Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbscheinserteilung. Erbschein
Leitsatz (redaktionell)
Die Erteilung eines Erbscheins setzt voraus, dass sich im Zeitpunkt der Antragstellung ein Nachlassgegenstand im Inland befunden hat.
Als Nachlassgegenstand kommt auch eine Restitutionsanspruch nach dem VermG in Betracht.
Normenkette
BGB § 2369 Abs. 2 S. 1; VermG § 3 ff.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 10.08.1993; Aktenzeichen 16 T 10293/92) |
AG München (Beschluss vom 03.04.1992; Aktenzeichen VI 9769/75) |
Tenor
I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2 bis 4 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 10. August 1993 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß in Nr. 2 der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 200.000 DM festgesetzt und die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 3.4.1992 als unzulässig verworfen wird.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird für die Beteiligte zu 2 auf 100.000 DM, für die Beteiligten zu 3 und 4 gemeinsam auf 200.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Erblasser ist im Jahr 1975 in A. verstorben. Er war griechischer Staatsangehöriger, lebte jedoch seit vielen Jahren in Deutschland und hatte zuletzt in M. seinen Wohnsitz. Im Jahr 1944 hatte er mit der Beteiligten zu 4 standesamtlich, im Jahr 1951 auch nach griechisch-orthodoxem Ritus die Ehe geschlossen. Diese Ehe wurde im Jahr 1966 durch Urteil des Oberlandesgerichts München geschieden. Die Scheidung wird nach Angabe der Beteiligten zu 4 in Griechenland nicht anerkannt. Aus der Verbindung stammen drei Kinder, zwei Töchter (Beteiligte zu 1 und 2) sowie ein Sohn (Beteiligter zu 3). Weitere Kinder hatte der Erblasser nicht. Der Beteiligte zu 5 ist der Sohn der Beteiligten zu 1 und Enkel des Erblassers.
Der Erblasser hat im Jahr 1944 mit seiner späteren Ehefrau in M. einen notariellen Erbvertrag geschlossen, in dem er diese und die damals bereits lebenden Kinder (Beteiligte zu 1 und 3) zu je einem Drittel zu Erben eingesetzt hat. Die später geborene Tochter (Beteiligte zu 2) ist in dem Vertrag nicht erwähnt. Weitere Verfügungen von Todes wegen sind nicht vorhanden. Der Erblasser war verschuldet und hat außer einem in der früheren DDR gelegenen Hausgrundstück, das erst nach seinem Tod in Volkseigentum überführt wurde, kein nennenswertes Vermögen hinterlassen.
Alle Beteiligten schlugen die Erbschaft durch Erklärung gegenüber dem Amtsgericht München „aus jedem Berufungsgrunde” aus. Sie haben diese Ausschlagungserklärungen jedoch angefochten, und zwar die Beteiligten zu 1, 3 und 4 am 20.8.1990, die Beteiligte zu 2 am 18.9.1990 und der Beteiligte zu 5 am 30.6.1992 jeweils durch Erklärung gegenüber dem Amtsgericht München. Die Beteiligten berufen sich im wesentlichen darauf, daß sie sich im Zeitpunkt der Ausschlagung über die Überschuldung des Nachlasses, die Zugehörigkeit des Grundstücks zum Nachlaß und spätere für dieses Grundstück bedeutsame Entwicklungen geirrt hätten. Die Beteiligte zu 4 stützt ihre Anfechtung außerdem auch darauf, daß sie durch Mitarbeiter ihres früheren Arbeitgebers zur Ausschlagung gezwungen worden sei.
Hinsichtlich der Erbfolge im einzelnen vertreten die Beteiligten unterschiedliche Auffassungen. Zum Teil erachten sie die im Erbvertrag enthaltene Erbeinsetzung für maßgebend, zum Teil befürworten sie eine „Anpassung” dieses Vertrages an die nach seinem Abschluß eingetretenen Veränderungen. Zum Teil verneinen sie auch die Wirksamkeit dieses Vertrages und berufen sich auf die gesetzliche Erbfolge. In diesem Zusammenhang wird die Wirksamkeit der Ehescheidung der Beteiligten zu 4 unterschiedlich beurteilt. Dementsprechend haben die Beteiligten Erbscheinsanträge mit verschiedenen Inhalten gestellt:
Die Beteiligten zu 1, 3 und 4 beantragten zunächst, ihnen einen auf das in der früheren DDR belegene Nachlaßvermögen beschränkten gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, der sie als Erben aufgrund Erbvertrages zu je einem Drittel ausweisen sollte. Die Beteiligten zu 1 und 3 beantragten darüber hinaus hilfsweise einen solchen Erbschein als Erben aufgrund Erbvertrags je zur Hälfte, nochmals hilfsweise einen Erbschein als gesetzliche Erben neben der Beteiligten zu 2 zu je einem Drittel. Die Beteiligte zu 2 übergab bei ihrer Anfechtung am 18.9.1990 einen Schriftsatz, in dem sie die Erteilung eines Erbscheins beantragte, der sie neben ihren Geschwistern als gesetzliche Erbin ausweisen sollte; gleichzeitig bat sie jedoch, diesen Antrag zurückzustellen. Mit Schreiben vom 19.9. und 29.9.1990 an das Staatliche Notariat B., die sie auch dem Amtsgericht München zuleitete, beantragte sie einen auf das in der früheren DDR belegene Nachlaßvermögen beschränkten Erbschein, der sie als gesetzliche Erbin zu einem Drittel neben ihren Geschwistern ausweisen sollte, hilfsweise einen solchen Erbschein als Erbin aufgrund Erbvertrags zu einem Viertel neben ihren Geschwistern und ihrer Mutter.
Mit Beschluß vom 3.4.1992 lehnte das Amtsgericht „den Antrag” auf Erteilung eines Erbsche...