Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsanfechtung
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Testamentsanfechtung.
Normenkette
BGB § 2081 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 20.02.1991; Aktenzeichen 4 T 742/89) |
AG Rosenheim (Beschluss vom 06.12.1988; Aktenzeichen VI 102/86) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 20. Februar 1991 in I und II aufgehoben.
II. Die Beschwerden der Beteiligten zu 3, 4 und 5 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Rosenheim – Zweigstelle Bad Aibling vom 6. Dezember 1988 werden zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten zu 3, 4 und 5 haben die dem Beteiligten zu 1 im Beschwerdeverfahren und im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 50.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Erblasser ist … 1986 im Alter von fast 85 Jahren verstorben. Seine Ehefrau, mit der er seit 1934 kinderlos verheiratet war, verstarb … 1988 im Alter von 83 Jahren. Der … 1970 geborene Beteiligte zu 1 war seit seiner Kindheit mit dem Erblasser gut befreundet. Die Beteiligte zu 2 ist eine Schwester des Erblassers. Die Beteiligten zu 3, 4 und 5 sind gemeinnützige Einrichtungen, die als testamentarische Erben der Ehefrau in Betracht kommen. Da zunächst keine letztwillige Verfügung des Erblassers bekannt war, erteilte das Nachlaßgericht am 10.4.1986 der Ehefrau und der Schwester einen gemeinschaftlichen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Der Nachlaß des Erblassers bestand im wesentlichen aus Geldanlagen im Wert von rund 86.000 DM.
Nach dem Tod der Ehefrau legte der Beteiligte zu 1 einen gebrauchten und am 11.5.1981 abgestempelten Briefumschlag vor, auf dessen Rückseite der Erblasser mit blauem Filzschreiber folgenden eigenhändig geschriebenen und unterzeichneten Text niedergelegt hatte:
„… (Beteiligter zu 1) ist mein Erbe”
Dieses Schriftstück war mit anderen Unterlagen und einem größeren Bargeldbetrag in einem Kästchen in der Werkstatt des Erblassers aufbewahrt. Der Aufbewahrungsort und die beabsichtigte Erbeinsetzung waren dem Beteiligten zu 1 durch den Erblasser bekannt. Die Unterlagen wurden von dem Beteiligten zu 1 im Beisein der Ehefrau nach dem Tod des Erblassers aufgefunden. Der Beteiligte zu 1 hat zwar den Briefumschlag an sich genommen, von diesem Schriftstück jedoch auf Bitten der Ehefrau und auf ihre Zusage, ihn als Erben einzusetzen, zunächst keinen Gebrauch gemacht.
Mit Beschluß vom 6.12.1988 kündigte das Nachlaßgericht die Einziehung des gemeinschaftlichen Erbscheins vom 10.4.1986 und die Erteilung des vom Beteiligten zu 1 beantragten Alleinerbscheins an. Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 3, 4 und 5 Beschwerde eingelegt, die zunächst damit begründet wurde, daß eine wirksame letztwillige Verfügung des Erblassers nicht vorliege. Nachdem der Beteiligte zu 1 und die Schwester des Erblassers bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht am 26.7.1989 darauf hingewiesen hatten, daß der Erblasser zu Lebzeiten zu erkennen gegeben habe, dem Beteiligten zu 1 „alles” zu hinterlassen und der Meinung gewesen sei, seine Frau „auf jeden Fall” zu überleben, haben sich die Beschwerdeführer in ihren Schriftsätzen vom 27.7.1989 auch darauf gestützt, daß die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 nach dem Willen des Erblassers unter der Bedingung des Vorversterbens der Ehefrau gestanden habe. Auf den gerichtlichen Hinweis vom 4.8.1989, daß diese Ausführungen als Anfechtung des Testaments wegen Irrtums ausgelegt werden könnten, haben sich die Beteiligten zu 4 und 5 dieser Auffassung mit einem an das Landgericht gerichteten Schriftsatz vom 6.9.1989 angeschlossen. Das Landgericht hat den Leiter der örtlichen Kreissparkasse und eine Bekannte des Ehepaares als Zeugen vernommen und Auskünfte der behandelnden Ärzte zum Gesundheitszustand der Ehefrau in den Jahren 1981 bis 1986 eingeholt. Mit Beschluß vom 20.2.1991 hat es den Vorbescheid des Nachlaßgerichts aufgehoben und den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen weitere Beschwerde vom 15.4.1991. Die Beteiligten zu 4 und 5 haben beantragt, die weitere Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet; sie führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Erklärung auf der Rückseite des Briefumschlags sei ein formgültiges eigenhändiges Testament des Erblassers, das dieser nicht als unverbindlichen Entwurf, sondern mit ernsthaftem Testierwillen errichtet habe. Die Beschwerdeführer hätten als Erben der Ehefrau dieses Testament jedoch wirksam angefochten, weil der Erblasser zu der letztwilligen Verfügung durch die irrige Erwartung des Vorversterbens seiner Ehefrau bestimmt worden sei. Die Anfechtungserklärungen der Beteiligten zu 3, 4 und 5 seien ihren schriftsätzlichen Ausführungen vom 27.7.1989 im Beschwerdeverfahren zu entnehmen; dies hätten die Beteili...