nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Nürnberg (Entscheidung vom 14.10.1999; Aktenzeichen S 2 V 15/99)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.10.1999 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob beim Kläger weitere Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) anzuerkennen und zu entschädigen sind.

Der am 1926 geborene Kläger beantragte erstmals am 13.11.1997 die Anerkennung von Schädigungsfolgen. Er gab an, in einem Gefangenenlager im April 1945 bewußtlos geschlagen worden zu sein und eine Verletzung am Hinterkopf erlitten zu haben. In den ersten Jahren sei es immer so gewesen, als ginge alle 5 bis 10 Tage ein Windbrausen durch den Kopf, seit 20 Jahren bekomme er öfters Schwindel und es setze für einen Moment alles aus. Außerdem habe er im Oktober 1944 bei der Explosion zweier Granaten ein Schalltrauma erlitten.

Der Beklagte zog Unterlagen der behandelnden Ärzte bei und ließ den Kläger durch die HNO-Ärztin Dr.S. (Gutachten vom 27.08.1998) sowie den Neurologen und Psychiater Dr.W. (Gutachten vom 25.08.1998) untersuchen und anerkannte mit Bescheid vom 16.10.1998 als Folge einer Schädigung nach dem BVG "reizlose Narbe am rechten Hinterkopf mit Defekt der äußeren Schädelknochenschicht". Die bestehende beidseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit führte der Beklagte nicht ursächlich auf die 1944 stattgefundene Granatdetonation zurück. Den Widerspruch wies der Beklagte nach Einholung einer HNO-ärztlichen Stellungnahme des Dr.N. vom 15.12.1998 mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.1999 zurück.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Nürnberg hat der Kläger die Anerkennung von Schwindel und Schwerhörigkeit als weitere Schädigungsfolgen begehrt. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.10.1999 ohne weitere Ermittlungen abgewiesen und auf den Widerspruchsbescheid des Beklagten Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und an seinem Klagebegehren festgehalten. Der Senat hat von Prof.Dr.S. (HNO-Universitätsklinik M.) ein Gutachten vom 22.08.2000 eingeholt. Diese hat beim Kläger eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits, einen fluktuierenden Tinnitus und eine Gleichgewichtsstörung festgestellt. Sie hat diese Gesundheitsstörungen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf ein erlittenes Knalltrauma oder ein stumpfes Schädeltrauma zurückgeführt und einen otogenen Schwindel ausgeschlossen.

Der vom Senat gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Facharzt für Neurologie Dr.F. hat im Gutachten vom 01.10.2001 keine relevante psychoreaktive Störung des Klägers als Folge eines in der Kriegsgefangenschaft erlittenen Unfallereignisses angenommen, sondern das somatoforme Krankheitsverständnis im Sinne einer sekundär schicksalhaft verlaufenden Entwicklung eines allgemeinen Abbauprozesses eingestuft. Er hat auch das Vorliegen einer posttraumatischen Epilepsie wegen der langen Latenzzeit von 35 bis 50 Jahren bis zum Auftreten von Synkopen, dem Fehlen von Frühanfällen und entsprechender ärztlicher Behandlungen nicht für wahrscheinlich gehalten.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des SG Nürnberg vom 14.10.1999 und den Bescheid vom 16.10.1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 11.01.1999 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als weitere Schädigungsfolgen Schwindelanfälle und eine Schwerhörigkeit beidseits anzuerkennen und Versorgungsrente zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 14.10.1999 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Beschädigtenakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig. Die Entscheidung konnte gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten einverstanden waren.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem BVG. Über die von dem Beklagten festgestellten Schädigungsfolgen "reizlose Narbe am rechten Hinterkopf mit Defekt der äußeren Schädelknochenschicht" hinaus sind beim Kläger keine weiteren Schädigungsfolgen anzuerkennen.

Nach § 1 Abs 1 BVG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schädigung auf Antrag Versorgung, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen und militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Einer Schädigung im Sinne des Abs 1 stehen Schädigungen gleich, die durch eine Kriegsgefangenschaft herbeigeführt worden sind (§ 1 Abs 2 b BVG).

Eine Versorgung nach dem BVG wird nur gewährt, wenn eine mehrgliedrige Ursachenkette (= Kausalkette) bestehend aus schädigendem Vorgang, gesundheitlicher Schädigung und daraus resul...

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