Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Wohngeld
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zahlungsverpflichtung eines Wohnungseigentümers setzt einen Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung und die Einzelabrechnungen voraus; entsprechendes gilt für Eigentümerbeschlüsse über den Wirtschaftsplan oder eine Sonderumlage.
2. Eigentümerbeschlüsse sind grundsätzlich objektiv und normativ auszulegen.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 2621/99) |
AG Laufen (Aktenzeichen UR II 54/98) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Laufen vom 10. Juni 1999 und des Landgerichts Traunstein vom 16. Februar 2001 aufgehoben.
II. Der Antrag der Antragstellerin wird abgewiesen.
III. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Verfahren in allen Rechtszügen wird auf 19.958,54 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist ab 1.7.1999 Verwalterin einer Wohnanlage. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin einer Wohnung.
Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin Wohngeldansprüche aufgrund der Jahresabrechnungen 1995 und 1996 sowie aufgrund des Wirtschaftsplans 1997 geltend.
Die frühere Verwalterin hat im eigenen Namen beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung eines Gesamtbetrages von 19.958,54 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Die Antragstellerin verfolgt den Antrag weiter. Das Amtsgericht hat am 10.6.1999 dem Antrag bis auf einen Teil des Zinsanspruchs entsprochen und die Antragsgegnerin zur Zahlung an die Wohnungseigentümer verpflichtet. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin durch Beschluß vom 16.2.2001 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Zahlung an die Antragstellerin zu leisten ist. Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Gemäß § 16 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer den anderen gegenüber verpflichtet, die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Gebrauchs sowie der gemeinschaftlichen Verwaltung und der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums anteilig zu tragen. Die Zahlungspflicht setzt jedoch einen Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung, den Wirtschaftsplan oder eine Sonderumlage voraus. Erst durch ihn wird die konkrete Zahlungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers verbindlich festgelegt (BayObLG NJW-RR 1990, 1102; FGPrax 1997, 19 f.). Dies hat wiederum zur Voraussetzung, daß sich der Eigentümerbeschluß nicht nur auf eine Jahresgesamtabrechnung beschränkt, sondern auch die Einzelabrechnungen für jeden Wohnungseigentümer zum Gegenstand hat; entsprechendes gilt für den Eigentümerbeschluß über den Wirtschaftsplan oder eine Sonderumlage (BayObLGZ 1987, 86/96). Erst aus der von den Wohnungseigentümern beschlossenen Einzelabrechnung ergibt sich für den einzelnen Wohnungseigentümer eine verbindliche, betragsmäßig festgelegte Zahlungsverpflichtung.
2. Zu Recht beanstandet die Antragsgegnerin, daß Eigentümerbeschlüsse über Einzelabrechnungen oder Einzelwirtschaftspläne nicht vorliegen.
Das Landgericht stützt die Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin auf den Eigentümerbeschluß vom 16.11.1996 über die Jahresabrechnung 1995 und auf die Eigentümerbeschlüsse vom 6.10.1997 über die Jahresabrechnung 1996 und den Wirtschaftsplan 1997. Die Niederschriften über die beiden Versammlungen enthalten keinerlei Hinweise dazu, daß auch über Einzelabrechnungen und Einzelwirtschaftspläne Beschlüsse gefaßt worden wären. Es ist vielmehr jeweils nur von der „Betriebskostenabrechnung” und dem „Wirtschaftsplan” als Beschlußgegenstand die Rede. Die Antragsgegnerin hat das Fehlen von Eigentümerbeschlüssen über Einzelabrechnungen bereits in der Beschwerdeinstanz geltend gemacht. Das Landgericht hat sich mit diesem Einwand nicht auseinandergesetzt. Das Amtsgericht hat dazu ausgeführt, es sei davon auszugehen, daß auch die Einzelabrechnungen gebilligt worden seien. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Allein aus dem Umstand, daß Einzelabrechnungen oder Einzelwirtschaftspläne vom Verwalter erstellt wurden, kann nicht ohne weiteres, jedenfalls nicht bei der hier gegebenen Fassung der Niederschriften, geschlossen werden, daß sich eine Beschlußfassung in der Eigentümerversammlung auch auf sie erstreckt.
3. Das Fehlen von Eigentümerbeschlüssen über Einzelabrechnungen oder Einzelwirtschaftspläne hat zur Folge, daß eine Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin derzeit nicht besteht. Der Zahlungsantrag ist daher unter Aufhebung der Entscheidungen der beiden Vorinstanzen abzuweisen. Es braucht damit nicht näher darauf eingegangen zu werden, ob über die Jahresabrechnungen 1995 und 1996 überhaupt wirksame Eigentümerbeschlüsse gefaßt wurden, zumal die Niederschrift in einem Fall überhaupt kein Abstimmungsergebnis ausweist und im übrigen Eigentümerbeschlüsse unter einem Vorbehalt gefaßt wurden. Eigentümerbesc...