1 Leitsatz
Der Mieter hat einen Anspruch auf Zustimmung des Vermieters zur Anbringung einer Markise, wenn die Beeinträchtigung nur unerheblich ist (hier: 4 Bohrungen und Verschraubungen an der Unterseite der über dem Balkon befindlichen Loggia), die Mietsache nicht verschlechtert wird, kein Eingriff in das Wärmedämmverbundsystem erfolgen soll, die Arbeiten durch einen Fachbetrieb erfolgen und der Mieter sich verpflichtet, bei Mietende auf eigene Kosten den Rückbau inkl. Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu bewirken.
2 Normenkette
§§ 535 ff. BGB
3 Das Problem
Der Mieter hat grundsätzlich, sofern nichts anderes vertraglich vereinbart ist, keinen Anspruch darauf, dass ihm der Vermieter gestattet, selbst und auf eigene Kosten bauliche Veränderungen an der Wohnung mit dem Ziel einer Modernisierung oder einer Erhöhung des Wohnkomforts vorzunehmen. Die Erteilung einer derartigen Erlaubnis steht vielmehr im Ermessen des Vermieters, der dieses Ermessen jedoch nicht rechtsmissbräuchlich ausüben darf (so bereits BGH, Urteil v. 25.3.1964, VIII ZR 211/62, WuM 1964 S. 563). Eine missbräuchliche Ausübung des Ermessens würde vorliegen, wenn der Vermieter die vom Mieter beabsichtigten Maßnahmen verbietet, obwohl diese nur mit einem minimalen Eingriff in die Bausubstanz verbunden wären. Dies ist nach Auffassung des AG München sowie des AG Hamburg z. B. beim Anbringen einer Markise auf dem Balkon der Fall. Da eine Markise am Gebäude (z. B. mit Dübeln und Schrauben) befestigt werden muss, stellt dies zwar eine bauliche Veränderung dar, die der Genehmigung des Vermieters bedarf. Allerdings hat der Mieter einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer solchen Genehmigung, wenn die Beeinträchtigung des Eigentums des Vermieters gering ist, z. B. weil sich der Mieter bereit erklärt hat, die Montage fachgerecht durchführen zu lassen, auf die Gesamtansicht der Fassade Rücksicht zu nehmen und bei seinem Auszug den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Insofern gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, dass der Vermieter dem Mieter nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund Einrichtungen verbietet, die dem Mieter das Leben in der Mietwohnung angenehmer gestalten können. Daher ist der Vermieter in diesem Fall zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet, wenn der Mieter anderenfalls in seinem üblichen Wohngebrauch zu stark eingeschränkt wäre, z. B. weil ein Sonnenschirm wegen der Lage des Balkons keinen ausreichenden Sonnenschutz bieten würde (AG München, Urteil v. 7.6.2013, 411 C 4836/13, ZMR 2014 S. 459).
4 Die Entscheidung
Mit ähnlicher Begründung hat das AG Hamburg jetzt entschieden, dass der Mieter einen Anspruch auf Zustimmung des Vermieters zur Anbringung einer Markise hat, wenn die Beeinträchtigung nur unerheblich ist – hier: 4 Bohrungen und Verschraubungen an der Unterseite der über dem Balkon befindlichen Loggia –, die Mietsache nicht verschlechtert wird, kein Eingriff in das Wärmedämmverbundsystem erfolgen soll, die Arbeiten durch einen Fachbetrieb ausgeführt werden und der Mieter sich verpflichtet, bei Mietende auf eigene Kosten den Rückbau inkl. Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu bewirken.
5 Entscheidung
AG Hamburg, Urteil v. 16.8.2019, 410c C 193/18, ZMR 2019 S. 965