1 Leitsatz
Bei einem Erstherstellungsanspruch geht es um die vollständige erstmalige Errichtung bzw. entsprechende Ausstattung des gemeinschaftlichen Eigentums durch Baumaßnahmen auf den Stand, der sich aus der Zweckbestimmung der Einheiten oder der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung und/oder dem eindeutig mit beurkundeten bzw. in Bezug genommenen Aufteilungsplan als Soll-Zustand bestimmt. Typische Beispiele hierfür sind die Korrektur einer von Anfang an planwidrigen Errichtung des Gemeinschaftseigentums, die Durchführung von Maßnahmen zur erstmaligen aufteilungsplanmäßigen Herstellung, das Entfernen von nicht grundbuchrechtlich zum Soll-Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums erhobenen Sonderwünschen einzelner Erwerber aus der Bauphase, die nachträgliche Errichtung/Herstellung ursprünglich vorgesehener Anlagen und Einrichtungen etc.
2 Normenkette
§§ 18, 19, 20 Abs. 1 WEG; § 935 ZPO
3 Das Problem
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verlangt von Wohnungseigentümer B im Wege der einstweiligen Verfügung, es zu unterlassen, eine Brandschutztür einzubauen, für die es keine Gestattung gebe. B meint, zum Einbau ohne Gestattung berechtigt zu sein. Er habe das Dach-/Speichergeschoss zur Nutzung für Wohnzwecke ausgebaut. Der Einbau der Brandschutztür beruhe auf Auflagen, die die Baubehörde bereits mit der Baugenehmigung erteilt habe. Bei dem Einbau der Brandschutztür handele es sich um einen "Erstherstellungsanspruch", weshalb es einer Beschlussfassung nicht bedürfe. In der Gemeinschaftsordnung heißt es insoweit wie folgt: "Den jeweiligen Eigentümern der Einheiten Nrn. 25-29 wird das Recht eingeräumt, diese Einheiten zu Wohnnebenräumen oder Wohnräumen auszubauen und als solche auf Dauer zu nutzen. Die Eigentümer sind berechtigt, in das Dach Dachflächenfenster einzubauen, ferner auch in den Giebel Fenster, die den übrigen Fenstern im Haus zu entsprechen haben. Der Einbau von Fenstern und der Ausbau hat unter Beachtung des geltenden Baurechts fachmännisch auf Kosten des jeweiligen Eigentümers der betr. Einheit zu erfolgen. Beim Ausbau der Einheiten ist so vorzugehen, dass die Eigentümergemeinschaft möglichst gering dadurch beeinträchtigt wird. Der Ausbau hat nach Beginn zügig zu erfolgen." Das AG gibt dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung statt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung. Im Laufe des Berufungsverfahrens wird die Brandschutztür eingebaut. K erklärt daraufhin den Rechtsstreit für erledigt. Dem schließt sich B an. Fraglich ist, wer die Kosten zu tragen hat.
4 Die Entscheidung
Das LG meint, B müsse die Kosten tragen! Bei dem Austausch der Wohnungseingangs- gegen eine Brandschutztür handele um sich um eine bauliche Veränderung und nicht um die Realisierung eines Erstherstellungsanspruchs. Bei einem Erstherstellungsanspruch gehe es um die vollständige erstmalige Errichtung bzw. entsprechende Ausstattung des gemeinschaftlichen Eigentums durch Baumaßnahmen auf den Stand, der sich aus der Zweckbestimmung der Einheiten oder der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung und/oder dem eindeutig mit beurkundeten bzw. in Bezug genommenen Aufteilungsplan als Soll-Zustand bestimmt. Typische Beispiele hierfür seien die Korrektur einer von Anfang an planwidrigen Errichtung des gemeinschaftlichen Eigentums, die Durchführung von Maßnahmen zur erstmaligen aufteilungsplanmäßigen Herstellung, das Entfernen von nicht grundbuchrechtlich zum Soll-Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums erhobenen Sonderwünschen einzelner Erwerber aus der Bauphase, die nachträgliche Errichtung/Herstellung ursprünglich vorgesehener Anlagen und Einrichtungen etc. So liege es nicht. Nach der Gemeinschaftsordnung sei K zwar berechtigt gewesen, das Dach auszubauen. Hierin liege aber nur die Vereinbarung einer Gestattung nach § 20 Abs. 1 WEG, die den Einbau der Tür nicht gestattet habe. Unabhängig davon hätte B aber auch im Falle der Erstherstellung kein Anspruch auf eigenes Tätigwerden zugestanden, sondern er hätte ein Handeln der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einfordern müssen (Hinweis unter anderem auf LG München, Urteil v. 20.10.2022, 36 S 1546/22).
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall steht die Frage im Mittelpunkt, ob ein Wohnungseigentümer berechtigt ist, in das gemeinschaftliche Eigentum einzugreifen, um dieses so herzustellen, wie es seines Erachtens vorgesehen war.
Anspruch auf ordnungsmäßige Erstherstellung
Jeder Wohnungseigentümer hat einen Anspruch darauf, dass das gemeinschaftliche Eigentum so hergestellt wird, wie es zunächst vorgesehen war. So kann es auch bei einer Brandschutztür sein, wenn diese bauseitig vorgesehen war. Im Fall ist es aber nicht so, da die Notwendigkeit, eine Brandschutztür einzubauen, erst durch einen Dachgeschossausbau entstanden ist. Der aufteilende Eigentümer hätte das Problem sehen und in die Gestattungsvereinbarung aufnehmen können. So war es aber nicht.
Verpflichtung zum Einbau
Allerdings muss B die Brandschutztür einbauen. Diese dürfte daher gemeinschaftliches Eigentum sein. Dann aber geht es nicht um eine bauliche Veränderung, sondern um eine Erhaltungsm...