Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenverfügung des Registergerichts
Leitsatz (amtlich)
1. Ist im Gesellschaftsvertrag einer GmbH bestimmt, daß jeder Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis unter Einhaltung einer bestimmten Frist kündigen kann, daß aber die Gesellschaft hierdurch nicht aufgelöst wird, so ist der Gesellschafter zum Austritt aus der Gesellschaft berechtigt mit der Folge, daß die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbesteht.
2. Das Registergericht kann nicht verlangen, daß sich die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag verpflichten, den Geschäftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters gegen Zahlung des vereinbarten Abfindungsbetrags zu erwerben.
Normenkette
GmbHG §§ 3, 10, 60-61; HRV § 43
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 5. Juli 1974 wird als unbegründet zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Beschluß des Landgerichts in Nr. I lautet:
„Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts -Registergerichts- München vom 28. Februar 1974 wird aufgehoben.”
II. Die Rechtsbeschwerdeführerin hat den Rechtsbeschwerdegegnern die ihnen im Verfahren der weiteren Beschwerde erwachsenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
1. Zur Urkunde des Notars … in … vom 15.1.1974 – URNr. … – errichteten die Beteiligten zu 1) – 3) eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma … Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Gesellschaft soll ihren Sitz in … haben. Der Gesellschaftsvertrag enthält in § 10 folgende Bestimmung:
„Kündigung
Jeder Gesellschafter kann mit halbjähriger Frist zum Ende eines Geschäftsjahrs das Gesellschaftsverhältnis kündigen. Durch eine Kündigung wird die Gesellschaft nicht aufgelöst. Der kündigende Gesellschafter hat seinen Geschäftsanteil nach Wahl der Gesellschaft an diese oder von ihr zu benennende Personen abzutreten oder die Einziehung des Geschäftsanteils zu dulden.”
2. Die zu Geschäftsführern der Gesellschaft bestellten Beteiligten zu 1) – 3) meldeten am 15.1./22.2.1974 die Gesellschaft bei dem Amtsgericht -Registergericht- München zur Eintragung in das Handelsregister an. Am 28.2.1974 richtete der Registerrichter an den Urkundsnotar folgende Zwischenverfügung:
„Die Kündigungsregelung des § 10 der Satzung enthält einen versteckten Dissens. Es kann nämlich eine Lage eintreten, in der die Gesellschaft gar nicht in der in § 10 bezeichneten Weise wählen kann. Daß ein Dritter nicht zur Übernahme des Geschäftsanteils des Kündigenden verpflichtet ist, versteht sich von selbst. Aber auch hinsichtlich der Gesellschafter ist eine Übernahmeverpflichtung nicht gegeben. Die Einziehung kann an den §§ 34 Absatz 3, 30 Absatz 1 GmbHG scheitern. Selbst wenn diese Vorschriften im Falle des Erwerbes des Geschäftsanteiles durch die Gesellschaft nach bestrittener Auffassung nicht gelten sollten, kann eine wirtschaftliche Lage der Gesellschaft eintreten, in der das mit dem Erwerb verbundene Abziehen von Mitteln aus dem Bereich der laufenden Geschäfte zu einer Existenzgefährdung der Gesellschaft und damit zu einer in Kauf genommenen sittenwidrigen Schädigung der Gläubiger, führen würde. Wenn die Kündigung nicht zur Auflösung der Gesellschaft führen soll, muß entweder eine Übernahmeverpflichtung der verbleibenden Gesellschafter statuiert oder die Kündigung als durch die Übernahme des Geschäftsanteils des Kündigenden bedingt gestaltet werden.
Der Beseitigung dieses Eintragungshindernisses wird bis zum 1. Juni 1974 entgegengesehen.”
Mit Schreiben vom 19.3.1974 bat der Notar unter Darlegung seiner Rechtsmeinung „formlos um Überprüfung der in der Zwischenverfügung niedergelegten Rechtsauffassung”. Hierauf teilte der Registerrichter mit Schreiben vom 26.3.1974 dem Notar weitere Gründe für die Zwischenverfügung mit. Der nunmehr vom Notar am 23./25.4.1974 namens der Beteiligten zu 1) – 3) gegen die Zwischenverfügung erhobenen „Erinnerung” half der Registerrichter nicht ab. Das Landgericht München I hat die Erinnerung des Notars als Beschwerde behandelt und mit Beschluß vom 5.7.1974 „die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts München -Registergericht- vom 22.4.1974 und 28.2.1974” aufgehoben; ferner hat es die Sache zur anderweiten Behandlung und Erledigung an das Registergericht zurückverwiesen. Auf die Gründe der Beschwerdeentscheidung wird Bezug genommen.
3. Gegen diesen Beschluß des Landgerichts richtet sich die weitere Beschwerde der Industrie- und Handelskammer … vom 14.10.1974. In der Begründung des Rechtsmittels tritt sie der Rechtsauffassung des Registergerichts voll bei.
Notar … beantragt namens der Beteiligten zu 1) – 3) die Zurückweisung der weiteren Beschwerde.
II.
1. Die weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 FGG) und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 3 FGG). Der Unterzeichnung der Beschwerdeschrift durch einen Rechtsanwalt bedurfte es nicht. Da die Industrie- und Handelskammern nach § 3 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern...