Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Anspruchseinschränkung. Befristung auf sechs Monate
Leitsatz (amtlich)
Ein Verwaltungsakt, der eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG feststellt, diese aber nicht nach § 14 Abs 1 AsylbLG befristet, ist rechtswidrig.
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 04.01.2018 abgeändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 23.11.2017 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für den Zeitraum ab 27.12.2017 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis 30.06.2018 Grundleistungen nach § 3 Abs. 1 AsylbLG zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 2/3 zu erstatten.
IV. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Herr Rechtsanwalt B., B-Stadt beigeordnet.
Gründe
I.
Der Antragsteller (Ast) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für den Zeitraum ab 27.12.2017.
Der 1986 geborene Ast ist nach eigenen Angaben Staatsbürger Sierra Leones. Er reiste am 06.10.2016 von Libyen kommend über das Mittelmeer nach Italien ein. Seine Einreise nach Deutschland erfolgt am 27.10.2016. Hier stellte er am 14.11.2016 Asylantrag. Er hält sich seit dem 23.10.2017 in der Aufnahmeeinrichtung O., A-Straße, A-Stadt auf.
Bescheide der Antragsgegnerin (AG) über die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG sind bislang nicht ergangen.
Am 14.11.2016 fand durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) eine Anhörung des Ast statt. Bei dieser Anhörung gab der Ast an, am 06.10.2016 nach Italien eingereist zu sein und dann am 27.10.2016 nach Deutschland. Am 21.11.2016 wurde der Ast durch die Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern befragt. Daraufhin stellte das Bundesamt am 12.12.2016 ein Übernahmeersuchen an Italien, das unbeantwortet blieb. Am 30.03.2017 fand eine Anhörung des Ast zur Zulässigkeit seines Asylantrags durch das Bundesamt statt.
Mit Bescheid vom 04.04.2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Ast als unzulässig ab und stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 u. Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegen. Die Abschiebung nach Italien wurde angeordnet und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Gegen den Bescheid erhob der Ast Klage zum C. (VG - Az. B 4 K xxx). Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Mit Beschluss vom 26.04.2017 lehnte das VG den Antrag des Ast auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ab (Az. B 4 S xxx).
Am 24.10.2017 erging ein Formularschreiben der Regierung von O. - Zentrale Ausländerbehörde an die AG, wonach beim Ast der Missbrauchstatbestand des § 1a Abs. 1 AsylbLG erfüllt sei. Beim Ast liege eine Einreise über einen sicheren Drittstaat (Dublin-Italien) vor. Es werde um die Prüfung etwaiger Leistungskürzungen in eigener Zuständigkeit gebeten. Falls eine Kürzung erfolge, werde um Übersendung einer Kopie des Kürzungsbescheides gebeten.
Am 10.11.2017 bat der Ast die AG um die Ausstellung eines schriftlichen Bescheides, aus dem die Entscheidung einer Leistungskürzung hervorgehe. Daraufhin erließ die AG am 23.11.2017 einen Bescheid mit folgendem Tenor: "Ab dem 26.04.2017 werden Ihnen gemäß § 1a AsylbLG Leistungen zur Deckung Ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Leistungen nach § 3 Abs. 1 Satz 5 AsylbLG ("notwendiger persönlicher Bedarf") werden ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erbracht. Die Gewährung von Leistungen gemäß § 4 AsylbLG bleibt unberührt." Der Bescheid wurde dem Ast am 24.11.2017 ausgehändigt.
Gegen den Bescheid legte der Ast über seinen Anwalt am 27.12.2017 Widerspruch ein. Den Widerspruch legte die AG der Regierung von O. zur Entscheidung vor. Eine Widerspruchsentscheidung ist bislang nicht ergangen.
Am 27.12.2017 hat der Ast beim Sozialgericht Bayreuth (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und beantragt, die AG im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab 27.12.2017 vorläufig Leistungen gemäß §§ 3 und 6 AsylbLG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Mit Beschluss vom 04.01.2018 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Dies hat das SG im Wesentlichen damit begründet, dass es bereits an einem Anordnungsanspruch fehle. Es seien in der Hauptsache keine Erfolgsaussichten ersichtlich. Die Rechtsgrundlage für den Bescheid bilde § 1a Nr. 1 - gemeint ist: Abs. 1 - AsylbLG, dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Leistungskürzung nach § 1a AsylbLG sei nicht verfassungswidrig. Der Ast erhalte die im Einzelfall unabweisbar gebotenen Leistungen. Anträge nach § 6 AsylbLG seien n...