Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollzug des Grundsicherungsgesetzes. Kindergeld ist bei fehlendem weiteren Zuwendungsakt grundsätzlich Einkommen des Kindergeldbeziehers. tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft eines Grundsicherungsberechtigten, der mit seiner Mutter in Haushaltsgemeinschaft lebt, wenn „aus einem Topf” gewirtschaftet wird. tatsächliche geleistete Unterhaltszahlungen sind als Einkommen des Grundsicherungsberechtigten zu berücksichtigen. Zeitraum der gerichtlichen Überprüfung. Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28. Oktober 2003
Normenkette
GSiG §§ 1, 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1-2, 6; BSHG §§ 11, 76 ff.
Verfahrensgang
VG Augsburg (Urteil vom 28.10.2003; Aktenzeichen 9 K 03.1217) |
Tenor
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28. Oktober 2003 erhält in Nummer I folgende Fassung:
„Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für die Monate Mai und Juni 2003 Leistungen der Grundsicherung in Höhe von monatlich 68,47 Euro zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2003 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 6. August 2003 werden insoweit aufgehoben, als sie dieser Verpflichtung entgegenstehen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.”
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Kläger und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und der Beigeladene dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz.
1. Der 41-jährige Kläger ist geistig schwer behindert. Er ist ledig und lebt zusammen mit seiner Mutter, die zu seiner Betreuerin bestellt ist, in einer gemeinsamen Wohnung. Seine Mutter ist alleinige Mieterin der Wohnung und entrichtet auch die vollständige Miete. Sie erhält für den Kläger ein monatliches Kindergeld in Höhe von 154 Euro. Der Vater des Klägers verpflichtete sich mit gerichtlichem Vergleich vom 10. Juli 2001, an den Kläger einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 409,03 Euro zu leisten. Im Rahmen einer Unterhaltsabänderungsklage schlossen der Kläger und sein Vater am 28. April 2003 einen gerichtlichen Vergleich, in dem sie sich einig waren, dass der Vater des Klägers nach wie vor Unterhalt gemäß Vergleich vom 10. Juli 2001 leistet. Falls der Kläger Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz erhalten sollte, würden diese rückwirkend auf den geschuldeten Unterhalt angerechnet und mit künftigen Unterhaltszahlungen verrechnet. Zuviel bezahlter Unterhalt sei zu erstatten. Zur Absicherung des Rückerstattungsanspruchs trat der Kläger seine Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen bis zur Höhe des geschuldeten Unterhalts an seinen Vater ab.
2. Am 16. Dezember 2002 beantragte die Mutter für den Kläger bei der Beklagten Leistungen der Grundsicherung. Mit Bescheid vom 10. Februar 2003 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003 Leistungen der Grundsicherung in Höhe von monatlich 161 Euro. Bei der Bemessung des Bedarfs setzte sie keine Unterkunftskosten an und berücksichtigte das Kindergeld als Einkommen des Klägers.
3. Nachdem die Mutter des Klägers der Beklagten am 20. Februar 2003 mitgeteilt hatte, dass der Vater des Klägers nach wie vor Unterhaltszahlungen leiste, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Februar 2003 die Leistungen der Grundsicherung an den Kläger ein, nahm den Bescheid vom 10. Februar 2003 mit Wirkung für die Vergangenheit zurück, lehnte den Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz ab und forderte bereits ausgezahlte Leistungen in Höhe von 322 Euro zurück. Nachdem sie den Widerspruch gegen diesen Bescheid zurückgenommen hatte, legte die Mutter des Klägers am 30. April 2003 erneut Widerspruch ein und beantragte am 2. Mai 2003 bei der Beklagten weitere Leistungen der Grundsicherung für den Kläger. Hierzu trug sie vor, die Unterkunftskosten seien künftig zu teilen. Sie legte den gerichtlichen Vergleich vom 28. April 2003 und Kontoauszüge vor, aus denen sich ergibt, dass der Vater des Klägers auch für Mai 2003 Unterhaltszahlungen geleistet hatte.
4. Mit Bescheid vom 2. Juni 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen wegen übersteigenden Einkommens ab. Bei der Bemessung des Bedarfs setzte sie keine Unterkunftskosten an. Als Einkommen des Klägers berücksichtigte sie sowohl das Kindergeld als auch die Unterhaltszahlungen des Vaters des Klägers. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2003 zurück.
5. Auf die mit entsprechendem Antrag erhobene Klage des Klägers hob das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 28. Oktober 2...