Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Antragsbefugnis eines Eigenümters bei gemeinschaftlichen Ansprüchen ohne Beschlussermächtigung
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 09.05.1989; Aktenzeichen 1 T 14947/88) |
AG München (Entscheidung vom 12.07.1988; Aktenzeichen UR II 274/88) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 9. Mai 1989 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Antrag als unzulässig abgewiesen wird.
II. Die Antragstellerin trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 105 857,16 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin hat im Rahmen der Sanierung eines Altbaus insgesamt acht Wohnungseigentumsrechte und ein Teileigentumsrecht begründet. Die Wohnungseigentumsrechte hat sie an die Antragstellerin und die übrigen Beteiligten verkauft. Das Teileigentum gehört ihr.
Die Antragstellerin behauptet, die Anlage sei von der Antragsgegnerin wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht vollständig fertiggestellt worden. Am 16.3.1988 hätten die Wohnungseigentümer beschlossen, die Anlage selbst fertigzustellen. Hierzu seien noch insgesamt 564 000 DM aufgewendet worden.
Die Antragstellerin hat beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den auf sie entfallenden Betrag von 105 857,16 DM an die Wohnungseigentümer zu zahlen. Das Amtsgericht hat den Antrag am 12.7.1988 abgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde am 9.5.1989 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II.
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Jeder Wohnungseigentümer könne von den anderen verlangen, daß sie an der Fertigstellung der Anlage mitwirken. Selbst wenn die Fertigstellung ohne Eigentümerbeschluß möglich sein sollte, hätten jedoch Zahlungspflichten des einzelnen Wohnungseigentümers einen solchen Beschluß zur Voraussetzung. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, daß am 16.3.1988 ein Eigentümerbeschluß im Zusammenhang mit der Fertigstellung nicht gefaßt worden sei.
2. Die Entscheidung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
Es braucht nicht näher darauf eingegangen zu werden, ob ein Eigentümerbeschluß des Inhalts gefaßt wurde, daß die Anlage fertiggestellt werden soll. Auch wenn dies unterstellt wird, ist der Anspruch nicht begründet. Denn der Antragstellerin steht kein Antragsrecht zu, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen.
Verlangt wird von der Antragstellerin Zahlung des auf die Antragsgegnerin entfallenden Betrags zur Fertigstellung der Wohnanlage durch die Gesamtheit der Wohnungseigentümer. Gezahlt werden soll der Betrag nicht an die Antragstellerin, sondern an alle Wohnungseigentümer. Es handelt sich damit nicht um einen individuellen Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers, sondern um einen Anspruch, der den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich gegen einen von ihnen zusteht. Für die Geltendmachung eines solchen Anspruchs fehlt dem einzelnen Wohnungseigentümer ein Antragsrecht im Sinn des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Da es sich um einen Anspruch der Gesamtheit der Wohnungseigentümer handelt, ist Voraussetzung für die gerichtliche Geltendmachung durch einen einzelnen Wohnungseigentümer ein dahingehender Beschluß der Wohnungseigentümer. Der Bundesgerichtshof hat dies zwar ausdrücklich nur für Ansprüche gegen den Verwalter entschieden (BGH NJW 1989, 1091). Die Begründung dieser Entscheidung deckt aber in gleicher Weise Ansprüche gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer ab. Entscheidend wird nämlich darauf abgestellt, daß es sich nicht um einen individuellen Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers handelt und der Anspruch nicht gegen außerhalb der Gemeinschaft stehende Dritte gerichtet ist. Der Senat hat sich bereits im Beschluß vom 15.6.1989 (BReg. 2 Z 50/89) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (Rpfleger 1984, 62) der Ansicht des Bundesgerichtshofs angeschlossen.
Ein Eigentümerbeschluß, der die Antragstellerin ermächtigt, einen Zahlungsanspruch der Gemeinschaft gerichtlich geltend zu machen, liegt nicht vor. Da die Befugnis eines einzelnen Wohnungseigentümers, einen der Gemeinschaft zustehenden Anspruch gerichtlich geltend zu machen, die Zulässigkeit des Antrags betrifft (BGH aaO), ist die sofortige weitere Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Zahlungsantrag als unzulässig abgewiesen wird.
3. Eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG wegen Abweichung vom Beschluß des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18.3.1977 (WEM 1977, 118) ist nicht erforderlich. Denn diese Entscheidung ist durch den angeführten Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 15.12.1988 überholt.
4. Die Vorinstanzen haben die gerichtlichen Kosten der Antragstellerin auferlegt, jedoch davon abgesehen, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen. Diese Ermessensentscheidungen sind ni...