nr. 1 üblicherweise verlangt werden könne. Nach dreijähriger Bewährung als Arbeiter der Lohngr. 5 Nr. 1 sei er in Lohngr. 6 (Nr. 4) eingereiht.
Der Kläger hat, soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse, hilfsweise beantragt
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger Vergütung nach der Lohngr. 6 Nr. 4 des gültigen Monatslohntarifvertrages zum Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts für Arbeiter an den MTB II und an den MTL II (MT-Arbeiter-O) zu zahlen.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Entlohnung des Klägers nach Lohngr. 5a sei tarifgerecht. Die berufliche Tätigkeit des Schichtführers stelle nicht zeitlich überwiegend besondere Anforderungen an das Überlegungsvermögen und das fachliche Geschick des Arbeiters iSd. Lohngr. 5 Nr. 1.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen hinsichtlich des Hilfsantrages stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte – der Sache nach – die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Fallgruppenfeststellung entfällt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit dieses der Berufung des Klägers stattgegeben hat, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann die Erfüllung der Anforderungen der Lohngr. 5 Nr. 1/Lohngr. 6 Nr. 4 des Tarifvertrages über das Lohngruppenverzeichnis der Länder zum MTArb-O (TV Lohngruppen-O-TdL) auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht angenommen werden. Diese Unklarheit des Sachverhalts ginge bei der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommenen sog. korrigierenden Rückgruppierung – an sich präzise: Rückeinreihung – zu ihren Lasten, denn ihr obliegen die Darlegung und der Nachweis, dass der bis zum 31. Mai 2002 nach Lohngr. 7 entlohnte Kläger nicht – zumindest – die Anforderungen der Lohngr. 5 Nr. 1/Lohngr. 6 Nr. 4 erfüllte. Dies ist Voraussetzung für die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommenen Rückgruppierung des Klägers in Lohngr. 5a. Da das Landesarbeitsgericht der Rechtsvorgängerin der Beklagten hierzu noch keine Gelegenheit gegeben hat, muss ihr die Möglichkeit eingeräumt werden, ergänzend vorzutragen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht die Voraussetzungen für den Anspruch des Klägers auf tarifgerechte Entlohnung nach Lohngr. 6 ab 1. Juni 2002 als erfüllt angesehen.
a) Für das Arbeitsverhältnis galten – jedenfalls bis zum 31. Dezember 2005 – der MTArb-O und die diesen ergänzenden Tarifverträge, insbesondere der in §§ 21, 22 MTArb-O in Bezug genommene TV Lohngruppen-O-TdL, kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Überdies haben der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Anwendbarkeit des MTArb-O und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 27. Mai 2002 vereinbart.
b) Für die zwischen den Parteien allein streitige Einreihung des Klägers in die Lohngruppen ist nach § 1 TV Lohngruppen-O-TdL iVm. § 2 Abs. 1 TV Lohngruppen-TdL die mit mindestens der Hälfte der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auszuübende Tätigkeit maßgebend, soweit sich aus den Tätigkeitsmerkmalen nichts anderes ergibt. Anders als der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) für die Eingruppierung stellt der TV Lohngruppen-O-TdL für die Einreihung des Arbeiters nicht auf Arbeitsvorgänge ab. Dies steht der Zusammenfassung von Einzeltätigkeiten zu einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit oder mehreren jeweils eine Einheit bildenden Teiltätigkeiten für deren jeweils einheitliche tarifliche Bewertung nicht entgegen. Dafür gelten vergleichbare Regeln und Kriterien wie bei der Bestimmung des Arbeitsvorgangs, lediglich die anzuwendenden Maßstäbe sind weniger streng (Senat 25. August 1993 – 4 AZR 577/92 – AP AVR Diakonisches Werk § 12 Nr. 5, zu B II 2 der Gründe; 24. April 1996 – 4 AZR 876/94 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Waldarbeiter Nr. 1, zu II 2 der Gründe). In diesem Sinne kann die – mit § 2 Abs. 1 TV Lohngruppen-TdL nicht in Einklang stehende – Bestimmung von Arbeitsvorgängen in der Tätigkeitsdarstellung vom 25. März 1997 als Zusammenfassung von zu einem einheitlichen Arbeitsergebnis führenden Teiltätigkeiten für deren jeweils einheitliche tarifliche Bewertung verstanden werden. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann indes dahinstehen, ob diese Bestimmung einheitlich zu bewertender Teiltätigkeiten zutreffend ist.
c) Die Einreihungsmerkmale des Lohngruppenverzeichnisses, die – noch – für den Rechtsstreit Bedeutung haben, lauten:
“Lohngruppe 4
1. Arbeiter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren, die in ihrem oder einem diesem verwandten Beruf beschäftigt werden
…
Lohngruppe 5
1. Arbeiter der Lohngruppe 4 Nr. 1 und 2, die hochwertige Arbeiten verrichten
Hochwertige Arbeiten sind Arbeiten, die an das Überlegungsvermögen und das fachliche Geschick des Arbeiters Anforderungen stellen, die über das Maß dessen hinausgehen, das von einem solchen Arbeiter üblicherweise verlangt werden kann.
…
4. Arbeiter der Lohngruppe 4 Nr. 1 und 2 nach dreijähriger Bewährung als solche in dieser Lohngruppe.
…
Lohngruppe 5a
…
5. Arbeiter der Lohngruppe 5 Nrn. 4, … nach vierjähriger Tätigkeit in der jeweiligen Fallgruppe dieser Lohngruppe.
Lohngruppe 6
1. Arbeiter der Lohngruppe 4 Nr. 1 und 2, die besonders hochwertige Arbeiten verrichten
Besonders hochwertige Arbeiten sind Arbeiten, die neben vielseitigem hochwertigem fachlichen Können besondere Umsicht und Zuverlässigkeit erfordern.
…
4. Arbeiter der Lohngruppe 5 Nr. 1 nach dreijähriger Bewährung als solche in dieser Lohngruppe”
d) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die vom Kläger auszuübende Tätigkeit erfülle die Anforderungen der Lohngr. 5 Nr. 1, so dass er nach dreijähriger Bewährung Anspruch auf Lohn nach der Lohngr. 6 (Nr. 4) habe. Vor allem der Anteil der organisierenden Tätigkeiten des Klägers als Schichtführer stelle erhöhte Anforderungen an sein Überlegungsvermögen. Dies ergebe sich auch daraus, dass es sich um komplexe, alle Bereiche der Haustechnik umfassende und besonders große technische Anlagen handele. Auch die Anforderung des “fachlichen Geschicks” sei erfüllt. Dieses Merkmal beziehe sich auf die Fähigkeiten des Arbeitnehmers, die ihn im Gegensatz zu den Angestellten als Arbeiter qualifizierten. Es handele sich insoweit um die manuellen Fertigkeiten bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit. Die Aufgabe als Schichtführer verlange “entsprechend dem Überlegungsvermögen dazugehöriges fachliches Geschick” insoweit, als der Kläger bei seiner Tätigkeit bei Störungsfällen koordinieren und organisieren müsse, was zwangsnotwendig beinhalte, die direkt vor Ort zu erledigenden manuellen Tätigkeiten nicht nur von der Durchführbarkeit einzuschätzen, sondern auch ggf. helfend, anleitend und eingreifend bei der Störungsbeseitigung mitzuwirken.
e) Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung in verschiedener Hinsicht nicht stand.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat seine Prüfung der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommenen Rückgruppierung des Klägers auf diejenige aus der Lohngr. 7 beschränkt und insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zu den Voraussetzungen der korrigierenden Rückgruppierung (zB 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340) – zutreffend, für das Revisionsverfahren wegen der Beschränkung des Streits auf den Lohn nach Lohngr. 6 allerdings nicht von Bedeutung – die Rechtmäßigkeit der Rückgruppierung angenommen. Diese Prüfung greift jedoch zu kurz. Bestimmt sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers nach Aufbaufallgruppen, ist bei dessen korrigierender Rückgruppierung über mehrere Vergütungsgruppen die Prüfung der Wirksamkeit der Rückgruppierung für alle Vergütungsgruppen oberhalb der nunmehr vom Arbeitgeber als zutreffend angesehenen erforderlich. Vorliegend war daher die Wirksamkeit der Rückgruppierung auch für die Lohngr. 6 zu prüfen, in die der Kläger nach deren Nr. 4 kraft dreijähriger Bewährung in Lohngr. 5 Nr. 1 eingereiht sein könnte.
bb) Dieses Versäumnis des Landesarbeitsgerichts wäre indes unerheblich, wenn nach dem festgestellten Sachverhalt die Voraussetzungen für die Entlohnung des Klägers nach Lohngr. 5 Nr. 1/Lohngr. 6 Nr. 4 vorlägen. Dies hat das Landesarbeitsgericht angenommen. Seine Ausführungen sind jedoch auch insoweit rechtsfehlerhaft.
(1) Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist schon nicht eindeutig zu entnehmen, ob es für die Einreihung des Klägers von verschiedenen jeweils eine Einheit bildenden Teiltätigkeiten oder einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit ausgeht. Bei seinen Ausführungen zur Erfüllung der Anforderungen der Lohngr. 6 Nr. 1 scheint es darauf abzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers aus den vier jeweils einheitlich zu bewertenden Teiltätigkeiten besteht, die die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Arbeitsvorgänge bestimmt hat. Dann aber reicht die Erfüllung der Anforderungen der Lohngr. 5 Nr. 1/Lohngr. 6 Nr. 4 durch die 40 % der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Teiltätigkeit Nr. 4 “Organisation” quantitativ (§ 2 Abs. 1 TV Lohngruppen-TdL) für die Einreihung in die vorgenannten Lohngruppen nicht aus, wie die Beklagte mit Recht geltend macht. “Vor allem” durch diese Teiltätigkeit sieht das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Lohngr. 6 als begründet an. Zur Erfüllung der Anforderungen des Anspruchs auf Lohn nach dieser Lohngruppe durch die sonstigen Tätigkeiten des Klägers macht es keine Ausführungen.
(2) Zudem ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts zur Erfüllung der Anforderungen der Lohngr. 5 Nr. 1 auch deshalb nicht tarifgerecht, weil seine Ausführungen abstrakt wie konkret den durch Satz 2 dieses Tätigkeitsmerkmals geforderten wertenden Vergleich mit den Anforderungen der dort in Satz 1 dieses Tätigkeitsmerkmals in Bezug genommenen Nr. 1 der Lohngr. 4 vermissen lassen. Dies gilt sowohl für das Heraushebungsmerkmal des Überlegungsvermögens als auch für dasjenige des fachlichen Geschicks des Arbeiters. In die Lohngr. 4 sind nach Nr. 1 Arbeiter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren eingereiht, die in ihrem oder einem diesem verwandten Beruf beschäftigt werden. Auf diesem Tätigkeitsmerkmal, dessen Anforderungen der Kläger streitlos erfüllt, baut die Lohngr. 5 Nr. 1 auf. Nach deren Satz 1 sind in Lohngr. 5 Arbeiter ua. der Lohngr. 4 Nr. 1 eingereiht, die hochwertige Arbeiten verrichten. Diesen Tarifbegriff haben die Tarifvertragsparteien in Satz 2 des Tätigkeitsmerkmals näher bestimmt. Danach sind hochwertige Arbeiten solche, die an das Überlegungsvermögen und das fachliche Geschick des Arbeiters Anforderungen stellen, die über das Maß dessen hinausgehen, was von einem solchen Arbeiter – also einem der Lohngr. 4 Nr. 1 – üblicherweise verlangt werden kann. Diese Arbeiten müssen also – kurz gesagt – sowohl ein herausgehobenes Überlegungsvermögen als auch herausgehobenes fachliches Geschick des Arbeiters erfordern.
(3) Die Feststellung, ob die dem Einreihungsmerkmal der Lohngr. 5 Nr. 1 gestellten Anforderungen des Überlegungsvermögens und des fachlichen Geschicks in diesem Sinne erfüllt sind, bedarf damit eines wertenden Vergleichs mit demjenigen Überlegungsvermögen und demjenigen fachlichen Geschick, welches bereits die Arbeiten der Lohngr. 4 Nr. 1 voraussetzen. Diesen wertenden Vergleich hat das Landesarbeitsgericht nicht angestellt. Damit sind seine Ausführungen zur Erfüllung der einen wie der anderen Tarifanforderung rechtsfehlerhaft. Zwar dürfte es sich bei der Anforderung des “fachlichen Geschicks” um einen unbestimmten Rechtsbegriff handeln, dessen Anwendung durch das Landesarbeitsgericht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur der beschränkten revisionsgerichtlichen Prüfung unterliegt (zB 16. Oktober 2002 – 4 AZR 579/01 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 294 = EzBAT BAT §§ 22, 23 B.1 Allg. Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 29, zu II 4b aa der Gründe mwN). Danach hat das Revisionsgericht bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs aber ua. zu prüfen, ob dessen Anwendung durch das Landesarbeitsgericht gegen Denkgesetze verstößt. Ein solcher Verstoß liegt bei der Unterlassung einer denknotwendig durch ein Tatbestandsmerkmal geforderten Vergleichsbetrachtung vor, die hier zudem tariflich noch ausdrücklich angeordnet ist. Diesen Verstoß weisen auch die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu der Erfüllung der Anforderung des herausgehobenen Überlegungsvermögens auf, dessen Bedeutung hinreichend bestimmt ist und dessen Anwendung durch das Landesarbeitsgericht damit der unbeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt.
f) Diesen wertenden Vergleich lässt andererseits auch der Vortrag der Beklagten zur Berechtigung der von ihr vorgenommenen Rückgruppierung des Klägers unterhalb der Lohngr. 6 – ebenso wie derjenige des Klägers zum Bestehen des Anspruchs auf Entlohnung nach dieser Lohngruppe – vermissen. Es fehlt jeglicher Sachvortrag der Beklagten dazu, welche Anforderungen die Tätigkeit der Lohngr. 4 Nr. 1 im Beruf des Klägers stellt, also – für den Vergleich mit der Lohngr. 5 Nr. 1 – welches Überlegungsvermögen und welches fachliche Geschick ein Arbeiter im Beruf des Klägers in einer Tätigkeit der Lohngr. 4 Nr. 1 bereits schuldet. Der Kläger versteht – insoweit von der Beklagten unwidersprochen – unter dem Beruf des Instandhaltungsmechanikers denjenigen des Schlossers, den es seit der Neuordnung der handwerklichen Metallberufe am 1. August 1989 so nicht mehr gibt. Dieser Beruf ist durch diejenigen des Metallbauers für die Fachrichtungen Konstruktionstechnik sowie Anlagen- und Fördertechnik abgelöst worden. Demzufolge hätte es der Darlegung bedurft, welche Ausbildungsinhalte in diesen Berufen nach dem Stand im streitigen Anspruchszeitraum (Senat 11. Februar 2004 – 4 AZR 684/02 – BAGE 109, 321, 328 f., zu I 3c bb (1) der Gründe) vermittelt werden und welche Berufsausübungstätigkeiten danach ein Facharbeiter dieser Berufe als Normaltätigkeit in der tariflichen Wertigkeit des Einreihungsmerkmals der Lohngr. 4 Nr. 1 verrichtet. Darauf aufbauend wäre dann von der Beklagten darzulegen gewesen, dass die vom Kläger auszuübende Tätigkeit im geforderten zeitlichen Umfang hinsichtlich des erforderlichen Überlegungsvermögens und des erforderlichen fachlichen Geschicks nicht über das Maß desjenigen hinausgeht, was die Tätigkeit der Lohngr. 4 Nr. 1 in seinem Beruf erfordert.
g) Diese Darlegung wäre allerdings dann entbehrlich, wenn bereits nach dem eigenen Vorbringen des Klägers der Anspruch auf Lohn nach Lohngr. 5 Nr. 1/Lohngr. 6 Nr. 4 ausgeschlossen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr ist der Vortrag des – nicht darlegungsbelasteten – Klägers hierzu lediglich unzureichend.
2. Ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf den Lohn der Lohngr. 6 ist nicht Gegenstand der Revision. Auf diese Grundlage stützt der Kläger den von ihm verfolgten Anspruch nicht mehr.
II. Angesichts der vom Landesarbeitsgericht – wie auch im Ergebnis vom Arbeitsgericht – für richtig gehaltenen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für den Anspruch des Klägers auf tarifgerechte Entlohnung nach Lohngr. 6 besteht die Möglichkeit, dass die Beklagte davon abgesehen hat, insoweit ihre korrigierende Rückgruppierung näher zu begründen, weil sie den anspruchsbegründenden Sachvortrag des nach der Auffassung der Vorinstanzen als darlegungsbelastet angesehenen Klägers – mit Recht – als nicht ausreichend bewertet hat. Ihr ist daher Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag nach Maßgabe der Ausführungen des Senats zu ergänzen.
Unterschriften
Bepler, Wolter, Bott, H. Scherweit-Müller, Valentien
Fundstellen
BAGE 2007, 92 |
BB 2006, 1916 |
NZA 2007, 215 |
ZTR 2006, 651 |
PersV 2006, 475 |
RiA 2007, 10 |
AUR 2006, 252 |