Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung. Diplom-Ökonom als Berufsschullehrer
Orientierungssatz
Hinweise des Senats:
"Anforderungen an einen "zusätzlichen berufspädagogischen Abschluß" im Sinne der Fußnote 10 zur Besoldungsgruppe A 12."
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 17. August 1998 - 5 Sa 606/97 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger war in der ehemaligen DDR seit 1983 an der Hochschule für Seefahrt in W. als Lehrer tätig. Ab dem Jahre 1988 unterrichtete er an der Fachschule für Wirtschaft und Verwaltung. Diese Schule wurde vom beklagten Land als Berufliche Schule R. weitergeführt. Dort unterrichtet der Kläger nunmehr als Lehrer im berufstheoretischen Unterricht. Seinem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit dem beklagten Land vom 25. Januar 1994/9. Juni 1994 zugrunde. Dieser enthält ua. folgende Vereinbarungen:
"§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechtes - Manteltarifrechtliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
§ 3
Die Eingruppierung bestimmt sich nach Abschnitt E der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1 a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 in der Fassung der von der 1./92 Mitgliederversammlung der TdL am 23.01.1992 beschlossenen Änderung. Danach ist der/die Angestellte eingruppiert in Vergütungsgruppe III."
Der Kläger hatte zunächst an der Universität R. Wirtschaftswissenschaften studiert und am 20. Juli 1965 den akademischen Grad eines Diplom-Wirtschaftlers verliehen bekommen. Nach einem weiteren Studium am Plechanow-Institut für Volkswirtschaft in Moskau wurde ihm am 29. November 1973 der wissenschaftliche Grad des Kandidaten der ökonomischen Wissenschaften verliehen. Aufgrund dieses akademischen Grades erteilte der Ministerrat der DDR - Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen - dem Kläger mit Urkunde vom 8. April 1975 das Recht, den Grad "doctor oeconomicae (Dr. oec.)" zu führen.
In der Zeit von Januar 1991 bis Januar 1992 absolvierte der Kläger erfolgreich das Zusatzstudium "Erwachsenenpädagogik/Berufsbildung" an der Universität R. Mit Urkunde vom 11. November 1991 bescheinigte ihm die Universität R., daß er durch die bestandene Prüfung nachgewiesen habe, hinreichende Kenntnisse und Fähigkeiten erworben zu haben, die ihn für die Tätigkeit als "Lehrer in der Erwachsenenbildung" befähigten. Weiter wurde ihm durch die Universität R. bescheinigt, daß er in folgenden Lehrgebieten studienbegleitende Leistungsnachweise für das Zusatzstudium "Erwachsenenpädagogik/Berufsbildung" erworben habe: - Allgemeine Erwachsenenpädagogik
- Didaktik und Methodik der Erwachsenenbildung
- Psychologie des Erwachsenenalters
- Lehrprobe.
Außerdem hatte er eine Abschlußarbeit zu folgendem Thema gefertigt: "Methodisch-didaktische Gestaltung der Vermittlung der Betriebswirtschaftslehre in Verbindung mit der Wirtschaftsinformatik bei der höheren kaufmännischen Bildung an beruflichen Schulen".
Der Kläger meint, er habe Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT-O, da er, wenn er im Beamtenverhältnis stünde, nach der Anlage I zum Besoldungsgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (LBesG M-V) vom 28. Juni 1993 in die Besoldungsgruppe A 13 einzustufen wäre. Die Besoldungsgruppe A 13 entspreche der VergGr. II a BAT-O. Er sei Diplom-Ökonom mit zusätzlichem berufspädagogischem Abschluß und habe sich seit mehr als vier Jahren im berufstheoretischen Unterricht an einer beruflichen Schule bewährt. Seine Bewährungszeit habe er am 22. Oktober 1994 erfüllt.
Der Kläger hat beantragt festzustellen, daß er seit dem 22. Oktober
1994 in die VergGr. II a BAT-O eingruppiert ist.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
Es beruft sich darauf, daß der Kläger sein Zusatzstudium erst im Januar 1991, und damit nicht mehr nach dem Recht der ehemaligen DDR begonnen habe. Nur wenn dies der Fall gewesen wäre, könnte die Zusatzausbildung zu seinen Gunsten berücksichtigt werden.
Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des beklagten Landes abgewiesen und im Urteil die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während das beklagte Land die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht kein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT-O zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die begehrte Eingruppierung in die VergGr. II a BAT-O scheitere daran, daß der Kläger, wenn er in einem Beamtenverhältnis stünde, nicht in die Besoldungsgruppe A 13 der Anlage I zum LBesG M-V eingestuft wäre. So habe er zum einen keine Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR erworben und zum anderen fehle ihm als Diplomökonomen ein zusätzlicher berufspädagogischer Abschluß. Das vom Januar 1991 bis zum Januar 1992 absolvierte Zusatzstudium "Erwachsenenpädagogik/Berufsbildung" an der Universität R. sei nicht nach dem Recht der ehemaligen DDR durchgeführt worden. Dies wäre aber Voraussetzung für eine Anerkennung als zusätzlicher berufspädagogischer Abschluß im Sinne der Fußnote 11 zur Besoldungsgruppe A 13 iVm. der Fußnote 10 zur Besoldungsgruppe A 12 der Anlage I zum LBesG M-V.
Auch erfülle der Kläger nicht die Voraussetzungen für die Befähigung als Lehrer nach dem Schulreformgesetz des beklagten Landes vom 26. April 1991. Er könne weder einen Vorbereitungsdienst von zwei Jahren und eine zweite Staatsprüfung vorweisen noch habe er bei Inkrafttreten des Schulreformgesetzes eine pädagogische Lehrbefähigung auf Grund eines Studiums an einer Hochschule oder nach einer Ausbildung an einer Fachschule erworben. Er habe auch nicht vor dem 1. Januar 1991 ein Studium mit dem Ziel des Lehrerberufes aufgenommen.
Letztlich habe die Universität R. dem Kläger auf Grund des von ihm absolvierten Zusatzstudiums auch keine "Lehrbefähigung" oder einen "Berufspädagogischen Abschluß" bescheinigt, sondern lediglich die Befähigung für eine Tätigkeit in der Erwachsenenbildung.
II. Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis und teilweise in der Begründung zu folgen.
1. Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, daß der Kläger auf Grund seiner Ausbildung nicht in die Besoldungsgruppe A 13 der Anlage I zum LBesG M-V eingestuft worden wäre, wenn er als Lehrer im Beamtenverhältnis stünde und daß er demnach im Klagezeitraum auch keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT-O hat.
a) Da der Kläger als Lehrkraft im Sinne der tariflichen Bestimmungen beschäftigt wird, ist für seine Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anlage 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden. Grundsätzlich erfolgt die Eingruppierung des Klägers gem. § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher er eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Eine solche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (BAG 24. November 1993 - 4 AZR 16/93 - AP BAT-O § 2 Nr. 1; 13. Juni 1996 - 6 AZR 972/94 - AP BAT-O § 11 Nr. 9 und - 6 AZR 858/94 - BAGE 83, 201).
Somit geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, daß das Landesbesoldungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern, das die 2. BesÜV ab 22. Oktober 1994 abgelöst hat, anzuwenden ist. Die Besoldungsgruppe A 13 der Landesbesoldungsordnung A, die der VergGr. II a BAT-O entspricht, lautet idF durch das 2. Änderungsgesetz (in Kraft seit: 22. Oktober 1994) zum Landesbesoldungsgesetz - soweit hier von Interesse - wie folgt:
"Besoldungsgruppe A 13
Lehrer
...
- mit der Befähigung für das Lehramt im theoretischen Unterricht an beruflichen Schulen bei entsprechender Verwendung 3) 4) 11)
...
Studienrat
- mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien oder an beruflichen Schulen bei einer der jeweiligen Befähigung entsprechenden Verwendung 2) 4) 13) 14)
Fußnoten zur Besoldungsgruppe A 13
2) Als Eingangsamt.
3) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 12.
4) Fußnote 3) zu Besoldungsgruppe A 11 gilt entsprechend.
...
11) Fußnote 10) zu Besoldungsgruppe A 12 gilt entsprechend.
...
13) Für Fachlehrer mit Staatsexamen oder Diplom (Klassen 5 bis 10), Hochschulabsolventen mit Fachdiplom und pädagogischem Zusatzstudium/Prüfung, soweit diese Lehrer über eine Lehrbefähigung in zwei Fächern verfügen. Diese Lehrkräfte müssen sich durch eine mindestens zweijährige Tätigkeit in der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien, Fachgymnasien oder Fachoberschulen bewährt haben.
Gilt auch für Lehrkräfte nach Fußnote 10) zur Besoldungsgruppe A 12. Diese Lehrkräfte müssen sich durch eine mindestens zweijährige Tätigkeit im berufstheoretischen Unterricht an einer beruflichen Schule bewährt haben.
Fußnote 3) zur Besoldungsgruppe A 11
Mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die als Lehrbefähigung für diese Schulart im Wege der Bewährung zuerkannt worden ist.
Fußnote 10) zur Besoldungsgruppe A 12
Für Diplomingenieurpädagogen, Diplomgewerbelehrer, Diplomhandelslehrer, Diplomökonompädagogen, Diplomagrarpädagogen, Diplommedizinpädagogen, Diplomgartenbaupädagogen, Diplomingenieure und Diplomökonomen mit zusätzlichem berufspädagogischem Abschluß und Lehrkräfte, wie z.B. Diplomabsolventen mit einer vergleichbaren pädagogischen wissenschaftlichen Hochschulausbildung und zusätzlicher Ausbildung und Prüfung in einem zweiten Fach."
b) Der an einer beruflichen Schule als Lehrer tätige Kläger wäre demnach in die der Besoldungsgruppe A 13 entsprechende VergGr. II a BAT-O einzugruppieren, wenn er Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt im theoretischen Unterricht an beruflichen Schulen bei entsprechender Verwendung wäre.
aa) Nach der einschlägigen Fußnote 4 zur Besoldungsgruppe A 13, die ihrerseits auf die Fußnote 3 zur Besoldungsgruppe A 11 verweist, würde der Kläger diese Voraussetzung dann erfüllen, wenn er eine Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR besäße, die als Lehrbefähigung für diese Schulart (hier: berufliche Schule) im Wege der Bewährung zuerkannt worden wäre.
Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt verfügt der Kläger über eine solche Lehrbefähigung jedoch nicht.
bb) Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kommt für den Kläger trotzdem ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT-O in Betracht, wenn er die Voraussetzungen der Fußnote 11 bzw. Fußnote 13 zur Besoldungsgruppe A 13 erfüllt.
Das beklagte Land meint, eine Eingruppierung in die VergGr. II a BAT-O erfordere entsprechend der Einstufung in die Besoldungsgruppe A 13 stets eine Lehrbefähigung im Sinne der Fußnote 4 und damit im Ergebnis, daß die Voraussetzungen der Fußnoten 4 und 11 bzw. 4 und 13 jeweils kumulativ vorliegen müssen.
Dem kann nicht gefolgt werden. Auch wenn sich die Gesetzgebungskompetenz des beklagten Landes für die Regelung der Lehrerbesoldung aus der Vorbemerkung Nr. 16 b zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B "Lehrer mit der Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR" ergibt, bedeutet dies nicht, daß das beklagte Land nicht auch die Besoldung der Lehrer regeln konnte, die aufgrund ihrer Ausbildung im Schulsystem der ehemaligen DDR Unterricht erteilt haben, und deren Lehrbefähigung nicht im Wege der Bewährung anerkannt wird. Dies folgt schon daraus, daß die die betroffenen Berufsgruppen im einzelnen aufführende Fußnote 13, die zudem noch hinsichtlich der "Diplom-Absolventen" einen Auffangtatbestand enthält, überflüssig und damit nicht zu erklären wäre, wenn stets zusätzlich noch die Lehrbefähigung für die entsprechende Schulart, die im Wege der Bewährung anerkannt sein muß, im Sinne der Fußnote 3 zur Besoldungsgruppe A 11 verlangt werden würde.
cc) Der Kläger erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen der Fußnote 11 bzw. der Fußnote 13 zur Besoldungsgruppe A 13. Beide Fußnoten verweisen auf die Fußnote 10 zur Besoldungsgruppe A 12. Da der Kläger den akademischen Grad eines Diplom-Wirtschaftlers besitzt, der nur eine andere Bezeichnung für den in der Fußnote 10 aufgeführten Diplom-Ökonomen ist, kommt es zur Erfüllung der Voraussetzungen dieser Fußnote weiter darauf an, ob er über einen "zusätzlichen berufspädagogischen Abschluß" verfügt.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob nach der Fußnote 10 zur Besoldungsgruppe A 12 nur ein zusätzlicher berufspädagogischer Abschluß zu berücksichtigen ist, der vor dem 3. Oktober 1990 erworben oder mit dessen Erwerb vor diesem Zeitpunkt begonnen wurde. Der Kläger verfügt nämlich weder über einen berufspädagogischen Abschluß nach dem Recht der ehemaligen DDR noch über einen solchen nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland.
In der ehemaligen DDR gab es auch für Diplomökonomen die Möglichkeit, einen solchen Fachabschluß in Berufspädagogik im Rahmen einer Zusatzausbildung zu erwerben. Dies ergibt sich ua. bereits aus der von der Kultusministerkonferenz am 7. Mai 1993 erstellten Übersicht über die in der ehemaligen DDR erworbenen Abschlüsse und Befähigungen im Lehrerbereich (Tabelle 5.2 der Anlage 1 zur Vereinbarung über die Anerkennung und Zuordnung der Lehrerausbildungsgänge der ehemaligen DDR zu herkömmlichen Laufbahnen, Bundesanzeiger 1994 Beil. Nr. 183 a S 48 ff.). Dort ist ausdrücklich der Diplom-Ökonom mit zusätzlichem berufspädagogischem Abschluß erwähnt.
Über einen solchen Abschluß verfügte der Kläger zum Zeitpunkt des Beitritts der ehemaligen DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990 nicht.
Der Kläger besaß auch keine pädagogische Zusatzausbildung gemäß der Gemeinsamen Anweisung des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen und Staatssekretariats für Berufsbildung über die Einrichtung und Durchführung eines Hochschulfernstudiums für Lehrkräfte für den berufstheoretischen Unterricht vom 26. Februar 1971. Ein solches Studium, welches zur Verleihung des akademischen Grades eines Diplom-Ökonompädagogen geführt hätte (§ 3 Abs. 2 der Gemeinsamen Anweisung), hat der Kläger nicht absolviert.
Das Zusatzstudium des Klägers im Fach "Erwachsenenpädagogik/Berufsbildung" an der Universität R. vom Januar 1991 bis Februar 1992, an dem er laut Bescheinigung der Universität vom 11. November 1991 erfolgreich teilgenommen hat, und das ihn als "Lehrer in der Erwachsenenbildung" befähigt, führte zu keinem berufspädagogischen Abschluß im Sinne der Fußnote 10 zur Besoldungsgruppe A 12.
Eine Ausbildung in "Erwachsenenpädagogik/Berufsbildung" ist bereits von der Bezeichnung her keine berufspädagogische Ausbildung. Sie kann mit einer solchen auch nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden.
Zunächst spricht gegen eine solche Gleichsetzung bereits der Umstand, daß die Universität R., der die spezifischen Ausbildungs- und Studienbezeichnungen der ehemaligen DDR im Jahre 1991 noch bekannt waren, das vom Kläger absolvierte Zusatzstudium nicht als berufspädagogisches Studium bezeichnet hat, obwohl dieser Studiengang in der ehemaligen DDR im Rahmen eines postgradualen Studiums absolviert werden konnte.
In der vom Kläger vorgelegten Bestätigung der Universität R. vom 25. April 1997 bescheinigt die Universität zwar, daß der vom Kläger absolvierte Studiengang "Erwachsenenpädagogisches Ergänzungsstudium (XIX. Matrikel) "als" inhaltlich den früheren Matrikeln gleichwertige Weiterführung erwachsenen- und berufspädagogischer Zusatzqualifizierung für Lehrkräfte der regionalen Berufs- und Weiterbildung" angesehen werden kann. Diese Bestätigung kann aber nicht dazu führen, den vom Kläger erworbenen Abschluß als einen berufspädagogischen zu bewerten. Die "früheren Matrikel", auf welche die Bestätigung der Universität R., Bezug nimmt, beziehen sich nämlich auf ein "postgraduales Studium Fachschulpädagogik" und nicht auf ein Zusatzstudium im Fach Berufspädagogik, obwohl eine solche Zusatzausbildung dem Recht der ehemaligen DDR bekannt war.
Auch die in der Bescheinigung der Universität R. vom 11. November 1991 über den erfolgreichen Abschluß des Zusatzstudiums "Erwachsenenpädagogik/Berufs-bildung" angeführten Lehrgebiete geben keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, bei dem vom Kläger erworbenen Abschluß handele es sich um einen berufspädagogischen. So werden als Lehrgebiete des Zusatzstudiums "Allgemeine Erwachsenenpädagogik", "Didaktik und Methodik der Erwachsenenbildung", "Psychologie des Erwachsenenalters" und eine "Lehrprobe" aufgeführt.
Diese Lehrgebiete lassen keinen Bezug zu einer speziellen berufspädagogischen Ausbildung erkennen. Berufspädagogik ist eine erziehungswissenschaftliche Disziplin, die Fragen der beruflichen Bildung untersucht. Sie steht in enger Beziehung zur Betriebs-, Wirtschafts-, Arbeits- und Industriepädagogik; die Grenzen dieser Teildisziplinen sind fließend, sie werden unterschiedlich gezogen, und die Begriffe werden unterschiedlich definiert. Je nach Gegenstand der Untersuchung erfolgen auch Verknüpfungen, zB zwischen Berufspädagogik und Wirtschaftspädagogik sowie Berufspädagogik und Betriebspädagogik. Zunehmend wird der Terminus Berufspädagogik auch für jene Teile der Ausbildung und Prüfung der Ausbilder gebraucht, die sich auf Fragen der allgemeinen pädagogischen Führung der Auszubildenden, der Überwindung von Lernhemmungen, der Bewältigung von Konflikten im Rahmen der betrieblichen Ausbildung, der didaktischen methodischen Probleme bei der Planung und Durchführung der Berufsausbildung und ähnliches beziehen (Brockhaus, Enzyklopädie).
Ausbildungsschwerpunkt des Zusatzstudiums des Klägers war die allgemeine Erwachsenenbildung, die sich einerseits als berufliche, andererseits aber auch als sonstige Aus- oder Weiterbildung von Erwachsenen darstellen kann.
Die Berufspädagogik setzt jedoch andere Studienschwerpunkte als die allgemeine Erwachsenenpädagogik. So kann beispielsweise ein Student der Diplompädagogik zu Beginn des Hauptstudiums als Studienschwerpunkt/Studienrichtung aus dem jeweiligen Angebot der Hochschule ua. zwischen "Berufs-/Betriebspädagogik" oder "Erwachsenenbildung/Weiterbildung/außerschulische Jugendbildung" wählen (Blätter zur Berufskunde 3-III E 05, Diplom-Pädagoge/Diplom-Pädagogin und Magister der Erziehungswissenschaft, S 46 ff.).
Dabei sind Schwerpunkte der Berufs- und Betriebspädagogik:
- geschichtliche und theoretische Grundlagen der Berufserziehung, Ausbildung und Weiterbildung; gesellschaftliche Bedingungen, internationaler Vergleich
- Organisationen und Institutionen, Lernorte der Aus-, Fort- und Weiterbildung
- Funktionen und Rollen, Arbeitsbedingungen, Lernbedingungen usw.
- bereichsspezifische Didaktik, Methodik, Medien
- berufs- und betriebspädagogisch bedeutsame Rechtsgebiete.
Schwerpunkte der Erwachsenenbildung/Weiterbildung/außerschulische Jugendbildung hingegen sind: - Geschichte und Theorie der Erwachsenenbildung/Weiterbildung, samt internationalem Vergleich
- Geschichte und Theorie der außerschulischen Jugendbildung, internationaler Vergleich
- Organisationen und Institutionen, Träger
- pädagogische Funktionen und Rollen, Teilnehmer(innen)
- Didaktik und Methodik, Medien der außerschulischen Bildung, Aus- und Fortbildung Jugendlicher und Erwachsener
- rechtliche Grundlagen.
Einzig die vom Kläger gefertigte Abschlußarbeit hat einen besonderen berufspädagogischen Inhalt. Thema dieser Arbeit war: "Methodisch-didaktische Gestaltung der Vermittlung der Betriebswirtschaftslehre in Verbindung mit der Wirtschaftsinformatik bei der höheren kaufmännischen Bildung an beruflichen Schulen". Allein durch das Thema dieser Abschlußarbeit kann aber nicht darauf geschlossen werden, daß Schwerpunkt des gesamten Zusatzstudiums die Berufspädagogik war. Da zweifellos auch die Berufspädagogik einen Teil der Erwachsenenpädagogik darstellen kann, besagt das berufspädagogische Thema der Abschlußarbeit allein noch nichts über den fachlichen Schwerpunkt des vom Kläger absolvierten Zusatzstudiums.
Auch die vom Kläger vorgelegte Studienordnung für das Ergänzungsstudium und das Zusatzstudium "Erwachsenenpädagogik" an der Universität R. läßt nicht erkennen, daß die Berufspädagogik Schwerpunkt des Studiums war. Lediglich unter Ziff. 5.4 - Spezielle Erwachsenenbildung - werden die berufliche Aus- und Weiterbildung, die Arbeits- und Berufspädagogik, die Betriebspädagogik und die Berufs- und Fachschulpädagogik erwähnt. Sonst stellt die Berufspädagogik neben der ebenfalls unter Ziff. 5.4 erwähnten Erwachsenenbildung an Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen (Hochschulpädagogik) und der "Allgemeinbildung, politischen Bildung, kulturellen Bildung Erwachsener und der kirchlichen Erwachsenenbildung" lediglich einen Teilbereich der Ausbildung und somit nicht den Ausbildungsschwerpunkt dar.
In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß die Universität R. nach dem Beitritt der DDR im Gegensatz zu anderen Universitäten in der ehemaligen DDR (TU Chemnitz-Zwickau, TU Dresden) kein Diplomstudium mit dem Studienschwerpunkt Berufs-/Betriebspädagogik anbietet (vgl. Blätter zur Berufskunde, aaO, Übersicht über Studieneinrichtungen und Studienangebote).
Schließlich kommt auch der Mitteilung des beklagten Landes vom 30. Oktober 1995 an den Kläger, in welcher diesem eine Qualifikation als Diplom-Ökonom mit pädagogischem Zusatzstudium bestätigt wird, keine besondere rechtliche Bedeutung zu. Das beklagte Land hat dem Kläger die Absolvierung eines pädagogischen Zusatzstudiums bescheinigt. Daß er über ein solches verfügt, ist aber außer Streit. Streitig ist lediglich, ob es sich bei diesem um ein berufspädagogisches Studium handelt. Daß das beklagte Land das erfolgreich abgeschlossene Zusatzstudium des Klägers als berufspädagogischen Abschluß im Sinne der Fußnote 10 zur Besoldungsgruppe A 12 bewertet, hat es in seiner Mitteilung vom 30. Oktober 1995 nicht zum Ausdruck gebracht.
2. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach VergGr. II a BAT-O ergibt sich auch nicht auf Grund der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) vom 22. Juni 1995, welche im beklagten Land zu dem Zeitpunkt in Kraft getreten waren, zu dem das LBesG M-V in Kraft getreten war (Abschnitt C der Lehrer-Richtlinien-O der TdL).
Die Anwendung dieser Eingruppierungsrichtlinien hatten die Arbeitsvertragsparteien in § 3 ihres schriftlichen Arbeitsvertrages vom 9. Juni 1994/25. Januar 1994 vereinbart.
Da der Kläger als Lehrer im berufstheoretischen Unterricht an einer beruflichen Schule nicht dem Abschnitt B V - Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen - der Lehrer-Richtlinien-O unterfällt, ist er entsprechend dem letzten Absatz des Abschnittes B V der Lehrer-Richtlinien-O wie eine entsprechende Lehrkraft an einem Gymnasium einzugruppieren.
Abschnitt B IV - Lehrkräfte an Gymnasien - der Lehrer-Richtlinien-O sieht aber für Lehrkräfte an Gymnasien keine Vergütung nach der VergGr. II a BAT-O vor.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Dr.
Freitag
FischermeierZugleich für den wegen
Urlaverhinderten Richter Prof. Dr. Jobs
Köhnen
K. Ohl
Fundstellen