Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Nachteilge bauliche Veränderung durch Carport-Errichtung auf Stellplatz-Sondernutzungsrecht

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 19.01.1999; Aktenzeichen 14 T 10845/97)

AG Nürnberg (Entscheidung vom 20.10.1997; Aktenzeichen 1 UR II 233/97)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Januar 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller, die Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus sechs Wohnungen bestehenden Anlage. Ein Teil des Grundstücks wird als Hofbereich genutzt, der als Zugang und Zufahrt zu den beiden Wohnhäusern und den Garagen dient sowie teilweise gärtnerisch gestaltet ist. An einer Teilfläche des Hofbereichs steht den Antragsgegnern (einem Ehepaar) ein Sondernutzungsrecht zu, das sie zur Nutzung als Pkw-Stellplatz berechtigt. Mit Schreiben vom 4.7.1997 teilte der Antragsgegner zu 1 den übrigen Wohnungseigentümern mit, er werde in Kürze einen Carport auf seinem Stellplatz errichten, um sein neues, sehr teures Kraftfahrzeug vor den zu erwartenden Beschädigungen durch auf dem Nachbargrundstück stehende Bäume zu bewahren. Der Carport wurde im Juli 1997 erstellt. Einen Antrag auf nachträgliche Genehmigung lehnte die Eigentümerversammlung am 26.8.1997 mit vier gegen zwei Stimmen ab.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner zur Entfernung des Carports zu verpflichten. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 20.10.1997 stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht nach Einnahme eines Augenscheins mit Beschluß vom 29.1.1999 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Kammer mache sich die zutreffenden Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung zu eigen. Deren Richtigkeit werde durch den Eindruck bestätigt, den die Kammer beim Augenschein von den örtlichen Gegebenheiten gewonnen habe.

Die Errichtung einer Überdachung des Pkw-Stellplatzes bedürfe grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Sie wäre nur entbehrlich, wenn sie durch den Carport nicht oder nur unwesentlich in ihren Rechten beeinträchtigt würden. Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden. Schon aus den vorgelegten Lichtbildern sei eine nachteilige Beeinträchtigung des Gesamtbilds der Anlage festzustellen. Das Ergebnis des Augenscheins bestätige dies. Die Wohnanlage der Beteiligten liege in einer gehobenen Wohngegend. Die Anlage selbst und das nähere Umfeld seien von reichem Baumbestand in parkähnlichem Charakter geprägt. In diesen gehobenen Standard sei der Einfahrts- und Zugangsbereich der Anlage einbezogen. Die freie Durch- und Rundumsicht werde durch den Carport nachhaltig gestört. Er erscheine an Ort und Stelle noch mehr als Fremdkörper in der Wohn- und Parklandschaft als auf den übergebenen Lichtbildern. Er wirke überdimensioniert, stehe an dominanter Stelle zentral im Hofbereich und sei von vielen Standpunkten aus einsehbar. Dieser optische Eindruck stelle einen Nachteil dar, den die Antragsteller nicht hinzunehmen brauchten. Die Antragsgegner könnten sich nicht darauf berufen, daß ihr wertvoller Pkw ohne die Überdachung in größerem Maß Beschädigungen ausgesetzt sei. Beim Erwerb ihres Wohnungseigentums mit dem Sondernutzungsrecht sei ihnen der tatsächliche Zustand der Anlage bekannt gewesen. Sie hätten von vornherein nicht davon ausgehen können, daß eine solch gravierende bauliche Veränderung genehmigt würde. Anhaltspunkte dafür, daß die Verweigerung der Zustimmung schikanös sei, seien nicht ersichtlich.

2. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsfehlern. Die Antragsgegner sind gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 3, § 14 Nr. 1 WEG verpflichtet, den ohne Zustimmung der Antragsteller errichteten Carport zu beseitigen.

a) Das Landgericht hat die Errichtung eines Carports auf dem Pkw-Stellplatz der Antragsgegner zutreffend als bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums im Sinn von § 22 Abs. 1 WEG angesehen (vgl. BayObLG WE 1991, 228 f. und 1998, 507); davon gehen auch die Antragsgegner aus. Das den Antragsgegnern zustehende Sondernutzungsrecht gibt ihnen grundsätzlich nicht das Recht, bauliche Veränderungen vorzunehmen (BayObLG WuM 1998, 563/564 m.w.N.; st.Rspr.). Zu der von den Antragsgegnern vorgenommenen Maßnahme ist daher gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG die Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer erforderlich, deren Rechte über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Unter einem Nachteil im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen; eine Beeinträchtigung kann auch in einer nachteiligen Veränderun...

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