Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Lebensmittelkontrolleurs
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 14.07.1992; Aktenzeichen 3 Sa 159/90) |
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 19.01.1990; Aktenzeichen 7 Ca 2108/89) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Juli 1992 – 3 Sa 159/90 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die richtige Eingruppierung des Klägers.
Der am 10. Januar 1944 geborene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1981 im Ordnungsamt – Abteilung für öffentliche Ordnung – der beklagten Stadt und dort im Sachgebiet „Gemeindlicher Vollzugsdienst” tätig. Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, daß sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen richtet. Seit dem 1. April 1985 erhält der Kläger Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT.
Bereits vor Aufnahme seiner Tätigkeit für die Beklagte hatte der Kläger einen zweijährigen Lehrgang zum staatlich geprüften Lebensmittelkontrolleur absolviert. Während des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten besuchte der Kläger Lehrgänge für gemeindliche Vollzugsbeamte, für die Abnahme und Überprüfung von Getränkeschankanlagen sowie zum Katastrophenschutz.
Mehrere Schreiben des Klägers in den Jahren 1987, 1988 und 1989, mit denen er seine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IV b BAT anstrebte, blieben erfolglos. Mit seiner am 27. Oktober 1989 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage verfolgt der Kläger dieses Ziel weiter.
Eine im Jahre 1987 erstellte Beschreibung des Arbeitsplatzes des Klägers nennt die folgenden Aufgaben mit ihrem zeitlichen Anteil an der Gesamttätigkeit: Lebensmittelpolizeiliche Aufgaben (86,8 %), Handelsklassen- und Preisüberwachung auf Wochenmärkten (5 %), Kontrollen außerhalb der üblichen Dienstzeiten (5 %), Unterstützung bei Wohnungsräumungen (1 %), Kfz-Stillegungen (1 %), Ermittlungen im Rahmen der Amtshilfe (1 %) und Überprüfung von Tierhaltungen mit einem Veterinär (0,2 %). Im Rechtsstreit hat der Kläger seine Tätigkeiten dann weiter aufgeschlüsselt. In seiner Aufstellung führt er sechzehn einzelne Tätigkeiten mit einem Arbeitszeitanteil von 16,5 % der Arbeitszeit auf, die außendienstliche Überwachungs-, Überprüfungs- und Ermittlungstätigkeiten innerhalb des gesamten Aufgabenbereichs des Ordnungsamtes zum Gegenstand haben. Weiter nennt er sechzehn Tätigkeiten mit einem Gesamtanteil von 83,5 % der Arbeitszeit, die er den lebensmittelpolizeilichen Aufgaben zuordnet. Tätigkeiten mit einem Zeitanteil von 52 % betreffen die Durchführung von Betriebskontrollen, die in sämtlichen Betrieben und Einrichtungen des Lebensmittelhandels stattfinden. Die Betriebskontrollen werden in zwölf mit Zeitanteilen versehene Teiltätigkeiten unterteilt. Unter den weiter aufgeführten Tätigkeiten aus dem Bereich der Lebensmittelkontrolle macht die Entnahme von Plan-, Vergleichs- und Verdachtsproben einen Zeitanteil von 17,4 % aus.
Der Kläger hat den Standpunkt vertreten, seine gesamte Tätigkeit sei als ein einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten, der die Merkmale der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 b BAT erfülle. Er habe überwiegend selbständige Tätigkeiten auszuführen. Er erhalte bei seiner Arbeitseinteilung keine Vorgaben durch Vorgesetzte oder in Form von Einsatzplänen. Anhand einer von ihm selbst gefertigten Lebensmittelkartei lege er fest, welchen Betrieb er an welchem Arbeitstag kontrolliere. Bei dieser den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit ausmachenden Tätigkeit nehme er zunächst eine Überprüfung der hygienischen Verhältnisse sowie der maschinellen und baulichen Einrichtungen vor. Er kontrolliere auch die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer insbesondere daraufhin, ob die erforderlichen Gesundheitszeugnisse vorhanden und noch gültig seien. Je nach dem Ergebnis der Betriebskontrolle spreche er eine Belehrung, eine Verwarnung oder eine gebührenpflichtige Verwarnung (bis 75.00 DM) aus. Im Einzelfall ordne er auch eine Sicherstellung verdorbener Lebensmittel oder die Schließung bzw. Teilschließung des Betriebes an. Weiter habe er die Vorarbeiten zur Erstellung von Bußgeldbescheiden zu leisten. Dazu gehöre regelmäßig der Entwurf des Bußgeldbescheids unter Angabe der einschlägigen Rechtsvorschriften. Er habe auch festzustellen, ob eine strafbare Handlung in Betracht komme und die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren zu veranlassen. Bei seiner Tätigkeit habe er rd. 120 Gesetze, Verordnungen, Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft sowie Lebensmittelleitsätze zu beachten, auszulegen und anzuwenden. Deshalb sei auch das Merkmal der gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse erfüllt. Seine Tätigkeit bei der Betriebskontrolle sei auch besonders verantwortungsvoll, weil es um den Schutz der Verbraucher gehe. Dies gelte besonders für die Kontrollen im Lebensmittelbereich sowie die Überprüfungen von Lebensmitteltransporten zusammen mit der Polizei. Hier habe er in eigener Verantwortung über die Entnahme von Proben sowie die Sicherstellung und ggf. Vernichtung von Lebensmitteln zu entscheiden.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 1. April 1989 nach der Vergütungsgruppe IV b zu vergüten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die beklagte Stadt hält die Klage nicht für schlüssig begründet. Bei den Tätigkeiten des Klägers sei nicht von einem großen Arbeitsvorgang auszugehen. Die dem Kläger zustehenden Entscheidungsspielräume seien je nach dem Einzelfall höchst unterschiedlich. Die von ihm aufgeführten Gesetze und Verordnungen müsse der Kläger nicht vollständig kennen und anwenden. Es komme regelmäßig nur auf einige wenige Vorschriften an.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, daß einzelne der vom Kläger aufgeführten Tätigkeiten nur im Falle einer Vertretung zu erledigen seien. Sie hat bestritten, daß der Kläger in beachtlichem Umfang mit wissenschaftlichen Gutachten oder Expertisen von Untersuchungsämtern zu tun habe. Die Ämter hätten die ihnen gelieferten Proben zu untersuchen und hielten dann die Ergebnisse in allgemeinverständlichen Berichten fest. Soweit aufgrund der Untersuchungsergebnisse die Einleitung von Bußgeldverfahren erforderlich werde, geschehe dies durch die jeweiligen Sachbearbeiter des Ordnungsamtes, nicht durch den Kläger, der nur als Vorermittler zur Tatsachenfeststellung tätig sei.
Der Kläger habe keine verantwortlichen Vernehmungen von Betroffenen durchzuführen und werde häufig, etwa bei Probeentnahmen für Untersuchungsämter, nach Vorgaben tätig. Er übe auch keine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit aus. Betriebs Schließungen oder Teilschließungen seien derart selten, daß sogar der vom Kläger hier genannte Zeitanteil von 1 % bestritten werden müsse. Die Kontrolle von Lebensmitteln spiele zeitlich nur eine untergeordnete Rolle.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Höhergruppierungsbegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Vortrag des Klägers die geltend gemachte Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b BAT nicht rechtfertigt.
I. Nach § 22 des aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme anwendbaren BAT richtet sich die Eingruppierung eines Angestellten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung in den Anlagen 1 a und 1 b. Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale erfüllen.
Das Landesarbeitsgericht ist von dem für die Bewertung einer Tätigkeit hiernach maßgeblichen Begriff des Arbeitsvorganges ausgegangen, wie der Senat ihn in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat. Ein Arbeitsvorgang ist eine Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit, die unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbar und rechtlich selbständig zu bewerten ist (BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 282, 287 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 356, 360 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteil vom 12. Dezember 1990 – 4 AZR 251/90 – AP Nr. 154 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Das Landesarbeitsgericht hat hiernach anhand der zwischen den Parteien im wesentlichen unstreitigen Tätigkeitsbeschreibung des Klägers zehn Arbeitsvorgänge gebildet:
- Durchführung von Betriebskontrollen in sämtlichen Betrieben des Lebensmitteleinzelhandels, die 52 % der Gesamtarbeitszeit ausmacht; hinzu kommen mit einem Zeitanteil von insgesamt 5,9 % Zusammenhangstätigkeiten;
- Entnahme von Plan-, Vergleichs- und Verdachtsproben für die Untersuchungsämter (17,4 %) sowie deren Auswertung und die büromäßige Erfassung der Befunde als Zusammenhangstätigkeit (3,8 %);
- Überprüfung der Wochenmärkte nach dem Handelsklassengesetz, der Preisangabenverordnung und nach lebensmittelrechtlichen Vorschriften (3 %);
- Erstellung der Handelsklassenstatistik (0,2 %);
- Durchführung von Sondereinsätzen auf Anordnung der Landes- oder Bezirksregierung (4 %);
- Durchführung von Nachtkontrollen nach der Lärmschutz- und Sperrzeitverordnung einschl, der Fertigung entsprechender Berichte (3,5 %);
- Überprüfungen nach dem Eichgesetz und der Schankgefäßverordnung (3,5 %);
- Überwachung der Sondernutzung öffentlicher Straßen und Plätze sowie eines Naherholungsgebietes (0,8 %);
- Vollzug der Sperrbezirks Verordnung (1,2 %);
- Aufgaben der Amtshilfe für verschiedene Behörden sowie sonstige Vollzugstätigen (3,5 %).
Bei dieser Einteilung hat das Landesarbeitsgericht entgegen der Auffassung der Beklagten den Grundsatz der höchstrichterlichen Rechtsprechung beachtet, daß auch äußerlich ähnliche oder gleiche Tätigkeiten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden können, wenn sie tariflich verschieden zu bewerten sind und auch tatsächlich in sinnvoller Weise getrennt werden können (vgl. BAGE 30, 229, 234 = AP Nr. 6 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteil vom 12. November 1986 – 4 AZR 718/85 – AP Nr. 129 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Neumann, ZTR 1987, 41, 44). Es hat für den von ihm gebildeten Arbeitsvorgang der Betriebskontrollen festgestellt, daß der Kläger hier alle von ihm alleinverantwortlich wahrzunehmenden Einzelaufgaben aus einem zusammenhängenden Rechtsgebiet ohne weiteres Personal zu erfüllen hat. Es müsse deshalb von einem nicht weiter aufteilbaren einheitlichen Arbeitsvorgang ausgegangen werden. Dies ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, daß der Kläger bei den einzelnen Kontrolltätigkeiten Fachkenntnisse unterschiedlicher Intensität anwenden oder doch zumindest vorhalten müßte, und nicht stets in gleicher Weise selbständig zu arbeiten hätte. Dies wird von der Beklagten auch nicht behauptet. Die unterschiedlichen Ergebnisse der Betriebskontrollen können in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen. Die Frage, ob wegen der unterschiedlichen Ergebnisse im Hinblick auf die Verantwortlichkeit der Tätigkeit eine andere Betrachtung geboten ist, kann dahinstehen. Der Zeitanteil der Kontrolltätigkeiten, die in die Sicherstellung von Lebensmitteln oder in Teil- oder Voll Schließungen von Betrieben münden, ist nur sehr gering. Er macht nach den von der Beklagten für überhöht gehaltenen Angaben des Klägers insgesamt nur rd. 3 % der Tätigkeit aus. Er ist daher für den Arbeitsvorgang der Betriebskontrolle ohne prägende Bedeutung. Die Aufgabe der Betriebskontrolle stellt im übrigen auch dann, wenn man den angesprochenen Tätigkeitsausschnitt ausklammert, mit mehr als 50 % der Gesamttätigkeit den für die tarifliche Bewertung der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit maßgeblichen Arbeitsvorgang dar.
II. Das Landesarbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß es für die Eingruppierung des im wesentlichen mit lebensmittelpolizeilichen Aufgaben betrauten Klägers auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1 a zum BAT ankommt. Die besonderen Tätigkeitsmerkmale für Gesundheitsaufseher, die sich im Teil II Abschnitt D (Angestellte in medizinischen Hilfsberufen und medizinisch-technischen Berufen) der Vergütungsordnung Bund/Länder und wortgleich im entsprechenden Abschnitt der Vergütungsordnung für die Mitglieder der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände finden, sind auf Lebensmittelkontrolleure nicht anwendbar. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 14. August 1985 (– 4 AZR 322/84 – AP Nr. 105 zu §§ 22, 23 BAT 1975) im einzelnen begründet. Aufgrund der anderen Spezialausbildung und der überwiegend anderen Aufgabenstellung des Lebensmittelkontrolleurs gegenüber einem mit medizinischem Ansatz arbeitenden Gesundheitsaufseher scheidet sowohl eine unmittelbare als auch eine entsprechende Anwendung der Tätigkeitsmerkmale für Gesundheitsaufseher auf Lebensmittelkontrolleure aus. Die im Berufsbild der Lebensmittelkontrolleure nach der Schilderung durch den Kläger anfallenden Tätigkeiten mit technischem Bezug haben kein derartiges Gewicht, daß die Tätigkeit insgesamt als die eines technischen Angestellten angesehen werden könnte. Auch die besonderen Tätigkeitsmerkmale für solche Angestellte sind deshalb nicht anwendbar.
Für die Eingruppierung des Klägers kommen danach die folgenden aufeinander aufbauenden allgemeinen Tätigkeitsmerkmale aus der allgemeinen Vergütungsordnung für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände in Betracht:
Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 b
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung ≪des Betriebes≫, bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)
Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Fallgruppe 1 b der Vergütungsgruppe VII und in den Fallgruppen 1 a der Vergütungsgruppen VI b und V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)
Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus Buchstabe a heraushebt, daß sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist.
Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, daß sie besonders verantwortungsvoll ist.
Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 b
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, daß sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist, nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b.
III. Das Landesarbeitsgericht hat die Gesamttätigkeit des Klägers anhand dieser Tätigkeitsmerkmale rechtsfehlerfrei bewertet.
1. Es hat zutreffend festgestellt, daß der Kläger bei seiner Tätigkeit über gründliche und vielseitige Fachkenntnisse verfügen muß. Das erforderliche, in der Ausbildung zum Lebensmittelkontrolleur vermittelte Fachwissen in einer Vielzahl von Gesetzen, Materialien und biologischen Abläufen rechtfertigt die Annahme des Berufungsgerichts, daß der Kläger die Merkmale der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 b BAT bei seiner Tätigkeit erfüllt.
2. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dem Klägervortrag nicht entnommen hat, daß der Kläger das Heraushebungsmerkmal der gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse erfüllt. Eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a oder 1 b BAT und darauf aufbauend in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a oder 1 b BAT scheidet damit von vornherein aus.
Das Heraushebungsmerkmal der gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse verlangt eine Steigerung gegenüber den gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen der Tiefe und der Breite nach. Es handelt sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung durch das Berufungsgericht das Revisionsgericht nur überprüfen kann, ob der Begriff als solcher verkannt worden ist, oder ob bei der Subsumtion Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände nicht berücksichtigt worden sind (Senatsurteile vom 8. November 1967 – 4 AZR 9/67 – AP Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT; vom 5. September 1973, BAGE 25, 268, 272 = AP Nr. 72 zu §§ 22, 23 BAT; BAGE 51, 283, 293 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht nicht unterlaufen. Es ist vom richtigen Tarifbegriff ausgegangen und hat festgestellt, daß dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Tätigkeit als Lebensmittelkontrolleur verlange über die bloße Kenntnis der Bestimmungen hinaus weder die Kenntnis rechtlicher Zusammenhänge noch die Verwertung gerichtlicher Entscheidungen in eigener Gedankenarbeit. Im Einzelfall könne es zwar schwierig sein, die einschlägige Rechtsgrundlage zu finden. Es gehe regelmäßig aber nur um die Kenntnis der jeweils von ihrem Wortlaut her ohne vertiefte Kenntnisse auslegbaren lebensmittelrechtlichen Vorschriften. Die dem Umfang nach sicherlich festzustellende sehr weitgehende Kenntnis einer Vielzahl von Rechtsgrundlagen reiche nicht aus, das Merkmal der gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse auszufüllen.
Entgegen der Auffassung des Klägers steht diese Begründung nicht im Widerspruch zu Ausführungen des Senats in seinen Urteilen vom 8. November 1967 (– 4 AZR 9/67 – AP Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT) und 5. September 1973 (BAGE 25, 268, 274 = AP Nr. 72 zu §§ 22, 23 BAT). Der Senat hatte dort entschieden, daß aus der Breite von Fachkenntnissen auch auf deren Tiefe geschlossen werden könne und dürfe. Der Senat hat damit aber lediglich die Möglichkeit eröffnet, die nach dem Willen der Tarifvertragsparteien geforderte Tiefe und Qualität der Fachkenntnisse auch mit Hilfe von deren Breite festzustellen. Dies wurde ausdrücklich damit begründet, daß es häufig an anderen konkreten Anhaltspunkten für die Intensität der Fachkenntnisse fehlt. Damit bleibt das Berufungsgericht frei, im Rahmen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums umfasssende Fachkenntnisse auch dann zu verneinen, wenn sie in großer Breite gefordert werden. Voraussetzung hierfür ist nur, daß nachvollziehbare Gründe bestehen.
Solche Gründe hat das Landesarbeitsgericht angeführt. Es hat darauf hingewiesen, daß es um inhaltlich wenig anspruchsvolle, allein aus ihrem Wortlaut praktizierbare Regelungen geht, die der Kläger bei seiner Arbeit anwenden muß.
Diese Feststellung war für die Entscheidung des Berufungsgerichts maßgeblich. Sie ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat daneben auch beispielhaft darauf hingewiesen, daß der Kläger sich bei seiner Arbeit nicht mit kontroversen Rechtspositionen aus Literatur und Rechtsprechung befassen muß. Für die Ausfüllung des Begriffs der gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse bedarf es einer derart intensiven Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur zwar nicht. Das Landesarbeitsgericht hat aber nicht tragend auf diesen Gesichtspunkt abgestellt. Dessen Erwähnung macht die Anwendung des Tarifbegriffs deshalb auch nicht rechtsfehlerhaft.
Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht in der Subsumtion eine genaue Aufteilung der Tätigkeit des Klägers in Arbeitsvorgänge wieder hat dahinstehen lassen. Es hat festgestellt, daß das erforderliche Heraushebungsmerkmal der gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse in der gesamten Tätigkeit des Klägers nicht in einem nennenswerten, für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit erforderlichen Umfang erfüllt ist. Wird ein bestimmtes Merkmal aber innerhalb der gesamten Tätigkeit nicht ausgefüllt, kann es auch innerhalb eines für die tarifliche Bewertung möglicherweise allein maßgeblichen Arbeitsvorganges nicht erfüllt sein.
IV. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Schaub, Schneider, Bepler, Dr. Konow, Schwitzer
Fundstellen