Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaßsache

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Entscheidung des Gerichts der weiteren Beschwerde, wenn das Landgericht bei der Frage der Wirksamkeit einer in einem Erbvertrag getroffenen letztwilligen Verfügung auf die Testierfähigkeit statt auf die Geschäftsfähigkeit des Erblassers abgestellt hat.

 

Normenkette

BGB §§ 104-105, 2229 Abs. 4, § 2275 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Dachau (Aktenzeichen VI 864/97)

LG München II (Aktenzeichen 2 T 3965/99)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 19. Juli 2000 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf DM 211.313,– festgesetzt wird.

II. Der Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 211.313,– festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Erblasserin ist 1997 im Alter von 83 Jahren verstorben. Sie war mit dem 1999 nachverstorbenen M. (früherer Beteiligter zu 1) verheiratet. Die Erblasserin hatte ein Kind, den aus der Ehe mit M. hervorgegangenen Beteiligten zu 2. M. war Vater einer nichtehelichen Tochter, der Beteiligten zu 3.

Die Erblasserin hatte mit ihrem Ehemann M. am 13.5.1996 einen notariellen Erbvertrag geschlossen, der u. a. folgende Bestimmungen enthält:

II.

2. Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu unbeschränkten

Alleinerben

ein.

Das nehmen wir als Erbvertrag gegenseitig an.

3. Jeder von uns setzt für den Fall, daß er als Letzter von uns beiden stirbt oder daß wir gleichzeitig sterben, unsere (3) Enkelkinder … und die nichteheliche Tochter des Ehemanns (Beteiligte zu 3) zu gleichen Teilen, also zu je 1/4, als seine Erben ein ….

4. Weiter ordnen wir folgende

Vorausvermächtnisse

an:

III.

Wir bemerken, daß unser Sohn (Beteiligter zu 2) unser Wohn- und Geschäftshaus …. in Anrechnung auf seinen Pflichtteil übergeben erhalten hat.

IV.

Erbvertragsmäßig bindend ist unsere gegenseitige Alleinerbeneinsetzung. Ferner erbvertragsmäßig bindend ist die Miterbeneinsetzung und Vermächtnisanordnung zugunsten von … (Beteiligte zu 3), soweit es sich um diese Anordnungen durch …. (Erblasserin) im Falle ihres Überlebens handelt.

Die übrigen in vorstehendem Abschnitt II. Nr. 3 und 4 getroffenen Verfügungen sind nicht erbvertragsmäßig bindend; jeder von uns kann sie daher für den Fall seiner Beerbung einseitig ändern.

Der zwischenzeitlich verstorbene Ehemann der Erblasserin nahm die Erbschaft an und beantragte, gestützt auf den Erbvertrag vom 13.5.1996, die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben seiner Ehefrau ausweisen sollte.

Für die Erblasserin war auf Antrag ihres Ehemanns vom 14.5.1997 mit Beschluß des Amtsgerichts vom 10.7.1997 Betreuung angeordnet worden.

Der Beteiligte zu 2 machte geltend, die Erblasserin sei bei Abfassung des notariellen Erbvertrags vom 13.5.1996 nicht mehr testierfähig gewesen, und focht den Erbvertrag wegen arglistiger Täuschung und Drohung an, weil die Erblasserin bei Abschluß des Erbvertrages von ihrem Ehemann zugunsten der Beteiligten zu 3 arglistig getäuscht und bedroht worden sei. Er beantragte die Erteilung eines Erbscheins, wonach die Erblasserin gemäß gesetzlicher Erbfolge von ihm und dem Beteiligten zu 1 je zur Hälfte beerbt worden sei.

Das Nachlaßgericht erhob Beweis durch Zeugenvernehmung, Anhörung des den Erbvertrag beurkundenden Notars, Erholung ärztlicher Bescheinigungen und Erklärungen der die Erblasserin behandelnden Ärzte sowie eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Geschäftsfähigkeit und kündigte mit Beschluß vom 22.6.1999 die Erteilung eines Erbscheins an, demzufolge die Erblasserin von dem Beteiligten zu 1 allein beerbt worden sei. Zugleich wies das Nachlaßgericht den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2 zurück. Das Nachlaßgericht stützte seine Entscheidung darauf, daß es sich von der Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin bei Abschluß des Erbvertrags vom 13.5.1996 nicht mit der erforderlichen Sicherheit habe überzeugen können und daß ein Grund für die Anfechtung des Erbvertrags nicht vorliege.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2 wies das Landgericht nach Erholung einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme der Sachverständigen mit Beschluß vom 19.7.2000 zurück. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 2 mit seiner weiteren Beschwerde. Die Beteiligte zu 3 ist dem Rechtsmittel unter Hinweis darauf, daß sie nach dem Erbvertrag Miterbin des nachverstorbenen früheren Beteiligten zu 1 sei, entgegengetreten.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Lediglich die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren ist abzuändern.

1. Das Landgericht hat im wesentlichen ausgeführt, die Erbfolge nach der Erblasserin richte sich nach dem Erbvertrag vom 13.5.1996. Darin sei der Ehemann der Erblasserin zum Alleinerben eingesetzt worden. Nach dem Ergebnis der vom Nachlaßgericht durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme und der ergänze...

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