Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT muss nach billigem Ermessen erfolgen. Sowohl die Tätigkeitsübertragung an sich als auch die fehlende Dauerhaftigkeit der Übertragung müssen der Billigkeit entsprechen.
Normenkette
BAT § 24; BGB § 315
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 12. Dezember 2001 – 18 (5) Sa 1081/01 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Vergütung der Klägerin.
Die am 3. Mai 1958 geborene Klägerin, die 1978 eine Berufsausbildung als Arzthelferin abgeschlossen hat, steht seit dem 26. März 1979 als Verwaltungsangestellte im Versorgungsamt D in den Diensten des beklagten Landes. Seit dem 1. Dezember 1985 bezieht sie eine Vergütung nach VergGr. VI b BAT. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.
Zunächst wurde die Klägerin als Zuarbeiterin in der Rentengruppe 9 des Versorgungsamts eingesetzt. In der Zeit von Mai 1994 bis Mai 1996 nahm die Klägerin mit Erfolg an einer Fortbildungsmaßnahme teil, die inhaltlich abgestellt war auf den künftigen Einsatz in Tätigkeiten des mittleren Dienstes.
Vom 14. August 1996 bis zum 27. April 1999 wurde die Klägerin auf Grund mehrerer Übertragungsanordnungen jeweils vorübergehend als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 (Schwerbehindertenrecht) eingesetzt, und zwar zunächst auf Grund der Verfügung vom 14. August 1996 bis zum 31. Juli 1997 zur Einarbeitung unter Aufsicht und Anleitung und danach unter Zahlung der persönlichen Zulage gem. § 24 Abs. 1 BAT. Zu diesen Übertragungen teilte das Versorgungsamt der Klägerin ua. mit:
Im Schreiben vom 23. Juli 1997:
„Hiermit übertrage ich Ihnen mit Wirkung ab 1. August 1997 unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 – Schwerbehindertenrecht – vorübergehend gem. § 24 Abs. 1 BAT bis zur endgültigen Besetzung des Sachbearbeiterdienstpostens, längstens jedoch bis zum 31. März 1998.”
Im Schreiben vom 19. März 1998:
„Hiermit übertrage ich Ihnen weiterhin, längstens jedoch bis zum 31. August 1998 – unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs vertretungsweise gem. § 24 Abs. 1 BAT die höherwertigen Aufgaben einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 – Schwerbehindertenrecht.”
Mit Schreiben vom 21. August 1998:
„Hiermit übertrage ich Ihnen weiterhin – längstens jedoch bis zum 31. Dezember 1998 – unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs vertretungsweise gem. § 24 Abs. 1 BAT die höherwertigen Aufgaben einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 – Schwerbehindertenrecht.”
Im Schreiben vom 9. Dezember 1998:
„Hiermit übertrage ich Ihnen weiterhin – längstens jedoch bis zum 30. Juni 1999 – unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs vertretungsweise gem. § 24 Abs. 1 BAT die höherwertigen Aufgaben einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 – Schwerbehindertenrecht.”
Vor der ersten dieser Übertragungen hat das beklagte Land mit Schreiben vom 18. Juli 1997 die Zustimmung des Personalrats zur vorübergehenden Übertragung der Tätigkeit „für die Dauer der Ausbildung der Regierungsinspektor-Anwärterin S” beantragt und erhalten. In den Planstellenüberwachungslisten der Haushaltsjahre 1997 und 1998 ist hinsichtlich der Klägerin vermerkt: „Seit dem 1. August 1997 Zulage gem. § 24, 1 nach V c, 1 a für Ass. Anw. P”.
Vom 28. April 1999 bis zum 31. Dezember 2000 wurde die Klägerin auf Grund mehrerer Übertragungen des Versorgungsamtes in der Abteilung 4 (BErzGG) eingesetzt. Zu den Übertragungen teilte das Versorgungsamt der Klägerin ua. mit:
Im Schreiben vom 28. April 1999:
„Hiermit übertrage ich Ihnen mit sofortiger Wirkung unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs die den Merkmalen der VergGr. V c – Fallgr. 1 a – des Teils I der Anlage 1 a zum BAT entsprechende Tätigkeit einer Bearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 4 – BErzGG – vertretungsweise gem. § 24 Abs. 2 BAT.”
Im Schreiben vom 30. Juni 1999:
„Hiermit übertrage ich Ihnen weiterhin – längstens jedoch bis zum 30. September 1999 – unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs vertretungsweise gem. § 24 Abs. 2 BAT die höherwertigen Aufgaben …”
Im Schreiben vom 30. September 1999:
„Hiermit übertrage ich Ihnen weiterhin – längstens jedoch bis zum 31. Dezember 1999 – unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs vertretungsweise gem. § 24 Abs. 2 BAT …”
Im Schreiben vom 22. Dezember 1999:
„Hiermit übertrage ich Ihnen ab 1. Januar 2000 für die Dauer der Vertretung des Angestellten B für die Zeit der Abordnung des ROI W – längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2000 – unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs … vorübergehend gem. § 24 Abs. 2 BAT die höherwertigen Aufgaben einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 4 – Bundeserziehungsgeldgesetz –.”
Nach der Verkündung des obsiegenden Urteils des Arbeitsgerichts vom 24. Januar 2001 setzte das Versorgungsamt die Klägerin mit Schreiben vom 16. März 2001 unter Vorbehalt der Rechtskraft des Urteils als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 (Schwerbehindertenrecht) ein.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vorrangig die Vergütung nach VergGr. V b BAT ab dem 1. August 2000. Sie hat die Auffassung vertreten, seit dem 1. August 1997 sei sie auf Dauer in die VergGr. V c Fallgr. 1 a BAT/BL und nach Ablauf der Bewährungszeit ab 1. August 2000 in die VergGr. V b Fallgr. 1 c BAT/BL eingruppiert. Die Berufung des beklagten Landes auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 und 2 BAT sei rechtsmissbräuchlich, da sie seit dem 1. August 1997 ununterbrochen mit Tätigkeiten einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes beschäftigt worden sei. Ihr vorübergehender Einsatz auf einem Arbeitsplatz mit höherwertigen Tätigkeiten sei insgesamt sieben Mal nahtlos verlängert worden. Ein sachlicher Grund für die verfügten vorübergehenden Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten liege nicht vor. Es handele sich nicht um Vertretungstätigkeiten, sondern um Daueraufgaben. Es bestehe ständiger Vertretungsbedarf.
Die Klägerin hat beantragt
- festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. August 2000 eine Vergütung nach VergGr. V b BAT zu zahlen,
- hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. August 1997 eine Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen,
- hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. April 1998 eine Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen,
- hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. September 1998 eine Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen,
- hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. Januar 1999 eine Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen,
- hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. Juli 1999 eine Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen,
- hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. Oktober 1999 eine Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen,
- hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie seit dem 1. Januar 2000 eine Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen,
- hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie über den 31. Dezember 2000 hinaus eine Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen und einen entsprechenden Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Meinung vertreten, die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit sei jeweils vorübergehend erfolgt. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 und 2 BAT seien bei jeder Übertragung gegeben gewesen. Zu den vertretungsweisen Einsätzen der Klägerin sei es gekommen, weil entsprechender Bedarf bestanden habe und noch bestehe. Die befristeten Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten seien daher der Personalnot gehorchend und bedingt durch eine eindeutige Zunahme der Sonderurlaubsfälle und Teilzeitregelungen auf Grund beamtenrechtlicher und tarifvertraglicher Regelungen, Frauenförderprogrammen und familienfreundlicher Verfahrensweisen erfolgt. Keinesfalls sei die Klägerin mit Daueraufgaben betraut gewesen. Für jede verfügte Übertragung habe sowohl ein sachlicher Grund für die Übertragung und für die Dauer der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit bestanden. So seien die Freihaltung einer Stelle während der Ausbildung eines hierfür vorgesehenen Beamten und auch die Vertretung eines Angestellten im Krankheitsfall und während der Abordnung als sachliche Gründe iSd. § 24 BAT anerkannt. Es liege kein Dauervertretungsbedarf vor.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt das beklagte Land die Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Der als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässigen Klage kann mit der vom Landesarbeitsgericht gegeben Begründung nicht stattgegeben werden. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.
2. Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT setzt die von der Klägerin erstrebte Eingruppierung voraus, dass in ihrer Gesamtarbeitszeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die jeweils für sich genommen die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals der von ihr in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe erfüllen. Dabei kommt es auf die von der Klägerin nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit an (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT).
Die der Klägerin übertragene Sachbearbeitertätigkeit entspricht den Anforderungen der VergGr. V c Fallgr. 1 a des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT. Diese Bewertung ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Dies war entsprechend den Grundsätzen zur Überprüfung einer Eingruppierung bei korrigierender Rückgruppierung (vgl. BAG 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340 ff., 356 f.) zugrunde zu legen.
3. Das Landesarbeitsgericht hat erkannt, dass schon die Verfügungen vom 23. Juli 1997, 19. März 1998, 21. August 1998 und 9. Dezember 1998 nicht durch einen von § 24 Abs. 1 BAT geforderten sachlichen Grund gedeckt seien. Zwar könne im Einzelfall auch die Freihaltung einer Stelle für einen sich noch in Ausbildung befindlichen Beamtenanwärter sachlich gerechtfertigt sein. Bei der generellen Handhabung durch das beklagte Land handele es sich aber bei dem Einsatz eines Angestellten auf der für einen Beamtenanwärter freigehaltenen Stelle um Daueraufgaben. Ein solches Vorgehen lasse nicht erkennen, dass bei der Übertragung die wesentlichen Umstände des Falles unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden seien, weil das beklagte Land nicht annähernd vergleichbare Anstrengungen zur Förderung des beruflichen Fortkommens seiner Angestellten unternehme wie für die Beamten. Das hält der Revision nicht stand.
4. Bei seiner rechtlichen Prüfung, ob es rechtens war, diese höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen, ist das Landesarbeitsgericht – auch – von dem damaligen Stand der Rechtsprechung des Senats ausgegangen. Danach galt eine vorübergehend übertragene Tätigkeit als auf Dauer übertragen, wenn die Gestaltungsmöglichkeit des § 24 BAT rechtsmissbräuchlich verwendet worden sei. Rechtsmissbrauch lag nach dieser Rechtsprechung vor, wenn die vorübergehende Übertragung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei (5. Juli 1967 – 4 AZR 162/66 – und 11. Oktober 1967 – 4 AZR 448/66 – AP TVG § 1 Tarifverträge: BAVAV Nrn. 10, 11; 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1; 5. September 1973 – 4 AZR 549/72 – AP BAT § 24 Nr. 2). Fehle es an einer sachlichen Rechtfertigung, sei der Angestellte vom Beginn der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an so zu behandeln, als sei ihm diese auf Dauer zugewiesen (10. Februar 1988 – 4 AZR 585/87 – AP BAT § 24 Nr. 15 mwN; 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90 – BAGE 67, 59; 26. März 1997 – 4 AZR 604/95 – ZTR 1997, 413). Es bestehe aber hinsichtlich der tatsächlichen Rechtfertigung ein verhältnismäßig großer Beurteilungsspielraum sowohl des Arbeitgebers als auch der Tatsacheninstanz (15. Februar 1984 – 4 AZR 595/82 – AP BAT § 24 Nr. 8).
5. Diese Rechtsprechung zur Rechtsmissbrauchskontrolle bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für einen vorübergehenden Zeitraum hat der Senat nach nochmaliger Prüfung in mehreren Entscheidungen vom 17. April 2002 aufgegeben. Vielmehr muss der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung, ob er kraft seines Direktionsrechts die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nur vorübergehend vornimmt, entsprechend § 315 BGB billiges Ermessen walten lassen. Der Senat hat diese Rechtsprechungsänderung und die Grundsätze für die Ermessensprüfung bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT in der Entscheidung in der Sache – 4 AZR 174/01 – (AP BAT § 24 Nr. 23, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) ausführlich begründet. Darauf nimmt er Bezug.
a) Danach ist bei der „vorübergehenden Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit” nach § 24 BAT zu unterscheiden zwischen einer „vorübergehenden” Übertragung nach § 24 Abs. 1 BAT und der „vertretungsweisen” Übertragung der Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT. Letztere bildet einen speziell geregelten Sonderfall der vorübergehenden (interimistischen) Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit.
aa) Um eine Vertretung iSv. § 24 Abs. 2 BAT handelt es sich nur dann, wenn der eigentliche Arbeitsplatzinhaber vorübergehend die ihm dauernd übertragene Tätigkeit nicht wahrnimmt (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand März 2002 § 24 Rn. 53). Die Billigkeit einer vertretungsweisen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT folgt schon aus dem Übertragungsgrund. Denn nach Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers auf seinen Arbeitsplatz besteht kein Bedürfnis für die Beschäftigung des Vertreters auf diesem Arbeitsplatz. Die vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für die Zeit der Verhinderung des Vertretenen entspricht daher regelmäßig billigem Ermessen (Senat 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – aaO).
bb) Ist die Stelle, auf der der Angestellte – vorübergehend – beschäftigt wird, noch nicht besetzt, weil sie z.B. für einen Beamten freigehalten wird, liegt kein Vertretungsfall, sondern eine vorübergehend auszuübende Tätigkeit iSd. § 24 Abs. 1 BAT vor (Senat 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1). Daher ist vom Arbeitgeber kein Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Angestellten, der vorübergehend eingesetzt worden ist, und der nach dem Zugang vom Beamtenanwärter zu erbringenden Tätigkeit darzulegen. Zu prüfen ist die Zuordnung des vorübergehenden Einsatzes des Angestellten zu der freizuhaltenden Stelle im Zeitpunkt der Übertragung. Hierzu hat der Arbeitgeber vorzutragen. Die Zuordnung des vorübergehenden Einsatzes des Angestellten zu der freizuhaltenden Stelle zum Zeitpunkt der Übertragungsverfügung ist z.B. dann nicht schlüssig dargelegt, wenn der Arbeitgeber die vorübergehenden Übertragungen auf mehrere vollbeschäftigte Angestellte für dieselbe Zeit mit dem Freihalten der Stelle für denselben zugehenden Beamtenanwärter begründet. Die generelle Entscheidung des beklagten Landes, bestimmte Stellen nur mit Beamten zu besetzen und sie daher bis zum Zugang von Beamtenanwärtern freizuhalten, ist grundsätzlich hinzunehmen. Für eine solche Organisationsentscheidung kann es plausible Gründe geben wie z.B. die leichtere Versetzbarkeit von Beamten im Vergleich zu Angestellten, die häufig gegebene vielseitigere Einsetzbarkeit von Beamten, z.B. auf Grund einer breiteren Ausbildung, oder auch die Verfügbarkeit von Beamten im Falle eines Streiks. Diese Entscheidung schränkt letztlich die Ermessensentscheidung der einzelnen Versorgungsämter bei der Disposition über die Stellen ein. Es muss aber nachvollziehbar dargelegt sein, dass eine solche Entscheidung getroffen worden ist. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall die Organisationsentscheidung rechtsmissbräuchlich ist. Dafür muss der Angestellte Gründe vortragen. Wird der vorübergehende Einsatz des Angestellten auf einer für einen zugehenden Beamtenanwärter freizuhaltenden Stelle nicht mit einer generellen Organisationsentscheidung begründet, ist zu prüfen, ob die Einzelentscheidung, die Stelle nur mit einem Beamten dauerhaft zu besetzen, billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entspricht. Der Arbeitgeber muss also seine Interessen offen legen, die Stelle für einen Beamten freihalten zu wollen. Diese sind gegenüber dem Interesse des Angestellten, die ihm nur vorübergehend übertragene Tätigkeit dauerhaft auszuüben, abzuwägen.
b) Ist bei nur einer dieser mehreren interimistischen Übertragungen billiges Ermessen hinsichtlich dessen, dass die Übertragung nicht auf Dauer erfolgte, nicht gewahrt, so kann dies zur Folge haben, dass diese Übertragung kraft richterlicher Entscheidung entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB als auf Dauer erfolgt anzusehen ist. Ob die zeitlich nachfolgenden interimistischen Übertragungen derselben oder einer gleichermaßen höherwertigen Tätigkeit ihrerseits billigem Ermessen entsprechen, ist rechtlich unerheblich, wenn die vorherige Übertragung als auf Dauer erfolgt anzusehen ist (Senat 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – aaO).
6. Nach diesen Grundsätzen kann auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend entschieden werden, ob die ersten Übertragungen in dem Zeitraum vom 1. August 1997 bis zum 27. April 1999 billigem Ermessen entsprechen.
a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts erweist sich die Vorläufigkeit der Übertragung nicht schon deshalb als unwirksam, weil das beklagte Land generell für die in der Ausbildung stehenden Beamtenanwärter Stellen freihält. Dadurch wird der einzelne vorübergehende Einsatz eines Angestellten auf einer für einen Beamtenanwärter freigehaltenen Stelle nicht zu einer Daueraufgabe, die nach billigem Ermessen eine vorübergehende Übertragung unzulässig macht. Andernfalls wäre es dem beklagten Land verwehrt, für die in Ausbildung befindlichen Beamtenanwärter Stellen vorzuhalten.
b) Die Unbilligkeit der vorübergehenden Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an die Klägerin ergibt sich auch nicht aus dem vom Landesarbeitsgericht angeführten Gesichtspunkt, dass das beklagte Land für die zum Einsatz im mittleren Dienst fortgebildeten Angestellten keine vergleichbaren Anstrengungen für einen dauerhaften Einsatz unternehme wie für die Beamtenanwärter und damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Bei dieser generalisierenden Bewertung wird verkannt, dass die Beamtenanwärter nach erfolgreicher Ausbildung entsprechend eingesetzt werden müssen und es somit sachgerecht erscheint, die dafür erforderlichen Dauerstellen freizuhalten. Die Interessenlage hinsichtlich der Angestellten im einfachen Dienst, denen die Möglichkeit gegeben wird, sich für den Einsatz im mittleren Dienst fortzubilden, ist anders. Es ist nicht unbillig, wenn das beklagte Land den Angestellten nach der Fortbildung für den Einsatz im mittleren Dienst zunächst durch zeitlich befristete Übertragungen entsprechend höherwertiger Tätigkeiten die Möglichkeit der Bewährung für eine dauerhafte Übertragung einer Tätigkeit im höheren Dienst gibt. Entscheidend ist deshalb, ob die konkrete interimistische Übertragung der höherwertigen Tätigkeit billigem Ermessen entspricht, wobei generelle Organisationsentscheidungen des beklagten Landes ebenso zu berücksichtigen sind wie die besonderen Interessen im konkreten Fall.
c) Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt kann diese konkrete Interessenabwägung für den Einzelfall nicht abschließend vorgenommen werden. Vielmehr haben die Parteien streitig dazu vorgetragen, ob und ggf. für welchen Beamtenanwärter der der Klägerin vorübergehend übertragene Arbeitsplatz freigehalten werden sollte. Das beklagte Land hat insoweit unter Bezugnahme auf die Personalstellenüberwachungsliste behauptet, dass der Arbeitsplatz für den zugehenden Anwärter P freigehalten werden sollte. Die Klägerin hat das nachdrücklich und substantiiert bestritten und insoweit ua. darauf hingewiesen, dass sich diese Zuordnung nicht aus den Übertragungsverfügungen ergebe, dass die Zeiträume der vorübergehenden Übertragungen und der Ausbildung des Anwärters P nicht übereinstimmten und dass in dem Zustimmungsantrag des Versorgungsamtes an den Personalrat ebenso wie in den gleichlautenden Schreiben an die Schwerbehindertenvertretung die vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an die Klägerin mit der Ausbildungsdauer der Anwärterin S begründet worden sei. Das Landesarbeitsgericht hat es – von seiner Begründung ausgehend konsequent – ausdrücklich dahinstehen lassen, ob und ggf. für wen im Zeitpunkt der Übertragung vom 23. Juli 1997 der von der Klägerin vorübergehend eingenommene Arbeitsplatz freigehalten werden sollte. Dies wird das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Parteien zu klären haben und nach den oben dargelegten Grundsätzen zu entscheiden haben, ob die Übertragungsanordnungen für den Zeitraum vom 1. August 1997 bis zum 27. April 1999 billigem Ermessen entsprachen. Wenn das der Fall ist, wird das Landesarbeitsgericht die Wirksamkeit der nachfolgenden interimistischen Übertragungen zu prüfen haben, dh. zunächst die Übertragung vom 28. April 1999 und deren Verlängerungen durch die Anordnungen vom 30. Juni 1999 und vom 30. September 1999 sowie die letzte Übertragungsanordnung vom 22. Dezember 1999. Hinsichtlich der Verfügung vom 28. April 1999 hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass diese nicht den tariflichen Anforderungen des § 24 Abs. 2 BAT entspreche. Dem Inhalt der Verfügung lasse sich die vorübergehende Natur der Übertragung nicht entnehmen. Die Übertragungsverfügung enthalte keine ausdrückliche Befristung der Vertretung und die Dauer der Vertretung lasse sich auch nicht aus der Sache heraus feststellen. Der Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs sei als Zeitbestimmung zu unbestimmt. Damit kann nach den oben genannten Grundsätzen der Verstoß gegen billiges Ermessen nicht begründet werden.
Unterschriften
Schliemann, Friedrich, Wolter, Kiefer, Seifner
Fundstellen