Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht: Tätigkeit gegen Stundenlohn aufgrund einer mündlichen Vereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Eine Tätigkeit ohne schriftliche Vereinbarung gegen Stundenlohn ist regelmäßig eine abhängige Tätigkeit, wenn kein unternehmerisches Risiko erkennbar ist.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1, §§ 7a, 25 Abs. 1, 2 S. 4, §§ 28h, 28p Abs. 1 S. 1, Abs. 6; SGB VI § 1 Abs. 1 Nr. 1; SGB III § 25 Abs. 1 S. 1; SGB X § 12 Abs. 2, §§ 31-32, 35 Abs. 1, § 40 Abs. 1-3, § 42; SGG § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 4, §§ 77, 103, 197a; GKG §§ 47, 52; VwGO § 154 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 17. Februar 2021 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.183,03 € festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 3.183,03 € für die Zeit vom 1.1.2014 bis 31.12.2017 und das Bestehen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV sowie die Nichtigkeitsfeststellung der Bescheide vom 4.12.2018 und 11.1.2019 insoweit, als sich die Beklagte darin die jeweils künftige Geltendmachung von Beitragsforderungen vorbehalten hat.
Die Beklagte führte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV betreffend den Zeitraum vom 1.1.2014 bis 31.12.2017 durch. Die Prüfung begann am 26.6.2018. Die Schlussbesprechung fand am 27.6.2018 statt.
Mit nach Aktenlage nicht angefochtenem Bescheid vom 4.12.2018 teilte die Beklagte neben beitragsrechtlichen Feststellungen u.a. mit, welche Feststellungen im Rahmen der stichprobenweise durchgeführten Betriebsprüfung getroffen wurden. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Bescheid vorbehaltlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung der unter dem Sachkonto 5920 aufgeführten Bauleistungen ergehe, die von Einzelunternehmern erbracht worden seien, um eine weitere Verzögerung beim Erlass der Prüfmitteilung zu vermeiden. Der Bescheid ergehe als Ergänzung zum Bescheid vom 13.6.2017, der Vorbehalt werde aufgehoben.
Mit nach Aktenlage nicht angefochtenem Bescheid vom 11.1.2019 wurde der Bescheid vom 4.12.2018 nach § 45 SGB X von der Beklagten zurückgenommen und durch diesen ersetzt. Der Vorbehalt im Bescheid vom 4.12.2018 sei aufgrund des Hinweises auf Bauleistungen und auf einen in diesem Fall nicht ergangenen Bescheid vom 13.6.2017 offensichtlich unrichtig. Der Klägerin sei bekannt, dass zum sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 noch ermittelt werde. Diese Ermittlungen dauerten noch an. Die Klägerin erhalte zu gegebener Zeit einen entsprechenden Bescheid.
Die Klägerin betreibt mehrere Geschäfte, unter anderem auch die "Saunawelt A ". Der Bistro- und Saunabetrieb ist an Frau R (R) verpachtet. Im Pachtvertrag ist u.a. vereinbart, dass die Klägerin für Sonn- und Feiertage, an denen der Betrieb ebenfalls geöffnet ist, zur Aufrechterhaltung des Bistro- und Saunabetriebes eine Aushilfe stellt (§ 3 des Vertrages). In § 3 Abs. 3 S. 3 des Pachtvertrages steht nach Angaben der Bevollmächtigten ferner: "Für den Sonntagsbetrieb steht -wenn gewünscht- eine Aushilfskraft zur Verfügung.". Diese Verpflichtung oblag der Klägerin, die die Beigeladene zu 1 in Erfüllung dieser vertraglichen Verpflichtung einsetzte.
Ein schriftlicher Vertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 existiert nicht. In den Akten befindet sich eine ausgedruckte E-Mail von der Klägerin an die Beigeladene zu 1 vom 6.10.2012. Darin erklärt die Klägerin, dass sie auf die Mitarbeit der Beigeladenen zu 1 nicht verzichten möchte. Es wäre ihr recht, wenn sie sich auf einen Stundenlohn von 11 € plus Mehrwertsteuer einigen könnten. Wie sich aus der aktenkundigen Rechnung der Beigeladenen zu 1 vom 26.11.2017 ergibt, wurde ein Stundenlohn von 11,50 € schließlich vereinbart. Wichtig für beide Seiten sei eine gute Sonntags-/Speisekarte, die die Beigeladene zu 1 mit Frau R besprechen sollte. Die Bistroumsätze müssten im Gegensatz zu früher über die Bistro- Registrierkasse laufen, damit die Klägerin mit Frau R abrechnen könne. Trinkgelder blieben selbstverständlich bei der Beigeladenen zu 1. Der Beigeladenen zu 1 wurde eine Einweisung für das Ein- und Abstellen der diversen Saunen angeboten. Die Beigeladene zu 1 hat ein Gewerbe für Kleintransporte und (Gastronomie-) Dienstleistungen angemeldet, das sie ab 1.6.2015 um die "Saunabetreuung" erweiterte.
Die Tätigkeit umfasst nach Angaben der Klägerin (E-Mail vom 5.12.2018) die Inbetriebnahme der Saunaeinrichtungen, Empfang der Gäste, Schlüsselausgabe, Inkasso der Eintrittsgelder, Zubereitung von Speisen und Getränken, Bewirtung der Gäste, Steuerung der Saunaaufgüsse, Inkasso der Bistroeinnahmen über eine Registrierkasse von R. Um de...