Leitsatz (amtlich)
Die Einbenennung des Kindes nach § 1618 S. 1 BGB bedarf nicht der Einwilligung des verstorbenen anderen Elternteils, mithin auch nicht deren Ersetzung durch das FamG (Fortführung von BayObLG BayObLGZ 2002, 288).
Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 24.06.2002; Aktenzeichen 4 T 242/02) |
AG Ansbach (Aktenzeichen 3 UR III 4/02) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) wird der Beschluss des LG Ansbach vom 24.6.2002 in Ziff. I und II aufgehoben.
II. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschuss des AG Ansbach vom 20.3.2002 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Minderjährigeist das Kind aus der Ehe der Beteiligten zu 1) mit R. Er erhielt als Geburtsnamen den Ehenamen der Eltern R. Die Ehe der Eltern wurde geschieden. Im September 2000 heiratete die Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2), dessen Geburtsname S. zum Ehenamen bestimmt wurde. Der Vater des Kindes verstarb im Dezember 2000.
Die Beteiligten zu 1) und 2) erklärten am 16.8.2001 in standesamtlich beglaubigter Form, dass dem Kind der Ehename S. als Familienname erteilt wird. Der Standesbeamte hat Zweifel, ob die Erteilung des Ehenamens S. ohne die Ersetzung der Einwilligung des Vaters durch das FamG wirksam ist. Er hat hierzu gem. § 45 Abs. 2 PStG gerichtliche Entscheidung beantragt. Das AG hat mit Beschluss vom 20.3.2002 den Standesbeamten angewiesen, den erteilten Familiennamen S. ohne Ersetzung der Einwilligung des Vaters beizuschreiben.
Auf die sofortige Beschwerde der Standesamtsaufsicht (Beteiligter zu 3) hat das LG mit Beschluss vom 24.6.2002 die Entscheidung des AG aufgehoben (Ziff. I) und den Standesbeamten angewiesen, den erteilten Familiennamen erst nach Ersetzung der Einwilligung des verstorbenen Vaters beizuschreiben (Ziff. II). Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsicht, mit der sie eine obergerichtliche Klärung der Frage erstrebt, ob die Einwilligung des verstorbenen Vaters nach § 1618 Abs. 4 BGB ersetzt werden muss.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft und zulässig, insbes. form- und fristgerecht eingelegt (§ 49 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Sie führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückweisung der Erstbeschwerde.
1. Der Senat, der das Rechtsmittel zunächst dem BGH nach § 28 Abs. 2 FGG vorgelegt hatte (BayObLG v. 5.9.2002 - 1Z BR 91/02, BayObLGZ 2002, 288 = BayObLGReport 2003, 15 = FamRZ 2002, 1734 = StAZ 2003, 12 = Rpfleger 2003, 26), ist gem. Beschluss des BGH v. 19.5.2004 (BGH v. 19.5.2004 - XII ZB 155/02) selbst zur Entscheidung über das Rechtsmittel zuständig (BGH BGHZ 111, 119 [201]).
2. Gegenstand der gem. § 45 Abs. 2 PStG zulässigen Vorlage des Standesbeamten an das AG ist die Frage, ob aufgrund der Erklärungen vom 16.8.2001, mit denen die Beteiligten zu 1) und 2) gem. § 1618 S. 1 BGB dem Kind ihren Ehenamen erteilen, eine Eintragung im Geburtenbuch vorzunehmen ist (§ 31a Abs. 1 S. 1 Nr. 6, Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 PStG). Durch derartige namenserteilende Erklärungen wird - bei Vorliegen aller Wirksamkeitsvoraussetzungen - die Namensänderung beim Kind unmittelbar herbeigeführt; die spätere Eintragung als Randvermerk im Geburtenbuch hat nur deklaratorische Bedeutung (BayObLG FamRZ 1964, 457 [458]; Coester in Staudinger, BGB, 13. Aufl., § 1618 Rz. 40; v. Sachsen Gessaphe in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1618 Rz. 27). Die Entscheidung über die vom Standesbeamten vorzunehmende Amtshandlung hängt davon ab, ob hier zur Wirksamkeit der Einbenennung neben den formgerecht abgegebenen (§ 1618 S. 5 BGB, § 31a PStG) Erklärungen der Beteiligten zu 1) und 2) und des Kindes (§ 1618 S. 3 BGB) eine die Einwilligung des verstorbenen Vaters ersetzende Entscheidung des FamG (vgl. § 1618 S. 4 BGB) notwendig ist.
3. Das LG hat - im Gegensatz zum AG - diese Frage bejaht. Zur Begründung hat es sich weitgehend auf die Entscheidung des 3. Zivilsenats des OLG Zweibrücken vom 5.2.1999 (OLG Zweibrücken v. 5.2.1999 - 3 W 11/99, OLGReport Zweibrücken 1999, 302 = FamRZ 1999, 1372) bezogen. Dieses Gericht hält die Ersetzungsentscheidung aus folgenden Erwägungen für erforderlich: Ausgehend vom Wortlaut des § 1618 S. 4 BGB sei auch bei fehlender Einwilligung wegen Todes des anderen Elternteils eine Situation gegeben, in der es an der erforderlichen Einwilligung fehle, mithin diese zu ersetzen sei. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers schütze das Zustimmungserfordernis ausschließlich das Interesse des anderen Elternteils am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zwischen ihm und seinem Kind. Solche schützenswerten Interessen könnten ebenso nach dem Tod des anderen Elternteils bestehen. Auch wenn die Zustimmung des anderen Elternteils als höchstpersönlicher Akt nach dessen Tod nicht durch den Rechtsnachfolger erklärt werden könne, erscheine es nicht ausgeschlossen, dass sich nach dem Tod namensrechtliche Interessen aus sonstigen Umständen herleiten ließen, wie etwa ...