Leitsatz (amtlich)

Anweisung des AG an den Standesbeamten, wegen Zweifeln an der Identität eines Verlobten seine Mitwirkung an der Eheschließung zu verweigern.

 

Normenkette

PStG §§ 4-6, 45 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 24.09.2002; Aktenzeichen 42 T 1832/02,)

AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR III 31/01)

 

Tenor

I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 24.9.2002 werden zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1) ist abgelehnter Asylbewerber und nach eigener Angabe indischer Staatsangehöriger. Er hält sich seit 1998 in Deutschland auf, zunächst unter dem Namen S. und einem Geburtsdatum im Jahr 1981. Auf diese Personalien hat ihm die indische Botschaft in Deutschland am 12.2.2001 einen Heimreiseschein ausgestellt, der am 31.7.2001 bis zum 11.2.2002 verlängert wurde. Der Beteiligte zu 1) behauptet zwischenzeitlich, seinerzeit falsche Personalien benutzt zu haben und in Wirklichkeit R. zu heißen und ein Geburtsdatum im Jahr 1975 zu haben.

Die Beteiligte zu 2) ist Deutsche. Die Beteiligten zu 1) und 2) wollen heiraten. Sie sprachen im November 2000 erstmals beim Standesbeamten (als Standesamtsaufsicht Beteiligte zu 3)) wegen Heiratsabsichten vor. Der Beteiligte zu 1) gab nunmehr seinen Namen mit R. und ein Geburtsdatum im Jahr 1975 an und legte auf diese Personalien lautende Urkunden (Geburtsurkunde, Ehefähigkeitszeugnis, Schulabschluss), jedoch kein Ausweisdokument vor. Er erklärte dies damit, nicht im Besitz eines gültigen Reisepasses oder Heimreisescheins zu sein. Der Standesbeamte regte an, die Paßausstellung abzuwarten und erst dann die Unterlagen zur Überprüfung an die Deutsche Botschaft in Neu Delhi zu senden, damit auch gleichzeitig eine Überprüfung der Identität erfolgen könne. Der Beteiligte zu 1) lehnte dies ab; sein Verfahrensbevollmächtigter forderte den Standesbeamten auf, die Unterlagen ohne Identitätsnachweis zu übersenden. Dem kam der Standesbeamte am 31.1.2001 nach. Mit Schreiben vom 31.5.2001 bestätigte die Deutsche Botschaft die Echtheit und inhaltliche Richtigkeit der vorgelegten Urkunden.

Am 31.7.2001 beantragten die Verlobten beim Standesbeamten die Eheschließung. Der Beteiligte zu 1) legte beglaubigte Kopie eines auf R. (geb. 1975) lautenden Reisepasses Nr. B 12 … vor (Ausstellungsdatum 24.2.2000, gültig bis 23.2.2010). Im August und September 2001 wurden Schriftsätze zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1), der Deutschen Botschaft und dem Standesbeamten gewechselt, die die Frage zum Gegenstand hatten, ob bei den Vor-Ort-Ermittlungen in Indien im Rahmen der Urkunden-Überprüfung den befragten Personen auch Lichtbilder des Beteiligten zu 1) vorgelegt worden waren. Die Deutsche Botschaft bestätigte, dass im Rahmen solcher Ermittlungen dem Ermittler i.d.R. Fotos der betreffenden Person mitgegeben werden und diese Fotos nach Abschluss der Ermittlungen dem Antragsteller bzw. Vorsprechenden zurückgereicht werden und dass das nach Aktenlage auch hier der Fall gewesen sei; eine Notiz über das Zurückreichen der Fotos werde gewohnheitsgemäß nicht gefertigt. Der Standesbeamte, der die Vor-Ort-Ermittlungen durch Übersendung der Unterlagen ausgelöst hatte, gibt an, dass er keine Fotos mitgeschickt und auch keine zurückbekommen habe.

Am 27.8.2001 erteilte die Präsidentin des OLG München die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses; bei der Bearbeitung dieses Vorgangs hat dem OLG München der Reisepass Nr. B 12 … im Original vorgelegen.

Der Standesbeamte hat Zweifel an der Identität des Beteiligten zu 1) und die Sache mit Verfügung vom 19.9.2001 dem AG vorgelegt. Mit Beschluss vom 11.10.2001 wies das AG den Standesbeamten an, die Eheschließung nicht mit der Begründung abzulehnen, dass die Identität des Beteiligten zu 1) ungeklärt sei, sofern der Beteiligte zu 1) spätestens zum Eheschließungstermin das Original seines Reisepasses vorlegt. Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte zu 3) sofortige Beschwerde ein.

Zwischenzeitlich hatte der Beteiligte zu 1) eine Kopie des Passes Nr. B 12 … vorgelegt, in dem das Ausstellungsdatum (24.2.2000) nachträglich auf den 9.7.2001 mit Gültigkeitsdauer bis 8.7.2011 abgeändert ist (behördlicher Änderungsvermerk vom 11.7.2001). Die Beteiligte zu 3) wies darauf hin, dass der Beteiligte zu 1) am 31.7.2001 Kopie des Reisepasses mit Ausstellungsdatum 24.2.2000 (ohne Änderungsvermerk) vorgelegt hatte, und äußerte Zweifel an der Echtheit dieses ihr im Original nie vorgelegten Dokuments. Sie bezog sich ferner auf eine Verbalnote des Außenministeriums der Republik Indien an die Deutsche Botschaft in Neu Delhi vom 8.5.2001, wonach vom Ausland aus eine Beantragung von Reisepässen bei der zuständigen innerindischen Behörde nicht legal ist, sondern der Betroffene sich an das zuständige indische Generalkonsulat bzw. die indische Botschaft zu wenden hat; weiterhin wird in der Verbalnote ...

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