Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbscheinsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage der Auslegung, ob mit den Worten „den Rest erhält” eine Erbeinsetzung gemeint ist.
Normenkette
BGB §§ 1938, 2087
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 21.12.1987; Aktenzeichen 2 T 1864/87) |
AG Weilheim (Aktenzeichen VI 31/87) |
Tenor
I. Auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 4 wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 21. Dezember 1987 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur anderen Behandlung und neuen Entscheidung an das Landgericht München II zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Am 2.2.1987 verstarb … die ledige und kinderlose … Erblasserin im Alter von 59 Jahren. Die Beteiligten zu 1, 3, 4 a und 5 sind ihre Geschwister. Ihre Schwester A. ist am 7.5.1987 verstorben; sie wurde von ihrem Ehemann, dem Beteiligten zu 2, allein beerbt. Die Beteiligte zu 4 b ist die Ehefrau des Beteiligten zu 4 a. Die Eltern der Erblasserin sind längst verstorben.
Zum Nachlaß gehören eine Eigentumswohnung, … deren Verkehrswert nicht bekannt ist, sowie Bankguthaben, deren Höhe ebenfalls nicht festgestellt ist.
Die Erblasserin hinterließ eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene letztwillige Verfügung folgenden Wortlauts:
Februar 84
Testament!
Will mein Testament machen da ich mit meiner Gesundheit nicht weis wie es mal schnell gehen kann. Da ich jetzt geistig noch voll zurechnungs voll bin, will ich es aufsetzen. Meinen Nichten und Neffen jedem 1000 Mark. Die Wohnung wenn verkauft wird 50 000 M. an B. und Rest an C.
Die liebe kleine D. soll 10 000 M bekommen und das Holz … Den Rest was durch Beeriddung und Grab kaufen … kostet hernehmen, sollten noch mehr als 20 tausend überbleiben, dann an die Kirche in … 3 tausend M. und in … 2000 M. Den Rest bekommen … (= Bet. zu 4) Da mein Bruder mit Schägerin mir feindlich gesinnt waren, mus ich Sie leider enterben.
Hoffe ich habe es richtig gemacht
Bei dem im Testament erwähnten C. handelt es sich nach den Feststellungen des Nachlaßgerichts um einen Sohn und bei der gleichfalls genannten B. um eine Tochter der Beteiligten zu 4. Die „kleine D.” ist eine Tochter von B. Der Beteiligte zu 5 hat nach seinen Angaben gegenüber dem Nachlaßgericht drei Kinder.
Nach Eröffnung des Testaments beantragten die Beteiligten zu 4 einen Erbschein, demzufolge die Erblasserin von ihnen zu gleichen Teilen beerbt worden sei. Das Nachlaßgericht kündigte mit Beschluß vom 9.9.1987 die Erteilung des beantragten Erbscheins an, falls nicht binnen zwei Wochen Beschwerde eingelegt werde. Es vertrat die Meinung, eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 4 liege nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 1 BGB darin, daß ihnen von der Erblasserin der „Rest” zugewiesen worden sei. Dieser sei gegenüber den ausgesetzten Vermächtnissen „nicht unbeträchtlich”, zumal auch die Wohnung dazu gehöre.
Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte zu 2 mit einem beim Amtsgericht eingereichten Schriftsatz Beschwerde ein und beantragte einen Erbschein, demzufolge die Erblasserin von der Beteiligten zu 1, den „Erbeserben” nach A. sowie den Beteiligten zu 3 und 4 a zu je einem Viertel beerbt worden sei. Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Landgericht vor. Die Beteiligten zu 4 traten dem Rechtsmittel entgegen.
Das Landgericht hob am 21.12.1987 den Beschluß des Nachlaßgerichts auf (Nr. I) und wies dieses an (Nr. II), „unter Berücksichtigung der Rechtsansicht des Beschwerdegerichts erneut über die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 2 und 4 zu entscheiden”.
Gegen diesen Beschluß richten sich die mit Anwaltsschriftsatz eingelegten weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 4. Sie beantragen, die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben und die des Nachlaßgerichts wiederherzustellen. Den übrigen Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie haben sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 4 sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Vorbescheid des Nachlaßgerichts für begründet gehalten und hierzu wörtlich folgendes ausgeführt:
Das Amtsgericht hat seine Entscheidung auf § 2087 Abs. 1 BGB gestützt, wonach derjenige Erbe ist, dem der Erblasser sein Vermögen oder auch einen Bruchteil seines Vermögens zugewendet hat. Ob ein Bedachter Erbe oder Vermächtnisnehmer ist, beurteilt sich nach dem auszulegenden Inhalt der gesamten Verfügung. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die in dem Testament enthaltene Enterbung des Bruders der Erblasserin, … (= Bet. zu 5) … den letzten Satz der letztwilligen Verfügung darstellt und nicht, wie das Amtsgericht es darlegt, nach der Enterbung die Verfügung zugunsten … (= Bet. zu 4) … folgt. Das Testament vom Februar 1984 enthält nach der Einleitung eine Vermächtnisanordnung zugunsten aller Neffen und Nichten über einen Geldbetrag von DM 1.000,–, weitere Vermächtnisse zugunsten der Nichten und Neffe...