Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
1. Grundsätzlich werden die Rechtswirkungen eines Testaments durch die Zerstörung der Originalurkunde nicht aufgehoben. Denn eine Vernichtung der Testamentsurkunde führt nur dann gemäß § 2255 Satz 1 BGB zur Aufhebung der Verfügung von Todes wegen, wenn sie vom Erblasser selbst vorgenommen wird. Zwar kann er sich zur Vernichtung auch eines Dritten bedienen. Jedoch muß die Zerstörung dann im Auftrag des Erblassers und mit dessen Willen erfolgen.
2. Die Ermittlungspflicht reicht nur so weit, als der Vortrag der Beteiligten oder der Sachverhalt als solcher aufgrund der Tatbestandsvoraussetzungen des materiellen Rechts bei sorgfältiger Überlegung Anlaß geben.
Normenkette
FGG §§ 12, 15 Abs. 1 S. 1; BGB § 2255 S. 1, § 2358 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 29.09.1993; Aktenzeichen 5 T 32/92) |
AG Straubing (Entscheidung vom 22.01.1990; Aktenzeichen VI 390/88) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 29. September 1993 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das Amtsgericht Straubing angewiesen wird, den Erbschein vom 22.1.1990 einzuziehen.
II. Der Beteiligte zu 4 hat den Beteiligten zu 1 bis 3 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die im Jahr 1989 im Alter von 78 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet. Die Beteiligten zu 1 bis 4 sind ihre Kinder. Zum Nachlaß gehören ein Hälfteanteil an einem mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstück sowie Sparguthaben.
Am 27.1.1938 hatten die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann einen notariellen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, in dem sie als Alleinerbin ihres Ehemanns eingesetzt worden war.
Das Nachlaßgericht hat am 22.1.1990 für den Nachlaß der Erblasserin einen gemeinschaftlichen Erbschein erteilt, der die Beteiligten zu 1 bis 4 antragsgemäß als Miterben je zu 1/4 aufgrund gesetzlicher Erbfolge ausweist.
Die Beteiligten zu 1 bis 3 verlangen die Einziehung des Erbscheins und unter anderem die Erteilung eines neuen gemeinschaftlichen Erbscheins, der sie als Miterben je zu 1/3 aus weist. Sie stützen ihr Erbrecht auf die Fotokopie eines als „Gemeinschaftliches Testament” überschriebenen Schriftstücks vom 18.3.1984, welche der Beteiligte zu 4 am 27.11.1990 zu den Nachlaßakten des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin vorgelegt hatte. Dieses handschriftlich vom vorverstorbenen Ehemann der Erblasserin geschriebene Schriftstück, das mit den Namenszügen beider Ehegatten unterzeichnet ist, lautet wie folgt:
Gemeinschaftliches Testament
1.) Der Erstversterbende von uns setzt zu Erben ein:
- den Überlebenden zur Hälfte des Nachlasses
unsere Kinder … (Beteiligte zu 1 bis 3) zur anderen Hälfte und zu gleichen Teilen.
Angerechnet werden bereits erhaltene Geldbeträ ge … (Beteiligte zu 1 bis 3).
2.) Der zuletzt Versterbende von uns setzt gleich falls die Kinder … (Beteiligte zu 1 bis 3) zu gleichen Teilen als Erben ein.
3.) Darüber hinaus erhält … (Beteiligte zu 1) die geschnitzte Madonna.
4.) Die Enkelkinder … die … Postanleihe mit Zinsen zu gleichen Teilen …
Der Beteiligte zu 4, der das gemeinschaftliche Testament für unwirksam hält, ist dem Erbscheinsantrag entgegengetreten. Er behauptet, die Unterschrift der Erblasserin sei vom Beteiligten zu 2 gefälscht worden. Überdies sei die Erblasserin im Jahr 1984 wegen einer schweren Cerebralsklerose möglicherweise testierunfähig gewesen.
Nach Durchführung von Ermittlungen zur Frage der Testierfähigkeit sowie zur Echtheit der Unterschrift hat das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 21.11.1991 angekündigt:
- Die Erteilung eines Erbscheins nach dem vorverstorbenen Ehemann der Erblasserin nach Maßgabe des gemeinschaftlichen Testaments vom 18.3.1984;
- die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins des In halts, daß die Erblasserin aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments vom 18.3.1984 von den Beteiligten zu 1 bis 3 je zu 1/3 beerbt worden ist und
- die Einziehung des Erbscheins vom 22.1.1990, falls gegen diesen Beschluß binnen zwei Wochen keine Beschwerde einge legt werde.
Der Beteiligte zu 4 hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluß vom 29.9.1993 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet. Sie führt zur Anweisung an das Nachlaßgericht, den Erbschein vom 22.1.1990 einzuziehen.
1. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens wie schon des Beschwerdeverfahrens ist der Vorbescheid vom 21.11.1991 in seinem gesamten Inhalt. Der Beteiligte zu 4 wendet sich sowohl gegen die vom Nachlaßgericht beabsichtigte Einziehung des Erbscheins vom 22.1.1990 als auch gegen die beiden Erbscheine, die das Nachlaßgericht nach der Erblasserin und nach deren vorverstorbenen Ehemann zu bewilligen beabsichtigt.
Soweit das Nachlaßgericht unz...