Leitsatz (amtlich)
Zum Zustandekommen einer Gerichtsstandsvereinbarung in einem Bauvertrag (hier verneint).
Verfahrensgang
LG München II (Aktenzeichen 1 HK O 1360/22) |
LG Hannover (Aktenzeichen 25 O 23/22) |
Tenor
Örtlich zuständig ist das Landgericht München II.
Gründe
I. Mit ihrer zum Landgericht München II erhobenen Klage macht die in München ansässige Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, gegen die Beklagten einen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit nach § 650f BGB sowie Werklohnansprüche für von ihr erbrachte Leistungen im Rahmen eines Bauvorhabens der Beklagten zu 1) in M. (Landgerichtsbezirk München II) geltend. Die Beklagte zu 2) ist die Komplementärin der Beklagten zu 1), einer Kommanditgesellschaft. Beide Beklagte haben ihren Sitz im Landgerichtsbezirk Hannover.
In der Klageschrift bringt die Klägerin vor, die Beklagte zu 1) sei im Juni 2020 an sie herangetreten und habe um Abgabe eines Angebots zur Erstellung des Rohbaus für ein Mehrfamilienhaus in M. gebeten. Auf ihr Angebot vom 29. Juni 2020 und nach Übermittlung geänderter Pläne mit E-Mail vom 27. Juli 2020 sei im Juli/Anfang August 2020 mit einem Vertreter der Beklagten zu 1) dem Grunde nach Einverständnis dahingehend erzielt worden, dass der Auftrag auf Basis der Pläne vom 3. Juni bzw. 27. Juli 2020 zum Pauschalfestpreis in Höhe von 392.000,00 EUR ausgeführt werde. Es sei ausdrücklich besprochen und "seitens der Klägerin" zugesagt worden, dass bei etwaigen Planänderungen und Zusatzaufträgen diese Leistungen gesondert abgerechnet und bezahlt würden. Mit Schreiben vom 25. September 2020 (Anlage K 7) habe die Beklagte zu 1) auch den Entwurf eines Bauvertrags (Anlage K 8) übermittelt.
Das Schreiben vom 25. September 2020 stammt von C. v. W., der nach der Behauptung der Klägerin als Vertreter der Beklagten zu 1) gehandelt hat. In dem Schreiben heißt es:
"... wie am Donnerstag, den 24.09.2020 auf der Baustelle besprochen, erhalten Sie die Vertragsunterlagen in 2-facher Ausfertigung. Bitte um Prüfung und Unterschrift. Im Anschluss bitte ich Sie alle Unterlagen dem Bauherrn zuzusenden, damit dieser seine Unterschrift leisten kann."
§ 15 des Bauvertrags (Anlage K 8) lautet:
"§ 15 Schlussbestimmungen
1. Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen. Unbeschadet der besonderen Regelungen bei einer Leistungsanordnung gemäß § 650b BGB (§ 3 Ziff. 2) ist aus Beweisgründen für Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages einschließlich Änderungen dieser Schriftformklausel die Schriftform zu wählen.
2. Es gilt deutsches Recht.
3. Gerichtsstand und Erfüllungsort im kaufmännischen Geschäftsverkehr ist ausschließlich Hannover."
Der Vertrag sieht an seinem Ende Unterschriftszeilen zur Unterzeichnung durch den Auftragnehmer und den Auftraggeber vor.
Zur Begründung ihrer Klageansprüche bringt die Klägerin weiter vor, sie habe den Bauvertrag ursprünglich in unterschriebener Form an die Beklagte zu 1) zurückgeschickt, jedoch zu keinem Zeitpunkt eine unterschriebene Version des Bauvertrags zurückerhalten. Vorliegend sei jedoch, jedenfalls im Rahmen der Besprechung, ein mündlicher Bauvertrag zustande gekommen, bei welchem für die Leistungen gemäß Angebot vom 29. Juni 2020 mit dem Leistungssoll der dem Angebot zugrunde liegenden Pläne gemäß Anlagen K 2 und K 5 ein Pauschalpreis in Höhe von 392.000,00 EUR vereinbart worden sei. Sie, die Klägerin, habe mit den Bauarbeiten begonnen. Während der Bauausführung hätten sich zunächst nicht bedachte statische Änderungen ergeben, die zu einer weiteren erheblichen Planänderung/Änderung in der Ausführung geführt hätten. Der Beklagten zu 1) sei selbstverständlich bewusst gewesen, dass diese Planänderungen, die im Einzelnen mit dem Vertreter "der Klägerin" (gemeint: der Beklagten zu 1]) v. W. und dessen Bauleiter W. besprochen worden seien, zu zusätzlichen Kosten führten. Der Vertreter v. W. bzw. der Bauleiter W. hätten die Ausführung explizit angeordnet und die gesonderte Bezahlung (über den Pauschalfestpreis hinaus) zugesagt. Eine konkrete Preisvereinbarung sei insoweit nicht getroffen worden. Es habe jedoch Übereinkunft dahingehend bestanden, dass die geänderten/zusätzlichen Leistungen zu angemessenen und üblichen Preisen vergütet werden sollten. Darüber hinaus habe der Bauleiter W. namens und im Auftrag der Beklagten zu 1) im August 2020 auf der Baustelle beauftragt, dass die Fläche zwischen Doppelparker und Spundwänden mit Magerbeton ausgefüllt und eine Noppenfolie darübergelegt werde. Nach Erstellung des Rohbaus nach Maßgabe der bauherrenseitigen Planung und Nachbesserung der im Abnahmeprotokoll ausgeführten wenigen und geringfügigen Mängel habe sie mit Schlussrechnung vom 23. Juni 2021 ordnungs- und vertragsgemäß mit netto 530.415,72 EUR abgerechnet. Unter Berücksichtigung der Zahlungen der Beklagten zu 1) in Höhe von 416.847,17 EUR ergebe sich ein Restbetrag in Höhe von 131.868,87 EUR. Die Beklagte zu 1) habe trotz Mahnung keine Zahlung geleistet und sei mit Schreiben vom 26. Juli 2021 außerdem erfolglos zur Stellung einer...