Leitsatz (amtlich)
1. Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung bestimmen, dass bauliche Veränderungen, auch soweit sie die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß beeinträchtigen, der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedürfen.
2. Zur Zumutbarkeit eines Rückbauverlangens, das die Umgestaltung eines Freisitzes in Wohnraum betrifft.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 26.11.2003; Aktenzeichen 1 T 9104/03) |
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 1175/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG München I vom 26.11.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer großen Wohnanlage. Die nicht an der Giebelseite, sondern in der Gebäudemitte gelegene Wohnung der Antragsgegner verfügt über eine Dachterrasse. Die Außenfassade war im Terrassenbereich ursprünglich teilweise zurückversetzt, so dass sich in diesem überdachten Bereich ein Freisitz mit einer Fläche von wenigstens 6 m2 befand. Die Antragsgegner ließen die Front bis zur Außenfassade vor versetzen, so dass diese nun mit zwei Fensterelementen zur Terrasse hin bündig abschließt.
Nach § 5 Nr. 5 der Gemeinschaftsordnung darf der Wohnungseigentümer die äußere Gestaltung des Bauwerks oder seiner im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile nicht ändern.
In der Versammlung vom 28.6.1994 ermächtigten die Wohnungseigentümer die Verwaltung, Genehmigungen mit technischen Auflagen für die Anbringung von seitlichem Wind- und Sichtschutz an den Balkonen und Terrassen zu erteilen.
In der Eigentümerversammlung vom 30.5.2001 wurde die Verwaltung bevollmächtigt, den Rückbau baulicher Veränderungen jeglicher Art, namentlich von Fenstereinbauten an Terrassen, notfalls mit juristischer Unterstützung durchzusetzen. Die Antragsgegner blieben mit ihrem Antrag, diesen Beschluss für ungültig zu erklären, vor Gericht erfolglos.
Ein weiterer Eigentümerbeschluss vom 1.7.1997 ermächtigt die Verwaltung, jenen Wohnungseigentümern, deren Wohnungen im Dachterrassenbereich eine giebelseitige Maueröffnung haben, den Einbau eines verglasten Holzrahmens in der Farbe braun zu genehmigen.
Auf Antrag der Antragsteller hat das AG mit Beschluss vom 22.4.2003 die Antragsgegner samtverbindlich verpflichtet, die im Bereich der Terrasse ihrer Wohnung vorgenommene Verglasung in Form eines zur Terrasse hin offen überdachten Freisitzes fachgerecht und ordnungsgemäß auf eigene Kosten zu beseitigen. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das LG mit Beschluss vom 26.11.2003 in der Hauptsache zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des LG richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II. Das zulässige Rechtsmittel bleibt erfolglos.
1. Das LG hat ausgeführt:
Der Einbau der Fensterelemente stelle eine bauliche Veränderung dar. Der bisher von drei Seiten umfasste und zur Terrasse hin offene Freisitz sei dadurch zu einem umschlossenen Raum geworden. Damit sei die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich, die jedoch nicht vorliege. Ob durch die Maßnahme den anderen Wohnungseigentümern ein Nachteil erwachse, sei unerheblich, weil die Gemeinschaftsordnung abweichend von § 22 Abs. 1 WEG festschreibe, dass ein Wohnungseigentümer die äußere Gestalt des Bauwerks oder dessen in gemeinschaftlichem Eigentum stehende Bauteile nicht ändern dürfe. Die nächstliegende Bedeutung dieser Bestimmung sei, dass jede nicht völlig unerhebliche bauliche Veränderung ohne Rücksicht auf ihre Auswirkungen auf das optische Erscheinungsbild der Wohnanlage von der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer abhängig sein solle. Daran fehle es. Der Eigentümerbeschluss vom 28.6.1994 sei der Sache nach nicht einschlägig. Der Eigentümerbeschluss vom 1.7.1997 ermächtige die Verwaltung nur zur Genehmigung von Maßnahmen, die giebelseitige Maueröffnungen beträfen. Die Wohnung der Antragsgegner und die Terrassenfront lägen jedoch in der Gebäudemitte. Auch handle es sich bei dem vorgenommenen Einbau nicht um einen verglasten Holzrahmen, sondern um ein Doppelfenster. Der Beschluss sei nicht ausdehnend auf die Maßnahme der Antragsgegner zu beziehen. Schließlich bilde er nur eine Ermächtigungsgrundlage, nicht bereits die Genehmigung selbst, welche unstreitig nicht erteilt sei.
Der Beseitigungsanspruch sei nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen. Es könne zwar rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Gemeinschaft ohne sachlichen Grund zwischen einzelnen Wohnungseigentümern unterscheide, indem sie im Gegensatz zur Maßnahme der Antragsgegner eine von einem anderen Wohnungseigentümer vorgenommene vergleichbare bauliche Veränderung ausdrücklich billige. Hier lägen jedoch die Verhältnisse wesentlich anders. Weitere Wohnungseigentümer, die ähnliche ungenehmigte Veränderung...