Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschäftigungsverhältnis. Kreisbrandmeister

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine abhängige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist, was bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb der Fall ist, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.

2. Eine selbstständige Tätigkeit ist vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

3. Bayerische Kreisbrandräte stehen in einem Beschäftigungsverhältnis, wenn sie allgemeine Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten.

 

Normenkette

SGB V § 28p Abs. 1 S. 5; SGB XI § 20 Abs. 1 Sätze 1-2; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB III §§ 25, 168 Abs. 1 S. 1.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 15.09.2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auf 1.802,61 Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, ein bayerischer Landkreis, wendet sich dagegen, dass die Beklagte auf Grund einer Betriebsprüfung Gesamtsozialversicherungsbeiträge für Kreisbrandmeister und Kreisbrandinspektoren nachfordert.

Mit Bescheid vom 04.12.2000/Widerspruchsbescheid vom 14.05.2001 forderte die Beklagte vom Kläger aufgrund Betriebsprüfung vom 22.05.2000 bis 25.05.2000 für den Prüfzeitraum 01.01.1996 bis 30.04.2000 Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach. Neben anderen, hier nicht näher zu erläuternden Nachforderungen, machte die Beklagte geltend, die im Gebiet des Klägers tätigen Kreisbrandmeister und Kreisbrandinspektoren - die Beigeladenen zu 1) bis 12), im Folgenden: beigeladene Kreisbrandmeister und -inspektoren - seien versicherungspflichtig beschäftigt. Die im Prüfzeitraum gezahlten Aufwandsentschädigungen seien nach Abzug von Freibeträgen beitragspflichtig, so dass sich eine Nachforderung i.H.v. Euro 1.802,61 ergebe. Der Argumentation des Klägers, die beigeladenen Kreisbrandmeistern und -inspektoren stünden als ehrenamtlich für den Freistaat Bayern im Rahmen landesrechtlicher Sondernormen Tätige nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu ihm, folgte die Beklagte nicht.

Gegen die Nachforderung hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben, wo ein der Großteil der anderweitig begründeten Nachforderung mit Vergleich vom 21.11.2003 (S 10 KR 139/02) erledigt wurde. Der Kläger hat gegen die danach noch strittige Beitragsforderung im Wesentlichen vorgebracht, ausgehend von der Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts bestehe zwischen ihm und den beigeladenen Kreisbrandmeister und -inspektoren kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Die Beklagte hat hingegen die Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts als nicht gefestigt angesehen und darauf hingewiesen, dass die Feuerwehrführungskräfte mit allgemeinen Verwaltungsaufgaben betraut und bei deren Wahrnehmung weisungsgebunden tätig seien.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.09.2006 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Kreisbrandinspektoren und Kreisbrandmeister seien nicht beim Kläger beschäftigt, weil sie als ehrenamtlich Tätige aufgrund der Sonderregelungen im Bayerischen Feuerwehrgesetz ein Amtsverhältnis besonderer Art bekleideten. Zudem erhielten sie kein Entgelt, sondern nur eine Entschädigung, so dass ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis nicht bestehe.

Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und sich zur Begründung auf die Rechtsprechung des BSG im Beschluss vom 04.04.2006 - B 12 KR 76/05 B - bezogen. Kommunale Ehrenbeamte seien einem Beschäftigungsverhältnis zuzuordnen, wenn sie Verwaltungstätigkeiten ausübten. Dies sei bei den beigeladenen Kreisbrandmeistern und -inspektoren der Fall. Die Feuerwehrführungskräfte seien im Rahmen der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben weisungsgebunden und in die Strukturen des Feuerwehrwesens eingebunden tätig, so dass eine abhängige Beschäftigung vorliege. Eine quantitative oder qualitative Abwägung, ob gleichzeitig Repräsentationsaufgaben wahrgenommen würden, sei nicht vorzunehmen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten die Höhe der Nachforderung übereinstimmend unstreitig gestellt. Der Kläger hat eine Aufstellung der von den beigeladenen Kreisbrandmeistern und -inspektoren tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben übergeben.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 15.09.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 23) und 24) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

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