Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Kostenentscheidung bei einer Beschwerde gegen die Ablehnung der Aufnahme eines ausgesetzten Verfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren wegen der Aussetzung des Verfahrens beträgt 5 v.H. der zugrunde liegenden Forderung.

 

Orientierungssatz

Bei dem Verfahren der Beschwerde gegen die Ablehnung der Aufhebung eines Aussetzungsbeschlusses bedarf es keiner Kostenentscheidung, da es sich um einen unselbstständigen Verfahrensabschnitt in einem noch anhängigen Rechtsstreit handelt. Es ist auch kein Streitwert festzusetzen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 29.01.2019 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde der Beklagten richtet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Würzburg vom 29.01.2019, mit dem der Antrag der Beklagten auf Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses vom 27.06.2016 abgelehnt worden ist.

Mit ihrer im zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren vor dem SG erhobenen Klage nimmt die klagende Krankenkasse die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Zahlung von 252.196,77 € in Anspruch. Ihr Begehren stützt sie auf eine - von ihr geltend gemachte - gemeinschaftlich begangene betrügerische Abrechnung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege als Sachleistung nach § 37 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sowie die betrügerische Angabe von tatsächlich nicht erbrachten Pflegestunden im Rahmen eines persönlichen Budgets nach § 17 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX).

Mit Schriftsätzen vom 15.02.2016 und 01.03.2016 beantragten die Beklagten durch ihren Bevollmächtigten, den Rechtsstreit bis zum Abschluss des bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt unter dem Aktenzeichen 207 Js 1797/12 geführten Ermittlungsverfahrens gemäß § 114 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszusetzen.

Mit Beschluss vom 31.03.2016 setzte das SG das Verfahren bis zur Erledigung des Strafverfahrens aus.

Da seitens des Bevollmächtigten der Beklagten Bedenken bezüglich der örtlichen Zuständigkeit des SG für weitere Beklagte geäußert worden sind, teilte das SG den Beteiligten mit Schreiben vom 11.04.2016 mit, dass das Verfahren zunächst zur Klärung der örtlichen Zuständigkeit fortgesetzt werde, so dass der Aussetzungsbeschluss hinfällig werde; eines ausdrücklichen Beschlusses bedürfe es hierzu nicht.

Mit Beschlüssen vom 26.04.2016 und 28.04.2016 trennte das SG Verfahren gegen weitere Beklagte wegen anderweitiger örtlicher Zuständigkeit vom Verfahren ab, so dass unter dem Aktenzeichen S 11 KR 648/15 nur das Verfahren gegen die hiesigen Beklagten anhängig blieb.

Mit Beschluss vom 27.06.2016 setzte das SG, nachdem die Beklagten nochmals mit Schriftsätzen ihres Bevollmächtigten vom 24.06.2016 an den Erlass eines Aussetzungsbeschlusses erinnert hatten, das unter dem Aktenzeichen S 11 KR 648/15 anhängige Verfahren bis zur Erledigung des Strafverfahrens, damals unter dem Aktenzeichen 207 Js 1797/12 als Ermittlungsverfahren anhängig bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt, aus. Zur Begründung führte es aus, dass unter Anwendung der nach § 114 Abs. 3 SGG im Ermessen des Gerichts stehenden Entscheidung die Aussetzung anzuordnen sei. Dabei ging das SG von folgenden Erwägungen aus:

Die Klägerin stütze ihre Klage ausschließlich auf Ansprüche, die aus Straftaten der Beklagten resultieren sollten. Ob diese Straftaten (Betrug zu Lasten der Klägerin bzw. der Versichertengemeinschaft) tatsächlich durch die Beklagten begangen worden seien, werde im Strafverfahren geprüft. Das SG sei zwar nicht an die Feststellungen im Ermittlungsverfahren und im sich gegebenenfalls anschließenden Strafgerichtsverfahren unmittelbar gebunden. Es müsse aber im Rahmen der Amtsermittlung die in diesem Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft und des Strafgerichts, die auf dem Gebiet der Ermittlungen in Betrugsverdachtsfällen und des Strafrechts eine besondere Fachkunde besitzen würden und mit weitergehenden Ermittlungsbefugnissen als das SG ausgestattet seien, berücksichtigen. Es sei zu erwarten, dass im Strafverfahren eine umfangreiche Beweiserhebung stattfinde. Die parallele Weiterführung des hiesigen Verfahrens würde die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen im hiesigen Verfahren einerseits und im Strafverfahren anderseits vergrößern. Das Interesse der Beteiligten an einem schnellstmöglichen Abschluss des Verfahrens müsse demgegenüber zurücktreten. Es sei den Beteiligten zumutbar, den Abschluss des Strafverfahrens abzuwarten und die diesbezügliche Verzögerung hinzunehmen. Insbesondere seien keine erheblichen Nachteile für die Klägerin ersichtlich. Die Möglichkeit der Nutzung der im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse könne sich im hiesigen Verfahren zudem auch - nach dem Abschluss des Strafverfahrens - beschleunigend auf das hiesige Verfahren auswirken.

Rechtsmittel gegen diesen Beschluss legten die Beteiligten nicht ein.

Mit Schriftsätzen vom 25.10.2016 und 04.11.2016 beantragten die Beklagten dur...

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