Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwiderhandlung gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 31.08.1982)

 

Tenor

I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 31.8.1982 wird, soweit er wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit der Beschäftigung der Zeugin N. N. ohne vorherige Erstuntersuchung schuldig gesprochen wurde, zugelassen.

II. Auf sein Rechtsmittel wird das angeführte Urteil

  1. soweit gegen den Betroffenen wegen der angeführten Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße von 200 DM verhängt wurde,
  2. im übrigen im Bußgeldausspruch und
  3. im Kostenausspruch aufgehoben.

III. Gegen den Betroffenen wird wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit der Beschäftigung einer Jugendlichen (J. S.) ohne vorherige Erstuntersuchung eine Geldbuße von 100 DM verhängt.

IV. Im übrigen wird er freigesprochen.

V. Sein weitergehendes Rechtsmittel wird als unbegründet verworfen.

VI. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Soweit er freigesprochen wurde, fallen die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse zur Last.

Die Rechtsbeschwerdegebühr wird um 1/4 ermäßigt. Die Staatskasse hat auch 1/4 der dem Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Am 31.8.1982 verhängte das Amtsgericht München gegen den Betroffenen wegen zweier sachlich zusammentreffender Zuwiderhandlungen der vorsätzlichen Beschäftigung Jugendlicher ohne vorherige Erstuntersuchung Geldbußen in Höhe von 200 und 300 DM.

Nach den Gründen des Ersturteils beschäftigte der Betroffene die am 1.4.1965 geborene Schülerin J. S. seit Mai 1981 und die am 2.11.1964 geborene Schülerin N. N. seit November 1981 als Verkäuferinnen in seinem Blumen- Obst- und Gemüsegeschäft. Die Zeugin S. hatte an 3 Tagen in der Woche, am Mittwoch 2 1/2 Stunden, am Donnerstag 4 Stunden und am Samstag 5 Stunden, die Zeugin N. hatte am Freitag 41/2 und am Samstag 5 Stunden zu arbeiten.

Der Betroffene wußte, daß ein Jugendlicher, der in das Berufsleben eintritt, nur beschäftigt werden darf, wenn er innerhalb der letzten 9 Monate von einem Arzt untersucht worden ist und dem Arbeitgeber eine von diesem Arzt ausgestellte Bescheinigung vorliegt. Diese Verpflichtung hat er nicht erfüllt. Bei den gebotenen und ihm zumutbaren Nachfragen hätte der Betroffene erfahren, daß sein Verhalten verboten ist.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist, soweit sie sich gegen die Verhängung einer Geldbuße von 200 DM im Komplex N. wendet, zuzulassen, da die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.

Sie ist insoweit auch begründet. Im übrigen führt die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nur zu einer Verminderung der Geldbuße.

Zwar vermag der Senat die Ansicht des Betroffenen, eine Untersuchung der beiden Zeuginnen vor Beginn ihrer Beschäftigung sei hier schon deshalb nicht erforderlich gewesen, weil diese nicht ins Berufsleben eingetreten seien, nicht zu teilen. Entscheidend ist nämlich nicht, ob die Erwerbstätigkeit nur als Teilzeitbeschäftigung oder zukunftsorientiert als Hauptberuf oder erst nach Beendigung der Schulzeit ausgeübt wird. In das Erwerbsleben tritt nach allgemeinem Sprachgebrauch jeder ein, der nicht nur aus Gefälligkeit und gelegentlich, sondern wie hier regelmäßig zu Erwerbszwecken arbeitet.

Im Fall N. liegen jedoch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 erste Alternative JArbSchG vor. Nach dieser Bestimmung gilt die Verpflichtung zur ärztlichen Untersuchung vor Beschäftigungsbeginn u.a. für eine nur geringfügige Beschäftigung mit leichten Arbeiten, von denen keine gesundheitlichen Nachteile für die Jugendlichen zu befürchten sind, nicht. Entscheidend sind insoweit die Umstände des Einzelfalls. Geringfügig ist eine Beschäftigung, wenn sie unter Berücksichtigung des Alters und des Entwicklungsstands den Jugendlichen nicht nennenswert beansprucht oder belastet. Das Maß der Geringfügigkeit darf dabei weder am einzelnen Tag noch in der Woche überschritten werden (vgl. hierzu Zmarzlik Jugendarbeitsschutzgesetz 1976, RdNr. 16 zu § 32; Thumser, jetzt Eichler, Gesetz zum Schutz der arbeitenden Jugend Anm. 2 zu § 32 und RdNr. 19 zu § 1; Gröninger JArbSchG Anm. 3 zu § 32). Dies ist hier der Fall. Die wöchentliche Arbeitszeit, die unter 10 Stunden liegt, ist auf mehrere Tage pro Woche verteilt. Sie nimmt die 17jährige Jugendliche nur mit weit weniger als der Hälfte der gemäß § 8 Abs. 1 JArbSchG zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit in Anspruch. Von Verkaufsarbeiten im üblichen Sinn, wie hier, sind bei Berücksichtigung der angeführten Arbeitszeiten auch keine gesundheitlichen Nachteile für eine durchschnittlich entwickelte 17jährige Schülerin zu befürchten. Dies bestätigt auch die im Ersturteil angeführte, allerdings verspätet durchgeführte Untersuchung, die den Beweis für die Unbedenklichkeit der Verkaufsarbeiten aus gesundheitlichen Gesichtspunkten ergeben hat.

Die angefo...

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