Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung nach Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses wegen einer erwarteten, tatsächlich jedoch nicht eingetretenen Rentenkürzung
Leitsatz (redaktionell)
Der Abfindungsanspruch gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 TV ATZ Chemische Industrie besteht dann nicht, wenn der betroffene Arbeitnehmer bereits in unmittelbarem Anschluss an die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ungeminderte Altersrente beziehen kann, wozu auch die (ungeminderte) Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 236b SGB VI zählt.
Normenkette
TV Altersteilzeit Chemische Industrie § 11 Abs. 1; SGB VI § 236b
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. April 2017 – 11 Sa 1411/15 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten nach der Beendigung seines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses die Zahlung einer Abfindung.
Der am 15. April 1952 geborene Kläger war langjährig bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft vertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des Tarifvertrags zur Förderung der Altersteilzeit in der chemischen Industrie (TV ATZ) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. § 11 TV ATZ regelt ua.:
Endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis vor Vollendung des 65. Lebensjahres des Arbeitnehmers, erhält dieser für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung. Die Abfindung errechnet sich aus einem Betrag, der mit der Zahl der vollen Kalendermonate – höchstens jedoch mit 48 Kalendermonaten – multipliziert wird, die zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitnehmer Anspruch auf ungeminderte Altersrente gehabt hätte, liegen. Der Betrag beläuft sich bei Arbeitnehmern in vollkontinuierlicher Wechselschicht gemäß § 4 III Ziffer 1 MTV auf 383,47 EUR, bei Arbeitnehmern in teilkontinuierlicher Wechselschicht und Arbeitnehmern in Zwei-Schicht-Arbeit, wenn sie regelmäßig auch Spätschichten leisten, sowie Arbeitnehmern mit bis zu 24-stündigen Anwesenheitszeiten gemäß § 5 II MTV auf 281,21 EUR, bei anderen Arbeitnehmern auf 230,08 EUR. …
…
Arbeitgeber und Betriebsrat können zum Ausgleich von Rentenabschlägen anstelle der Abfindungsregelung nach Absatz 1 abweichende betriebliche Regelungen treffen.
Soweit bestehende betriebliche Regelungen einen Ausgleich für gesetzliche Rentenabschläge für Altersteilzeitbeschäftigte vorsehen, die von der Regelung des Absatzes 1 erfasst werden, ist der Abfindungsanspruch insoweit erfüllt.
…”
Im April 2009 schlossen die Parteien eine Altersteilzeitvereinbarung, infolge deren das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. April 2015 endete. Darin heißt es auszugsweise:
„4 Abfindungsregelung gem. § 11 ATV
Die Auflösung Ihres Arbeitsverhältnisses erfolgt aus betrieblichen Gründen auf Veranlassung der C GmbH & Co. OHG. Sie erhalten eine Abfindung in Höhe von 6.902,40 EUR brutto, die bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. April 2015 fällig wird und im Folgemonat zur Auszahlung gelangt.
Voraussetzung für die Zahlung der Abfindung in der genannten Höhe ist, dass sich die Bemessungsgrundlage gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit in der Fassung vom 22. März 2000 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht ändert.
Der Anspruch auf Abfindung ist nicht vererblich.
…
9 Schlussbestimmungen
…
Im Übrigen gelten die Bestimmungen Ihres Arbeitsvertrages, des Tarifvertrages zur Förderung von Altersteilzeit vom 17. Juli 1996 in der jeweils geltenden Fassung und des Altersteilzeitgesetzes in der jeweils geltenden Fassung.”
Der für die Berechnung der Abfindung des in Tagschicht tätig gewesenen Klägers maßgebliche Monatsbetrag belief sich nach § 11 Abs. 1 Satz 3 TV ATZ auf 230,08 Euro. Nach der bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung bestehenden Rechtslage hatte der Kläger erst ab dem 1. November 2017 einen Anspruch auf ungeminderte Altersrente, mithin 30 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Am 1. Juli 2014 trat das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23. Juni 2014 in Kraft (BGBl. I S. 787). Danach konnte der Kläger bereits ab dem 1. Mai 2015 ungeminderte Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 236b SGB VI beziehen. Die Tarifvertragsparteien des TV ATZ regelten aufgrund dieser Gesetzesänderung in einer Protokollnotiz vom 10. Dezember 2014 Folgendes:
„Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte gem. § 236b SGB VI (Rente mit 63) stellt für vor dem 23. Mai 2014 abgeschlossene Altersteilzeitarbeitsverhältnisse keine Rente wegen Alters im Sinne von § 5 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 1 dar. Die Rente mit 63 stellt eine ungeminderte Altersrente im Sinne von § 11 Satz 2 dar.”
Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung einer Abfindung iHv. 6.902,40 Euro brutto geltend gemacht. Bei der Berechnung dieses Betrags hat er auf den Zeitraum zwischen der Beendigung seines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses und dem 1. November 2017 abgestellt. Er hat behauptet, er habe dem Wechsel in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht zuletzt wegen der in Aussicht gestellten Abfindung zugestimmt.
Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, Ziff. 4 der Altersteilzeitvereinbarung sei als eine vorbehaltlose Abfindungszusage auszulegen. Die dazu im Widerspruch stehende Bezugnahme auf die Bemessungsgrundlage des § 11 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ als Voraussetzung für die Zahlung der Abfindung sei intransparent und damit unwirksam. Jedenfalls könne die nachträgliche Änderung der Berechnungsfaktoren den bereits mit Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung entstandenen Abfindungsanspruch nicht rückwirkend zum Erlöschen bringen. Dem stehe auch der Sinn und Zweck der Abfindung entgegen, nach dem zumindest auch seine Einbußen bei der Höhe der betrieblichen Altersversorgung, die durch seinen vorzeitigen Rentenbezug eingetreten seien, abgemildert werden sollten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.902,40 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Meinung vertreten, ein etwaiger Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ergebe sich ausschließlich aus § 11 TV ATZ. Die auf dessen Grundlage geschlossene Altersteilzeitvereinbarung enthalte als rein deklaratorische Regelung für die Abfindung keine eigene Anspruchsgrundlage. Da der Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung erst mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehe, seien Änderungen der Berechnungsfaktoren während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses in Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ zu berücksichtigen. Die Abfindung nach § 11 TV ATZ solle einen teilweisen Ausgleich für die versicherungsmathematischen Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung bewirken, die bei vorzeitiger Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente einträten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den von ihm geltend gemachten Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat nach Beendigung seines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung iHv. 6.902,40 Euro brutto zuzüglich der geltend gemachten Zinsen.
I. Der Anspruch auf die geltend gemachte Abfindung folgt nicht aus § 11 Abs. 1 TV ATZ.
1. Der TV ATZ findet nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.
2. Der in § 11 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ bei einem Ausscheiden vor Vollendung des 65. Lebensjahres an sich vorgesehene Abfindungsanspruch entsteht nicht, wenn der betroffene Arbeitnehmer bereits in unmittelbarem Anschluss an die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ungeminderte Altersrente beziehen kann.
a) Die Abfindung berechnet sich nach § 11 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ aus einem Betrag, der mit der Zahl der vollen Kalendermonate – höchstens jedoch mit 48 Kalendermonaten – multipliziert wird, die zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer Anspruch auf ungeminderte Altersrente gehabt hätte, liegen. Eine ungeminderte Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236b SGB VI stellt eine ungeminderte Altersrente in diesem Sinne dar. Dementsprechend besteht kein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, wenn – wie vorliegend – bereits in unmittelbarem Anschluss an die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Altersrente ohne Abschläge besteht. Dies ergibt die Auslegung der Tarifnorm.
aa) Bereits deren Wortlaut spricht dafür, dass für den Anspruch auf Abfindung auf die zum Zeitpunkt der Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses maßgeblichen Umstände und nicht auf die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Altersteilzeitvereinbarung geltende gesetzliche Rentenregelung abzustellen ist. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ erhält der Arbeitnehmer die Abfindung „für den Verlust seines Arbeitsplatzes”. Diese Formulierung spricht dafür, dass der Abfindungsanspruch erst mit der rechtlichen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses entstehen soll und dass auch für seine Berechnung auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist, weil erst dann die Nachteile eintreten, die durch die Abfindung gemildert werden sollen (vgl. BAG 24. Juli 2008 – 8 AZR 109/07 – Rn. 44; 27. Juni 2006 – 1 AZR 322/05 – Rn. 13 ff., BAGE 118, 321 [eine Abfindung „entsteht” nicht aufgrund eines Sozialplans, wenn eine überholende, nicht betriebsbedingte Kündigung erfolgt]; 26. August 1997 – 9 AZR 227/96 – zu 3 der Gründe [Entstehung des Abfindungsanspruchs mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn die Abfindung „als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes” gezahlt werden soll]).
bb) Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Tarifregelung. Durch die Altersteilzeit soll älteren Arbeitnehmern ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht werden (§ 1 Abs. 1 AltTZG). Die Abfindung nach § 11 TV ATZ verfolgt den Zweck, die versicherungsmathematischen Abschläge abzumildern, die durch eine vorzeitige Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente nach der Altersteilzeit entstehen. Dementsprechend sollen nur solche Arbeitnehmer einen Abfindungsanspruch erwerben, bei denen mit Beendigung ihres Altersteilzeitarbeitsverhältnisses tatsächlich Rentenabschläge eintreten. Dem entspricht es, dass die Tarifregelung für die Höhe der Abfindung nicht an die Dauer des beendeten Arbeitsverhältnisses anknüpft, sondern der „Zeitfaktor” durch die Anzahl der vollen Kalendermonate bestimmt wird, die zwischen der rechtlichen Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses und dem Zeitpunkt liegen, zu dem der Arbeitnehmer – ohne ein vorzeitiges Ausscheiden infolge der Altersteilzeitvereinbarung – einen Anspruch auf ungeminderte Altersrente gehabt hätte. Dieser Regelungszweck folgt im Übrigen auch unmittelbar aus § 11 Abs. 3 und 4 TV ATZ. Danach kann durch betriebliche Regelungen anstelle der Abfindungsregelung ein anderweitiger „Ausgleich für gesetzliche Rentenabschläge” vorgesehen werden.
cc) Schließlich wird das Auslegungsergebnis auch durch die Systematik des § 11 TV ATZ gestützt. Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 TV ATZ ist für die Bestimmung des für die Berechnung der Abfindung maßgeblichen Monatsbetrags auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Kalendermonat vor Beginn der Altersteilzeit abzustellen. Hätten die Tarifvertragsparteien entgegen dem Abfindungszweck nicht auf eine real eintretende Rentenkürzung, sondern allein auf die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Altersteilzeitvereinbarung geltende gesetzliche Rentenregelung abstellen wollen, so hätte es nahegelegen, auch insoweit eine ausdrückliche Regelung in den Tarifvertrag aufzunehmen.
b) Danach steht einem Abfindungsanspruch des Klägers entgegen, dass dieser nach Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses eine ungeminderte Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 236b SGB VI in Anspruch nehmen konnte. Hierbei handelt es sich um eine „ungeminderte” Altersrente iSv. § 11 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ. Der Tarifvertrag differenziert nicht zwischen den verschiedenen Arten einer Altersrente (zB Regelaltersrente gemäß § 235 SGB VI, Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 236 SGB VI etc.). Er stellt allgemein darauf ab, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine ungeminderte Altersrente hat. Damit ist jede gesetzliche Altersrente ohne versicherungsmathematische Abschläge unabhängig davon gemeint, wann diese gesetzlich eingeführt wird. Dass auch die (ungeminderte) Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 236b SGB VI eine ungeminderte Altersrente iSv. § 11 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ darstellt, obwohl sie erst mit Wirkung zum 1. Juli 2014 durch das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23. Juni 2014 und damit nach Vereinbarung des TV ATZ eingeführt worden ist, bestätigt die Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien vom 10. Dezember 2014. Diese gibt Aufschluss über das Normverständnis der den TV ATZ schließenden Parteien.
aa) Protokollnotizen normsetzender Parteien haben unterschiedliche Bedeutung. Protokollnotizen von Tarifvertragsparteien können eigenständige tarifliche Regelungen darstellen, sie können aber auch lediglich den Charakter einer authentischen Interpretation des Tarifvertrags oder eines bloßen Hinweises auf Motive der Vertragschließenden haben. Welcher rechtliche Status ihnen zukommt, ist durch Auslegung zu ermitteln (BAG 15. November 2016 – 9 AZR 81/16 – Rn. 25).
bb) Die Parteien des TV ATZ haben in der Protokollnotiz vom 10. Dezember 2014 ausdrücklich ausgeführt, dass die „Rente mit 63” eine ungeminderte Altersrente iSd. § 11 TV ATZ darstellt. Sie haben insoweit textlich den sich bereits aus der Auslegung des Tarifvertrags ergebenden Inhalt nachvollzogen, ohne der Tarifnorm rückwirkend eine neue Bedeutung zu geben.
cc) Die vom Kläger aufgeworfene Frage eines unzulässigen Eingriffs in seine rechtlich geschützten Positionen durch eine rückwirkende (Neu-)Regelung stellt sich somit nicht (vgl. zur Rückwirkung von Rechtsnormen BAG 27. März 2014 – 6 AZR 204/12 – Rn. 42 ff. mwN, BAGE 147, 373).
II. Der Anspruch auf die geltend gemachte Abfindung ergibt sich auch nicht aus Ziff. 4 Abs. 1 der Altersteilzeitvereinbarung. Entgegen der Ansicht des Klägers räumt ihm die Beklagte dadurch keinen von der tariflichen Regelung in § 11 TV ATZ unabhängigen, eigenständigen Abfindungsanspruch ein.
1. Dies zeigt bereits die Überschrift „Abfindungsregelung gem. § 11 ATV”. Aus der Formulierung „gem. § 11 ATV” wird deutlich, dass die Beklagte sich nicht verpflichtet hat, dem Kläger ungeachtet der tariflichen Regelung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung zu zahlen.
a) Dass mit der Abkürzung „ATV” der TV ATZ gemeint ist, erschließt sich bereits durch einen ersten flüchtigen Blick auf den darunter aufgeführten Vertragstext. In Ziff. 4 Abs. 2 der Altersteilzeitvereinbarung wird „§ 11 Abs. 1 S. 2 des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit in der Fassung vom 22. März 2000” ausdrücklich erwähnt, sodass am Bezugspunkt für die Bezeichnung in der Überschrift keine Zweifel aufkommen können.
b) Mit dem Hinweis auf die Abfindungsregelung in § 11 TV ATZ hat die Beklagte den Kläger lediglich über die bestehende Rechtslage informiert. Der Kläger konnte die Formulierung „Abfindungsregelung gem. § 11 ATV” nicht so verstehen, dass dadurch die Rechtslage gestaltend geändert werden und ihm zusätzlich ein individualvertraglicher Abfindungsanspruch unabhängig von etwaigen Abschlägen beim Rentenbezug eingeräumt werden sollte. Er musste vielmehr den Hinweis auf § 11 TV ATZ als rein deklaratorische Wissenserklärung ohne Rechtsbindungswillen auffassen (vgl. zu einer solchen Erklärung BAG 23. November 2017 – 6 AZR 43/16 – Rn. 19). Die Verwendung der Präposition „gemäß” bringt deutlich zum Ausdruck, dass sich die Abfindung „nach” bzw. dem § 11 TV ATZ „zufolge” (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort „gemäß”) berechnet.
2. Der Text in Ziff. 4 der Altersteilzeitvereinbarung zwingt zu keinem anderen Auslegungsergebnis, sondern bestätigt den bloßen, für den Kläger erkennbaren Informationswillen der Beklagten.
a) Nach Ziff. 4 Abs. 1 Satz 2 der Altersteilzeitvereinbarung erhält der Kläger eine Abfindung iHv. 6.902,40 Euro brutto, die bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. April 2015 fällig wird und im Folgemonat zur Auszahlung kommt. Eine Formulierung, nach der der Arbeitnehmer eine bestimmte Leistung erhält, ist zwar an sich typisch für die Begründung eines Anspruchs (vgl. BAG 20. Februar 2013 – 10 AZR 177/12 – Rn. 17; 30. Juli 2008 – 10 AZR 606/07 – Rn. 45 mwN, BAGE 127, 185). Zudem liegt eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung auch dann vor, wenn der Erklärende kein Erklärungsbewusstsein hat, er aber bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung vom Empfänger als Willenserklärung aufgefasst werden darf, und wenn der Empfänger diese Äußerung tatsächlich so verstanden hat (BAG 23. November 2017 – 6 AZR 43/16 – Rn. 18). Entscheidend ist jedoch, dass Ziff. 4 Abs. 2 der Altersteilzeitvereinbarung mit dem Halbsatz „Voraussetzung für die Zahlung der Abfindung in der genannten Höhe ist” den Abfindungsanspruch ausdrücklich daran knüpft, dass sich die „Bemessungsgrundlage gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit in der Fassung vom 22. März 2000 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht ändert”. Hätte die Beklagte entsprechend der Ansicht des Klägers ihm einen eigenständigen, von der tariflichen Regelung unabhängigen vertraglichen Anspruch auf Abfindung iHv. 6.902,40 Euro brutto einräumen wollen, hätte es des Hinweises auf die Bemessungsgrundlage gemäß § 11 TV ATZ nicht bedurft.
b) Ferner verdeutlicht der Umstand, dass die in Ziff. 4 Abs. 1 Satz 2 der Altersteilzeitvereinbarung genannte Abfindung iHv. 6.902,40 Euro brutto unter Zugrundelegung des vereinbarten Beendigungstermins (30. April 2015) und des prognostizierten Rentenbeginns des Klägers exakt der tariflichen Abfindung entspricht (30 Monate vom 1. Mai 2015 bis zum 31. Oktober 2017 × 230,08 Euro = 6.902,40 Euro), den bloßen Informationsgehalt. Dass die Parteien über die Höhe der Abfindung verhandelt haben, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Der Kläger hat dies auch nicht behauptet. Die Nennung des tariflichen Abfindungsbetrags hat daher nur die Wirkung einer deklaratorischen Angabe in Form einer sog. Wissenserklärung.
III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Brühler, Suckow, Zimmermann, Leitner, Pielenz
Fundstellen