Entscheidungsstichwort (Thema)
Formwirksames Testament
Leitsatz (redaktionell)
Zwar wird angenommen, beim Vorliegen eines äußerlich formgerechten Testaments spreche eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass der Erblasser das Schriftstück als Testament angesehen hat. Dies wird aber dann infrage gestellt, wenn der Erblasser mehrere auf den gleichen Tag datierte Schriftstücke verschiedenen oder widersprüchlichen Inhalts erstellt hat, die auch den Formerfordernissen eines Testaments genügen, jedoch Zweifel aufkommen lassen, welches Schriftstück seinen letzten Willen enthält.
Normenkette
BGB § 2247
Verfahrensgang
LG Hof (Beschluss vom 29.12.1987; Aktenzeichen T 78/87) |
AG Hof (Beschluss vom 02.07.1987; Aktenzeichen VI 466/85) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4 wird der Beschluß des Landgerichts Hof vom 29. Dezember 1987 aufgehoben.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Hof vom 2. Juli 1987 wird zurückgewiesen.
III. Die Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2, 6, 9, 15 und 16 im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten und die dem Beteiligten zu 4 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 15.700 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
1985 verstarb … die … Erblasserin im Alter von 90 Jahren. Sie hatte keine Kinder. Die Beteiligten zu 2 bis 19 sind Abkömmlinge ihrer verstorbenen Geschwister; sie kommen nach den Ermittlungen des Nachlaßgerichts als gesetzliche Erben in Betracht. Der im wesentlichen aus Bankguthaben und Wertpapieren bestehende Reinnachlaß beläuft sich nach den Angaben im Nachlaßverzeichnis auf rund 157.000 DM.
Die Erblasserin hatte mehrere Testamente errichtet, diese jedoch aus der amtlichen Verwahrung zurückgenommen. Nach ihrem Tod wurden in einem Schrank ihres Zimmers … zwölf von ihr eigenhändig beschriebene karierte Blätter im Format DIN A 4 gefunden. Alle Schriftstücke sind mit „…”(= Name der Erblasserin) unterzeichnet, drei davon mit dem Zusatz „geb. …”. Elf Schriftstücke enthalten die Angabe „…(= Ortsangabe) 19.3.83”, eines trägt das Datum 9.9.83. Acht Schriftstücke sind mit „Testament” und zwei mit „Nach meinem Tod” überschrieben. Alle enthalten Anordnungen über die Grabgestaltung; in einigen ist auch bestimmt, wer das Grab pflegen soll. Im übrigen enthalten sie Verfügungen über die Zimmereinrichtung, Silberteller und Silberbecher sowie über verschiedene im einzelnen aufgeführte Schmuckstücke. Zwei Schriftstücke, die das Datum „19.3.83” und die Bezeichnung „Testament” tragen, enden mit den Worten „übriges Geld an Kinderheim” und „Übriges Geld an Kinderheim Kath.” Ein weiteres kariertes Blatt im Format DIN A 5 schließlich enthält wiederum Anordnungen über die Grabgestaltung und die Grabpflege, ist mit „…” (= Name der Erbl.) unterzeichnet und trägt am Ende das Wort „Abschrift!”. Ein auf die Rückseite gesetzter Text ist mehrfach durchgestrichen und von der Erblasserin unterzeichnet. Die darüber gesetzte Orts- und Datumsangabe „…, 24. Sept. 1984” stammt offensichtlich nicht von der Hand der Erblasserin.
Nach Durchführung der Erbenermittlung bewilligte der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts … am 20.3.1987 einen gemeinschaftlichen Erbschein, demzufolge die Erblasserin aufgrund Gesetzes von den Beteiligten zu 2 bis 19 beerbt wurde und zwar zu Bruchteilen zwischen 1/5 und 1/75.
Mit Schreiben vom 13.4.1987 beantragte die vor Bewilligung des Erbscheins zum Verfahren nicht hinzugezogene Beteiligte zu 1, den Erbschein vom 20.3.1987 einzuziehen und ihr als Trägerin des einzigen katholischen Kinderheims in … einen neuen Erbschein zu erteilen, der ihr testamentarisches Alleinerbrecht bezeugt. Diese Anträge wies das Nachlaßgericht durch Beschluß vom 2.7.1987 zurück, weil den Verfügungen der Erblasserin eine Erbeinsetzung nicht zu entnehmen sei und ein einheitlicher Wille der Verstorbenen in ihnen nicht zum Ausdruck komme.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1, zu der sich die Beteiligten zu 2, 6, 9, 15 und 16 geäußert hatten, hob das Landgericht … am 29.12.1987 die Entscheidung des Amtsgerichts auf und wies dieses an, den Erbschein vom 20.3.1987 einzuziehen und einen Erbschein dahin zu erteilen, daß die Erblasserin aufgrund Testaments von der Beteiligten zu 1 allein beerbt worden sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4. Er beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und festzustellen, daß es bei der Entscheidung des Amtsgerichts vom 2.7.1987 verbleibe. Die Beteiligte zu 1 beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Die übrigen Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie haben sich nicht geäußert.
Eine Einziehung des Erbscheins vom 20.3.1987 und eine Erteilung des vom Landgericht bewilligten Erbscheins ist noch nicht erfolgt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und ...