Leitsatz (redaktionell)
1. GG Art 33 Abs 2 begründet für jeden Bewerber das Recht, bei seiner Bewerbung um ein öffentliches Amt allein nach den in GG Art 33 Abs 2 genannten Voraussetzungen - Eignung, Befähigung und fachliche Leistung - beurteilt zu werden. Verstößt die Einstellungsbehörde bei ihrer Auswahl gegen GG Art 33 Abs 2, kann der Bewerber im Regelfall nur verlangen, daß der auf verfassungswidrige Gesichtspunkte gestützte Ablehnungsbescheid aufgehoben wird. Nur unter besonderen Umständen kann sich aus GG Art 33 Abs 2 darüber hinaus ein Einstellungsanspruch des Bewerbers ergeben, nämlich dann, wenn sich nach den Verhältnissen im Einzelfall jede andere Entscheidung als die Einstellung dieses Bewerbers als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft und mithin die Einstellung als die einzige rechtmäßige Entscheidung der Behörde über die Bewerbung darstellt.
2. Die "Eignung" eines Bewerbers im Sinne von GG Art 33 Abs 2 umfaßt fachliche Voraussetzungen, formelle Qualifikationen (zB Staatsprüfungen), aber auch charakterliche Eigenschaften und die Bereitschaft, der für das erstrebte Amt erforderlichen politischen Treuepflicht zu genügen. Nicht allen Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes ist das gleiche Maß an politischer Treue abzuverlangen wie den Beamten. Bei Angestellten und Arbeitern müssen sich die in politischer Hinsicht zu stellenden Anforderungen aus dem jeweiligen Amt ergeben.
3. Ein Lehrer und Erzieher muß gesteigerten Anforderungen genügen; er muß den ihm anvertrauten Kindern und Jugendlichen glaubwürdig die Grundwerte unserer Verfassung vermitteln. Die Fähigkeit und Bereitschaft eines Bewerbers um ein Amt als Lehrer und Erzieher, Grundwerte der Verfassung glaubwürdig darzustellen, kann nicht allein nach seiner Mitgliedschaft in einer politischen Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, beurteilt werden. Die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei ist aber ein wesentliches Indiz dafür, daß der Bewerber die ihm auferlegten Treuepflichten nicht erfüllen kann, mithin die Eignung nicht besitzt.
4. Die verfassungsrechtlich gesicherte Betätigungsfreiheit einer nicht verbotenen politischen Partei und ihrer Mitglieder muß zurückstehen hinter dem ebenfalls verfassungsmäßig verankerten Grundsatz, daß der Staat ungeeignete Bewerber von öffentlichen Ämtern ausschließen darf.
5. Die auf die Person des Bewerbers bezogene Eignungsprüfung kann nicht daran scheitern, daß es für die Beurteilung der politischen Ziele einer Partei durch die Einstellungsbehörde und die zur Entscheidung über den Einstellungsanspruch berufenen Gerichte zur Zeit kein dem verfassungsgerichtlichen Verbotsverfahren vergleichbares Verfahren gibt. Nach den Erkenntnisquellen, die Einstellungsbehörden und Gerichten heute zur Verfügung stehen, hält der Senat es für erkennbar, daß die Ziele der DKP mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind.
Verfahrensgang
LAG Bremen (Entscheidung vom 25.01.1974; Aktenzeichen 1 Sa 100/73) |
Fundstellen
BAGE 28, 62-80 (LT1-5) |
BAGE, 62 |
NJW 1976, 1708 |
NJW 1976, 1708-1712 (LT1-5) |
ARST 1976, 161-163 |
JR 1978, 325 |
ZBR 1976, 306-311 |
AP, (LT1-5) |
AR-Blattei, öffentlicher Dienst Entsch 176 (LT1-5) |
DÖD 1977, 33-39 (LT1-5) |
EzA, (LT1-5) |
PersV 1977, 71-79 (LT1-5) |
Belling / Luckey 2000, 17 |