Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Honorarkürzung wegen Verletzung des Nachweises über die Fortbildung
Leitsatz (amtlich)
§ 95d Abs 3 S 1 SGB V knüpft die Voraussetzungen der Honorarkürzung wegen Verletzung der Fortbildungspflicht nicht an ein bestimmtes Zulassungsgebiet, sondern lediglich an den Status als Vertragsarzt ("Ein Vertragsarzt"). Ein zwischenzeitlicher Verzicht auf die Zulassung und eine sich anschließende Neuzulassung auf einem anderen Fachgebiet berührt die laufende Fortbildungsverpflichtung des Vertragsarztes daher nicht.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. Februar 2018, S 20 KA 266/16 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Kürzung des Honorars für das Quartal 4/2014 wegen einer Verletzung der Pflicht zur fachlichen Fortbildung nach § 95d SGB V.
Der Kläger ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, bis zum 30.06.2014 als Facharzt für Anästhesiologie, ab dem 01.07.2014 als Facharzt für Allgemeinmedizin. Mit Honorarbescheid vom 20.05.2015 kürzte die Beklagte sein Honorar für das Quartal 4/2014 um 10 % (7.753,09 Euro) mit der Begründung, dass der Kläger seine Pflicht zur fachlichen Fortbildung nach § 95d SGB V verletzt habe. Die Frist von fünf Jahren, innerhalb der der Kläger die Fortbildungsnachweise einzureichen habe, sei am 30.06.2014 abgelaufen, der Kläger habe die Fortbildungsnachweise jedoch erst am 15.06.2015 vorgelegt. Im Vorfeld der Honorarkürzung hatte die Beklagte den Kläger wiederholt an die sozialrechtliche Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V erinnert (Schreiben vom 31.07.2013, 05.02.2014, 11.04.2014 und 05.06.2014).
Der gegen den Honorarbescheid eingelegte Widerspruch wurde im Wesentlichen mit einer Übererfüllung der Fortbildungspflicht in der Zeit zwischen 01.01.2002 und 30.06.2012 begründet. Zudem verwies der Kläger auf die besonderen Belastungen, die mit der Praxisübergabe seiner Anästhesiepraxis zum 30.06.2014 und der Praxisübernahme einer Allgemeinarztpraxis zum 01.07.2014 verbunden gewesen seien. Er werde trotz Zulassungswechsel regelwidrig anders behandelt als ein vertragsärztlicher Neueinsteiger. Schließlich sei zu prüfen, ob ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege, da bei Praxisabgabe ein mangelnder Nachweis der Fortbildungspflicht völlig folgenlos bleibe, falls er vor dem Ablauf der Fünfjahresfrist oder zum Ende der Fünfjahresfrist erfolge.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2016 zurück. Der Kläger habe, nachdem er am 30.06.2004 bereits zugelassen gewesen sei, für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis zum 30.06.2014 zum zweiten Mal der sozialrechtlichen Fortbildungsverpflichtung nach § 95d SGB V unterlegen. Die bis zum 30.06.2014 nachzuweisenden 250 Fortbildungspunkte habe er bis zum 13.06.2015 erworben und der Nachweis hierüber sei bei der Beklagten erst am 15.06.2015 eingegangen. Ausnahmetatbestände lägen nicht vor, so dass das Honorar im Quartal 4/2014 zu Recht um 10 % gekürzt worden sei.
In seiner dagegen gerichteten Klage zum SG München trägt der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte vor, die Kürzung sei rechtswidrig, da der Zulassungswechsel zum 01.07.2014 unberücksichtigt geblieben sei. Mit Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung würden die Fortbildungsverpflichtung, der Fünfjahreszeitraum und die Möglichkeit der Beklagten zur Honorarkürzung enden. Hiervon sei in § 95d Abs. 3 SGB V nur eine - - hier nicht zutreffende - Ausnahme wegen Wegzugs aus dem Zulassungsbezirk vorgesehen. Für die vorliegende Konstellation beginne die Frist für die Fortbildung mit der Neuzulassung neu zu laufen und eine Kürzung könne nicht mehr erfolgen. Darüber hinaus sei eine Kürzung des Honorars, welches der Kläger auf der Basis seiner Neuzulassung in einem anderen Fachgebiet, nämlich der Allgemeinmedizin, erwirtschaftet habe, mangels Ermächtigungsgrundlage unzulässig. Außerdem verstoße die vorgenommene Honorarkürzung gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG, da sie ohne rechtfertigenden Grund Gleiches ungleich behandle. Sie würde die erheblichen Belastungen, denen der Kläger ausgesetzt gewesen sei, unberücksichtigt lassen und gleichzeitig für andere Belastungen, wie beispielsweise Erkrankungen, und auch für neu zugelassene Ärzte Ausnahmen bezüglich der zu erbringenden Fortbildungsleistungen vorsehen. Außerdem werde Ungleiches vorliegend ohne rechtfertigenden Grund gleichbehandelt, da der Kläger durch die Honorarkürzung behandelt würde, als wäre er ohne jede Veränderung durchgängig zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen gewesen. Es fehle an einer konkreten Eingriffsermächtigung der Beklagten.
Die Beklagte führte an, das Gesetz differenziere hier nicht, ob ein Statuswechsel erfolgt sei bzw. kopple die Fortbildungspflicht nicht an ein bestimmtes Zulass...