Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftliches Testament
Leitsatz (redaktionell)
Enthält ein gemeinschaftliches Testament keine klare und eindeutige Anordnung zur Wechselbezüglichkeit, so muss diese nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen und für jede einzelne Verfügung gesondert ermittelt werden.
Normenkette
BGB § 2270 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 24.08.1990; Aktenzeichen 16 T 431/90) |
AG München (Aktenzeichen 91 VI 4639/88) |
Tenor
I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 3 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 24. August 1990 werden zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben dem Beteiligten zu 1 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für die weiteren Beschwerden wird auf jeweils 1.030.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die … 1988 im Alter von 66 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Ihr 1987 im Alter von 86 Jahren vorverstorbener Ehemann, mit dem sie seit 1971 in beiderseits zweiter Ehe verheiratet gewesen war, hat ebenfalls keine Abkömmlinge und keine näheren Verwandten hinterlassen.
Der Beteiligte zu 1 … war mit dem Ehemann der Erblasserin seit 1969 bekannt und zeitweise als Assistent an einem Institut tätig gewesen, das der Ehemann der Erblasserin früher geleitet hatte. Die schwer gehbehinderte Erblasserin stand seit 1984 in seiner ärztlichen Behandlung. Der Beteiligte zu 2 ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Er hat mit seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 3, im Jahr 1984 ein Wohnhaus gegenüber dem von der Erblasserin und ihrem Ehemann bewohnten Hausgrundstück S.-Straße 5 bezogen. Seit 1985 standen die Beteiligten zu 2 und 3 vor allem mit dem Ehemann der Erblasserin in näherem Kontakt.
Die Erblasserin und ihr Ehemann haben am 2.7.1986 eine letztwillige Verfügung errichtet, die vom Ehemann eigenhändig geschrieben und von beiden Ehegatten unterzeichnet worden ist. Sie lautet:
„Gemeinschaftliches Testament
Wir, die Eheleute … heben hiermit alle bisher einzeln oder gemeinsam getroffenen Verfügungen von Todeswegen als ungültig auf und legen unseren letzten Willen gemeinschaftlich wie folgt fest:
I. Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerbein ein. Dabei gilt, dass das Haus in der S.-Straße 5 nicht verschenkt und nur im finanziellen Notfall verkauft werden darf.
II. Für den Fall des Todes beider Ehepartner sowie für den Todesfall des Längerlebenden bestimmen wird, dass Alleinerben … und … (die Beteiligten zu 3 und 2). S.-Straße 4, je hälftig sein sollen.
III. Für alle unter I und II genannten Fälle ordnen wir Testamentsvollstreckung an. Zum Testamentsvollstrecker (TV) bestimmen wir Herrn Wirtschaftsprüfer … (Beteiligter zu 2). … Der TV ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Er hat Anspruch auf angemessene Vergütung; typische Berufstätigkeiten werden gesondert vergütet, Kosten gesondert erstattet. In den unter I genannten Fällen ist der TV als Verwaltungs-TV für den übernommenen Nachlaß und ausserdem als Verwalter für das eigene Vermögen des Alleinerben bis zu dessen Tod eingesetzt.
München 2. Juli 1986 |
München, 2.7. … |
(Unterschrift des Ehemannes) |
(Unterschrift der Erblasserin)” |
Mit notariellem Vertrag vom 7.10.1986 übertrug der Ehemann der Erblasserin das in seinem Alleineigentum stehende Grundstück S.-Straße 5 auf die Beteiligten zu 2 und 3 zum Miteigentum je zur Hälfte. Diese verpflichteten sich zur Zahlung einer monatlichen Rente an die Erblasserin auf deren Lebenszeit, beginnend mit dem auf das Ableben des Veräußerers folgenden Kalendermonat. Ferner wurde vereinbart, daß Besitz, Nutzungen und Lasten des Vertragsobjekts mit Wirkung vom Todestag des Veräußerers auf die Erwerber übergehen sollten, jedoch erst drei Monate nach dessen Ableben, falls zu diesem Zeitpunkt seine Ehefrau (die Erblasserin) noch leben sollte. Am 8.10.1986 schrieb der Ehemann der Erblasserin eigenhändig den folgenden
„Nachtrag zum gemeinschaftlichen
Testament vom 2. Juli 1986.
In Anknüpfung an den Verkauf unseres Wohnhauses in der S.-Straße 5 … bestimmen wir, die Eheleute …, hiermit das Folgende:
In zeitlichem Anschluss an den Tod des Ehemannes …, zieht seine Ehefrau …, in eine im ausgewählten Seniorenwohnheim anzumietende Wohnung, sobald diese frei wird.
Für Zwecke der Ausstattung dieser Wohnung wählt die dann verwitwete Ehefrau von dem zum Zeitpunkt des Todes des verstorbenen Ehemannes vorhandenen Hausrat (Einrichtungsgegenstände, Besteck, Wäsche etc.) das hierfür Benötigte nach ihrem Geschmack aus, der Rest verbleibt als Ausstattung des Hauses S.-Straße 5 und geht somit zum Todes Zeitpunkt des Ehemannes – wie das Haus selbst – auf die berufenen Erben … (Beteiligte zu 3 und 2) je hälftig über; dabei gilt als Auflage, dass hiervon zu Lebzeiten von Frau … (Erblasserin) nichts veräußert werden darf, damit es im wirtschaftlichen Notfall zu ihrer Versorgung eingesetzt werden kann. Die berufenen Erben sorgen im übrigen für menschlich und sachlich unserem erklärten gemeinschaftlichen Willen entsprec...