Leitsatz (amtlich)
Unter die nach § 19 Abs. 1 KostO bei der Ermittlung des gemeinen Werts eines Grundstücks außer Betracht bleibenden persönlichen Verhältnisse fallen auch Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen – hier die Anordnung einer Nacherbfolge – beruhen.
Normenkette
KostO § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 26.08.1998; Aktenzeichen 6 T 4343/98) |
AG Starnberg (Aktenzeichen VI 270/97) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 26. August 1998 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht erteilte am 10.7.1997 einen Erbschein, wonach die Erblasserin von der Beteiligten allein beerbt worden sei. Weiter heißt es:
„Nacherbfolge im Sinne einer fideikommissarischen Substitution nach österreichischem Recht ist angeordnet.
Die Nacherbfolge tritt ein beim Tode des Vorerben.
Nacherbe ist: …
Ersatznacherbfolge ist angeordnet.
Ersatznacherben sind die Abkömmlinge der Nacherbin, soweit sie bei der gesetzlichen Erbfolge an deren Stelle treten würden.
Die Nacherbfolge erstreckt sich aufgrund Anordnung von Vorausvermächtnissen nicht auf den im Grundbuch von … eingetragenen Grundbesitz.
Der Erbschein wird in Anwendung österreichischen Rechts erteilt und ist auf den inländischen beweglichen und unbeweglichen Nachlaß der Erblasserin gegenständlich beschränkt.”
Mit Kostenrechnung vom 16.7.1997 (Re.-Nr.: 844020023895) stellte die Kostenbeamtin des Amtsgerichts der Beteiligten für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen, die Erteilung eines Erbscheins und die Beurkundung einer eidesstattlichen Versicherung Gebühren von insgesamt 43.236,50 DM in Rechnung. Sie ging dabei von einem Geschäftswert für die Testamentseröffnung von 13.303.844 DM und einem solchen für das Nachlaßverfahren von 13.291.108 DM aus. Die Anordnung der Nacherbfolge wurde hinsichtlich des zum Nachlaß gehörenden Grundbesitzes nicht wertmindernd berücksichtigt.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer Erinnerung. Sie ist der Auffassung, der Grundbesitz sei infolge der angeordneten Nacherbfolge nur mit dem Nießbrauchswert (4.416.753 DM) zu bewerten.
Das Amtsgericht (Rechtspfleger) hat die Erinnerung mit Beschluß vom 5.6.1998 zurückgewiesen.
Der Erinnerung gegen diesen Beschluß haben Rechtspfleger und Nachlaßrichter nicht abgeholfen.
Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten gegen den amtsgerichtlichen Beschluß vom 5.6.1998 mit Beschluß vom 26.8.1998 zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Es hat sich der in BayObLGZ 1985, 1 vertretenen Auffassung des Senats angeschlossen, wonach die einen Vorerben treffenden erbrechtlichen Beschränkungen keine abziehbaren Verbindlichkeiten darstellen.
Mit ihrer weiteren Beschwerde gegen die landgerichtliche Entscheidung erstrebt die Beteiligte weiterhin die Bewertung des Grundbesitzes nach dessen Nutzungswert und eine entsprechende Herabsetzung des Kostenansatzes.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 KostO zulässig; in der Sache hat sie keinen Erfolg.
Die dem Kostenansatz gemäß § 103 Abs. 1, § 46 Abs. 4, § 107 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 49 Abs. 2 KostO zugrunde gelegten Geschäftswerte halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung in BayObLGZ 1985, 1 und JurBüro 1998, 658 fest, wonach dann, wenn ein Vorerbe Inhaber von Vermögen ist, die ihn treffenden erbrechtlichen Beschränkungen keine abziehbaren Verbindlichkeiten darstellen (so auch Korintenberg/Bengel KostO 13. Aufl. § 18 Rn. 29; Rohs/Wedewer KostO 3. Aufl. § 19 Rn. 10). Der abweichenden Auffassung des OLG Frankfurt (JurBüro 1989, 403; so auch Korintenberg/Reimann § 24 Rn. 21), das bei Nachlaßgrundstücken nur den Nutzungswert ansetzt, sich aber nicht mit der Entscheidung des Senats (BayObLGZ a.a.O.) befaßt, ist nicht zu folgen.
Nach allgemeiner Meinung ist der Vorerbe wahrer Erbe und damit – vorliegend alleiniger – Eigentümer bzw. Inhaber der Nachlaßgegenstände. Der Wert eines zum Nachlaß gehörenden Grundstücks ist nach § 19 KostO anzusetzen. Nach § 19 Abs. 1 KostO ist somit der gemeine Wert, d.h. der Verkehrswert maßgebend. Bei dessen Ermittlung bleiben nach der gesetzlichen Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 KostO ungewöhnliche oder nur persönliche Verhältnisse außer Betracht (vgl. auch § 194 BauGB, § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG). Es ist deshalb anerkannt, daß Verfügungsbeschränkungen, die den Eigentümer eines Grundstücks treffen – etwa solche erbrechtlicher Art –, keinen Einfluß auf den Verkehrswert von Grundstücken haben (Dieterich in Ernst/Zinkahn/Bielenberg BauGB § 194 Rn. 60). Dieses Ergebnis entspricht auch steuerlichen Grundsätzen. § 9 Abs. 3 BewG definiert als bei der Bestimmung des gemeinen Werts nicht zu berücksichtigende persönliche Verhältnisse ausdrücklich auch Verfügungsbeschränkungen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind, was insbesondere für Verfügungsbeschränkungen gelte, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen (vgl. auch Rössler/Troll Bewertun...