Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Entlassung des Testamentsvollstreckers. Testamentsvollstreckung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein wichtiger Grund, der die Entlassung des Testamentsvollstreckers rechtfertigt, kann auch ohne Rücksicht auf ein Verschulden dann vorliegen, wenn der Testamentsvollstrecker, sei es durch die bei ihm bestehenden Verhältnisse, sei es durch sein persönliches Verhalten, begründeten Anlaß zu der Annahme gibt, daß ein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letzten Willens des Erblassers hinderlich sei oder daß sich dadurch eine Schädigung oder erhebliche Gefährdung der Interessen der an der Ausführung oder am Nachlaß Beteiligten ergeben würde.
2. Auch ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Testamentsvollstrecker und Erben kann ein wichtiger Grund zur Entlassung sein.
3. Ob der Interessengegensatz einen wichtigen Grund darstellt, kann nur nach Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalles entschieden werden.
Normenkette
BGB § 2227
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 13.12.1984; Aktenzeichen 4 T 3272/84) |
AG Traunstein (Aktenzeichen VI 304/66) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 13. Dezember 1984 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 1 im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 17.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
1. Die Beteiligte zu 1 ist die Ehefrau des in der Nacht vom 20. zum 21.5.1966 im … Lebensjahr freiwillig aus dem Leben geschiedenen … (Erblasser). Aus der Ehe sind zwei Kinder, hervorgegangen. Mit Testament zur Urkunde des Notars … vom 22.10.1965 – Urk.R. … – hat der Erblasser seine Ehefrau als Alleinerbin und auf das Ableben seiner Ehefrau die Kinder … gleichen Teilen als Erben eingesetzt. Der Erblasser lebte in … (Landkreis …; seine Erben wohnen in der DDR.
2. Der Erblasser errichtete drei Verfügungen von Todes wegen.
a) Neben der Erbenbestimmung im notariellen Testament vom 22.10.1965 ordnete der Erblasser u. a. an, von den in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Vermögenswerten dürfe nichts in die DDR transferiert werden. Seinen beiden Kindern … setzte er zwei in der DDR gelegene Grundstücke als Vermächtnisse aus. Weiter heißt es in den §§ 6, 9 und 10:
„§ 6
Zum Testamentsvollstrecker setze ich ein:
…
Sollte derselbe vor mir ableben oder das Amt des Testamentsvollstreckers ausschlagen, berufe ich zu meinem Testamentsvollstrecker
…
Sollte auch dieser Testamentsvollstrecker ausscheiden, soll das Nachlassgericht Traunstein einen Testamentsvollstrecker bestellen.
§ 9
Meinen Testamentsvollstrecker ermächtige und beauftrage ich, jeweils aus den Erträgnissen meines in der Bundesrepublik befindlichen Vermögens je nach den Wünschen meiner Ehefrau und meiner Kinder bzw. deren Abkömmlinge Lebensmittel oder Gebrauchsgegenstände und dergleichen zu schicken. Sollten Erträgnisse in dieser Weise nicht gebraucht werden, sind sie in angemessener Weise in der Bundesrepublik Deutschland seitens meines Testamentsvollstreckers anzulegen.
§ 10
Mein Testamentsvollstrecker ist berechtigt, aus meiner Waffensammlung einen ihm zusagenden Wertsgegenstand zu entnehmen.”
b) Im handschriftlich geschriebenen und unterschriebenen Testament vom 18.5.1966 setzte der Erblasser weitere Vermächtnisse aus: Außerdem bestimmte er u. a.:
„3. Was ich an Geldstücken besitze soll meine Tochter … und mein Sohn … je zur hälfte bekommen. Bei Frau … befindet es sich für … und bei Herrn … befindet es sich für … Meine Frau soll beides erhalten und einmal auf die Kinder vererben.
4. Wenn meine Frau Geld benötigt dann soll mein Grundstück in … bei … durch Herrn … veräußert werden. Ich erteile ihm hiermit die Vollmacht dazu. Darm soll das Geld entweder durch Herrn … oder durch Herrn von … verwahrt werden. In diesem Falle kann es Herr … zum Hauskauf verwenden und zahlt nur 4,5 % Zinsen an meine Frau nach … in Form von Paketen.
5. Herr und Frau … können von meinen Andenken aus … oder … sich heraussuchen was sie gern haben möchten zum Andenken an mich. Ich kann ihnen ja sonst nicht für alle Liebe und Güte danken die ich von diesen beiden Menschen empfangen habe. Mögen Sie mir auch verzeihen.”
c) Am 20.5.1966 ordnete der Erblasser mit handschriftlich geschriebener und unterschriebener letztwilliger Verfügung folgendes an:
- „Mein Haus in … soll der Familie … samt Grundstück zur Verfügung stehen und soll von ihnen jederzeit genutzt werden können. Es kann entweder Frau … Witwe des Oberrates … oder sein Sohn … oder seine Kinder nutzen. In diesem Falle soll Familie … die Grundstückslasten (Steuern und sonstige Abgaben) tragen. Es ist Familie … überlassen aus dem Grundstück Nutzen zu ziehen und dann meine Familie in der Ostzone zu unterstützen,
- Sollte meine Frau … oder meine Kinder … und … wünschen, daß das Haus in … verkauft werden soll, dann kann es Familie … tun. In diesem Falle soll das Geld aus dem Erlös des Hausverkaufes an Familie...