Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils in eine Pflegekindadoption
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils zur Adoption nach § 1748 Abs. 3 BGB ist nicht zulässig, wenn das Kind auch ohne die Adoption nicht in einem Heim untergebracht werden muß, sondern in einer Kamille auch in der Pflegefamilie, die es adoptieren will aufwachsen kann (wie BGH NJW 1997, 585).
2. Für die Tatbestände des § 1748 Abs. 1 BGB ist neben der objektiven anhaltend gröblichen Pflichtverletzung subjektiv ein Mindestmaß an Einsichtsfähigkeit vorauszusetzen, die es dem Elternteil ermöglicht, das Unrecht seiner Handlungsweise zu erkennen.
3. Die Tatbestände des § 1747 Abs. 4 BGB und des § 1748 Abs. 3 BGB überschneiden sich. Ein Ersetzungsantrag nach § 1748 Abs. 3 BGB kann weder unter verfahrensrechtlichem noch unter materiell-rechtlichem Aspekt mit der Begründung zurückgewiesen werden, die Ersetzung sei nach § 1747 Abs. 4 BGB nicht erforderlich.
Normenkette
BGB § 1747 Abs. 4, § 1748 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 22.12.1998; Aktenzeichen 5 T 909/98) |
AG Landsberg a. Lech (Aktenzeichen XVI 4/95) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 22. Dezember 1998, soweit durch ihn die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Landsberg am Lech vom 2. Februar 1998 zurückgewiesen wurde, aufgehoben.
II. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Das 1993 geborene Kind ist die jüngste Tochter der Beteiligten zu 2. Vater ist der Beteiligte zu 1, ein Marokkaner, der seit 14.8.1992 mit der Beteiligten zu 2, einer Deutschen, verheiratet ist.
Am 13.7.1993 gab die Beteiligte zu 2 das Kind bei den Beteiligten zu 4 in Pflege. Mit Beschluß vom 15.7.1993 entzog das Amtsgericht – Familiengericht – den Eltern vorläufig die elterliche Sorge über das gemeinschaftliche Kind und bestellte einen Vormund. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 dagegen wies das Oberlandesgericht durch Beschluß vom 22.12.1993 zurück. Das Amtsgericht – Vormundschaftsgericht –, an das das Verfahren abgegeben worden war, nachdem die Beteiligten zu 1 und 2 wieder zusammenlebten, bestätigte die Entziehung der elterlichen Sorge mit Beschluß vom 12.1.1995.
Aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts vom 14.6.1994 stand die Beteiligte zu 2 unter Betreuung für mit verschiedenen Beschlüssen, zuletzt vom 12.7.1996, erweiterte Aufgabenkreise, weil sie infolge einer psychischen Erkrankung, nämlich einer schizoaffektiven Psychose, nicht imstande sei, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen, 1997 wurde der Aufgabenkreis auf die Vertretung vor Gerichten in Umgangs- und Adoptionsangelegenheiten beschränkt, weil die Betreuerin keinen Kontakt zu ihr herstellen konnte. Wegen ihrer psychischen Erkrankung war die Beteiligte zu 2 erstmals vom Dezember 1981 bis April 1982 im Bezirkskrankenhaus stationär behandelt worden, dann wieder vom September 1982 bis Januar 1983, und zuletzt vom Mai bis September 1994. Eine wesentliche Besserung der Symptomatik wurde dabei nicht erzielt.
Auch für den Entzug des Sorgerechts war die psychische Erkrankung der wesentliche Grund. Das Amtsgericht hat (im Beschluß vom 12.1.1995) ausgeführt, die Beteiligte zu 2 sei krankheitsbedingt nicht in der Lage, das seelisch-leibliche Wohl ihres Kindes sicherzustellen. Das Oberlandesgericht ging in seinem Beschluß vom 22.12.1993 davon aus, daß die Beteiligte zu 2 infolge ihrer krankheitsgeprägten Persönlichkeitsstruktur unverschuldet nicht in der Lage sei, auf die emotionalen Bedürfnisse eines Kindes einzugehen und die erzieherischen Erfordernisse zu erkennen.
Auch die drei älteren Töchter der Beteiligten zu 2 werden nicht von ihr erzogen. …
Die Beteiligten zu 4, bei denen das Kind seit dem 13.7.1993 aufwächst, wollen ihr Pflegekind adoptieren. Sie haben mit notarieller Urkunde vom 5.4.1995 bei dem für ihren Wohnsitz zuständigen Vormundschaftsgericht den entsprechenden Antrag gestellt. Der Vormund hat mit notarieller Urkunde vom 24.6.1997 seine Einwilligung erklärt. Die Eltern haben die Einwilligung verweigert. Auf Antrag des Vormunds vom 22.9.1997 hat das Vormundschaftsgericht mit Beschluß vom 2.2.1998 die Einwilligung der Eltern ersetzt. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 dagegen hat das Landgericht Augsburg, nachdem es durch eine beauftragte Richterin das Kind, die Beteiligten zu 1, 2 und 4, den Vormund des Kindes und die Betreuerin der Beteiligten zu 2 angehört sowie psychiatrische Gutachten erholt hatte, mit Beschluß vom 22.12.1998 zurückgewiesen.
Für die Beteiligte zu 2 hat deren Betreuerin, eine Rechtsanwältin, gegen den ihr am 11.1.1999 zugestellten Beschluß am 14.1.1999 weitere Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses, soweit durch ihn die Beschwerde der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen wurd...