Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Sozialarbeiters in psychotherapeutischer Tagesklinik
Leitsatz (amtlich)
Die Tätigkeit eines Sozialarbeiters in einer psychiatrischen Tagesklinik erfüllt im allgemeinen nicht die Voraussetzungen der Bedeutung im Sinne von VergGr. IVa BAT.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; VergGr IVb, IVa “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” der Anlage 1a zum BAT/VKA vom 19. Juni 1970 in der Neufassung vom 24. April 1991
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers, der als Sozialpädagoge in der psychiatrischen Tagesklinik des beklagten Kreises in B… tätig ist.
Der Kläger ist seit dem 1. Juni 1987 bei dem Beklagten beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der schriftliche Arbeitsvertrag vom 16. Juni 1987, der Arbeitsvertrag vom 17. Mai 1989 und schließlich der Ergänzungsarbeitsvertrag vom 8. Juli 1991. Beide Parteien sind kraft Organisationszugehörigkeit tarifgebunden. Der Kläger erhält zur Zeit Vergütung nach der VergGr. IVb der Anlage 1a zum BAT/VKA.
Die psychiatrische Tagesklinik in B…, in der der Kläger tätig ist, ist eine eigenständige ausgegliederte Abteilung des Kreiskrankenhauses H…. Sie ist eine teilstationäre, gemeindenahe Einrichtung zur Behandlung von Menschen mit Psychosen, Neurosen und psychosomatischen Krankheiten. Sie wird von dem einzigen dort beschäftigten Arzt geleitet. Die Arbeit des Klägers erfolgt in intensiver Zusammenarbeit mit diesem, der auch die jeweils erforderliche medizinische Betreuung übernimmt. Die Tagesklinik ist in der Regel mit 30 bis 35 Patienten belegt, aufgeteilt in drei sozio-psychotherapeutische Gruppen, die u.a. von jeweils einem Sozialpädagogen betreut werden.
Mit Schreiben vom 10. September 1991 hat der Kläger seine Eingruppierung in die VergGr. IVa Fallgruppe 16 BAT beantragt. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 7. Juni 1993 ab. Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.
Er hat vorgetragen, nach seinen Aufzeichnungen für die Zeit vom 30. März 1992 bis 3. Juli 1992 teile sich seine Gesamtarbeitszeit wie folgt auf:
1. |
Einzelgespräch |
23.4 |
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2. |
Gesprächstherap. Gruppe |
7.8 |
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3. |
Beschäftigungstherapie |
7.8 |
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4. |
Weitere therap. Angebote |
2.6 |
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5. |
Rechtsberatung |
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7.8 |
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6. |
Kooperation mit anderen Einrichtungen |
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1.3 |
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7. |
Teamsitzungen |
23.4 |
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8. |
Fallbesprechungen |
5.2 |
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9. |
Hausversammlungen |
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2.6 |
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10. |
Visiten |
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1.3 |
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11. |
Vorstellungsgespräche |
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1.9 |
12. |
Supervision |
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1.9 |
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13. |
Dokumentation |
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11.7 |
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14. |
Kaffeetrinken/Singen |
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1.3 |
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Anteil in % |
70.2 |
9.1 |
17.5 |
3.2 |
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die von ihm ausgeübte sozialpädagogische Tätigkeit hebe sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus den nach der VergGr. IVb BAT zu vergütenden Tätigkeiten heraus. Er betreue in therapeutischen Einzelgesprächen zwischen drei und sechs Patienten, mit denen er in der Regel zwei 45-minütige Einzelgespräche je Woche führe. Dabei müsse er über ein breites Repertoire therapeutischer Ansätze verfügen. Sowohl die klientenzentrierte Interaktion, die themenzentrierte Gesprächsführung, das Psychodrama, die Verhaltenstherapie, die Gestalttherapie, die Bioenergetik, die Gestaltungstherapie, systematische Ansätze und Hypnotherapie seien bei diesen therapeutischen Einzelansätzen notwendig und von ihm durch Literaturstudien und Praxiserfahrung erworben. Er müsse über unterschiedlichste Methoden der sozialen Arbeit (Einzelfall-, Gruppenarbeit und Gemeinwesenarbeit) Bescheid wissen. Darüber hinaus sei er ständige Anlaufstelle für seine Patienten und vermittle zwischen diesen und verschiedenen Behörden. Schließlich würden in den täglich stattfindenden Teamsitzungen die Einzelergebnisse der Einzel- und Gruppentherapie ausgewertet und im Rahmen eines Gruppengesprächs aufgearbeitet. Im Verhältnis zu den Patienten gehörten zur Behandlung in der Tagesklinik zudem noch eine differenzierte Diagnostik. Sowohl therapiebegleitende Diagnostik als auch Anamneseerhebung, testpsychologische Untersuchungen und Verhaltens- und Gesprächsbeobachtungen seien dabei vorzunehmen. Über jedes geführte Einzelgespräch sei in einem Verlaufsbogen der wesentliche Inhalt festzuhalten. Veränderungen bei den Patienten seien von ihm zu vermerken. Diese Dokumentation ermögliche ein reflektiertes Handeln und stelle auch die Grundlage zur Erstellung des Arztbriefes dar.
Nachdem das Arbeitsverhältnis am 31. Oktober 1996 beendet worden ist, hat der Kläger beantragt
festzustellen, daß er ab 1. Januar 1991 bis 31. Oktober 1996 in die Tarifgruppe IVa des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT vom 24. April 1991 für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, gültig ab dem 1. Januar 1991, einzugruppieren ist.
Der beklagte Kreis hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe seine Tätigkeit nicht entsprechend dem Tarifaufbau dargelegt. Darüber hinaus seien alle fachlichen und therapeutischen Fragen und Angelegenheiten im Team unter Federführung und Verantwortung des Chefarztes entschieden worden. Auch die Tätigkeitsaufzeichnungen gäben keinen Aufschluß. Sie ließen den Schwierigkeitsgrad nicht erkennen. Die Erläuterungen seien abstrakt und ließen Rückschlüsse auf die Schwierigkeit oder die besondere Schwierigkeit der Tätigkeiten nicht zu.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger übt jedenfalls keine Tätigkeit aus, die sich durch ihre Bedeutung aus den nach der VergGr. IVb Fallgruppe 16 BAT/VKA zu vergütenden Tätigkeiten heraushebt.
Unterschriften
Schaub, Friedrich, Schneider, Seifner, Schamann
Fundstellen