Entscheidungsstichwort (Thema)
Einziehung und Erteilung eines Erbscheins. Auslegung einer letztwilligen Verfügung
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage der Abgrenzung zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis.
Normenkette
BGB §§ 1939, 2087 Abs. 1, § 2174
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 31.05.1990; Aktenzeichen 16 T 6378/90) |
AG München (Beschluss vom 08.03.1990; Aktenzeichen 94 VI 9601/84) |
Tenor
I. Auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 31. Mai 1990 aufgehoben.
II. Das Amtsgericht München wird angewiesen,
- den Erbschein, der den Beteiligten zu 11 und 12 erteilt wurde, einzuziehen,
- den Beteiligten zu 1 und 2 einen gemeinschaftlichen Erbschein mit dem Inhalt zu erteilen, der dem des am 31. Juli 1985 bewilligten Erbscheins entspricht.
III. Die Beteiligten zu 11 und 12 haben der Beteiligten zu 2 die durch die Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 8. März 1990 entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für die Beschwerden wird auf 4.400 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin und ihr Ehemann haben am 21.12.1981 ein gemeinschaftliches Testament folgenden Inhalts eigenhändig verfaßt und unterzeichnet:
” … Gemeinschaftliches Testament.
Mit diesem Testament heben wir frühere letztwillige Verfügungen auf.
- Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu alleinigen Erben ein.
Nach dem Tode des Letztversterbenden von uns
- erhalten Herr H. (= Bet. zu 11) und seine Ehefrau … das Grundstück … mit Haus und Zubehör. Dies als Nacherben und gegenseitige Ersatzerben.
- erhält Herr S. (= Bet. zu 1) … – soweit dieser verstorben ist dessen Kinder. – … die Hälfte des verbliebenen geldwertes Vermögens (Bargeld und Bankguthaben) als Nacherbe.
- erhalten die weiteren Geschwister von … (= Erb- (= Erblasserin)- soweit diese bereits verstorbenen sind deren Abkömmlinge – die andere Hälfte des geldwertes Vermögen. Dies zu gleichen Teilen bezogen auf die Geschwisterstämme … als Nacherben.
- erhalten die Geschwister von … (= Erblasserin) den verbliebenen Hausrat und die Wasche. Dieses sollen sich die Geschwister einvernehmlich teilen.
Blatt 2)
zum Gemeinschaftliches Testament.
Können die Geschwister sich nicht bis spätestens 3 Monate nach dem Tode des Letztversterbenden diesbezüglich einigen, wird Hausrat und Wäsche von Frau oder Herrn H. (= Bet. zu 11) nach Gutdünken verkauft. Der Erlös ist wie das geldwerte Vermögen zu verteilen.
Der Überlebende von uns ist hinsichtlich des Hauses und Grundstückes befreite Vorerbe.
…, den 21. September 1981.
…, 21.12.81
… – …
Die Erblasserin und ihr Ehemann waren damals Eigentümer des Anwesens … und eines Hälfteanteils an dem Weg … der dieses Anwesen erschließt. Sie haben am 8.1.1982 das Anwesen … den Beteiligten zu 11 und 12 gegen Einräumung eines Wohnrechts und einer monatlichen Leibrente von 1.000 DM aufgelassen. Der Ehemann der Erblasserin ist am 25.3.1982 verstorben, die Erblasserin am 21.10.1984. Das hinterlassene Geldvermögen betrug 255.696 DM.
Das Nachlaßgericht hat den Beteiligten zu 1 bis 10 am 31.7.1985 einen gemeinschaftlichen Erbschein erteilt. Diesem zufolge ist die Erblasserin von dem Beteiligten zu 1 zur Hälfte beerbt worden, von den Beteiligten zu 3 und 4, von dem am 9.1.1985 verstorbenen Bruder … sowie den Beteiligten zu 6 bis 8 zu je 1/16 und von den Beteiligten zu 9 und 10 zu je 1/32. Die Beteiligten zu 5 a und 5 b sind die Erben des verstorbenen Bruders.
In der Folgezeit haben die Miterben den im Nachlaß verbliebenen Hälfteanteil am Wegegrundstück an einen dritten Grundstücksanlieger und Miteigentümer aufgelassen.
Am 1.12.1989 beantragten die Beteiligten zu 11 und 12, den erteilten Erbschein als unrichtig einzuziehen, mit Schriftsatz vom 18.1.1990 außerdem, ihnen einen gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, wonach die Erblasserin von ihnen zu 1/120 beerbt worden sei, wobei sie von einem Wert des Anteils am Weggrundstück in Höhe von 4.400 DM ausgingen. Die Beteiligten zu 2, 7 und 9 sind diesen Anträgen entgegengetreten.
Die Beteiligten zu 11 und 12 haben am 6.12.1989 beim Amtsgericht gegen die Beteiligten zu 1 bis 10 eine einstweilige Verfügung erwirkt, wonach der erteilte Erbschein zur vorläufigen Verwahrung an das Nachlaßgericht abzugeben war. Die Beteiligte zu 2 hat daraufhin am 20.12.1989 den Erbschein dem Nachlaßgericht zur Verwahrung gegeben.
Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 8.3.1990 die beiden Anträge zurückgewiesen. Die Beteiligten zu 11 und 12 haben dagegen Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 31.5.1990 den angefochtenen Beschluß aufgehoben und das Nachlaßgericht angewiesen, den erteilten Erbschein einzuziehen sowie den Beteiligten zu 11 und 12 den beantragten Teilerbschein zu erteilen.
Das Nachlaßgericht hat daraufhin durch Beschlüsse vom 19. und 21.6.1990 die Einziehung des Erbscheins angeordnet und einen Teilerbschein dahin lautend erteilt, daß die Erblasserin von den Beteiligten zu 11 und 12 zu je 1/120 beerbt worden sei. Die Beteiligten zu 1 ...