Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsauslegung
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer letztwilligen Verfügung im Sinne der Anordnung einer befreiten Vorerbschaft zugunsten des längerlebenden Ehegatten der Erblasserin und einer Nacherbschaft zugunsten deren Sohn.
Normenkette
BGB § 2102 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Coburg (Beschluss vom 23.02.1999; Aktenzeichen 41 T 3/99) |
AG Kronach (Aktenzeichen VI 273/97) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Coburg vom 23. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat dem Beteiligten zu 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 2.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die 1997 verstorbene Erblasserin war mit dem Beteiligten zu 1 verheiratet. Aus der Ehe stammen zwei Kinder, ein Sohn (Beteiligter zu 2) und eine Tochter (Beteiligte zu 3). Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus dem halben Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück, das mit Grundpfandrechten belastet ist.
Die Erblasserin hat am 7.12.1993 ein privatschriftliches Testament errichtet, das folgenden Inhalt hat:
„Ich … setze als nachfolgenen Erbe, nach meinen Tode meinen Ehemann … (Beteiligter zu 1) ein. Nach beider Tode unserem Sohn … als Erbe gesamt Erbe ein.
Am 15.7.1994 haben die Eheleute zusammen privatschriftlich ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Darin haben sie sich gegenseitig zu Erben eingesetzt. Zum Erben des Überlebenden haben sie den Sohn bestimmt, ersatzweise die Kinder des Sohnes des Ehemanns aus dessen erster Ehe. Die Tochter haben sie von der Erbfolge ausgeschlossen.
Nach dem Tod der Erblasserin ist dem Ehemann auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Testaments ein Erbschein als Alleinerbe erteilt worden. Nachdem der Ehemann am 6.5.1998 erneut geheiratet hatte, hat er zu notarieller Urkunde vom 14.9.1998, dem Nachlaßgericht zugegangen am 16.9.1998, das gemeinschaftliche Testament angefochten.
Der Beteiligte zu 2 geht davon aus, daß er in dem nunmehr maßgebenden Testament vom 7.12.1993 zum Nacherben berufen sei, und hat deshalb die Einziehung des Erbscheins beantragt. Dagegen ist das Nachlaßgericht der Auffassung, daß der Ehemann auch aufgrund dieses Testaments zum alleinigen Vollerben eingesetzt sei. Es hat deshalb den Einziehungsantrag mit Beschluß vom 24.11.1998 abgelehnt. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht diese Entscheidung aufgehoben und das Nachlaßgericht angewiesen, den Erbschein als unrichtig einzuziehen. Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens hat es „auf die Stufe bis 2.000 DM” festgesetzt. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 1 in der Sache weitere Beschwerde eingelegt. Außerdem hat er gegen die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts Beschwerde eingelegt, das Landgericht hat bisher noch nicht über die Abhilfe entschieden.
Das Nachlaßgericht hat inzwischen die Einziehung des Erbscheins angeordnet, der Beteiligte zu 1 hat die ihm erteilte Ausfertigung aber bisher nicht zurückgegeben.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist, da er die ihm erteilte Ausfertigung des Erbscheins noch nicht zurückgegeben hat, mit dem Ziel statthaft, die Anweisung des Landgerichts zur Einziehung des Erbscheins aufzuheben (vgl. BayObLGZ 1997, 59/62). Sie ist auch im übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, für die Erbfolge sei nach der wirksamen Anfechtung des gemeinschaftlichen Testaments nunmehr das privatschriftliche Testament vom 7.12.1993 maßgebend. Dieses sei dahin auszulegen, daß die Erblasserin ihren Ehemann zum befreiten Vorerben, den Beteiligten zu 2 zum Nacherben eingesetzt habe und als Nacherbfall den Tod des Ehemanns bestimmt habe. Aus dem Testament sei als Ziel der Erblasserin zu entnehmen, daß zunächst der überlebende Ehemann abgesichert werden solle, nach dessen Tod aber die Substanz des Nachlasses nicht an dessen möglicherweise anderen Erben, sondern an den gemeinsamen Sohn, den Beteiligten zu 2, fallen solle. Dies sei bei dem Testament vom 7.12.1993, anders als bei dem gemeinschaftlichen Testament, nur durch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft erreichbar gewesen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Erbschein als unrichtig einzuziehen ist (§ 2361 Abs. 1 Satz 1 BGB), wenn die Voraussetzungen für seine Erteilung nicht (mehr) gegeben sind, d.h. wenn das Nachlaßgericht ihn, hätte es über seine Erteilung gemäß § 2359 BGB zu befinden, nicht mehr erteilen dürfte (vgl. BayObLGZ 1997, 59/63).
b) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Erbfolge nunmehr das Testament vom 7.12.1993 maßgebend ist.
Nach dem Tod der Erblasserin stand dem Beteiligten zu 1 als dem länger lebenden Ehegatten in entsprechender Anwendung der Bestimmungen über den Erbver...