Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsentgelt. Auslöse. Beitragsfreiheit

 

Leitsatz (redaktionell)

Zahlungen im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsverhältnis können nur dann beitragsfrei nach § 1 ArEV sein, wenn sie “zusätzlich” zum Arbeitsentgelt gewährt werden. Daran fehlt es, wenn es sich bei den Zahlungen nur um umgewandeltes Arbeitsentgelt handelt.

 

Normenkette

SGB IV § 14 Abs. 1, §§ 17, 28p Abs. 2; ArEV § 1; EStG § 3 Nr. 16

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. August 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen aufgrund einer Betriebsprüfung.

Die Klägerin ist ein in M. ansässiges Bauunternehmen. Die aus Rumänien stammenden Beigeladenen zu 6) bis 12) waren vorübergehend als Bauarbeiter bei der Klägerin beschäftigt.

Das Finanzamt M. für Körperschaften machte mit Haftungsbescheid vom 13.09.1995 Steuernachforderungen für die Jahre 1991 bis 1995 geltend, u.a. weil die Klägerin den beigeladenen Bauarbeitern Entschädigungen zur Abgeltung für Mehraufwendungen bei auswärtiger Beschäftigung (Auslösen) steuerfrei ausgezahlt hatte, diese jedoch lohnsteuerpflichtiges Entgelt darstellten. Steuerfreiheit - so der Bescheid - bestehe nicht, weil die Auslösen nicht zusätzlich zum vereinbarten Monatslohn geleistet, sondern aus dem ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt in steuerfreie Auslösen umgewandelt worden seien.

In Auswertung der Steuerunterlagen führte die Beklagte eine Betriebsprüfung der Klägerin durch und forderte mit Bescheid vom 30.11.1998 für den Prüfzeitraum 01.12.1993 bis 31.12.1997 Gesamtsozialversicherungsbeiträge iHv 126.914,32 DM nach mit der Begründung, die Klägerin habe Auslösen als zusätzlich gezahlt und damit steuer - und sozialversicherungsfrei angesehen, obgleich diese zum versicherungspflichtigen Entgelt zählten. Sie habe bei den Beigeladenen zu 6) bis 12) den Festlohn zu Gunsten einer Auslöse gekürzt. Es liege somit eine verdeckte Entgeltzahlung vor, so dass die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern seien. Zudem seien 241,20 DM Beiträge für den Arbeitnehmer S. B. nachzuzahlen.

Dagegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt mit der Begründung, sie habe den Lohnsteuerhaftungsbescheid nur wegen einer gleichzeitigen Steuerrückerstattung akzeptiert. Tatsächlich seinen die Auslösen steuer- und beitragsfrei. Beispielsweise ergebe sich für den Beigeladenen zu 7) im Monat Oktober ein Festlohn von 690,00 DM und eine Auslöse von 2.550,00 DM. Dies entspreche für 30 Tage einer täglichen Auslöse von 85,00 DM, wovon 46,00 DM pauschaler Verpflegungsmehraufwand bei doppelter Haushaltsführung und 39,00 DM Übernachtungsersatz seien. Darauf bestehe ein gesetzlicher und arbeitsvertraglich fixierter Anspruch, weil die rumänischen Arbeitnehmer an wechselnden Einsatzorten abweichend von der Wohnstätte eingesetzt worden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Aus dem vorgelegten exemplarischen Arbeitsvertrag hätte sich bei 180 Arbeitsstunden/Monat ein zu beanspruchendes Bruttoentgelt von 3.240,00 DM ergeben. Tatsächlich sei hiervon ein Betrag von 30 x 85,00 DM = 2.550,00 DM abgezogen worden, so dass als steuer- und beitragspflichtig von nur 690,00 DM verblieben seien, woraus sich ein Brutto-Stundenlohn von 3,83 DM errechne. Es sei abwegig, dass Arbeitnehmer, denen bei der Anwerbung ein Entgelt von DM 18,00/Stunde versprochen worden sei, diesen Stundenlohn akzeptiert hätten. Beitragsfreiheit der Auslösen sei nicht anzunehmen, weil diese nicht zusätzlich zum, sondern abzüglich vom vereinbarten Lohn gezahlt worden seien. Dieses Vorgehen habe die Beklagte erst nach der Lohnsteueraußenprüfung der Finanzbehörden aufgegeben.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und Bescheidsaufhebung sowie Rückzahlung der gezahlten Beitragsnachforderung zuzüglich Zinsen beantragt. Sie hat zur Begründung auf das Widerspruchsvorbringen Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, es liege keine nachträgliche Entgeltumwandlung vor, vielmehr sei bereits im Arbeitsvertrag der Bruttolohn abzüglich steuerfreier Auslöse vereinbart worden. Die Klägerin habe den rumänischen Bauarbeitern wegen Einsatzwechseltätigkeit eine Auslöse geschuldet, welche sie auch zusätzlich zum Lohn gezahlt habe. Die Beklagte sei nicht berechtigt, den effektiven Bruttolohn als zu niedrig einzuschätzen, dies sei Gegenstand einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und habe sich am als zweifelhaft einzustufenden Ausbildungsstand und an den ebensolchen Fertigkeiten der rumänischen Bauarbeiter orientiert.

Mit Urteil vom 09.08.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die angefochtene Verwaltungsentscheidung Bezug genommen.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen beantragt,

das Urteil d...

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