Entscheidungsstichwort (Thema)
Formerfordernis des eigenhändigen Testaments
Normenkette
BGB § 2247
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 25.11.1992; Aktenzeichen 30 T 2497/92) |
AG Landshut (Aktenzeichen VI 871/91) |
Tenor
- Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts Landshut vom 25. November 1992 aufgehoben.
- Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Landshut zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Die ledige Erblasserin ist 1991 im Alter von fast 90 Jahren kinderlos verstorben. Die Beteiligte zu 1 ist die einzige Tochter eines im Jahr 1989 verstorbenen Bruders der Erblasserin. Der Beteiligte zu 2 ist ein Bruder der Erblasserin; er ist mit der Beteiligten zu 3 verheiratet. Zwei weitere Geschwister der Erblasserin sollen in den Jahren 1963 und 1980 jeweils kinderlos verstorben sein. Aus der Ehe eines im Jahr 1973 verstorbenen Bruders soll ein Sohn hervorgegangen sein.
Für die Erblasserin ist am 7.8.1987 vom Vormundschaftsgericht “Gebrechlichkeitspflegschaft” angeordnet worden, die bis zu ihrem Tod bestehen geblieben ist.
Der Beteiligte zu 2 hat dem Nachlaßgericht eine handschriftlich verfaßte Urkunde vorgelegt, die von der Erblasserin eigenhändig errichtet worden sein soll. Sie lautet auszugsweise wie folgt:
Mein letzter Wille
Ich, …, geb…,
wohnhaft …
berufe nach meinem Tod zu meinen Erben
mit je der Hälfte des Nachlasses.
Die Urkunde ist mit dem Datum 25.9.1986 versehen und trägt als Unterschrift den Namen der Erblasserin. In einem ebenfalls handschriftlich verfaßten und mit dem Namen der Erblasserin unterzeichneten “Testament-Nachtrag” vom 2.10.1986 ist folgendes verfügt:
Sollte einer der beiden von mir genannten Erben vor mir sterben, so soll dessen Erb-Anteil dem überlebenden von mir bereits bestimmten Erben zufallen.
Gestützt auf diese letztwilligen Verfügungen haben die Beteiligten zu 2 und 3 einen Erbschein beantragt, der sie als Erben je zur Hälfte ausweisen sollte. Diesem Antrag hat die Beteiligte zu 1 widersprochen, selbst aber keinen Erbschein beantragt. Die Urkunde sei nicht von der Erblasserin geschrieben worden. Außerdem sei die Erblasserin im Zeitpunkt, in dem die Testamente errichtet worden sein sollen, testierunfähig gewesen.
Das Nachlaßgericht hat ein Gutachten eines Schriftsachverständigen, ein “Kurzgutachten” eines Arztes für Allgemeinmedizin, der die Erblasserin während ihres Aufenthalts in einem Pflegeheim von September 1987 bis zu ihrem Tod behandelt hatte, sowie ein weiteres Gutachten des Landgerichtsarztes eingeholt. Außerdem hat es eine Altenpflegerin und eine Krankenschwester als Zeuginnen vernommen. Mit “Vorbescheid” vom 27.10.1992 hat es angekündigt, daß vorbehaltlich einer Beschwerde der von den Beteiligten zu 2 und 3 beantragte Erbschein erteilt werde. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, der vom Nachlaßrichter nicht abgeholfen wurde. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 25.11.1992 die Beschwerde zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt, den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und 3 abzulehnen. Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
Das Landgericht hat ausgeführt:
Aufgrund des Schriftgutachtens stehe zur Überzeugung der Beschwerdekammer fest, daß die beiden Urkunden von der Erblasserin selbst geschrieben und unterschrieben worden seien. Sie seien allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit zu späteren als den angegebenen Zeitpunkten abgefaßt worden. Entscheidungserheblich sei deshalb, ob die Erblasserin zu dem vom Schriftsachverständigen festgestellten “Abfassungszeitpunkt ab Mitte 1987” noch testierfähig gewesen sei. Aus dem Kurzgutachten des Hausarztes der Erblasserin ergebe sich, daß sich seit September 1987 bis kurz vor dem Tod der Erblasserin keine Kriterien gezeigt hätten, die Geschäftsunfähigkeit zur Folge gehabt hätten. Auch die Aussagen der beiden Zeuginnen böten keine Anhaltspunkte, welche die Annahme von Geschäftsunfähigkeit rechtfertigen würden. Gerade als Altenpflegerin oder Krankenschwester könnten die Zeuginnen genau differenzieren, ob ein Heimbewohner ansprechbar oder vernünftigen Gesprächen zugänglich sei. Die für die Erblasserin angeordnete Gebrechlichkeitspflegschaft schließe Testierfähigkeit nicht grundsätzlich aus. Ein Ausnahmefall sei hier aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme, das durch das Gutachten des Landgerichtsarztes gestützt werde, nicht gegeben. Der erforderliche Nachweis der Testierunfähigkeit für den Zeitraum nach Mitte des Jahres 1987 bis zum Tod der Erblasserin sei deshalb nicht erbracht.
- Im Ergebnis zutreffend ist das Landgericht von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen, die im Verfah...