Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist über die Ablehnung eines Sachverständigen durch gesonderten Beschluß zu entscheiden. Wird dies unterlassen, so führt dies regelmäßig zur Aufhebung der ein erstattetes Gutachten verwertenden Hauptsacheentscheidung. Hiervon kann selbst bei offensichtlich unzulässigen Ablehnungsgesuchen nur abgesehen werden, wenn die Unzulässigkeit des Gesuchs in den Gründen der Hauptsacheentscheidung dargelegt wird.
Normenkette
FGG § 15 Abs. 1; ZPO § 406 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 42 Abs. 2; GG Art. 103 Abs. 1; BayVerf Art. 91 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 9. August 1994 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Memmingen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Erblasser ist am 26.8.1985 im Alter von 37 Jahren tödlich verunglückt. Das Nachlaßgericht bewilligte am 15.11.1985 einen Erbschein, der die Witwe des Erblassers, die Beteiligte zu 2, aufgrund privatschriftlichen Testaments vom 20.12.1984 als Alleinerbin ausweist. Eine Ausfertigung des Erbscheins wurde am 18.11.1985 an die Beteiligte zu 2 hinausgegeben.
Der Vater des Erblassers, der Beteiligte zu 1, wandte sich im März 1990 an das Nachlaßgericht und trug vor, er habe Grund zur Annahme, daß das Testament vom 20.12.1984 nicht vom Erblasser verfaßt worden sei. Mit Schriftsatz vom 9.6.1993 legte er ein nach seiner Behauptung vom Erblasser eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes „Testament” vom 23.6.1985 vor, in dem der Erblasser seine Eltern als Alleinerben eingesetzt hat. Er regte an, den Erbschein vom 15.11.1985 einzuziehen. Ferner beantragte er, ihm einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte. Seine Ehefrau sei inzwischen verstorben und von ihm allein beerbt worden. Die Beteiligte zu 2 trat diesem Antrag entgegen und behauptete, das Schriftstück vom 23.6.1985 sei nicht vom Erblasser geschrieben worden. Mit Verfügung vom 9.8.1993 bat das Nachlaßgericht das Bayerische Landeskriminalamt um Erstattung eines schriftvergleichenden Gutachtens. Auf telefonische Anfrage der Behörde erklärte sich der Nachlaßrichter damit einverstanden, daß das Gutachten „in genehmigter Nebentätigkeit” erstellt werden könne. Die Akten wurden hierauf dem beim Landeskriminalamt tätigen Kriminalhauptkommissar W. ausgehändigt. Dessen Schreiben vom 13.8.1993 mit der Bitte, weiteres Schriftgut zur Verfügung zu stellen, wurde den Beteiligten mit Verfügung vom 18.8.1993 zur Kenntnis gebracht. Hierzu führte der Beteiligte zu 1 mit Schriftsatz vom 25.8.1993 aus, daß es sich bei W. nicht um einen amtlich bestellten Sachverständigen handle. Er werde daher abgelehnt. Das Gericht teilte den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 hierauf mit, mit der Gutachtenserstattung sei das Landeskriminalamt beauftragt worden; W. sei dort Schriftsachverständiger. Das Gutachten des Sachverständigen W. vom 11.11.1993 mit dem Briefkopf „K. W. Schriftsachverständiger” und der Angabe seiner Privatanschrift und eines privaten Kontos wurde am 18.11.1993 an die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten hinausgegeben. Der Beteiligte zu 1 beantragte mit Schriftsatz vom 17.12.1993, ein „neuerliches Gutachten eines amtlich bestellten und vereidigten Schriftsachverständigen … in Auftrag zu geben”, hilfsweise den Sachverständigen W. zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Ferner führte er aus, daß W. mit Schriftsatz vom 25.8.1993 abgelehnt worden sei, weil es sich bei ihm nicht um einen amtlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handle. Er werde „weiter abgelehnt”, da keine Gewähr einer objektiven Beurteilung des Sachverhalts bestehe. Die Sachkunde des Gutachters, erscheine zumindest zweifelhaft. Das Gericht wies sodann erneut darauf hin, daß es sich bei W. um einen Sachverständigen des Landeskriminalamts handle.
Mit Beschluß vom 20.1.1994 wies das Nachlaßgericht die Anträge des Beteiligten zu 1 auf Einziehung des Erbscheins vom 15.11.1985 und auf Erteilung eines Alleinerbscheins zurück.
Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, an der Echtheit des Testaments vom 20.12.1984 bestanden keine Zweifel. Erhebliche Zweifel bestanden hingegen an der Echtheit des Testaments vom 23.6.1985. Der Sachverständige W. habe in seinem Gutachten festgestellt, daß dieses „eher nicht” vom Erblasser stamme. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens habe keine Veranlassung bestanden. Aus dem vom Beteiligten zu 1 auszugsweise vorgelegten Privatgutachten sei nicht feststellbar, ob dieses von einem Schriftsachverständigen erstattet worden sei. Der Beteiligte zu 1 habe trotz Aufforderung das vollständige Gutachten nicht vorgelegt. Dem Gericht stehe daher nur das Gutachten des Sachverständigen W. zur Verfügung.
Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führte er unter anderem aus, daß sich das Nachlaßgericht auf ein unzutreffendes Gutachten gestützt h...