Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag
Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Parteien in einem befristeten Arbeitsverhältnis beiderseits ein Kündigungsrecht aus bestimmten, als wichtig bezeichneten Gründen mit einer Kündigungsfrist, die der tariflichen bzw. gesetzlichen Kündigungsfrist entspricht oder diese übersteigt, so wird damit, falls nicht Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen vorliegen, nicht die fristlose Kündigung nach § 626 BGB ausgeschlossen, sondern das Recht zur ordentlichen Kündigung vereinbart.
Normenkette
BGB § 626; KSchG § 1 Abs. 2; GmbHG § 35 Abs. 1, § 39 Abs. 1; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 30. Januar 1997 - 5 Sa 477/96 - aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der 1942 geborene, verheiratete Kläger war seit 1. Januar 1991 zunächst als Verwaltungsdirektor im F -E -Krankenhaus (FEK) N tätig.Der schriftliche, noch mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Stadt N - , abgeschlossene Anstellungsvertrag lautet u.a. wie folgt:
"§ 12
Beginn und Ende des Vertrages
(1) Dieser Vertrag beginnt am 01.01.1991 und ist befristet bis zum 31.12.1996. Er verlängert sich stillschweigend um jeweils weitere 6 Jahre, falls keine der Vertragsparteien bis spätestens 6 Monate vor Vertragsende erklärt, daß der Vertrag auslaufen soll.Die ersten 6 Monate der Vertragszeit gelten als Probezeit (Abs. (5)).
(2) Der Verwaltungsdirektor ist berechtigt, den Vertrag mit halbjähriger Frist zum Ende eines Kalenderjahres zu kündigen.Kündigt der Verwaltungsdirektor, so ist er auf Verlangen des FEK's verpflichtet, seinen Vertreter oder Nachfolger in angemessenem zeitlichen Umfang - in der Regel innerhalb der Zeit des auslaufenden Angestelltenverhältnisses, darüber hinaus jedoch höchstens bis zu 3 Monaten in das Aufgabengebiet und die dienstlichen Angelegenheiten des Krankenhausdirektors einzuführen.
(3) Das FEK kann den Anstellungsvertrag nur aus wichtigem Grunde mit halbjähriger Frist bis zum Ablauf des Kalenderjahres kündigen.Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn aus dienstlichen oder persönlichen Gründen - gleichgültig bei welcher Vertragspartei - dem FEK unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Angestelltenverhältnisses nicht zugemutet werden kann.Als wichtiger Kündigungsgrund in der Person des Krankenhausdirektors gilt insbesondere, wenn
a) der Verwaltungsdirektor seine Vertragspflichten wiederholt auf Vorhalt verletzt,
b) eine Dienstunfähigkeit des Verwaltungsdirektors länger als 1 Jahr dauert,
c) in der Persönlichkeit des Verwaltungsdirektors Umstände eintreten oder erkennbar werden, die das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien nachhaltig stören.
(4) Kündigt der Verwaltungsdirektor - unabhängig von Abs. (2) - aus wichtigem Grunde, gilt auch für ihn die halbjährige Kündigungsfrist zum Ende des Kalenderjahres.
...
§ 13
Entwicklungsklausel
Der Träger des FEK beabsichtigt, im Wege der Strukturänderung das Krankenhaus in einen Eigenbetrieb oder eine Eigengesellschaft umzuwandeln.Für diesen Fall erklärt sich das FEK bereit und bietet dem Verwaltungsdirektor an, diesen aufgrund eines gesondert auszuhandelnden Vertrages als Krankenhausdirektor oder Geschäftsführer mit einer seinen Aufgaben angemessenen Dotierung weiterzubeschäftigen, soweit nicht Umstände vorliegen, die das FEK gemäß § 12 zur Vertragskündigung berechtigen.Mit Zustandekommen eines solchen gesonderten Vertrages ist dieser Anstellungsvertrag beendet."
Bis zum 31. Dezember 1993 wurde das FEK in der Form eines Regiebetriebes der Stadt N geführt. Aufgrund eines Beschlusses der Ratsversammlung vom 8. Februar 1994 erfolgte mit Wirkung zum 1. Januar 1994 die Umwandlung in eine gemeinnützige GmbH, die Beklagte, zu deren Geschäftsführer der Kläger bestellt wurde. Die notarielle Beurkundung der Umwandlung erfolgte am 15. Juni 1994, die Eintragung ins Handelsregister am 12. August 1994. Die konstituierende Sitzung des Aufsichtsrats der Beklagten fand am 7. Dezember 1994 statt. Am 9. Februar 1995 gab sich der Aufsichtsrat eine Dienstordnung. In Anwendung des § 13 des Anstellungsvertrages verhandelten die Parteien über den Abschluß eines Geschäftsführervertrages mit entsprechend höheren Bezügen des Klägers, ohne darüber ein Einvernehmen zu erzielen. In der Aufsichtsratssitzung vom 25. Oktober 1995 sollte nach der Tagesordnung der Vertrag mit dem Kläger erörtert werden. Hierzu kam es jedoch nicht. In dieser Sitzung wurde der Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1994 der Norddeutschen Treuhand- und Revisionsgesellschaft erörtert, der auszugsweise lautet:
"Das Berichtsjahr war geprägt durch die Übergangsphase vom Regiebetrieb zur GmbH. Die GmbH wurde durch Errichtung des Gesellschaftsvertrages am 15.06.1994 gegründet. Bis zu diesem Stichtag galten somit formal noch die bisherigen Vorschriften und Regelungen für den Regiebetrieb. Die letzte Sitzung des Krankenhausausschusses der Stadt N hatam 02.03.1994 stattgefunden; nach den im März 1994 durchgeführten Kommunalwahlen wurde kein neuer Ausschuß errichtet. Der Aufsichtsrat hat sich nach seiner Wahl erst am 07.12.1994 konstituiert. Die Wertgrenzen für Geschäfte, bei deren Überschreiten die Zustimmung des Aufsichtsrates erforderlich ist, wurden durch die Geschäftsordnung am 08.02.1995 festgelegt. Aufgrund dieser Situation liegen für folgende Geschäftsvorfälle keine Beschlüsse vor:
- Abschluß des Chefarztvertrages der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Nephrologie
- Abschluß des Vertrages mit dem Hyperbaren Zentrum Norddeutschland,
- Vergabe der betriebsärztlichen Betreuung,
- Einzelanschaffung über TDM 500 (Urograph, Gamma-Kamera)
- Überschreitung der Ansätze des Vermögensplans."
Der Aufsichtsrat nahm diesen Prüfungsbericht zur Kenntnis, ohne der Gesellschafterversammlung eine uneingeschränkte Entlastung der Geschäftsführung zu empfehlen, und berief zu einer erneuten Aufsichtsratssitzung am 8. November 1995 ein, auf der die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und die fristlose Kündigung seines Anstellungsvertrages beschlossen wurde. Mit Schreiben vom 9. November 1995 teilte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende dem Kläger den Beschluß über seine Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund mit. Mit einem weiteren Schreiben vom 9. November 1995 kündigte der in der Aufsichtsratssitzung vom 8. November 1995 neu bestellte Geschäftsführer T , bis zu diesem Zeitpunkt Verwaltungsdirektor des Krankenhauses, den Anstellungsvertrag des Klägers vom 1./10. Oktober 1990 aus wichtigem Grund fristlos. Beide Schreiben wurden dem Kläger noch am 9. November 1995 durch einen Boten übergeben.
Der Kläger hält die fristlose Kündigung schon nach § 12 Abs. 3 des Anstellungsvertrages für unwirksam. Er hat geltend gemacht, auf die von der Beklagten vorgebrachten Kündigungsgründe komme es schon deshalb nicht an, weil auch eine außerordentliche Kündigung nach § 12 Abs. 3 des Vertrages das Arbeitsverhältnis erst zum 31. Dezember 1996 habe beenden können, zu dem der befristete Vertrag ohnehin ausgelaufen sei. Wichtige Gründe zur außerordentlichen Kündigung hätten nicht vorgelegen. Zu Unrecht werfe ihm die Beklagte Mißwirtschaft vor und versuche irreführend den Eindruck zu erwecken, er habe anstatt des unstreitig erwirtschafteten Gewinns ihr einen Schaden verursacht. Abgesehen davon sei schon durch seine Abberufung als Geschäftsführer sichergestellt, daß er keine weiteren Tätigkeiten mit Außenwirkung hätte entfalten können. Die Beklagte hätte ihn deshalb ohne weiteres in der Position eines Verwaltungsdirektors weiterbeschäftigen können, die durch die Berufung des Herrn T zum Geschäftsführer freigeworden sei. Auch die Frist des§ 626 Abs. 2 BGB sei versäumt. Die geltend gemachten Kündigungsgründe seien dem Aufsichtsrat bereits früher als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung bekannt gewesen, einzelne Aufsichtsratsmitglieder seien noch wesentlich früher als der gesamte Aufsichtsrat informiert gewesen. Die Kündigung sei schließlich nicht durch Einschreiben bzw. gegen Empfangsbekenntnis erfolgt und damit nach § 15 Abs. 2 des Anstellungsvertrages nicht formgerecht und der Geschäftsführer T habe die Kündigung mangels Handelsregistereintragung seiner Bestellung nicht wirksam unterzeichnen können.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß der Anstellungsvertrag vom 1. Oktober 1990 nicht durch die fristlose Kündigung vom 9. November 1995 aufgelöst ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, der Kläger habe die Vertrauensbasis des Arbeitsverhältnisses durch Falsch- und Nichtinformation insbesondere des Aufsichtsrats, durch Kompetenzüberschreitungen und Fehlentscheidungen in einem solchen Maße zerstört, daß seine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der in § 12 Abs. 3 des Anstellungsvertrages vereinbarten Frist von sechs Monaten zum Jahresende unzumutbar sei. Der Kläger habe sich auf Großprojekte eingelassen, deren Finanzierung nicht nur unsicher, sondern zum Teil von vornherein unmöglich gewesen sei und habe ihr in seiner 16monatigen Geschäftsführertätigkeit leichtfertig einen Schaden von mehr als 3 Mio. DM verursacht. Er habe es im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit völlig an der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns fehlen lassen. So habe er z.B. Anfang 1994 einen Auftrag im Wert von 1,3 Mio. DM unter Überschreitung seiner Kompetenzen an die Firma S erteilt.Im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluß mit dem Hyperbaren Zentrum Norddeutschland habe der Kläger gegenüber dem Aufsichtsrat Baukosten in Höhe von 500.000,00 DM in Aussicht gestellt. Tatsächlich hätten sich die Baukosten auf 820.000,00 DM belaufen und aufgrund unsorgfältiger Finanzplanung und unpräzise ausgehandelter Verträge habe keine Finanzierungsmöglichkeit bestanden. Bei der Vergabe der betriebsärztlichen Betreuung seien die Vorschriften über das Vergabeverfahren nicht eingehalten und dadurch Schadenersatzansprüche des benachteiligten Bewerbers in beträchtlicher Höhe verursacht worden. Bei dem vom Kläger eingerichteten Mutter-Kind-Zentrum und der Operativen Intensivmedizin sei die Finanzierung von vornherein unmöglich gewesen. Eine Doppelbeschaffung von Großgeräten habe das ohnehin knappe Budget belastet und der Kläger habe teure Verträge mit Beratungsfirmen in Bereichen abgeschlossen, für die er selbst zuständig gewesen sei. Der Aufsichtsrat als Gremium habe von den Kündigungsgründen erst in der Sitzung vom 8. November 1995 Kenntnis erlangt.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung (§ 565 ZPO), weil der Senat mangels hinreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht abschließend entscheiden kann.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Nach § 12 Abs. 3 des Anstellungsvertrages der Parteien sei nach Ablauf der Probezeit für die Beklagte nur noch eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB mit der vereinbarten halbjährigen Auslauffrist zum Jahresende möglich gewesen. Durch die vereinbarte Auslauffrist werde zwar das außerordentliche Kündigungsrecht des § 626 BGB teilweise eingeschränkt. Diese Kündigungserschwerung sei jedoch wirksam, denn es sei der Beklagten nicht unzumutbar, die Auslauffrist einzuhalten. Unzumutbar sei eine derartige Kündigungserschwerung für den Arbeitgeber sicher dann, wenn eine Auslauffrist für schwerste Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers im Vertrauensbereich vereinbart worden sei. Derartige Pflichtverletzungen werfe die Beklagte dem Kläger hier jedoch nicht vor. Die von der Beklagten vorgebrachten Kündigungsgründe fielen sämtlich unter § 12 Abs. 3 Satz 3 a des Anstellungsvertrages. Die Grenzen der relativen Unzumutbarkeit im Sinne des § 626 BGB könnten die Parteien selbst bestimmen.
II. Dem folgt der Senat weder im Ergebnis noch in der Begründung. Die Revision rügt zutreffend, entgegen der Auslegung des Landesarbeitsgerichts regele § 12 Abs. 3 des Anstellungsvertrages der Parteien nicht den Fall einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB, sondern den Ausnahmefall einer nur unter eingeschränkten Voraussetzungen möglichen ordentlichen Kündigung des ansonsten befristeten Anstellungsverhältnisses.
1. Gegen die Zulässigkeit der Revision ergeben sich keine Bedenken daraus, daß die Prozeßbevollmächtigte der Beklagten bei der Unterzeichnung der Revisionsschrift und der Revisionsbegründungsschrift den zweiten Teil ihres Doppelnamens abgekürzt hat. Dem Erfordernis der persönlichen Unterzeichnung bestimmender Schriftsätze ist auch dann genügt, wenn eine Rechtsanwältin den zweiten Teil ihres Doppelnamens mit dem Anfangsbuchstaben abkürzt (BAG Urteil vom 15. Dezember 1987 - 3 AZR 606/87 - AP Nr. 6 zu § 130 ZPO; BGH Urteil vom 18. Januar 1996 - III ZR 73/95 - BB 1996, 612).
2. Ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, obwohl der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt war, war nach § 17 a Abs. 5 GVG durch das Revisionsgericht nicht zu prüfen.
3. Der Kläger stand bei Ausspruch der Kündigung noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Sein mit der Stadt N begründetes Arbeitsverhältnisist, darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit, auf die Beklagte übergegangen. Ergibt sich der Übergang nicht bereits aus dem geschlossenen Personalüberleitungsvertrag oder aus § 58 Abs. 2 i.V.m. § 55 Abs. 1 Satz 2 UmwG a.F., so ist mit dem FEK jedenfalls ein selbständiger Betriebsteil von der Stadt N auf dieBeklagte übergangen, so daß die Beklagte nach § 613 a Abs. 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis mit dem Kläger eingetreten ist (BAGE 77, 174, 179 = AP Nr. 1 zu Art. 22 Einigungsvertrag, zu II 1 der Gründe). Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer erloschen. Die Parteien haben in § 13 des Anstellungsvertrages vom Oktober 1991 ausdrücklich vereinbart, daß während der ins Auge gefaßten Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer, zu der er nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages verpflichtet war, der alte Anstellungsvertrag fortgelten und erst mit dem Zustandekommen eines neu abzuschließenden Geschäftsführervertrages beendet sein sollte. Ob in der Zeit, in der der Kläger Geschäftsführer der Beklagten war, das Anstellungsverhältnis zu den Bedingungen des Vertrages vom Oktober 1991 als Arbeitsverhältnis fortbestanden hat oder ob es sich in dieser Zeit unter Beibehaltung der alten Vertragsbedingungen wegen der fehlenden Weisungsgebundenheit des Klägers in einen Dienstvertrag umgewandelt hatte, kann dahinstehen. Jedenfalls nach der Abberufung des Klägers bestand das Anstellungsverhältnis, um dessen Beendigung die Parteien hier streiten, nach § 13 des Vertrages vom Oktober 1991 als Arbeitsverhältnis fort, da ein den Vertrag ablösender Geschäftsführervertrag zu keinem Zeitpunkt geschlossen worden ist. Darüber sind sich auch die Parteien einig.
4. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung, die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis auch außerordentlich nur zum 31. Dezember 1996 kündigen können und es komme damit auf eine Prüfung, ob die dem Kläger von der Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzungen einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne von § 626 BGB darstellen, nicht an, trägt nicht das Ergebnis der Unwirksamkeit der Kündigung. Vereinbaren die Parteien in einem befristeten Arbeitsverhältnis beiderseits ein Kündigungsrecht aus bestimmten als wichtig bezeichneten Gründen mit einer Kündigungsfrist die der tariflichen bzw. gesetzlichen Kündigungsfrist entspricht oder diese übersteigt, so wird damit, falls nicht Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen vorliegen, nicht die fristlose Kündigung nach § 626 BGB ausgeschlossen, sondern das Recht zur ordentlichen Kündigung vereinbart.
a) Die Regelungen in § 12 Abs. 2 - 5 des Arbeitsvertrages mit den darin enthaltenen Kündigungsbestimmungen stellen zwar nichttypische Erklärungen dar, die im Revisionsverfahren nur dahingehend überprüfbar sind, ob eine gebotene Auslegung auch vorgenommen worden ist, ob die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt worden sind, ob dabei gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen wurde und ob wesentlicher Auslegungsstoff nicht herangezogen worden ist (Senatsurteil vom 7. Oktober 1993- 2 AZR 260/93 - AP Nr. 16 zu § 5 ArbGG 1979, zu II 1 a der Gründe, m.w.N.). Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil jedoch nicht stand. Die Revision rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe wesentlichen Auslegungsstoff nicht berücksichtigt und sei deshalb aufgrund einer fehlerhaften Auslegung zu dem Ergebnis gelangt, § 12 Abs. 3 des Vertrages regele eine außerordentliche, nicht eine ordentliche Kündigung. Der Senat kann dabei die gebotene Auslegung selbst vornehmen, weil der Auslegungsstoff, im wesentlichen der schriftliche Vertrag der Parteien, feststeht und ergänzendes Vorbringen der Parteien, die über mehrere Jahre in zwei Tatsacheninstanzen gerade über diese Auslegung gestritten haben, nicht zu erwarten ist.
b) Das Berufungsgericht stellt im wesentlichen darauf ab, wenn § 12 Abs. 2 des Vertrages die Kündigung vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig mache, so müsse damit ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB gemeint sein. Die Parteien hätten damit in ihrem befristeten Arbeitsverhältnis eine fristlose Kündigung ausgeschlossen und die außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB in der Weise erschwert, daß sie eine lange Auslauffrist vereinbart hätten. Daran ist zwar richtig, daß die Verwendung eines Rechtsbegriffs wie "wichtiger Grund" zunächst dafür spricht, daß die Parteien diesen Begriff in der feststehenden Bedeutung der insoweit gleichlautenden Norm des § 626 BGB verwendet haben (vgl. Senatsurteil vom 29. August 1991 - 2 AZR 59/91 - AP Nr. 58 zu § 102 BetrVG 1972). Damit bot der Begriff "wichtiger Grund", unterstützt durch eine wörtliche Wiederholung weiterer Teile des Wortlauts von § 626 Abs. 1 BGB in § 12 Abs. 3 des Vertrages zwar einen gewissen Anhaltspunkt für die durch das Berufungsgericht vorgenommene Auslegung. Trotzdem greift diese Auslegung zu kurz, wenn man den übrigen Wortlaut des § 12 Abs. 3, Sinn und Zweck und den Gesamtzusammenhang der Kündigungsbestimmungen des Vertrages mitberücksichtigt:
Der Vertrag der Parteien war befristet, so daß auch die ordentliche Kündigung vertraglich geregelt werden mußte, wenn die Parteien auf eine ordentliche Kündigung nicht völlig verzichten wollten. Im Wortlaut des § 12 Abs. 3 fehlt der ausdrückliche Hinweis, daß die dort geregelte Beendigungsmöglichkeit eine außerordentliche Kündigung darstellen sollte. Dazu hätte aber bei der Vereinbarung einer sowohl die gesetzliche als auch die tarifliche Kündigungsfrist übersteigenden Auslauffrist im Rahmen des § 626 BGB Anlaß bestanden, schon weil die Parteien von dem Kündigungstypus einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) abgewichen wären und auch die erwähnten "wichtigen" Kündigungsgründe entweder ausdrücklich (Gründe "in der Person") oder jedenfalls der Sache nach (wiederholte Vertragspflichtverletzung auf Vorhalt, längere Dienstunfähigkeit, Störung des Vertrauensverhältnisses) eher auf § 1 Abs. 2 KSchG als auf § 626 Abs. 1 BGB verweisen. Die vereinbarte Frist wird in § 12 Abs. 4 zudem ausdrücklich als Kündigungsfrist, nicht als Auslauffrist bezeichnet. Schließlich - und das hält der Senat für entscheidend - ist aus dem Wortlaut des § 626 Abs. 1 BGB gerade der Teil in § 12 Abs. 3 des Vertrages nicht zitiert, daß die Vertragsfortsetzung der anderen Partei "bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses" nicht zugemutet werden kann. Damit ist der gesetzliche Maßstab für die Prüfung der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung gerade nicht übernommen. Es kann den Parteien nicht unterstellt werden, sie hätten eine perplexe Regelung getroffen und vereinbart, für den Fall der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der halbjährigen Frist zum Jahresende solle trotzdem die weitere - unzumutbare - Erfüllung der beiderseitigen Vertragspflichten während dieser Zeit vereinbart sein. Dann spricht das Fehlen des Prüfungsmaßstabs des § 626 Abs. 1 BGB aber entscheidend dafür, daß die Parteien durch § 12 Abs. 3 des Vertrages eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB gerade nicht ausschließen wollten.
Diese Auslegung entspricht auch dem Gesamtzusammenhang der Kündigungsregelungen und führt zu einem praktikablen Ergebnis. Da das Anstellungsverhältnis befristet war, mußte eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich vereinbart werden. Für den Kläger haben die Parteien in § 12 Abs. 2 eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit ohne besonderen Grund mit halbjähriger Kündigungsfrist zum Jahresende vereinbart. Kündigte der Kläger ohne Grund, so war er verpflichtet, auch nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bis zu drei Monaten noch für die Einarbeitung seines Nachfolgers zu sorgen. Über diese Kündigungsmöglichkeit hinaus haben die Parteien in ihrem befristeten Arbeitsverhältnis beiderseits die ordentliche Kündigung mit einer halbjährigen Kündigungsfrist zum Jahresende an verschärfte Voraussetzungen geknüpft. Nur gewichtige ("wichtige") Gründe sollten zur ordentlichen Kündigung berechtigen und in diesem Fall sollte für den Kläger die Pflicht entfallen, seinen Nachfolger auch nach Ablauf der Kündigungsfrist einzuarbeiten. Eine fristlose Kündigung für den Fall, daß ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, aufgrund dessen dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der halbjährigen Kündigungsfrist zum Jahresende nicht zugemutet werden kann, haben die Parteien damit nicht ausgeschlossen.
Anhaltspunkte dafür, daß die Parteien mit der vereinbarten Regelung in § 12 Abs. 3 des Vertrages aufgrund einer konkreten Interessenlage etwas anderes gemeint haben könnten, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
c) Auf die Frage, ob eine derartige Kündigungserschwerung, wie sie der Auslegung des Landesarbeitsgerichts entspricht, zulässig ist, oder ob nicht die Unabdingbarkeit des § 626 BGB den Ausschluß der fristlosen Kündigungsmöglichkeit und die Vereinbarung einer Auslauffrist von derart erheblicher Länge verbietet, kommt es damit nicht mehr an.
d) Die Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB erfüllt sind, hat das Landesarbeitsgericht, von seinem rechtlichen Ansatzpunkt her konsequent, nicht vorgenommen und dazu auch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.
5. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als zutreffend, § 563 ZPO.
a) Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert nicht, wie der Kläger meint, an einer fehlenden Kündigungsberechtigung des neuen Geschäftsführers T . Dieser war unstreitig durch den dazu befugten Aufsichtsrat in der Sitzung vom 8. November 1995 zum alleinvertretungsberechtigen Geschäftsführer bestellt worden. Diese Bestellung war wirksam, der neue Geschäftsführer damit gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG kündigungsberechtigt. Die Eintragung in das Handelsregister war dazu nicht erforderlich, die nach § 39 Abs. 1 GmbHG anzumeldende Änderung in der Person des Geschäftsführers hat lediglich deklaratorische Bedeutung (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 39 Rz 1, m.w.N.).
b) Die Kündigung ist auch formgerecht erfolgt, nämlich schriftlich und durch Botenzustellung. Vereinbaren die Parteien sowohl die Schriftform als auch eine besondere Versendungsart, so hat im Zweifel lediglich die Schriftform konstitutive Bedeutung, während die Versendungsart z.B. als Einschreibebrief nur den Zugang sichern soll (BAG Urteil vom 20. September 1979 - 2 AZR 967/77 - AP Nr. 8 zu § 125 BGB). Der Vertrag der Parteien fordert eine bestimmte Versendungsart nur als "Zustellungsnachweis". Dies bringt deutlich zum Ausdruck, daß die Wahl der Versendungsart keine konstitutive Bedeutung für die Wirksamkeit der Kündigung haben sollte.
4. Die fristlose Kündigung ist auch nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Maßgeblich für den Fristbeginn ist gemäß § 626 Abs. 2 BGB die Kenntnis des Kündigungsberechtigten von den kündigungsrelevanten Tatsachen. Bei juristischen Personen ist dabei zunächst auf die Kenntnis des gesetzlich zuständigen Organs abzustellen (BAG Urteil vom 18. Mai 1994 - 2 AZR 930/93 - AP Nr. 33 zu § 626 BGB Ausschlußfrist, zu II 1 der Gründe). Unstreitig war bei der Beklagten nach dem Gesellschaftsvertrag der Aufsichtsrat zuständig zur Bestellung, Anstellung, Abberufung und Entlassung des Geschäftsführers. Solange der Kläger Geschäftsführer der Beklagten war, also bis zum 8. November 1995, war damit der Aufsichtsrat auch zur Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers vom Oktober 1990 zuständig, denn die Parteien hatten in § 13 des Vertrages ausdrücklich vereinbart, daß dieser Vertrag auch die rechtliche Grundlage der Geschäftsführertätigkeit des Klägers sein sollte, bis ein neuer Geschäftsführervertrag abgeschlossen war. Damit kam es für die Kenntnis im Sinne von § 626 Abs. 2 BGB auf die Kenntnis des Aufsichtsrats als Gremium an. Die Kenntnis eines Dritten, also einzelner Aufsichtsratsmitglieder mußte sich die Beklagte nur dann zurechnen lassen, wenn dessen Stellung im Betrieb erwarten ließ, er werde den Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt unterrichten und wenn die verspätet erlangte Kenntnis des Kündigungsberechtigten darauf beruht, daß die Organisation des Betriebs zu einer Verzögerung des Fristbeginns geführt hat, obwohl eine andere Organisation sachgemäß und zumutbar gewesen wäre (BAG Urteil vom 18. Mai 1994 - 2 AZR 930/93 - AP, aaO). Für letzteres ist jedenfalls nach dem bisherigen Parteivorbringen kein hinreichender Anhaltspunkt ersichtlich. Daß der Aufsichtsrat als Gremium von sämtlichen Kündigungsgründen länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung Kenntnis hatte, ist nicht festgestellt. Es spricht im Gegenteil nach dem bisherigen Parteivorbringen vieles dafür, daß selbst die Kenntnisnahme von dem Prüfungsbericht angesichts dessen vorsichtiger Formulierung hinsichtlich der dort erwähnten Vorfälle dem Aufsichtsrat keine abschließende Tatsachenkenntnis von Teilen des Kündigungssachverhalts verschaffen konnte, so daß zur weiteren Sachaufklärung die folgende Aufsichtsratssitzung erforderlich war.
6. Das Berufungsgericht wird im Rahmen der Prüfung, ob ein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung vorlag, vor allem folgendes zu beachten haben: Die gegen den Kläger gerichteten Vorwürfe betreffen überwiegend eine Zeit, in der der Kläger ohne entsprechende Zusatzvergütung als Geschäftsführer eingesetzt worden ist, obwohl er nur einen Anstellungsvertrag als Verwaltungsdirektor hatte. Dies kann im Rahmen der Interessenabwägung dazu führen, daß Pflichtverletzungen des Klägers als Geschäftsführer, wie sie ihm die Beklagte teilweise vorwirft (Mißwirtschaft, Kompetenzüberschreitung, Nichtinformation des Aufsichtsrats etc.), im Hinblick auf die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses als Verwaltungsdirektor möglicherweise in einem milderen Licht erscheinen. Was den Vertrag mit der Firma S anbelangt, so wird zu klären sein, ob tatsächlich eine gravierende Pflichtverletzung des Klägers vorliegt, wenn er in der Umwandlungsphase nicht mehr den Krankenhausausschuß der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingeschaltet hat, oder ob es sich insoweit, wie der Kläger geltend macht, um eher verständliche Reibungsverluste in einer Übergangsphase gehandelt hat. Bei der Interessenabwägung darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß typische personen- bzw. verhaltensbedingte Kündigungsgründe von den Parteien in § 12 Abs. 3 des Anstellungsvertrages geregelt und dort nur "auf Vorhalt" als Grund für eine ordentliche Kündigung mit entsprechend langer Kündigungsfrist genommen worden sind. Schließlich ist ggf. zu prüfen, ob es der Beklagten als milderes Mittel gegenüber einer Kündigung zumutbar war, den Kläger in der Position eines Verwaltungsdirektors weiterzubeschäftigen, die durch die Ernennung des Herrn T freigeworden war und die ohnehin vom Tätigkeitsfeld und der Vergütung her genau dem entsprach, was der Kläger vertraglich zu leisten verpflichtet war und was er vor seiner Geschäftsführertätigkeit mehrere Jahre lang offenbar ohne Beanstandung geleistet hat.
Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Unterschriften
Etzel Bitter Bröhl Piper Bartz
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 25.02.1998 durch Anderl, Amtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 131 |
DB 1998, 1970 |
NJW 1998, 3515 |
FA 1998, 297 |
FA 1998, 350 |
NZA 1998, 747 |
RdA 1998, 255 |
ZAP 1998, 1085 |
ZIP 1998, 1499 |
ZTR 1998, 327 |
ArbuR 1998, 203 |
ArbuR 1998, 285 |
AuA 1998, 389 |